2-5-1 in A-Moll

Dieses Thema im Forum "Improvisation - Harmonielehre" wurde erstellt von Frosch1972, 9.April.2017.

  1. Dsharlz

    Dsharlz Ist fast schon zuhause hier

    Tach pth,

    widersprech dir nur ungern,
    aber harmonisch moll ist bei einer ueblichen II-V-I Kadenz in moll nicht erste Wahl, ist im typ. swing jazz-standard-Kontext eher unueblich,
    die - durchgehende- harmonisch moll-Anwendung kenn ich eher von Klezmer bzw serbisch-mazedonischer Musik

    das is ja gerade das Interessante - auch wg der Verwendung der versch. Molltonalitaeten - bei der Mollkadenz:
    II is lokrisch (eben II. Stufe von aeolisch)
    die V. is - wie Werner bereits erwaehnte - von harmonisch moll abgeleitet
    und die I. - wie ebenfalls schon gesagt - aeolisch, dorisch oder melodisch moll, je nach Situation oder Vorlieben

    wenn du das Realbook durchblaetterst, hast du bei typ. Mollsongs (Nature Boy, Autumn Leaves, Make Me A Memory, Beautiful Love, Little Sunflower,...) keine harm. Moll-Situation,
    sondern aeolisch oder dorisch,

    harmonische Gruesse
    Dsharlz
     
  2. Jazzica

    Jazzica Ist fast schon zuhause hier

    Hallo zusammen,

    ich kenne es auch so wie Dshariz. Dass man auf der Moll-V überhaupt den erhöhten 7. Ton von harmonisch Moll verwendet, liegt meines Wissens daran, dass man einen Leitton hat, und ohne die erhöhte 7 hätte man keinen Leitton.

    Die leitereigenen Skalen in Moll sind ja grundsätzlich dieselben wie in Dur, nur dass alles 2 Stufen tiefer anfängt:

    I. Stufe Moll (entspricht VI. Stufe Dur) Äolisch (z.B. A-Moll: a - b - c - d - e - f - g)
    II. Stufe Moll (entspricht VII. Stufe Dur) Lokrisch (b - c - d - e - f - g - a)
    V. Stufe Moll (entspricht III. Stufe Dur) eigentlich phrygisch (e - f - g - a - b - c - d), aber genau da fehlt eben der Leitton, ohne den die V. Stufe nicht so stark nach Auflösung zurück zur I. Stufe drängen würde. Also verwendet man die harmonische Molltonleiter, die ursprünglich aus demselben Grund "efunden" wurde, wegen dem in natürlich Moll fehlenden Leitton.

    Auch hier wieder: Alles ohne Gewähr ....

    Wer das Moll-Kadenz-System sehr schön beschreibt, ist Frank Sikora in seinem Buch "Die neue Jazzharmonielehre".

    Viele Grüße von

    Jazzica
     
  3. Paco_de_Lucia

    Paco_de_Lucia Ist fast schon zuhause hier

    @Jazzica sehr gut ausgeführt,
    2 Sachen, die mir immer bisi Bauchweh bereiten

    a) auf der 5. Stufe ist nun mal ein Dominant-Sept-Akkord [Dur wie Moll] - sprich: das Merkmal ist nun mal die b7 - da brauch ich also nicht aufs
    Hamonisch Moll zu wechseln, um die scharfe 7 zu erhalten, will ich ja eh nicht...

    b) diese erklärenden Verallgemeinerungen: Phrygisch über E ist einfach C-Dur von E→E gespielt...
    neee, wenn sich schon einer mit Skalen auseinandersetzen will, dann sollte klar werden, dass alle Skalen ihren eigenen Charakter und somit auch ihren eigenen Kontext haben.
    Das sollte man begreifen, wenn man die Skalen richtig einsetzen will.
    Es hat keinen Sinn, ein Stück in Grundton-Tonalen-Zusammenhang zu sehen und zu denken: da spielen wir halt immer brav das C-Dur-Tonmaterial.

