Jazz TOTM - Improvisation, wie gehe ich es an?

Dieses Thema im Forum "Improvisation - Harmonielehre" wurde erstellt von Mugger, 7.Dezember.2012.

  1. Mugger

    Mugger Guest

    Hallo,

    vielleicht ist es für den einen oder anderen nützlich darüber nachzudenken, wie er denn so ein Liedchen improvisatorisch angehen sollte.
    Daher schlage ich hier so eine Art Gedankensammlung vor.
    Ich habe mich ja schließlich durch meinen Vorher - Nachher unter Druck gesetzt.
    Also, Beispiel Ladybird.
    Ich habe mir für heute die ersten 4 Takte vorgenommen und einen "Playback-Loop" mit Chordbot am iPhone erstellt. Mittleres Tempo, 120.
    Von diesen 4 Takten übe ich die Melodie in allen Tonarten, versuche dann die Melodie so zu verändern, dass eigene Motive draus werden. Dazu verwende ich alles mir bekannte Material.
    Ich analysiere die Melodie (das Motiv vom 3. Takt weg ist z.B. auch in Honeysuckle Rose enthalten).
    Ich versuche vor allem, "durch" die Changes zu spielen, also logische Melodien, die nicht vor Akkordwechseln enden, bzw. auf Teufel komm raus einen Akkordton im nächsten Takt treffen, versuche also "großflächiger" zu denken.
    Über einen ganzen Song überfordert mich das (noch).
    Ich denke, dass das aber genau das ist, was die Guten zu Guten macht :)
    Deswegen kann ein einziger Ton über mehrere Chords gespielt besser klingen als 50 richtige.
    Das reicht mal für den ersten Tag.
    Input, bitte gerne.

    Liebe Grüße,
    Guenne
     
  2. abraxasbabu

    abraxasbabu Ist fast schon zuhause hier

    Ich dachte wenn es geplant und überlegt ist, ist es keine improvisation

    Wikipedia: "Improvisation bedeutet, etwas ohne Vorbereitung, aus dem Stegreif dar- oder herzustellen. Im allgemeinen Sprachgebrauch versteht man unter Improvisation auch den spontanen praktischen Gebrauch von Kreativität zur Lösung auftretender Probleme."
     
  3. saxhornet

    saxhornet Experte

    Das ist doch nur was mugger macht um das Material zu üben und sich damit wohl zu fühlen um dann später locker darüber improvisieren zu können. Ein Auschecken der Akkorde, Skalen, Melodie, der Melodieführung, der Möglichkeiten ist wie eine Programmierung deines Gehirns. Ist diese erfolgreich, kannst Du dann auch eher loslassen und drüber improvisieren. Oder es ist so als wenn Du Dir aus einer Tüte alle Legosteine erstmal anschaust und Dir einen Überblick verschaffst was Du denn überhaupt alles zur Verfügung hast, bevor Du anfängst zu bauen.

    Lg Saxhornet
     
  4. Mugger

    Mugger Guest

    Hi,
    seltsam, die Assoziation mit den Klötzen hatte ich auch grade :)

    Liebe Grüße,
    Guenne
     
  5. 47tmb

    47tmb Gehört zum Inventar

    Eine von vielen(!) Möglichkeiten ist es, sich dem Titel "akkordisch" zu nähern.

    Sehr detailiert wäre:
    1) Grundtöne der Akkorde mit richtigen Notenlängen (Da mag schon eine gewisse Struktur und/oder "Bewegung" erkennbar sein.

    2)Die Dreiklänge(!) (1-3-5) der notierten Akkorde rauf und runter unabhängig von den notierten Notenlängen

    3)Die notierten Akkorde vollständig (also mit Sexten, Septimen, Nonen oder was auch immer da steht) rauf und runter unabhängig von den notierten Notenlängen.

    Damit habe ich schon mal ne Menge Tönematerial

    4)Jetzt kann ich mir Skalen zu den Akkorden raussuchen und: rauf und runter unabhängig von notierte Notenlängen.

    (Achtung: Wenn da irgendein kryptischer Akkord mal für ne 1/4 Note vorkommt, muss ich mir nicht zwingend eine wilde 1/2-Ton-Ganz-Ton-Skala reinziehen. Für "Zur Übung" sicher trotzdem nicht falsch)

    Jetzt habe ich ganz viel Tönematerial.

    5)Den Titel nochmal anhören (und vielleicht eine Impro summen....!)

