Barfuß Auto fahren

In einem anderen Thread habe ich "offenbart", dass ich stets barfuß Auto fahre. Egal ob PKW oder Lastzug.

Hierzu haben sich mehrere User kritisch bis erbost geäußert.

Da ich besagten Thread jetzt nicht zerreißen will, habe ich zu dem Thema hier einen neuen aufgemacht.

Ein User schrieb entgeistert:

Verzeihung, aber das ist Unfug. Und zwar alles.

Nur mal zwei Punkte:
Zum einen ist es KEINE Ordnungswidrigkeit, barfuß Auto zu fahren.
Die Oberlandesgerichte Celle und Bamberg habe in abschließenden Urteilen festgestellt, dass der zu diesem Zweck herangezogene §23 StVO nichts zu dem Thema hergibt.

Mir nicht.
Wo soll der höhere Druck denn herkommen?
Eine Vollbremsung erfordert - ob beim PKW oder LKW - einen Pedaldruck von ca. 30 bis 40 kp. Wenn ich gehe, lastet auf meinem Fußballen bei jedem Schritt (!) eine Last von ca. 90 kg.
Selbst bei meinem alten Honda Prelude (Bj. 94) bringe ich allein mit dem großen Zeh die Räder zum Blockieren.

Grüße

Der Zausel

 

Bei einer normalen Bremsung wirst Du keine Probleme bekommen. Bei einer richtigen Vollbremsung schon.

Weil Du da nämlich mit einer Gewalt auf die Bremse treten musst (und da geht es nicht um den Druck am Ende der Bremsung, sondern um die Geschwindigkeit, mit der Du diesen Enddruck erreichst), die Du mit dem nackten Fuß nicht so hinbekommst wie mit ordentlichem Schuhwerk.

 

Und die Rechtsprechung sagt zwar in der Tat, dass barfüssiges Fahren nicht automatisch eine Ordnungswidrigkeit darstellt. Trotzdem solltest Du die Urteilsbegründung vollständig lesen. So schreibt z.B. das OLG Bamberg in der zitierten Entscheidung auch:

 

Hallo Zausel, hallo Brille,

erklärt mir doch bitte mal, warum ihr dauerhaft barfuß lauft.

Oder schickt mir mal einen informativen Link.

Vielen Dank.

Gruß

 

Moin,

abgesehen davon, dass ich kein gutes Gefühl hab, wenn ich barfuß fahre (ich hab das früher mal versucht):
Alle neuen Autos haben einen Bremsassistenten, weil das Problem der zu geringen Kraft, mit der ein Bremspedal oft getreten wird, eh bekannt ist.

Liebe Grüße,
Guenne

 

@Mugger

Ja, das ist hilfreich, gilt aber erst seit Ende 2011 -> es gibt immer noch reichlich Fahrzeuge ohne...

 

Ich befasse mich in meinem Studium etwas mit Mechanik, da möchte ich jetzt schon einmal nachfragen, wieso man mit Schuhen mehr Bremsdruck erreichen soll? Dass es für den Fuß angenehmer ist, weil sich die Last (das Pedal) gleichmäßiger verteilt sehe ich ein, wurde hier allerdings nicht angesprochen. Wenn ich die reine Mechanik betrachte ist Barfuß fahren sogar minimal besser, da man nicht die Dämpfung von der Schuhsohle überwinden muss.
Wenn ich jetzt jedoch Barfuß fahre ist da nur mein Fuß und das Pedal.
Direkter gehts nicht.

lg
Martin

 

Und man hat einen besseren Kontakt, gefühlsmäßig.Es gibt aber ein Problem:Wir haben so eine Art innere Bremse.Schmerzvermeidung.Die könnte uns, Füße sind sehr empfindlich, Probleme machen.

 

@lene

Das ist genau der Punkt. Ich kann mich an diverse Sicherheitstrainings erinnern, in denen Notbremsungen geübt wurden. So einen "Bullentritt" würde ich mit ungeschützten Füßen nicht hinbekommen. Den gleichen Enddruck schon, da hätte ich jetzt keine Bedenken.

