#9 oder b10

Dieses Thema im Forum "Improvisation - Harmonielehre" wurde erstellt von ppue, 19.Januar.2022.

  1. The Z

    The Z Ist fast schon zuhause hier

    Bei Barry Harris und seinen 6th diminished scales geht es nicht um verminderte Skalen!

    Die 6th diminished scales entstehen, kurz gesagt, aus der Verschränkung eines Major 6 Akkords und eines verminderten Vierklangs.
    C6 + D diminished = C E G A + D F Ab B

    Analog dazu die minor 6th diminished scale:
    Cm6 + D Dim = C Eb G A + D F Ab B
     
  2. gaga

    gaga Gehört zum Inventar

    Die kenne ich unter dem Namen bebop maj7-scale. Dur bzw mel-Moll mit zusätzlicher b6, damit bei 8el-runs Akkordtöne auf den Beats liegen. Die schlichte Hinzunahme eines achten Tones zur vorhandenen scale finde ich einfacher als die Erklährung mit der "Verschränkung".
     
  3. The Z

    The Z Ist fast schon zuhause hier

    Ja, nur ging es bei in meinem Post nicht um Bebop Scales sondern um das etwas umfangreichere Konzept von Barry Harris, und der leitet diese Skalen wie oben beschrieben her. Aus dieser Verschränkung mit einem diminished chord kommt auch der Name 6th diminished scale.
     
  4. ilikestitt

    ilikestitt Strebt nach Höherem

    Ja das Konzept von Barry Harris ist sehr umfangreich. Der Name der Skala ist aber trotzdem eher uninformativ oder erklärt nicht womit man es zu tun hat, was bei anderen Namen
    Anderer Schwerpunkt der Töne, welche man eher nutzt. Bei C# GT HT würde ich automatisch den Fokus mehr auf den C# verminderten Septakkord legen wohingegen ich bei F# HT GT eher den Fokus auf F#7 legen würde. Zwar ist C HT GT das gleiche von den Tönen wie F# HT GT und wie C# GT HT, für mich verschiebt sich aber der Fokus vom C7 zum F#7 oder zum C# voll verminderten Akkord, was zu einem anderen Spiel mit Konsonaz und Dissonanz führt. Dadurch ist die klangliche Gestaltung des Solos anders.
     
  5. GelöschtesMitglied11578

    GelöschtesMitglied11578 Guest

    interessant - ich erfahre das ganz anders. Für mich stellt es sich eher so dar.


    Für monophone Instrumente ist das fast vernachlässigbar wenn das Tonmaterial gleich bleibt ... für die upper structures übrigens nach Harris auch. Es sind die polyphonen voicings, welche BH interessant machen - vor allen die fast rein tensionorientierten offbeat-voicings. Solange man nicht alleine 4 saxophone gleichzeitig auf die Akkorde gesplittet kann, kann man noch so lange auf polyphonen Konzepten rumreiten - es wird dadurch nicht einfacher oder harmonischer oder klanglich variabler. Eventuell ist es individuell besser merkbar - zumindest solange man vernachlässigt welchen Ton man auf welche Zählzeit spielen möchte, sondern einfach nur das Tonmaterial von Harris oder irgendeiner anderen Sklale abfeuern möchte.

    Würde es mit BH möglich sein sich von den wechselnden scales lösen zu können würde ich den "hype" irgendwie noch etwas Praktisches abgewinnen können - allein es bleibt die onbeatbetonung durch die landingnotes auf den II-V Verbindungen auf der Strecke, weil wir eben kein polyphones Instrument spielen. Da es nach Harris aber bei jedem Wechsel des tonalen Zentrums eine neue 6thdimscale gibt, bleibt auch diese Hoffnung weitgehend unerfüllt.

    Wer es sich so besser merken kann ist ja auch damit gut bedient. Am Ende muss es klingen. Warum ein Konzept das andere "schlägt" oder "schlagen" sollte ist mir schleierhaft, wenn das Tonmaterial gleich bzw in jeder anderen Ideologie (Berklee etc.) auch erklärbar wäre.

    Geanu wie es 2 Posts weiter oben schon geschrieben wurde - man kann alle möglichen Skalen und Herleitungen zu einer Akkordverbindung sich zurechtbiegen. Natürlich kann man über eine II-V von G°7 und F#7 #11 oder oder Bb°7 und C7 # 11 (etc) das gleiche Tonmaterial abfeuern und einfach sagen "that´s it" - am Ende vernachlässigt man tonal einen Akkord (meist die II) zu bedienen. (on-off-beat-phrasierung - oder auch hochtrabend Jazzart!kulat!on" genannt)

    Was an sich passt ist, was sich bewährt hat und was das Ohr noch verträgt. Und sind wir bei einem ganz entscheidenden Punkt. Es ist nicht nur das Tonmaterial, sondern auch welchen Wert/Wirkung der Ton im Akkord hat und auf welche Zählzeiten er gespielt wird. Wenn die Idee aber lautet man spielt ein bestimmtes Tonmaterial über einen oder mehrere Akkorde, dann sind damit die Akkorde und die Klänge noch lange nicht bedient - und zwar egal ob Harris oder Berklee !

