(Kind of) Blue 100% nachgespielt

Hallo Ihr Jazzverrückten,

ich bin durch eine Diskussion von Jack Walrath auf dieses Thema gestoßen.
Anscheinend gibt es eine Band "Mostly Other People Do The Killing", die das Album "Blue" aufgenommen haben, in dem sie die originale Platte von Miles Davis "Kind of Blue" nachspielen.
Alles ist wie die originale Platte eingespielt, sogar die Soli. Eine 1/1 Kopie sozusagen. Die Band sieht es als "Tribute".

Die Jazzszene scheint sehr empört über diese Produktion und es finden heiße Diskussionen darüber statt.

Hier ein Link mit einem Radio Interview + Einblick in die Musik: http://soundcheck.wnyc.org/story/kind-blue-remade/#.VDxy8kmjoko.facebook

Was denkt Ihr darüber? Findet Ihr es in Ordnung, dass man Jazzmusik 1/1 kopiert und daraus ein Album macht? Was sagt das über den heutigen Jazz und Ihre Musiker aus? Oder besser, wird der Jazz dadurch neu definiert?

Danke schonmal für Eure Beiträge.
Viele Grüße,
Sara

 

Nachspielen ist doch kein Jazz...

 

Ein solches Album Note für Note nachzuspielen macht für mich musikalisch keinen Sinn.
Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass man die Intensität der damaligen irgendwie wiederholen kann.
Es kann dann eigentlich nur eine schlechte Kopie sein, also überflüssig!

lg
Thomas

 

Doch....

CzG

Dreas

 

Ich finde schon das Aufnehmen von Jazz ein Unding. Das Resultat kann man zwar beliebig oft hören, aber es ist und bleibt ein Abklatsch dessen, was er eigentlich sein sollte, nämlich erlebte und gelebte Musik. Natürlich ist es nett, mal einen Abklatsch zu hören, um sich eine vage Vorstellung von dem zu machen, so wie eine Farbkopie eines Gemäldes zu betrachten. Das kann sogar gut gemacht sein, aber es ist eben nicht das Original. Das faszinierende bei der Musik ist, dass im Gegensatz zur bildenden Kunst, das Original dahin ist, wenn der Schlusston verhallt.
Meine Meinung. Hört mehr Lifemusik!
Gruß Reiner

 

Nun...

Im Grunde müsste das absolut 1:1 Nachspielen irgendwelcher Jazznummern für etliche Leute ja das Nonplusultra sein !!
( Achtung!...schwärzeste Ironie !!)

Wer schon ständig aus dem Realbook zitiert und spielen will wie X, Y, oder Z.....wer ständig irgendwelchen Vorbildern hinterherhechelt - was ja doch einige Saxer tun...der sollte das doch gerade absolut genial finden !!

Für MICH hat ""JAZZ"" zwar etwas mit eigener Innovation, Gefühlen und deren Umsetzung zu tun....aber für viele reicht es ja auch , irgendwelche JAZZ-Songs nach Noten abzududeln....

Also ist der perfekt nachgespielte JAZZsong doch Der Guru unter den Jazzern....oder ???? (Hauptsache es steht JAZZ davor..heheeeee )

>>> Ironiemodus aus ! <<<<

Und leider IST das garnicht so ironisch,,,

LG

CBP

 

Habe mir die All Blues Version von denen angehört. Das reicht aber auch. Das Gänsehaut-feeling will sich nicht so recht einstellen, oder ja, doch, aber nicht weil's so schön ist, sondern weil's irgendwie creepy klingt...

Ich glaube aber, die Truppe will nur provozieren und das Jazz-Establishment so richtig durchrütteln - die kommen doch eigentlich aus der Free-Ecke. Vielleicht ist deren Botschaft ja: "Ihr mit Euren ewig neuen Versionen des Standard-Repertoires, dann könnt Ihr es auch gleich Note für Note spielen, voila, that will teach you"... Oder sowas in der Art...
Und wenn das ein Publicity Stunt ist, dann ist er ihnen gelungen, die Aufmerksamkeit der Medien und der Jazz-Gemeinde ist ihnen gewiss...
Auf Facebook, SOTW etc gibt es ewig lange Diskussionen - welche Jazzband hat in den letzen Jahren soviel Aufmerksamkeit auf sich gezogen?

LG Juju

 

1:1 nachgespielt?
Naja, für Amateure sicher ein tolles Ziel! Einmal so tun als ob...
Aber ansonsten ein Zeugnis der musikalischen Impotenz, das Werk gibt es schon, und jeder kennt es...