    6)Musik machen


    Wer mag und kann, fängt einfach bei 6) an :) aber auch diesen Koleginnen und Kollegen bringt das "sezieren" von einem Musikstück vielleicht die eine oder andere Erkenntnis und womöglich ein bischen mehr Spaß und noch mehr Qualität beim eigenen Spiel.

    Cheerio
    tmb

     
  6. Mugger

    Mugger Guest

    Servus,
    um Klarheit herzustellen.
    Es geht um das "Sezieren", wenn man es so nennen mag, um das Gesamtwerk zu verstehen, Verbindungen herzustellen.
    Ich will ja nicht über zufällige Akkorde und Skalen improvisieren, sonderum über das Lied. Erst dann wird es für mich ernsthaft.
    Mein Lehrer sagt über solche Kollegen: "I am not interested in what you have practiced the last month...".

    Liebe Grüße,

    Guenne
     
  7. Juju

    Juju Strebt nach Höherem

    Da seid Ihr nicht die Einzigen :-D
    Harmony with Lego Bricks

    Mein Mann ist ein großer Fan von der Methode.

    Liebe Grüße,
    Juju
     
  8. Rick

    Rick Experte

    Genau - denn das, was oft so locker und spielerisch auf der Bühne wirkt, ist meistens das Ergebnis langer Vorbereitung.

    Aber man lernt natürlich nichts auswendig, sondern man versetzt sich durch das Studium von Vokabular und Grammatik der Musik sowie durch die Erlangung von Routine in die Lage, spontan etwas Eigenes, Neues zu schaffen.

    Mir wäre kein bedeutender Improvisator bekannt, sei es in Jazz, Rock, Pop oder sonstwas, der nicht vor seinen ersten von Publikum oder Kritikern gefeierten Auftritten bzw. Einspielungen jahrelang intensiv an seiner Kunst gearbeitet hätte.

    Bei manchen Musikern kann man ja frühe Aufnahmen hören (z. B. von Miles Davis), die möglicherweise schon eine gewisse Genialität aufblitzend erahnen lassen, doch erst nach den "Trainings-Jahren" ist das Ergebnis wirklich überzeugend, finde ich.

    Manche entwickeln sich dann noch weiter, andere verharren auf diesem Stand, aber komplett "vom Himmel gefallen" ist kein Meister. ;-)


    Schöne Grüße,
    Rick
     
  9. Dreas

    Dreas Gehört zum Inventar

    Gut, dann schreibe ich das mal aus meiner Anfängersicht.

    Zunächst das Stück bewußt hören, verschiedene Versionen und Impros.

    In welcher Tonart ist das Stück notiert? Wie ist es rhythmisch aufgebaut?

    Dann Analyse der Harmonie. Was passiert da, gibt es mir bekannte Verbindungen (II-V-I oder I-VI-II-V, etc) Wo sind Tonartwechsel und welche?

    Dann die Akkorde ausnotiert aufschreiben.

    Grundtöne, dann Dreiklänge, dann Akkorde spielen. Dann die zugehörigen
    Skalen. Immer schon zum PA.

    "Spickzettel" machen, d. h. in die Takte die jeweilige Tonart mit Kreuzchen
    oder bchen notieren (toller Tip von Pue im Harmonielehrekurs).

    So und jetzt alles "vergessen", PA an und anfangen zu spielen, hören, wiederholen, Motive finden, die mir gefallen wiederholen. Aufnehmen,
    Anhören und irgendwann macht es "klick" ... oder auch nicht.

    ODER: PLayalong ein parmal hören und einfach spielen.... :)

    LG

    Dreas
     
  10. Wuffy

    Wuffy Gehört zum Inventar


    Genau so...das isses....absolut die richtigen Worte... für mich persönlich betrachtet, habe jedenfalls keine Zeit/Lust mehr, mir das ganze theoretische Zeuchs noch drauf zu schaffen.

    Man muß es hören, die Akkorde und Harmonien erfühlen und dann was über's Instrument zu erzählen und zurück antworten.

    Grüsse vom Schneetreiben

    Wuffy

     
  11. Hewe

    Hewe Strebt nach Höherem

    Naja, Wuffy, das setzt schon ein gewisses Talent ("Genialität") voraus. Ich schaue eigentlich nur auf die Dur oder Moll- Tonart und auf die Akkorde. Mixolytisch, dorisch,2-5-1 etc. haben sich mir auch nach einem guten Fachbuch noch nicht verinnerlicht. Ich habe das ganze mal so gespielt - allerdings etwas verlangsamt - und es ging für mein Level sogar!
    freundliche Grüße von Hewe (der es heute noch einmal spielen wird, auch im 140 Tempo)
     
  12. GelöschtesMitglied4288

    GelöschtesMitglied4288 Guest

    Jana Ira Bloom hat mal in einem Interview gesagt: "Improvisieren - man kann nicht einfach mal so eben improvisieren. Das ist eine Lebensaufgabe!"
    Und wenn man es erst meint, dann gebe ich ihr vollkommen recht.
    Alles was Ihr macht trägt dazu bei, so zu spielen wie Ihr nun mal gerade spielt.
     
