Erfahrungsbericht – Sequoia – Sopranino

Artikel in 'Tipps, Tricks & Tests', hinzugefügt von Otfried, 11.März.2011. Current view count: 7879.

von Xcielo

Moin

Da bot mir doch unser geschätzer Forist nimo an, das brandneue Sopranino von Sequoia für ein paar Tage testen zu können, und dieses Angebot habe ich natürlich angenommen, und möchte dem Forum meine Eindrücke davon nicht vorenthalten.

Ich muss vielleicht noch erwähnen, dass ich vor 20 Jahren das letzte Mal ein Sopranino in der Hand hatte, und die Dinger haben mir damals mit ihrem eingeschränkten Tonumfang und der widrigen Mechanik alles Andere als Lust auf sie gemacht.

Dementsprechend groß war also meine Neugierde, was sich da so in der Zwischenzeit getan hat.

Ausgepackt

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Als das durchaus edle Köfferchen den Reisekarton verlassen hatte und so vor mir stand, da musste ich unwillkürlich an sowas wie „Mogelpackung“ denken. Fast so groß wie der Altsaxkoffer von meinem Engelsflügel Toneking hatte ich schon den Verdacht, das falsche Instrument geliefert bekommen zu haben, aber nach dem Öffnen war dann die Mogelei schnell aufgedeckt.

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Ich persönlich würde mir ja für so ein „Trötchen“ einen viel kleineren Koffer wünschen, denn einer der großen Vorteile dieses Formats ist ja die fast uneingeschränkte Transportierbarkeit, und die ist mit diesem Teil leider nicht gegeben. Aber das soll natürlich nicht der entscheidende Faktor sein.

Das Teil in die Hand genommen merkt man schnell, dass das kein Spielzeug ist. Voller Tonumfang bis Hoch-F#, samt Gabel-F, sowie alle mechanischen Verbindungen so, wie man es von den Großen kennt, wenn auch auf engstem Raum.

Das Instrument vermittelt ein überzeugendes Gefühl von Stabiliät und Präzision. Mit Ausnahme zweier leicht hervorlugender Schraubenköpfe konnte ich keinen Verarbeitungsmangel ausfindig machen. Abgesehen von einer sofort ins Auge springenden scheunentorhaft aufstehenden G-Klappe, was ja aber grundsätzlich kein so großes Problem darstellen sollte, wenn auch, so meine sofortige Mußmaßung, die Intonation an der Stelle ziemlich daneben sein dürfte.

Dazu ist das Instrument nicht nur poliertes Messing, sondern hübsch zweifarbig lackiert (Wie das finish genau ist weiß ich nicht. Das meiste ist offenbar Goldlack, Teile der Mechanik sehen aber silberfarben wie vernickelt aus). Ich mag unbehandeltes, oder lediglich poliertes Messing nicht besonders, all zu schnell sieht es fleckig aus, und man bekommt grüne Finger. Dagegen sehen lackierte Instrumente auch nach 20 jahren noch hervorragend aus und sind schnell geputzt. Und von den klanglichen Vorzügen unlackierter Instrumente bin ich absolut noch nicht überzeugt.


Näher angeschaut

Natürlich habe ich das „Trötchen“ (so meine ganz persönliche Bezeichnung) nach dem Auspacken direkt angespielt, aber für den Beitrag hier schauen wir uns das Teil doch eher noch ein wenig genauer an.

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Wie klein das „Trötchen“ tatsächlich ist kann man ganz schön an dem bildlichen Vergleich mit meinem Bb-Sopran und meinem Kohlert C-Sopran erkennen. Letzterer birgt aber noch eine kleine Überraschung. Die Anfangsbohrung des C-Soprans und des Sequoia Sopraninos sind praktisch identisch, und die Rohrweite auf Höhe des letzten Tonloches des Sopraninos entspricht ziemlich genau der Rohrweite des Kohlert auf Höhe des C#-Tonloches. Der Endtrichter weitet sich dann auch noch auf den praktisch gleichen Durchmesser

Auf gut deutsch, das Sequoia ist nicht viel was Anderes als ein abgeschnittenes C-Sopran mit „Big Bell“. Würde mich ja jetzt mal der direkte Vergleich mit dem modernen C-Sopi von Eppelsheim interessieren.

