Über den Umgang mit Kritik

Dieses Thema im Forum "Saxophon spielen" wurde erstellt von Juju, 10.April.2015.

  1. a.g.

    a.g. Ist fast schon zuhause hier

    Ich begrüße Kritik grundsätzlich und freue mich über Feedback. Wie ich mit einer Rückmeldung umgehe hängt dann vom Einzelfall ab. Finde es wichtig zu kritisieren. Und zwar wohlwollend!

    Herzliche Grüße

    Andreas
     
  2. 47tmb

    47tmb Gehört zum Inventar

    Ich empfinde den Begriff "Kunst" hier wenig griffig (ins Besondere im Zusammenhang Profi vs Amateur)

    Wenn ich in unserer Amateur BigBand ein Solo spiele, dann tue ich dieses mit den mir zum jetzigen Zeitpunkt gegebenen/erworbenen Fähigkeiten. Sicherlich weit unter dem level von anderen "Amateuren" hier (Amateur = SAXEn ist nicht wesentlicher Einkommensbestandteil).

    Und dennoch ist das dann "mein Ding", meine Kunst(?)

    Cheerio
    tmb
     
  3. Roman_Albert

    Roman_Albert Ist fast schon zuhause hier

    Da sprecht ihr ein zentrales Thema solcher "Veranstaltungen" wie der Titel des Monats an. Jeder will was spielen und wenn möglich konstruktiv kritisiert werden. Ich schliesse mich da bewusst ein, und habe schon enorm von Kommentaren seitens des Forums (ich erinnere mich an Hinweise von Mato und Mixo, will aber niemand anderes unterschlagen) profitiert, und würde gern in vergleichbarer Form selbst helfen.
    Dazu muss der Einstellende natürlich auch selbst schon das Gefühl haben, das "was nicht stimmt", und Kritik hören wollen.

    Mal schnell einen Standard zu einem Playback aufspielen, mischen und hochladen ist inzwischen kein grosses Ding mehr.
    Dazu dann applaudieren und sagen "Grossartig, schöner Ton, prima Fortentwicklung, Super für die Zeit die Du spielst" etc. etc. ist einfach und, wie schon oben gesagt, wenig hilfreich. Bauchpinseln hat noch niemand weitergebracht.

    Um konstruktiv zu kritisieren, braucht es aktiven Einsatz. Da muss man wirklich zuhören und das Gehörte mit eigenen Erwartungen oder Standards vergleichen.
    Das ist richtig hart, denn welche Vorführung man mit welchen Standards vergleichen bzw. "messen" soll, ist eine rechte Crux.

    Ich kann und möchte keinen Anfänger kritisieren, wenn mir die Baustellen zu "offensichtlich" sind, und ich nicht nur sagen will "Du musst noch 2 Jahre an Timing, Tonbildung und harmonischem Verständnis arbeiten". Das ist ähnlich destruktiv wie der reflexhafte "Üben, üben" Hinweis, wenn Leute wissen wollen, mit welchem Equipment sie besser klingen könnten.

    Man sollte sich die Hauptbaustelle raussuchen und auf die aufmerksam machen mit der Hoffnung, dass der Einsteller bis zum nächsten Mal genau darauf achtet.
    Ich bin aber auch leid, immer wieder zu sagen "Die Töne nicht einschleifen/hochziehen, das klingt anfängerhaft", und mich dann selbst dabei zu erwischen :-o

    Auf jeden Fall wäre es super, wenn es mehr Leute gäbe, die konstruktive Kritik üben. Ich glaube, dass Anfänger auf Stufe 2 am ehesten Anfängerfehler auf Stufe 1 erkennen und kritisieren können, erstens weil sie von der Erwartungshaltung her nicht so hoch greifen wie vielleicht Anfänger von Stufe 12 (sogenannte "Fortgeschrittene") und damit weniger Frustration schaffen.

    Leute mit professioneller Lehrerfahrung im Anfängerbereich sind natürlich was anderes, aber denen würde ich nicht zumuten, hier ihre Arbeitskraft kostenlos zur Verfügung zu stellen, wenn sie es den ganzen Tag lang für ihren Broterwerb tun müssen.

    Auf jeden Fall wäre es schön, wenn wir im forumsinternen "criticise me" Bereich von den Standardantworten (s.o.) zu differenzierterer Auseinandersetzung mit den eingestellten Aufnahmen kommen könnten.