 

Ein ganzes Jazz-Album nachspielen? Erstrebenswert? Sinnvoll? Blasphemie? Auf jeden Fall Zündstoff für heisseste Diskussionen mit Kneipenschlägerei-Potenzial!

Da kann wohl - einmal mehr - jeder seine eigene und daher korrekte Meinung haben. Mir ist so Zeugs eigentlich egal, finde die Idee jedoch kaum innovativ. Dabei sind mir aber drei Anekdoten in den Sinn gekommen.

1.
Eine Band in der Schweiz mit Feuerwehrhüten kopierte ausschliesslich 1:1 von Aufnahmen einer Band aus Übersee, ebenfalls mit Feuerwehrhüten. Zum Jubiläum luden die Schweizer Feuerwehrhüte den Klarinettisten-Feuerwehrhut aus Übersee als Special Guest ein.
Nach einem der ersten Stücke wunderte sich der Übersee-Feuerwehrhut und fragte, weshalb die Schweizer Feuerwehrhüte nur halbe Chorusse improvisierten. Die Schweizer Feuerwehrhüte antworteten, dass dies ja die originalen Versionen auf den Übersee-Feuerwehr-Singles sei. Der Übersee-Feuerwehrhut konnte sich kaum erholen und meinte, dass sie dies nur wegen der kurzen zur Verfügung stehenden Zeit auf den Singles so machten. Live würden sie jeweils ganze oder auch mehrere Chorusse spielen...

2.
Es gibt Typen, die haben das gleiche Horn, Mundstück, Blatt etc. wie David Sanborn. Sie haben die gleiche Frisur wie David Sanborn. Und sie nehmen das Horn auch relativ hoch wie David Sanborn. Und sie spielen sämtliche Soli von David Sanborn. Der originale David Sanborn soll mal gesagt haben, dass es Saxophonisten gebe, "die spielen mich besser als ich selber"...

3.
Man erzählt sich diese Story von Elvis - weiss aber nicht, ob sie stattgefunden hat. Ist aber eh egal, da lustig: Der späte Elvis soll sich mal inkognito in einen Hamburger-Laden geschlichen haben, um Hamburger in sich reinzustopfen. Zufällig fand in diesem Laden ein Elvis-Double-Wettbewerb statt. Nach langem hin und her konnte man den echten Elvis dazu überreden, auch mitzumachen. Er belegte den dritten Platz...

 

Mich würde mal ein Blindtest mit den größten Kritikern inreressieren.

 

doch nicht...

S oder Y zG

 

Moin,

eigentlich sollte man so einen Schrott ja totschweigen.

Wenn Du aber diese Frage stellst, gehst Du IMHO am Wesen des Jazz ein wenig vorbei.
Die könnten das noch so täuschend nachspielen, dass nicht mal Miles selbst es merken würde.

Da lob ich mir Kenny G., der ist wenigstens immer Kenny G.

Von Randy Brecker gibt es übrigens eine Platte, die wohl eher als "Tribute" durchgehen würde.
A New Kind of Blue

Liebe Grüße,
Guenne

 

Moin,

eigentlich sollte man so einen Schrott ja totschweigen.

Wenn Du aber diese Frage stellst, gehst Du IMHO am Wesen des Jazz ein wenig vorbei, wie auch Reiko schon festgestellt hat.
Die könnten das noch so täuschend nachspielen, dass nicht mal Miles selbst es merken würde.

Da lob ich mir Kenny G., der ist wenigstens immer Kenny G.

Von Randy Brecker gibt es übrigens eine Platte, die wohl eher als "Tribute" durchgehen würde.
A New Kind of Blue

P.S.:
Wenn z.B. der holstuornarbigbandclub auf die Idee käme, die Platte nachzuspielen, die Basssoli auf der Tuba kämen beispielsweise, könnte wiederum was Neues draus entstehen.
Und dann könnte es "Jazz" sein.
Weil nicht von vornherein klar ist, was passieren soll/kann/muss.

Liebe Grüße,
Guenne

 

Moin,

eigentlich sollte man so einen Schrott ja totschweigen.

Wenn Du aber diese Frage stellst, gehst Du IMHO am Wesen des Jazz ein wenig vorbei, wie auch Reiko schon festgestellt hat.
Die könnten das noch so täuschend nachspielen, dass nicht mal Miles selbst es merken würde.