    Wenn ich eine phrygische Skala einsetze, dann weiß ich um deren Charakter und warum ich in einer Impro genau diesen Charakter verwenden wil.

    Und diese Sache mit der Erhöhung zwecks fehlenden Leittons, das geht nur auf die klass. Riemansche Musiktheorie zurück
    Da wird Harmonisch und Melodisch Moll gelehrt...
    keiner hat je gefrag, warum nicht auch Harmonisch Dur? Klar, der Leitton ist schon da, kann ich aber auch noch verschärfen...
    C-D-E-F-G-G#-B-C.....wers denn scharf mag ;-)

    cheers Paco
    ps.I like symetric scales
     
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  4. pth

    pth Ist fast schon zuhause hier

    Du darfs mir natürlich widersprechen.

    Mein Ansatz, so habe ich es gelernt, ist die Ableitung von der Harmonischen Moll-Tonart.

    Das wäre zuerst einmal das Grundgerüst. Nun kann man sich beim improvisieren zuerst einmal auf die Akkordtöne reduzieren (vertikal), bevor man sich mit der Skala beschäftigt. Wenn man dann über Autumn Leaves spielt kann/darf man auch die große Sept in der Moll Kadenz spielen. Kommt in der Melodie ja auch vor, obwohl es hier nicht so klar ist, weil es normalerweise kein Am7 sondern ein Am6 ist (Miles Davis) oder Am OHNE Sept. Ich mag die #7 aber als Spannungston bzw. als melodischer Annäherungston.

    Bei Miles Davis Solo über Autumn Leaves habe ich das Gefühl er spielt G Dur über die Moll Kadenz. Er vermeidet die E7 Terz und führt dann oft weiter zu F# im Am6, die könnte man auch als Septime, mein Gedanke, von G Dur auffassen, die in diesem Fall eine wunderschöne Spannung aufbaut

    Das ist klar, aber man muß sie ja auch nicht durchgehend spielen.

    Es führen viele Wege zu einem harmonischen Verständnis!

    Viele Grüße,
    Peter
     
  5. GelöschtesMitglied1589

    GelöschtesMitglied1589 Guest

    Wenn man die Slurs und Bendings im Vierteltonbereich mit dazu zählt, sind es sogar noch eine Menge mehr ;-)

    Im Ernst: die zwölf Halbtöne einer Oktvae sind grundsätzlich alle einsetzbar und sorgen für schöne Farben. Ein Beispiel: das d# kann man in a-moll als Terzton der Zwischendominate H7 einsetzen und zum e auflösen. Man kann es aber auch einfach als Durchgangsdissonanz zwischen der Subdominante D und der Dominante E einsetzen in der Folge d-d#-e. Enharmonisch verwechselt ist es als eb eine wunderbare verminderte Quinte der Tonika A.

    Die Frage harmonische, melodische oder natürliche Moll-Tonleiter stellt sich erst, wenn man sein Konzept hinterfragt. Weiteres Beispiel: der bekannte chromatische Abgang, hier am Beispiel a-moll, bei dem die Dreiklangstöne c und e liegen bleiben, während das a über das ab (g# enharmonisch) und dann das g und das gb (enharmonisch f#) absteigt, stellt nicht die Frage nach der Leiter, sondern die Frage nach Ausgangston und Zielton.

    Mit diesem Beispiel sei lediglich gezeigt, dass man in der Funktionsharmonik und Melodiebildung eigentlich alles machen kann. Der springende Punkt ist und bleibt in meinen Augen, dass der Spieler ein Konzept und eine Absicht verfolgt, weiß woher er kommt und wohin er will.
     
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  6. bluefrog

    bluefrog Strebt nach Höherem

    Im sechsten Takt von 'Autumn Leaves' scheint Melodisch Moll gemeint zu sein. Wenn man nur Akkordtöne spielt, gibt's ja keinen Unterschied zu HM, aber die große Sexte in der Melodie passt schlecht zu HM.