    Ich werde auch versuchen, pro Monat mindestens 1-2 konstruktive Kritiken einzubringen, denn am besten fängt man bei guten Vorsätzen mit sich selbst an.
    Daneben versuche ich auch oft, mein Vorgehen beim Erarbeiten des Stückes und der Aufnahme einzustellen, so dass Anfänger vielleicht ein paar Ideen bekommen, wie man solche Titel angehen kann. Gerade bei "Wave" für den Jobim Thread von Wuffy bin ich seit einigen Wochen am Brüten, wie ich damit umgehe, und demnächst steht ein Produkt an.
     
  4. 47tmb

    47tmb Gehört zum Inventar

    Ergänzend:

    Und wenn dann in einem TOTM-thread sich auch noch ausschließlich eben mit diesem Tune beschäftigt wird..............
     
  5. Bereckis

    Bereckis Gehört zum Inventar

    Wunderbar formuliert.

    Nun den Bezug zur Kritik:

    Kritisieren kannst du die handwerklichen Fähigkeiten, soweit der Künstler für seine Kunst diese überhaupt benötigt. Beispiele: Joseph Boys oder die frühen Rolling Stones oder Toten Hosen

    Was kannst du noch kritisieren?
     
  6. saxhornet

    saxhornet Experte

    Ich finde solche Trennungen schwierig und auch in der Kunst ist das nicht so eindeutig wie man meinen möchte. Ich habe von der Uni etliche Marketingkurse besucht, die zusammen mit Leuten aus dem Kunstbereich waren, auch da waren oft die Übergänge sehr sehr fliessend.

    Lg Saxhornet
     
  7. saxhornet

    saxhornet Experte

    Ein grosses Problem ist, daß Du Fehler und ihre Ursache nicht immer hören kannst. Häufig musst Du die Leute sehen um beurteilen zu können woran es liegt. Für viele Dinge gibt es mehrere Gründe die als Verursacher in Frage kommen und manche kann man nur klar benennen, wenn man den Kandidaten sieht. Deswegen ist eine genaue Fehleranalyse überhaupt nicht möglich, so kann man halt nur sehr oberflächlich Hinweise geben.

    Lg Saxhornet
     
  8. saxhornet

    saxhornet Experte

    Auch das sagt wenig aus, denke ich.



    Sehe ich auch so.


    Beim dritten Punkt tritt dann das Problem auf, Anerkennung durch wen???




    Manchmal verdienen Amateurbands auch mehr als Profibands.

    LG Saxhornet
     
  9. ppue

    ppue Experte

    Verstehe die Frage nicht ganz. Ich kann grundsätzlich alles kritisieren, das Handwerk, die Idee und die Umsetzung. Für eine gute Kritik muss ich aber immer schauen, auf welcher Ebene ich kritisiere und ob ich dazu kompetent bin. Bezieht sich die Frage auf die Beispiele Joseph Boys, die frühen Rolling Stones oder Toten Hosen?

    Das waren doch alles ganz passable Handwerker, sind oder waren allesamt Künstler und Profis.

    Ich schrieb ja, dass es nicht immer leicht ist, im Grenzbereich zu definieren. Das Gros der professionellen und Amateurarbeiten ist aber auseinander zu halten. Solche Künstler und Musiker, die sich im Grenzbereich aufhalten, sind eindeutig in der Minderheit, oft in der Findungsphase, die auch von der Öffentlichkeit und Kritik beeinflusst ist. Beispiele dafür sind dennoch natürlich zu Hauf zu finden.

    Durch die Öffentlichkeit. Das sind professionelle Kritiker, Käufer, Produzenten, das Konzertpublikum, die öffentliche Meinung. Auch hier gibt es einen Grenzbereich zwischen dem, was sich Kunst nennen darf und Kunsthandwerk ist. Gerade diese Grenzziehung ist die Aufgabe der Kritik durch die Gesellschaft.

    Na sicher, es gibt auch Amateurbands, die handwerklich oder künstlerisch besser sind als so manche Profiband.
     
  10. Dreas

    Dreas Gehört zum Inventar

    @ppue

    Ich finde es schwierig "Profi" und "Amateur" über das (handwerkliche) Können zu definieren.

    Für mich ist es einfacher das über den eigentlichen Ursprung des Begriffs herzuleiten.

    Ein "Profi" ist ein "Professionell", also jemand, der eine anerkannte professionelle Ausbildung genossen hat (also in der Musik ein Studierter) und/oder jemand, der mit dem was er macht sein Lebensunterhalt verdient.

    Alle anderen sind dann eben "Amateure".

    CzG

    Dreas
     
  11. ppue

    ppue Experte

    Ja, ist auch in Ordnung und ich denke, in 99% aller Fälle deckungsgleich.
     
