Interview mit Peter Wespi

Artikel in 'Interviews', hinzugefügt von matThiaS, 13.Februar.2008. Current view count: 79350.

saxophonforum.de: Unsere letzte Frage: was ist dein größter Wunsch zum Thema Saxophon?

Peter Wespi: Oh, da muss ich leider enttäuschen: Ich bin betreffend Saxophon wunschlos glücklich und es sind ja in Sachen Saxophon viele Innovationen am Laufen. Mehr oder weniger ist ja aber alles schon da ist und staune immer wieder, was da noch Neues herausgetüftelt wird. Und wenn man sich die alten Meister anhört, dann ist wohl schon vor über 60 Jahren schon alles da gewesen. Man muss es nur spielen und damit üben. Ich habe jedoch in anderen Bereichen drei kleine Wünsche:

Mehr bewusster Musik-Konsum
Die Musik wurde vor allem im Laufe der letzten 50 Jahre völlig zweckentfremdet: Von einem ursprünglichen Grundbedürfnis des Menschen mutierte ihr Hauptzweck zu einem Background-Massenartikel. Die Medien halfen dabei wacker mit, den Anteil von bewusst konsumiertem Musik-Konsum auf ein erschreckendes Minimum zu reduzieren. Mein Wunsch ist, dass sich die Leute wieder darüber interessieren, wann und wo unbewusst konsumierte Musik ihr Fühlen, Denken und Handeln beeinflusst und dass man sich wieder die Kraft der Musik ins Bewusstsein zurückholt. Ebenso ist es mir ein Anliegen, dass Musik vermehrt beurteilt und nicht verurteilt wird. Dieses Urteilsvermögen ist nur möglich, wenn man Musik mit offenen Ohren und wachem Geist konsumiert.

Mehr Respekt vor Eigentum...
...auch wenn es "nur" geistiger Natur ist. Komponierte und konservierte Musik, geschriebene Noten und Texte usw. sind die hergestellten Produkte von echten Menschen aus Fleisch und Blut. Da ändert auch die Tatsache nichts daran, dass man diese Produkte mit den heutigen Technologien sehr einfach und effizient kopieren und dann "sein Eigentum" nennen kann. Gesetzeswidriges Kopieren ist dasselbe, wie wenn man in einem Geschäft etwas mitnimmt ohne zu bezahlen - sprich: klaut.
Es scheint sich auch eine allgemeine Fehlinterpretation über den Begriff "tauschen" etabliert zu haben. Seit wir als Kids die Fussball-Bilder getauscht haben, wissen wir, dass ein echter Tausch dann abgeschlossen ist, wenn ich etwas gegeben und dafür etwas bekommen habe. Aber die so genannten "Tauschbörsen" im Internet gaukeln vordergründig etwas anderes vor und so gewöhnt man sich sehr schnell an diese Art der persönlichen Bereicherung. Aber sie ist vor dem Gesetz illegal, was für mich persönlich nicht an erster Stelle kommt. Ich sehe das Klauen von Eigentum in erster Linie als Respektlosigkeit gegenüber den Eigentümern.
Verbote haben ihren Sinn im Reiz des Verbotenen. Und wenn Gesetze dafür gemacht werden, dann gibt es auch Gesetzeshüter. Die GEMA und in der Schweiz die SUISA machen nichts anderes, als für die Einhaltung der nötigen Gesetze zu sorgen. Und wenn diese von der Regierung direkt beauftragten Institute ihre Vorgehensweise verschärfen, dann ist die Ursache einzig und allein beim Volk und bei den illegal Tauschenden im Speziellen zu finden. Die Frage, ob zuerst das Huhn oder das Ei war, erübrigt sich hier voll und ganz.
Sicher muss man nicht päpstlicher als der Papst sein. Ich habe zum Beispiel auch gecrackte Versionen von zwei verschiedenen Layout-Software über einen längeren Zeitraum "illegal" verwendet. Der Grund dafür aber war, dass bevor ich über € 1000.00 für ein Produkt bezahle, die Gewissheit haben will, dass es auch das ist, was ich mir darunter vorstelle. Und derartige Tests dauern halt länger als die üblichen 14 Tage einer Tryout-Version.
Die einfachste Art, sich über diesen Missstand eine eigene Meinung zu bilden ist, sich in die Lage der beklauten hinein zu versetzen. Und man fühlt sich dabei wohl ziemlich respektlos behandelt...

Mehr Respekt vor freiwillig geleisteter Arbeit
Manchmal komme ich aus dem Staunen nicht mehr heraus: Da wird in freiwilliger Arbeit mit einem riesigen zeitlichen Aufwand zum Beispiel ein Forum gehostet und alles daran gesetzt, dass es funktioniert und der Allgemeinheit dienen kann. Ist dann mal was nicht so, wie es sein sollte (die Wege der Bytes und Bits sind manchmal sonderbar...), dann wird oftmals ausgeteilt, was das Zeugs hält. Sowohl von körperlich Erwachsenen, als auch von Kids, die kaum aus den Windeln sind. Und exakt hier hören mein Verständnis und mein Goodwill definitiv auf, denn das ist schlicht unter aller Würde. Ich glaube, dass die Anonymität des Internets ein solches Verhalten fördert. Dies würde in gewissem Masse auch erklären, weshalb des Öfteren ansonsten völlig normale Erdenbürger in der Abgeschiedenheit eines PKW zu hirnrissigen Vollidioten mutieren.
Ich wünsche mir vermehrt die Vorstellung, dass sich auf der Empfängerseite von Statements echte Mensche aus Fleisch und Blut befinden. Und bevor auf den "Senden"-Button geklickt wird, sollte sich jeder und jede überlegen, ob er dies auch einem echten Gegenüber ins Gesicht sagen würde - auch wenn es Bruce Lee himself ist. So wären unter anderem auch die Umgangsformen im Internet wohl oftmals um einiges angenehmer. Und emsige Frondienst-Leister würden endlich ihre hart verdiente Portion von gebührendem Respekt erhalten.

Einen herzlichen Dank an das saxophonforum.de-Team und MatthiAS im Speziellen für dieses Interview. Es freut mich sehr, hier meine Antworten auf diese interessanten Fragen geben zu dürfen. Wenn bei Lesern dabei weitere Fragen aufkommen sollten, dann bin ich gerne bereit, darauf einzugehen - sei es über private Mail oder über das Forum.



saxophonforum.de: Wir bedanken uns bei Peter für dieses Interview, das neben netten Anekdoten auch eine Vielzahl Tipps und Tricks zum Saxphonspiel enthielt. Und weil es so schön war, darf zum Abschluß Peter noch einmal seinen Hund Velvet beim Blues begleiten.
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