Test Marc Jean Ligaturen

Artikel in 'Tipps, Tricks & Tests', hinzugefügt von Claus, 15.März.2014. Current view count: 9178.

In verschiedenen threads sind ja die Auswirkungen von Blattschrauben auf die Tonerzeugung und das Anspracheverhalten ausgiebig diskutiert worden. Dabei sind die Erfahrungen und Vorlieben verschiedener Spieler sehr unterschiedlich – von der filigranen Hi-Tech Blattschraube bis zum Kabelbinder-Eigenbau ist alles vertreten und wird auch mit gutem Erfolg eingesetzt. Die Formel „je teurer, desto besser“ lässt sich jedenfalls empirisch kaum belegen. Ein gewisses Einvernehmen habe ich allerdings dahingehend wahrgenommen, dass nicht jede Blattschraube mit jedem Mundstück gleich gut harmoniert.

Die kanadische Firma Musique de Marc (www.musiquedemarc.com) vertreibt unter anderem Ligaturen, die vom Inhaber Marc Jean als Ergebnis von Studien über einen Zeitraum von 5 Jahren entwickelt wurden. Marc Jean genießt überdies wohl einen ausgezeichneten Ruf als Saxdoc in Montreal und Umgebung. Die Produktbeschreibungen für die Ligaturen auf der Webseite versprechen Einiges:

The sound quality improvement generated by this redesign reversed ligature is surprising. The positioning of wooden sticks to support the reed allows it to vibrate in perfect symbiosis throughout its length, providing stunning tone. The conception of The Marc Jean Ligature creates a significant amplification of the undulatory movement, bringing out the qualities of the instrument and its mouthpiece, resulting in:


• A quicker, even immediate response;

• A more open, clean and very centered tone;

• A clearer, depper and stronger sound, and more stable notes all along the scales;

• A general improvement of the playing...


Your instrument and mouthpiece sound qualities are therefore amplified. You will notice added volume, greater presence and a rounder and greater depth of sound.


Gut – Papier ist geduldig, dachte ich mir; aber vielleicht kann man das ja mal testen. Der ausgesprochen freundliche und zuvorkommende Firmeninhaber Marc war bereit, mir drei Testexemplare zur Verfügung zu stellen, nachdem ich ihm Informationen über die von mir verwendeten Mundstücke geliefert hatte. Damit ist auch schon eine erste Besonderheit angesprochen: die Ligaturen unterscheiden sich nicht nur nach ihrem Material und einigen groben Größen, sondern werden für Mundstücke, die bei Musiquedemarc bekannt sind und in der Vergangenheit vermessen wurden, handgefertigt. Zwei meiner Mundstücke waren dort in der Datenbank vorhanden (das Eric Falcon Metallmundstück = Warburton und mein Ralph Morgan Sopran-Mundstück). Das dritte (ein Peter Ponzol Kautschuk) war ihm leider unbekannt. Schade, da dies eigentlich mein Hauptmundstück ist. Aber: der stolze Handwerker ließ es sich nicht nehmen, auch für dieses Mundstück nach meinen Beschreibungen eine Ligatur anzufertigen und mitzuliefern – chapeau!

Also, nun zu den Ergebnissen meines Tests, nachdem ich die Ligaturen rund vier Wochen auf den verschiedenen Mundstücken ausprobiert habe. Ich habe mir extra etwas mehr Zeit gelassen, weil man am Anfang ja häufig sehr angetan ist, wenn man etwas Neues testet und dann irgendwann feststellt, dass sich der Eindruck nach einiger Zeit etwas relativiert.


Konzept:

Es handelt sich um eine Ligatur mit 2 Schrauben, die allerdings bei korrekter Verwendung auf der oberen Seite des Mundstücks verschraubt werden. Unten wird das Blatt nicht direkt vom Metall an den Tisch gepresst, sondern über zwei rötliche Holzstäbchen, die nicht ganz parallel zueinander angeordnet sind. Das verwendete Holz scheint ziemlich hart zu sein, jedenfalls konnte ich in der Zeit des Gebrauchs keinerlei Verformungen feststellen. Ein bisschen erinnert die Idee an eine Blattschraube von Rovner die ich habe, wobei allerdings dort die beiden schienen, welche den Kontakt zu Blatt vermitteln, aus Metall sind.