  12. Bereckis

    Bereckis Gehört zum Inventar

    Die Trennung Kunst und Kunsthandwerk finde ich spannend.

    Laut Wikipedia:

    Kunsthandwerk steht für jedes Handwerk, für dessen Ausübung künstlerische Fähigkeiten maßgebend und erforderlich sind. Die Produkte des Kunsthandwerks sind in eigenständiger handwerklicher Arbeit und nach eigenen Entwürfen gefertigte Unikate (Autorenprodukte).

    Das Kunsthandwerk wird, wie das verwandte Kunstgewerbe, der angewandten Kunst zugeordnet. Es ist jedoch mit dem Kunstgewerbe, das Gebrauchsgegenstände auch in Serie, maschinell und nach fremden Entwürfen reproduziert erzeugt, nicht gleichzusetzen.

    Als Künstler werden heute meist die in der Bildenden Kunst, der Angewandten Kunst, der Darstellenden Kunst sowie der Literatur und der Musikkreativ tätigen Menschen bezeichnet, die Kunstwerke schaffen.

    Der Name eines Künstlers kann in solchen Vermarktungszusammenhängen zur Handelsmarke werden und seine mediale Präsenz zu Kapital. Die Orientierung an bekannten Künstlernamen und ihre ständige Erwähnung (engl.: namedropping) gehört daher zu den Eigenheiten des Kunstbetriebs, ähnlich dem Starkult in der Musik. Dagegen steht das Ideal, sich als Betrachter unvoreingenommen auf Kunstwerke einzulassen und von ihrer Qualität ausgehend eine Künstlerin oder einen Künstler zu entdecken.
     
  13. Bernd

    Bernd Gehört zum Inventar

  14. Rick

    Rick Experte

    Cool, endlich wieder eine philosophische Kunst-vs.-Handwerk-Diskussion! :joyful:

    Das sehe ich überhaupt nicht so. Ich kenne hervorragende "Handwerker" mit hohem künstlerischen Anspruch, die sich aber gegen den Musikerberuf entschieden haben, und sog. "Profis", die denen sowohl handwerklich als auch künstlerisch weit nachstehen, aber einen unglaublichen Haufen Kohle mit ihrer "Mucke" verdienen.

    Nun aber zur Kunst:

    Im Bereich der "Neuen Musik" gibt es Sachen, die man vielleicht als "Kunst" ansehen kann (weil die Musiker das selbst so tun), aber die mit Handwerk, technischer Fertigkeit, Virtuosität in irgendeinem landläufigen Sinn nicht mehr das Geringste zu tun haben.
    Kunst oder Blendung?

    Da komme ich wieder zu meiner Frage: Ist das wichtig?

    Für mich ist Kunst immer eine subjektive Angelegenheit, die sogar mehr vom Rezipienten als vom Produzenten fordert. Sowohl in der Musik als auch in der Malerei usw.
    Letztlich läuft es doch immer auf dasselbe heraus:
    Dem einen gefällt's, dem anderen nicht. Dem einen "gibt es jetzt total viel, so, ne", der andere versteht nur Bahnhof, schüttelt den Kopf oder lacht darüber.
    Und "des Kaisers neue Kleider" lauern überall... ;)


    Schöne Grüße,
    Rick
     
    Zuletzt bearbeitet: 16.April.2015
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  15. Dreas

    Dreas Gehört zum Inventar

    @Rick

    Der von Dir zitierte Beitrag von ppue Bezog sich auf meine Defintion vom "Profi".

    Und die hat mit dem Begriff "Kunst" überhaupt nix zu tun.

    CzG

    Dreas
     
  16. Rick

    Rick Experte

    Ja, deshalb bezog sich auch nur der erste Absatz meines Beitrags auf Euer Thema, worin ich schilderte, dass für mich nicht in 99 % aller Fälle ein Amateur weniger gut spielt als ein Berufsmusiker, sondern ich im Gegenteil sogar häufig den anderen Fall kenne: Amateur "besser" als Profi.

    Denn ein Berufsmusiker muss ja noch viele andere Fähigkeiten haben als nur sein Instrument gut zu beherrschen - er muss vor allem Überlebens-Künstler sein, mit den Widrigkeiten der Unsicherheit und Selbstständigkeit klar kommen (und jede Form von Kritik bis hin zum Mobbing durch missgünstige Kollegen aushalten). Das ist nicht jedermanns Sache. :roll:

    Meine Mutter war eine ganz hervorragende Sängerin (im klassischen Bereich, Kammermusik), ich habe noch nie eine Altistin gehört, die mir besser oder überhaupt ansatzweise so gut gefallen hat. Sie hatte viele Fans ihrer Sangeskunst, studierte an einer Musikhochschule und lebte sogar nach dem Zweiten Weltkrieg eine Zeitlang nur von der Musik.
    ABER sie konnte nicht gut mit Kritik umgehen und war in vielerlei Hinsicht auch zu naiv für das "Show Biz". Musik war ihre große Leidenschaft, da hing ganz viel Herzblut dran, entsprechend empfindlich war sie damit.