    Wie geschrieben - polyphon sieht das etwas anders aus - aber auch nicht viel, sobald gebrochen gespielt wird (also einzelne Noten nacheinander)


    und ja, ich weiß wie Harris seine Skalen herleitet - und auch welchen Nutzen das für das Spiel am Piano hat.

    -> Wird für mich aber sofort interessant, wenn es das polyphone Saxophone gibt.



    Am Ende egal, wenn es einen weiter bringt. Mir reicht irgendwie zu wissen welcher Ton jetzt welche Wirkung hat und wann er rhythmisch wie seine Wirkung entsprechend gewohnt oder ungewoht plaziert werden kann.


    schön, dass für jeden was dabei ist ...
     
  6. The Z

    The Z Ist fast schon zuhause hier

    Harris ist für mich interessant gerade weil er einerseits ein Konzept liefert welche Töne wann gespielt werden und es andererseits so wunderbar linear und auch nicht polyphon funktioniert.
     
  7. gaga

    gaga Gehört zum Inventar

    D.h. für die Anwendung als linearer Bläser , dass du in erster Linie diese beiden Akkorde "denkst" und nicht die Skala, die sie zusammen bilden? Also wie so oft in letzter Zeit diskutiert, Arpeggio statt Skala?

    Mit den bebop scales habe ich ja gelernt, dass sie wunderbar vor allem im Abwärtslauf funktionieren. Benutzt du also bei gleichem Tonmaterial eher die beiden Akkorde C6 und D° in etwa so wie man triad pairs einsetzt? Eher vertikal als linear?
     
  8. The Z

    The Z Ist fast schon zuhause hier

    Das Konzept von Barry Harris beinhaltet die Bebop Scales, geht aber viel weiter.
    Es geht weniger um die beiden Akkorde als darum welche Töne wo landen. Es gibt zb Regeln dafür wo man Halbtöne einfügen soll, wie man mit triolen umgeht und und und. Ein eigener Kosmos.

    Dieser Kanal ist grossartig, hier erklärt er die half step rules for Dur:
     
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  9. Paul2002

    Paul2002 Strebt nach Höherem

    Mhh...Nun gut. Ich habe mir nie die Zeit genommen, in Barry Harris Theorie einzusteigen - auch, weil ich denke, dass jeder seine eigene Theorie haben sollte.

    Ich spiele beim Improvisieren nie Tonleitern, sondern Klangflächen/Shapes - von daher wäre es mir egal, ob ich auf Cis oder Fis anfange. An die Skala denke ich nur, um zu wissen, welche Töne ich nehmen kann, falls ich keine Chromatik einbaue.
    Der Rest kommt eher spontan über die Ohren.

    Deswegen ist Barry Harris' Konzept in meinen Augen nicht schlecht.
    Nur - ohne diesen "eigenen Kosmos" wirklich tiegründig zu durchschauen, finde ich die einzelnen Regeln eher verwirrend
     
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  10. gaga

    gaga Gehört zum Inventar

    ...die aber immer (?) ein Konglomerat aus verschiedenen schon bestehenden Konzepten, aus Hörgewohnheiten, stilistischen Vorlieben und teilweise verfestigten Denk- und Spielabläufen besteht.
    Deshalb interessiert mich jeder Ansatz, jedes Konzept. Irgendwas komplett drauf zu haben, klappt sowieso nicht, Häppchen fischen ist da realistischer, so wie auch jedes nachgespielte Solo einige kleine Ahaerlebnisse liefert.
     
  11. ilikestitt

    ilikestitt Strebt nach Höherem

    Sorry das mit Harris sollte gar nicht im Post landen, da klappte wohl das Löschen nicht wie ich wollte. Was sind für dich Klangflächen oder Shapes? Ich denke eh alles in Akkorden, auch Skalen. Da macht es für mich einen Unterschied ob ich die gleiche Skale von C#, C oder E etc. denke, der melodische Output verändert sich für mich damit komplett.
     
  12. gaga

    gaga Gehört zum Inventar

    Puh! Mit "shapes" rennt die nächste Sau durch mein Jazzdorf und will gesattelt werden. Ich habe gerade als mein Frühstücksfernsehen Bergonzis Masterclassteaservideohäppchen bemüht, um mich aufzuklären, was darunter zu verstehen ist. Wenn man diese shapes "Sequenzen" nennen darf, ist es nicht so ganz neu, in dieser konsequenten Form aber sehr interessant - und ja, man benutzt dabei auch Tonleitern. Die entschiedene Aussage, "Ich spiele beim Improvisieren nie Tonleitern" hatte mich etwas irritiert.
     