Wie schon gesagt, mechanisch ist alles dar, was das Herz begehrt. Auf engstem Raum drängeln sich alle Klappen und Mitnehmer, und sogar Einstellschrauben, wie man sie von den größeren Saxxen her kennt. Ob das für jede Hand so gut geht mag bezweifelt werden, ich hatte durchaus ein bisschen Probleme, ein H zu spielen, ohne das darüber liegende Gabel F oder das darunter liegende Bb gleich mit zu betätigen, und ich habe sehr schlanke Finger.

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Dafür ist dieses Sopranino so ungefähr das erste Saxophon mit Selmer Wippe für den linken kleinen Finger, bei dem ich tatsächlich auch das tiefe Bb locker greifen kann. Ist halt Alles ein wenig näher dran J

Apropos Selmer, ich habe mir auf der Webseite mal das Sopranino von Selmer (link ® Selmer) angeschaut, und, ja irgendwie sehen die sich doch sehr ähnlich. Noch ähnlicher, um nicht zu sagen verblüffend gleich allerdings sieht das Sequoia dem Sopranino, welches sich bei IWC rum tummelt, übrigens dort neben dem C-Sopi von Eppelsheim. Erstaunlich, dass das Sopranino dort deutlich teurer ist als jenes von Sequoia. Wer will kann ja selbst mal hier(link ® IWCSopranino) nachschauen.

Natürlich hat das Sopranino, wie seine größere Schwester auch eine doppelte C#-Klappe, zur Verbesserung von Intonation und Ansprache von C#’’ und C#’’’. So schön das mit dem gut intonierenden C# nun ist, so habe ich ja schon verschiedentlich kundgetan, dass ich kein all zu großer Freund dieser Mechanik bin, und das wird sich auch hier bestätigen, dazu später mehr.


Angespielt

Bei dem Sopranino war ein Kunststoffmundstück mit einer gestuften engen Kammer dabei, auf dem allerdings weder Fabrikat noch Bahn angegeben war. Ich muss gestehen, dass ich mich schon vom Ansehen mit diesem Mundstück nicht besonders gut anfreunden mochte, das roch doch zu sehr nach hellem, obertonreichen, dafür ordentlich lautem Klang.

Zum Glück habe ich eine Alternative in Form eines Yanagisawa 5 er Mundstück, bei dem ich aber zum Einsatz auf meinem C-Sopran die Tonkammer innen auf Large Chamber ausgefräst habe. Ich habe mal versucht, die baulichen Unterschiede bildlich festzuhalten.

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Meine allerersten Anspielversuche habe ich dann aber doch mit dem Original Mundstück vorgenommen und war doch sehr überrascht, wie gut das Trötchen abging. Keine Spur von Anstrengung war notwendig, um mit dem etwas zu leichten Blatt gleich loszulegen. Ich war völlig begeistert, bis, ja, bis auf die Noten A’’, Bb’’ und B’’ (deutsch H’’). Die wollten einfach nicht. Darüber ging es dann schon wieder leichter, und sogar die Palmkeys konnte ich irgendwie anspielen, aber die drei Töne wollten gar nicht.

Klarerweise war das A’’ wegen der scheunentorartig aufstehenden G-Klappe viel zu hoch, und das machte sich natürlich auch beim Bb’’ und B’’ noch bemerkbar, aber das war es nicht. Irgendwie hatte ich den Eindruck, der Ton ist nicht stabil, sondern da befinden sich zwei Resonanzen ganz dicht beieinander, die sich gegenseitig beeinflussen. Das hörte sich dann etwa so an:




Beim Ziehen des Tones verändert sich die Intonation nicht gleichmäßig, sondern springt zu einem anderen Resonanzpunkt.

Versuchsweise habe ich dann zunächst einmal die G-Klappe korrigiert, was zu einer deutlich besseren Intonation führte, aber an diesem Phänomen nichts änderte.