    Deshalb war es letztlich besser, dass sie sich ganz auf ihren Beruf als Schullehrerin konzentrierte, da war sie Beamtin, krisensicher, unkündbar, arbeitete überwiegend an abgelegenen Dorfschulen als alleinige Lehrkraft, also weit weg von Mobbing und Intrigen.
    Sie hat noch bis Mitte 70 kleine Auftritte absolviert, Liederabende "gegeben" und damit viele Menschen erfreut. Aber eine ausschließliche Existenz als Berufsmusikerin wäre definitiv nichts für sie gewesen, das hätte sie nicht durchgestanden.


    Schöne Grüße,
    Rick
     
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  17. ppue

    ppue Experte

    Michael, das deckt sich mit meiner Definition ganz gut:

    Ein Kunstwerk zu schaffen, betrifft eben den Anspruch, ein Künstler zu sein. Ob er es schafft, bestimmt also er und in Folge das Publikum bzw. die Gesellschaft.

    Die Definition des Kunsthandwerks ist leider nicht vollständig, denn danach wäre Kunst genau so gut Kunsthandwerk. Ich sehe da aber einen Unterschied, sonst würde man es nämlich nicht Kunsthandwerk nennen. Es müsste also dabei stehen, wodurch sich Kunst von Kunsthandwerk unterscheidet.
    Ein Kunstwerk ist in der Regel einzigartig. Ganz im Gegensatz zu dem Töpfer, der zwar auch Unikate schafft, dafür aber in der Regel mehrere nach der gleichen Vorgabe. Macht er zum Beispiel handgemachte, vielleicht sogar künstlerisch ausgefallene Gartenzwerge, so schafft er dennoch kein Kunstwerk.
     
  18. Dreas

    Dreas Gehört zum Inventar

    @Rick

    Ich habe in meinem Beitrag nirgends erwähnt wer besser oder schlechter ist.

    Grade bei meiner Defintion vom "Profi" ist es zwangsläufig, das der Amateur besser sein kann als der Profi oder eben der Profi sich hinter dem Amateur verstecken muss.

    Ich habe mal vor einiger Zeit einen Saxophonisten als Alleinunterhalter (mit PA) in einem 5 Sterne Hotel gehört. Studierter Musiker, der mit diesen Auftritten sein Lebensunterhalt verdiente.

    Nach meiner Defintion ein Profi.

    Da kenne ich hier im Forum einige Amateure, die deutlich besser sind als er.

    CzG

    Dreas
     
  19. ppue

    ppue Experte

    Ja, ich kenne auch häufig andere Fälle. Das heißt aber nicht, dass nicht die aller-, allermeisten Musiker klar dem einen oder anderen Profil zugerechnet werden können. In dem Bereich, in dem du arbeitest, findet man garantiert noch am meisten Fälle, die nicht klar eingeordnet werden können. Dich trügt da ein wenig das eigene Umfeld. Aber im Konzertbereich? An den Musikschulen? An der Oper? Ein nicht studierter kommt so gut wie gar nicht rein. Und dann stehen da Millionen von ganz klaren Amateuren auf der anderen Seite. 99% ist noch niedrig gegriffen. Die ganz große Masse ist entweder Profi oder Amateur.

    Über die kleine Anzahl dazwischen lässt sich natürlich am spannendsten diskutieren und jeder kennt garantiert einen super Amateur und einen miesen Profi, den er als Ausnahme hier anführen kann.
     
  20. Bereckis

    Bereckis Gehört zum Inventar

    Ich finde die Diskussion Profi oder Amateur eher uninteressant.

    Interessanter ist doch die Abgrenzung Kunst und Kunsthandwerk.

    Die Werke des Kunsthandwerkers kannst du mit Qualitätsmaßstäben beurteilen und kritisieren. Kunst auch?

    Die Werke von Joseph Boys z.B. waren für mich früher keine Kunst, bis ich bei einen freischaffenden Kunstlehrer (Meisterschüler von Boys) Kunstunterricht hatte. Da lernte ich unglaublich viel über Kunst und Kunstgeschichte.
     
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