 

Ob man es darf oder nicht ist ja das eine, aber interessant wäre wirklich mal, welche Motivation dahinter steckt.
Ich persönlich bin froh, dass ich Schuhe habe, und wenns luftig sein soll nehme ich halt Jesuslatschen ( was zum Autofahren auch nicht geht). Aber ich bin mal in einen rostigen Nagel getreten ( barfuss), Scherben natürlich sowieso , ich bin mal am Strand auf einen sehr sehr fiesen Giftfisch getreten, der sich im Sand eingebuddelt hat..... gebt mir meine Schuhe, auch im Auto... und seitdem auch möglichst am Strand, DAS brauch ich nie wieder !
LG
Thomas

 

So, ich bin wieder da - ich war einige Tage unterwegs.

Also. ich darf (ohne anzugeben) sagen, dass ich mich natürlich schon lange mit dem Thema beschäftige (und als Berufskraftfahrer auch beschäftigen muss).

Rundweg gesagt: Es gibt KEINEN Grund, der dagegen spricht, barfuß Auto zu fahren.

Und: Das Thema kocht zwar immer mal wieder in den Medien hoch, ist aber für die Praxis kaum von Relevanz. Das führt dazu, dass jeder Jurist, vor allem der, der sich noch nie damit hat befassen müssen, seine aus dem Bauch formulierte Meinung quasi als "Rechtsgutachten" in die Welt prustet.
Besonders negativ tut sich hier regelmäßig der "Hausjurist" des ADAC hervor, der bisher fast ausschließlich Müll hervorgewürgt hat (auch zu anderen Themen).

Im einzelnen:
Wie bereits a.a.O. festgestellt wurde: Strafbar ist es nicht. Es ist auch keine Ordnungswidrigkeit.
Und - anders als ADAC und andere "Leute vom Fach" behaupten, ist es auch für einen eventuellen Versicherungsschaden völlig irrelevant.
Das sagt kein "Jurist", sondern das sagt der Sprecher des deutschen Versicherungsverbandes - auch fürs Fahren mit z.B. Flip Flops.
Zur Erklärung: Eine Haftpflicht zahlt immer dann, wenn eine Schädigung durch Fahrlässigkeit verursacht wird. Speziell: Durch leichte Fahrlässigkeit. Hat man einen Schaden nicht verschuldet, wird nicht gezahlt. Bei grober Fahrlässigkeit oder gar Vorsatz natürlich auch nicht.
Falsches Schuhwerk ist nun nachgerade ein klassischer Fall für einfache Fahrlässigkeit. Und die Versicherung zahlt. Immer.
Sagt, wie gesagt, der Sprecher des deutschen Versicherungsverbandes und nicht der ADAC, ein Jurastudent, die BLÖD-Zeitung oder "Volle Kanne, Susanne" im ZDF.

Aber weg vom Juristischen:
Es gibt auch sachlich keinen Grund, warum man mit Schuhen die Pedale besser bedienen können sollte als barfuß.

In dem Geblubbere der Möchtegern-Fachanwälte und ihrer Abschreiber taucht an vorderstee Linie immer die ominöse "Abrutschgefahr" auf.
Was für ein gequirlter Unsinn!
Mit jeder nassen Leder- oder Gummisohle rutsche ich zwanzigmal leichter ab als mit der netürlichen Sohle. Man überlege nur mal, wozu die Papillarleisten (also die Linien) auf Händen und Füßen angebracht sind? Genau dafür, dass wir nicht abrutschen.
Da kommt keine Schuhsohle mit.

Die "Abrutschgefahr" ist nichts als eine doofe Erfindung derer, die stets argumentieren: "Das kann nicht sein, das darf nicht sein, da erfinde ich halt etwas." Leider ist dies ein beliebter Teil der Diskussionskultur.

Dazu kommt, dass barfuß keinerlei Gefahr besteht, mit der Schuhsohle beim Pedalwechsel am Pedal hängenzubleiben. Ist ja keine Sohle da.