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  13. Paul2002

    Paul2002 Strebt nach Höherem

    Nicht, dass ich mich missverständlich ausdrücke.
    Mein Ansatz ist viel weniger intellektuelalistisch, als es vielleicht scheint.
    Für mich ist jede Tonfolge eine Art geometrische Figur oder Linie, wobei der Abstand zwischen den Tönen besonders wichtig ist.
    Deswegen habe ich aber kein abstraktes Konzept von Formeln, wie ich die Shapes kombiniere.
    Dass ich keine Tonleitern zu spielen, meine ich deshalb, weil ich maximal in Tetrachords, eher in idiomatischen Patterns aber nie in ganzen Tonleitern denke.
    Ein Solo lebt von Dynamik, da sind 7 Töne hintereinander im Sekundabstand meist eher ausbremsend.
    Wirklich bewusst mache ich mir nur Voice Leading und Chord Tones.
    Der Rest ist eher gefühlssache und basiert auf dem, was ich anderswo transkribiert habe.
     
    zwar, giuseppe und gaga gefällt das.
  14. kindofblue

    kindofblue Ist fast schon zuhause hier

    Jerry Bergonzi, was für eine coole Socke.
    Frage, passt gut in diesen Thread, suche "Literaturempfehlung" für "Triad pairs"
    Viel davon im Saxforum gelesen und nie etwas gescheites gefunden.

    kindofasking.
     
  15. GelöschtesMitglied11524

    GelöschtesMitglied11524 Guest

    Walt Weiskopf "Intervallic Improvisation"
    Gary Campbell "Triad Pairs for Jazz"
    Gael Horellou "Hexatonic Concepts"
     
    Rick und kindofblue gefällt das.
  16. kindofblue

    kindofblue Ist fast schon zuhause hier

    Habe mir folgendes E-Book gekauft:
    "Triadic chromatic approach" von George Garzone.
    Erhältlich ist es über diese Seite:
    https://georgegarzone.com/about-triadic-chromatic-approach/

    Darauf aufmerksam geworden bin ich dank einer Kleinanzeige von @joe.b. , der so ein Werk verkauft.
    (Das war leider für mich nicht interessant, denn die Postgebühr und die Verzollung in die CH war mir ein Dorn im Auge.)

    Ist übrigens mein erstes E-Book, erstaunlich wie gut die sind. Da sind auch Audio und Video Daten eingebunden, welche man einfach abspielen kann. Toll!

    Zu den Büchern von Garzone: leicht und verständlich aufgebaut, machen spass daran zu erarbeiten. Bin aber immer noch am Volume 1 beschäftigt, dauert noch ein paar Leben bis ich das Volume 2 aufschlagen kann :)

    Gruss
    kindoftriad
     
  17. mato

    mato Strebt nach Höherem

    Ich habe mir vor vielen Jahren mal die (damals sehr teure) DVD gekauft, auf der er das Konzept erklärt. Mir war das damals jedoch zu verwirrend und ich habe erst gar nicht angefangen, das zu üben. Wie lange beschäftigst du dich denn schon damit?
     
  18. kindofblue

    kindofblue Ist fast schon zuhause hier

    ...erst ein paar Tage. Jeden Tag sehr intensiv, mehrere Stunden, bin echt "geflasht."
    Ja, es ist schon recht wirr.
    Was mir von Anfang her hilft ist die Tatsache, dass ich etwas in kompletter Fantasie in einem chaotischen Ablauf spielen kann, und es tönt gut.
    Tönt richtig abgefahren gut. Weisst Du, wenn ich einfach so ohne Begleitung spielen will, fällt mir das sehr schwer.
    Woran soll ich mich orientieren? Welche Chordprogression im Kopf haben? Eine Melodie pfeifen und dann nachspielen und entwickeln?
    Das funktioniert bei mir einfach nicht! Ich nehme an, Du weist genau, was ich meine.
    Und jetzt plötzlich spiele ich einen Dreiklang, mache einen chromatischen Ab- oder Aufgang, nehme diesen Ton als Grundlage für einen neuen Dreiklang in irgendeiner Umkehrung und spiele weiter.
    Und das tönt richtig Avantgarde.

    Hier noch eine recht gute Zusammenfassung eines Gitarristen.



    Was ich bis jetzt noch gar nicht kann, ist diesen Weg zur Improvisation anhand eines bestehenden Charts umzusetzen. Wie gesagt, ich geniesse es sehr, einfach frei zu spielen.

    kindofplayit
     
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