Als mögliche Ursache habe ich die doppelte C#-Klappe im Verdacht. Diese sitzt ja recht nahe bei der unteren Oktavklappe und auch in der Nähe der betroffenen Tonlöcher, und, aufgrund der besonderen Ausführung ergibt sich bei geschlossener Klappe ein recht langer Tonkamin. Ein solcher kann sich durchaus störend bemerkbar machen, wie ich aus dem Büchlein von Nederveen gelernt habe.

Leider war es mir nicht möglich, das Loch einfach mal komplett zu stopfen, denn der Tonkamin taucht zu allem Überfluss noch in das Schallrohr hinein. Da hätte ich denn doch zu viel zu basteln gehabt, und das wollte ich mir und dem Instrument nicht antun.

So bleibt für mich erst mal ungeklärt, ob das nun an mir und meinem Ansatz liegt, oder vielleicht doch ein Problem des Saxophons darstellt.

Ich muss gestehen, dass mir diese 3 Töne so ein bisschen den Spaß an dem „Trötchen“ genommen haben. Nach einer Woche und mehreren Stunden Spielens hatte ich das Problem zwar deutlich abgemildert, aber noch lange nicht im Griff. Sicherlich wäre hier für mich noch eine ausführliche Mundstücksuche vonnöten, um mit diesem Instrument dauerhaft klar zu kommen.

Nun mag man natürlich argumentieren, dass das Sopranino nicht gerade das am leichtesten zu beherrschende Instrument ist. Es ist nur so erstaunlich, da ich am Ende der Probewoche durchaus anfing, auch die Palmkeys halbwegs drauf zu bekommen, und die sind auf den Sopis die ich so kenne deutlich schwieriger zu spielen als die Tönen von A’’ bis C’’’.

Abgesehen von diesen drei Tönen macht das „Trötchen“ viel Spaß, allerdings ist mir die Lage dann doch ein wenig zu extrem, und der Ton in den Höhen einfach zu scharf. Ich mag den Klangraum des Soprans da deutlich lieber. Aber wenn ich das nötige Kleingeldl übrig hätte, ich wüsste nicht, ob ich dann nicht doch schwach werden könnte.

Wenn ich es dieses Jahr endlich mal zur Musikmesse schaffe, dann werde ich mir auf jeden Fall dieses Sopranino im Vergleich mit dem Selmer noch einmal genauer anschauen.

Am Ende möchte ich noch zwei Klangbeispiele zu Gehör bringen, einmal ein kleiner direkter Vergleich der beiden Mundstücke.

Vergleich Yanagisawa Mundstück mit Original


Viermal die gleiche Sequenz, jeweils zunächst mit dem Yanagisawa Mundstück und dann mit dem Originalmundstück. Auf der Aufnahme ist der Unterschied deutlich geringer als ich es beim Spielen selbst wahrgenommen habe, trotzdem finde ich ist der Unterschied deutlich zu hören.

Und zum Anderen noch ein bisschen Gedudel von mir mit dem Yani Mundstück, übrigens mit Vandoren 3er Blättern gespielt. Bei diesen Aufnahmen war die G-Klappe übrigens nicht korrigiert, einige der hörbaren Intonationsprobleme rühren also daher.

Klangbeispiel mit Yanagisawa Mundstück


Aufgenommen ist das Ganze mit der gleichen Technik und im gleichen Raum und bei gleicher Aufstellung, wie ich hier (link ® Testbericht Sequoia Sopran vs Buffet S1) auch schon aufgenommen habe, die Klänge sind daher direkt miteinander vergleichbar.

Beim Abhören der Aufnahme war ich sehr überrascht, wie viel saxophoniger das Trötchen doch klingt. Der subjektive Eindruck, wohl bedingt durch die Nähe der Tonlöcher zum Ohr ist ungleich schärfer, ja für mich unangenehmer.

Bliebe noch ein Fazit zu ziehen. Aber da fällt mir wenig zu sein. Fast bin ich froh, dass ich mir das Teil ja sowieso nicht leisten kann [​IMG]

Gruß,
xcielo
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