Oben sind, was ich auch erst beim Fotografieren gesehen habe, noch einmal zwei dünne Kork-Streifen eingeklebt. Ob das nur Kratzer vermeiden soll, oder ob es eine akustische Funktion hat, kann ich nicht sagen.


Aussehen und Verarbeitung:

Die Blattschrauben wirken sehr schick und wertig (siehe Fotos). Der eingravierte Schriftzug „Marc Jean“ hat vermutlich wenig Einfluss auf die Spieleigenschaften, sieht aber jedenfalls elegant aus.
Die Verarbeitung ist tadellos. Es gibt keine Ecken und Kanten, wo sie nicht sein sollten. Alles ist schön symmetrisch und die verwendeten Gewinde und Schrauben lassen auf ein langes Leben hoffen. Alle Blattschrauben passten perfekt auf die Mundstücke.


Handling:

Eigentlich stehe ich auf Ein-Schrauben-Systeme wie beispielsweise die Vandoren Optimum. Für eine schnelle Korrektur finde ich das einfach angenehmer. Die Marc Jean ist halt eine klassische 2-Schrauben-Lösung. Ein möglicher Vorteil mag allerdings darin gesehen werden, dass sie noch etwas mehr Flexibilität besteht, wie fest man die vordere bzw. hintere Schraube anzieht. Eines lässt sich jedenfalls festhalten: einmal eingespannt sitzen die Blätter bombenfest, ohne dass die Blätter dafür gequetscht werden müssten, und es bedarf eigentlich keiner großen Korrekturen mehr.


Ansprache und Klang:

Das ist für mich eigentlich der entscheidende Punkt. Und hier schneiden die getesteten Ligaturen durchaus überzeugend ab. Auf allen drei Mundstücken hatte ich eine leichte (schnelle) Ansprache, wobei der Blaswiderstand sich für mich nicht groß von der Vandoren Optimum unterschied. Klarer Klang, kein bisschen muffelig. Getestet habe ich jeweils mit den gleichen Blättern (Vandoren Java 3,0), die ich zuvor mit meinen bisherigen Blattschrauben verwendet hatte. Der mehrfache Wechsel zwischen alter Blattschraube und Marc Jean zeigte, dass die Ansprache über sämtliche Register hinweg noch einen Tick einfacher war als bei den Vandoren Optimum (ohne Andruckplatten) bzw. Rovner. Einzige Ausnahme: auf dem Mundstück von Eric Falcon (das sich ja bei mir in der Vergangenheit als äußerst zickig erwiesen hatte, was Blattschrauben angeht, siehe Bericht unter http://www.saxophonforum.de/threads/und-blattschrauben-machen-doch-einen-unterschied.17284/ wurde es in den Palmkeys wieder etwas schwerer gegenüber der Optimum ohne Andruckplatte.


Preise und Verfügbarkeit:

Vom Preis her sind die MJ nicht ganz auf der billigen Seite (ab $65), jedenfalls dann, wenn man noch den Transport und Zoll dazu rechnet. Ich weiß aber, dass Marc Jean versucht, Händler in Deutschland zu finden. Zur Zeit stellt er auf der Musikmesse in Frankfurt aus – falls also noch jemand hingeht, ist das ein lohnender Besuch (am Stand von Rafael Navarro, 4.1 C37).


Fazit:

Die Blattschrauben von Marc Jean sind hochwertige, sehr gut verarbeitete Produkte, die zumindest bei meinen Tests sehr gut funktioniert haben. Auf zwei meiner drei Mundstücke werde ich zukünftig diese Blattschraube einsetzen. Das Handling ist für eine Konstruktion mit zwei Schrauben absolut o.k. und die Spieleigenschaften sind überzeugend. Ein großer Vorteil scheint zu sein, dass diese Blattschrauben ziemlich genau auf die Mundstücke angepasst werden, auf denen sie später gespielt werden sollen. Dies kann natürlich auch ein Nachteil sein, wenn man öfter einmal die Mundstücke wechselt. Dann mag es sein, dass das Schraube und Mundstück nicht mehr wie gewohnt miteinander harmonieren. Wer aber länger beim Setup bleibt, der kann sein Geld hier lohnend investieren.
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