    Und soweit ich das hören kann, vermeidet Miles zwar die große Septime, aber eine große Sexte erkenne ich auch nicht. Habe das aber nur recht oberflächlich gecheckt.

    LG Helmut
     
    Zuletzt bearbeitet: 10.April.2017
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  7. Gerrit

    Gerrit Guest

    Buchempfehlung:

    Frank Sikora: "Neue Jazz-Harmonielehre: verstehen, hören, spielen; von der Theorie zur Improvisation." Schott Verlag, Mainz 2012
     
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  8. bluefrog

    bluefrog Strebt nach Höherem

    Noch eine Bemerkung zu HM5:

    Wenn ich Harmonisch Moll ab der fünften Stufe herleiten soll, speziell bei einer ungewohnten Tonart, muss ich mir den Kopf fürchterlich zermartern. HM überlegen, also die große Septime, dann davon die fünfte Stufe, sehr kompliziert! Ich mach es einfach so: Die äölisch Leiter ab der fünften Stufe spielen und die große Terz nehmen. @Paco_de_Lucia sei mir nicht böse, ich versteh schon, was Du meinst, aber so kann ich mir's halt merken.

    LG Helmut
     
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  9. Paco_de_Lucia

    Paco_de_Lucia Ist fast schon zuhause hier

    @bluefrog → Sers Helmut,
    neee, da ist doch keiner böse...ist ja ein Forum hier - und die Gedanken und eigentlich auch die Welt, sind frei!
    [Böse werd ich nur, wenn der blöde Nachbar, wie diese Nacht gerade geschehen, seinen Gartenabfall/Grünschnitt heimlich in meinen Baucontainer glaubt entsorgen zu können]

    Also, ich hab ja auch so angefangen, wie soll ich mir denn 7 Scales x 4 [Harmonisch bzw. Melodisch → in Dur & Moll] x 12 Tonarten...
    dazu noch die Symetrischen, add. die 'strangen' etc. merken können...
    mit der Zeit automatisiert sich das aber...
    und wie Parker schon meinte: 'lern the damm'ed changes and vergett it...'

    mir hat geholfen - bzw. hilft noch immer:
    einen skalentypus: bleiben wir bei phrygisch - mag ich sehr, komm ja von der klass. Gitarre → Flamenco →
    und diese dann im Quinten/Quartenzirkel einfach denken/spielen...
    den nächsten Tag ne andere Skala nehmen...das macht das Hirn frei...
    oder: 1 Ton X....und mit jeder Skala über diesem Ton beginnen [das ist anstrengend für die Grauen Zellen]
    the next step des Wahnsinns wäre dann a la Coltrane: spiel alle Skalen in denen Db vorkommt...
    the next step: spiel alle Skalen, auf denen Db auf der xx. Stufe vorkommt etc...

    Dann können wir mit 12-Ton Mucke beginnen...Alban Berg, Schönberg etc....

    Ein endloser Kosmos...

    Aber um auf Deine Aussage zurück zu kommen: niemand im Publikum interessiert sich dafür, wie Du Dir HM5 in Autumn leaves merkst....
    entscheidend ist, das schöne Musik entsteht...
    beneidenswert sind da zBps. Synästhesisten, welche den Klang zBps. in Farben sehen/hören....
    die denken einfach: Blau-Violett - und schon klingt das für sie...[habs erlebt, war dann aussen vor ;-( ]

    viel Erfolg und Spass mit der Musik
    Paco
     
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  10. ppue

    ppue Experte

    In der Welt des Flamenco mag das stimmen.

    In der Welt der Jazzstandards aber leiten sich die Skalen in der Regel automatisch aus dem harmonischen Konzept ab.
     
  11. Paco_de_Lucia

    Paco_de_Lucia Ist fast schon zuhause hier

    @ppue absolut! und zum Glück muss ich ja ned phrygisch spielen, ich hab ja ne Menge andere Möglichkeiten.
    cheers
    paco.
    ps. ich bevorzuge GT|HT über kleine Terzen oder Quarten
     
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