  13. mixokreuzneun

    mixokreuzneun Ist fast schon zuhause hier

    @ rick: einverstanden, ohne wenn und aber!

    grüsse

    mixo
     
  14. Dreas

    Dreas Gehört zum Inventar

    @ jazzwoman

    DOCH!!!

    Mit dem von Dir erwähnten Ansatz werden engagierte Neumusiker
    verschreckt.

    Improvisation heißt zunäßt einfach machen. Eben nicht nachdenken,
    sondern sich der Musik öffnen und AFANGEN!

    Alles andere kann man sich erarbeiten wenn man mag.

    Wenn Dein zitierter Ansatz richtig wäre gäbe es z. B. Wuffy nicht.

    LG

    Dreas
     
  15. Gast

    Gast Guest

    Moin,

    ich hoffe nur, dass ich alt genug werde und gesund genug bleibe, um 1. noch zu leben und 2. noch das Instrument halten zu können, wenn ich so weit bin ... [​IMG]

    LG, Claudia
     
  16. GelöschtesMitglied4288

    GelöschtesMitglied4288 Guest

    Ich gebe Dir absolut recht!!! Auf jeden Fall spielen, spielen, spielen und von verschrecken keine Spur. In meinem Unterricht improvisieren wir gleich vom ersten Tag an.
    Ich glaube, sie meint damit eher, dass man sich eben nicht einfach auf die Bühne stellen kann, die Augen schließt und auf DIE plötzliche Eingabe überhaupt wartet. Wenn man auf einem bestimmten Niveau improvisieren lernen will, dann gehört eine intensive - jahrelange - Beschäftigung mit den verschiedenen Optionen (Tonleiter/Akkordstudium, Harmonielehrestudium, Hörtraining, Techniken, Transkriptionen, etc) dazu. Es ist wie eine Sprache - es hört nie auf! Dieser Anspruch mag für den Hobbymusiker nicht gelten, aber selbst da, kommt man nicht umher, sich mit ein paar wichtigen Sachen auseinanderzusetzen, wenn man eine Zuhörerschaft erreichen will.
     
  17. GelöschtesMitglied4288

    GelöschtesMitglied4288 Guest

    Auf diesem Weg sollst Du natürlich so viel (am besten mit anderen) spielen wie irgend möglich! Und nicht erst mit 80 anfangen ;)
     
  18. Juju

    Juju Strebt nach Höherem

    Moin!
    Ich finde, bevor man sich praktisch mit dem Stück auseinandersetzt, sollte man sich erst mal verschiedene Versionen anhören. Idealerweise auch Teile eines Solos transkribieren und dann selbst spielen.
    LG Juju
     
  19. Dreas

    Dreas Gehört zum Inventar

    @ jazzwoman

    Volle Zustimmung. Siehe auch meinen Beitrag #9.

    LG

    Dreas
     
  20. zwar

    zwar Ist fast schon zuhause hier

    die wichtigste fähigkeit zum improvisieren ist das freie spiel mit tönen.
    ohne akkorde, nur man selbst und das sax. spielen, mit allen verfügbaren tönen, melodien bilden, nochmal sich selbst nachspielen, alle weihnachtslieder und volkslieder die man so kennt, meinetwegen nur bekannte zitate, natürlich auch jazzige zitate wenn man mag. auch mal mit einer schwarzen taste anfangen.
    wenn man dahingehend mit dem sax ein bisschen erfahrung gesammelt hat, wirds auch schnell was mit improvisationen. und dann fangen auch theoretische kenntnisse an zu helfen, zumindstens mal dur moll dorisch mixo blues hm5 kennenlernen.
    aber das wichtigste bleibt die erfahrung in der freien melodiebildung. weil man eben dadurch lernt, das, was im koppe ist auch durch das horn zu pusten.

    gruß
    zwar
     
  1. Diese Seite verwendet Cookies, um Inhalte zu personalisieren, diese deiner Erfahrung anzupassen und dich nach der Registrierung angemeldet zu halten.
    Wenn du dich weiterhin auf dieser Seite aufhältst, akzeptierst du unseren Einsatz von Cookies.
    Information ausblenden