Da lob ich mir Kenny G., der ist wenigstens immer Kenny G.

Von Randy Brecker gibt es übrigens eine Platte, die wohl eher als "Tribute" durchgehen würde.
A New Kind of Blue

P.S.:
Wenn z.B. der holstuornarbigbandclub auf die Idee käme, die Platte nachzuspielen, die Basssoli auf der Tuba kämen beispielsweise, könnte wiederum was Neues draus entstehen.
Und dann könnte es "Jazz" sein.
Weil nicht von vornherein klar ist, was passieren soll/kann/muss.

Liebe Grüße,
Guenne

 

OHA, die Jazzpolizei!

Ist es nicht so, dass man sich Musik erstmal anhören sollte, bevor man sie so abqualifiziert? Bitte beachten, dass auch "die großen Meister" immer wieder Nummern nachgespielt haben. Daaas war also kein Jazz, wenn sie keinen eigenen Formwillen entwickeln durften und ihre eigene Stilistik unterdrücken? Holla, BigBands spielen also nie Jazz usw.

Glaube, das ist nicht zielführend, so argumentieren zu wollen.

Es ist nur die Frage, wie man diese Imitation bewertet. Ich sehe es im Rahmen von Etudenüberei. Da geht es z.B. um Technik und Stilkunde, oder?

Grüße Brille

 

Moppa Elliott, der Bandleader, sagt irgendwo im Interview: "It's not jazz." Also glauben wir ihm, und die Jazzpolizei braucht sich nicht aufzuregen.

Es ist ein Experiment, das ich eigentlich ganz interessant finde: Wie genau kann ich etwas nachspielen?

LG Helmut

 

Du kamst mir voraus.

 

uiuiui!

Also: "Hört mehr Lifemusik" Jaaaa! Dafür!!

Aber: Wenn Du das Hören der Aufnahme eines Musikstückes (hier speziell Jazz) als "Abklatsch" des tatsächlichen Entstehungsprozesses siehst (was durchaus nachvollziehbar ist und bei mir keinen Widerspruch hervorruft) dann ist auch das fertige Bild (nicht nur die Farbkopie)lediglich das Ergebnis (der "Abklatsch"?) des Entehungsprozesses.

Schwierig, schwierig.....

Ist die Aufnahme (vielleicht mal eingschränkt auf die Studioaufnahme) denn nicht auch letztlich das "Original"?
Ist das bei einem Live-Mitschnitt anders?


Zurück zu Ausgangsfrage:

Ja, man müsste diese CD erst einmal hören.
Ich halte es nicht für "Blasphemie"
Darf man sowas? Für meine Begriffe, ja.

Haben die auch den einen oder anderen auf "Kind of Blue" verewigten "Kiekser" der "Heroen" dupliziert?

Ich halte dies für ein durchaus interessantes Projekt über die Frage: Kann man das was damals in diesem Studio entstanden ist reproduzieren (ich möchte nicht von kopieren reden )
?


Cheerio
tmb

 

Also das Original ist "Jazz". Da besteht ja offensichtlich kein Zweifel.

Was macht das Original zum Jazz?

Phrasierung, Harmonien, Stilistik, Improvisation.....oder?

Bei der Kopie fällt die Impro weg, alle anderen Elemente bleiben erhalten.

Dann ist es doch noch immer "Jazz", hört sich auch so an. Und wenn es kein
Jazz ist, was wäre es dann? Pop? Rock? Klassik? Volksmusik?

Wenn ein Maler einen Kandinsky kopiert ist es eine Kopie....aber immer noch Expressionismus.

Und darf man das? Klar darf man! We soll das denn verbieten? Ob's einem gefällt muss jeder für sich ausmachen.

Ohne Zweifel ist es eine sehr gelungene PR-Aktion!

CzG

Dreas

 

Dass es das Original ist.

Nö, er will kein expressionistisches Bild schaffen, sonder Kandinsky kopieren. Er könnte nicht einmal ein expressionistisches Bild malen, wenn er was Neues im Stil von Kandinsky malen würde.

Konrad Kujau, der die angeblichen Hitler-Tagebücher gefälscht hat, hat später unter seinem eigenen Namen Bilder im Stil von ... als Auftragsarbeiten gemacht. Das sind alles Kujaus.

In der Türkei habe ich mal an einem Verkaufsstand folgendes gesehen: "Genuine fake watches".

LG Helmut