Na ja, dann noch zum Punkt, man könne barfuß nicht so drauflatschen wie mit einer festen Sohle:
Ich schrieb bereits, dass für eine Vollbremsung eine Pedalkraft (egal, ob PKW oder LKW) von ca. 30 bis maximal 40 kp notwendig ist.
Das erreiche ich allein mit dem großen Zeh.
Woher soll mit Schuhen eine größere Kraft herkommen? Eingebaute Federn?
Bei jedem meiner Schritte bringe ich mit dem Fußballen etwa 90 Kilo auf den Boden. Und dann soll ich es nicht schaffen, ein Pedal zu treten?

Ich habe vor einigen Jahren zusätzlich zum LKW-Führerschein eine richtige Ausbildung zum Berufskraftfahrer gemacht. In einer Fahrschule.
Unter anderen hatten wir dort eine Fahrlehrerin, die das auch nicht glauben wollte (das "Bauchgefühl" eben).
Da haben wir es eben ausprobiert: Sie und ich sind wechselweise auf abgesperrter Strecke mit dem Fahrschulwagen gefahren und haben Vollbremsungen aus definierten Geschwindigkeiten veranstaltet.
Meine 14 Kollegen haben gemessen und dokumentiert.
Und jedesmal war ich "kürzer".
Hat Spaß gemacht.

Und für die, die es immer noch nicht glauben wollen:
Schaut euch mal die "Schuhe" der Fahrer in der Formel 1 und z.B. in der Rallye-WM an! Das sind keine Schuhe, sondern allenfalls dicke Strümpfe. Sie dienen nicht dem Aufs-Pedal-Latschen, sondern in erster Linie dem Feuerschutz bei einem Unfall.
Und in einem professionellen Rallye-Auto muss man weiß Gott heftiger zutreten als mit einem Golf oder Megane.

Ach so, bevor ich es vergesse, noch zum "Verbot" für Berufsfahrer:
Das gibt es tatsächlich, aber nicht in der StVO, sondern in den Unfallverhütungsvorschriften:
In der BGV D29 §44 Abs 2 heißte es: "Der Fahrzeugführer muss zum sicheren Führen des Fahrzeuges den Fuß umschließendes Schuhwerk tragen."
(Man beachte: Nicht, wie von Jura-Praktikanten stets behauptet, "festes" Schuhwerk".)

Mal abgesehen davon, dass dieser Satz SEHR unglücklich formuliert ist, zielte er nämlich eigentlich nur auf das Umschließen des Fußes, um nicht aus den Latschen zu rutschen, und nicht Schuhen an sich, so gilt er eben nur als UVV.
Das heißt, die Polizei hat gar nichts dagegen, dass ich barfuß fahre, auch nicht mit 40 Tonnen im Kreuz.
Es ist allenfalls das BAG (Bundesamt für Güterverkehr) das seine Hilfssheriffs an die Autobahn stellt, um dem Fahrer eine reinzusemmeln.
Das ist vergleichbar dem, wenn ein Arbeiter auf der Baustelle ohne Helm erwischt wird.

Übrigens: An jeder Autobahnraststätte gibt es Clogs zu kaufen mit einem verschiebbaren Riemen für die Ferse. Warum? Na, für die Fahrer, die bei einer Kontrolle schnell reinschlüpfen, den Riemen hochziehen und so dem BAG genüge tun können.
Aber nicht weitersagen ...

So viel von meiner Seite zum Thema "barfuß Auto fahren".
Es taugt nicht, sich über den "verantwortungslosen" Fahrer aufzuregen.

Wie sagte Kurt Tucholsky schon vor fast 100 Jahren?

"Welches ist die 'deutscheste' aller Fragen?
'Ja, darf der denn das?' "

Der Zausel

P.S. Ich werde mich die nächsten Monate an diesem rattenscharfen Thread nicht mehr beteiligen können.
In zwei Stunden geht's für ein Vierteljahr nach Australien.
Im Land Cruiser Troopy volles Rohr durchs Outback.
Natürlich barfuß !!!