Die geballte Wut der Künstler

Dieses Thema im Forum "Eigene (musikrelevante) Themen" wurde erstellt von ppue, 17.Mai.2021.

  1. ppue

    ppue Experte

  2. Katzenmusik

    Katzenmusik Administrator

    Auch das hier ist interessant,
    Anne-Sophie Mutter in der WELT am Sonntag:

    Die Politik habe sich mit der Zeit „immer stärker als kulturfern, geradezu als kulturverachtend“ gezeigt, was besonders schmerzhaft gewesen sei angesichts der vielen Pilotstudien, Gutachten und Konzepte, die mehr Öffnungen im Kulturbereich erlaubt hätten. Daher habe sie sich, so die 57-Jährige, auch der Initiative „Aufstehen für die Kunst“ angeschlossen, die eine Verfassungsbeschwerde beim Verfassungsgericht eingereicht hat.​

    Link: https://www.welt.de/kultur/klassik/...-in-der-Pandemie.html?cid=onsite.onsitesearch
     
  3. charly-5

    charly-5 Ist fast schon zuhause hier

    Hi,
    vielleicht habe ich's ja nur überlesen, aber genau über die geplanten Änderungen des Urheberrechts finde ich in dem Artikel nichts.
    Gruß
    Charly
     
  4. Jacqueline

    Jacqueline Strebt nach Höherem

  5. ppue

    ppue Experte

  6. charly-5

    charly-5 Ist fast schon zuhause hier

    Auch in dem verlinkten Artikel lese ich, was die Autoren so alles nicht wollen.
    Und da fand ich Folgendes: "Braucht man (...) wirklich die Inhalte Dritter, um seine Meinungsfreiheit auszuüben?" Anders formuliert: Braucht es wirklich die Inhalte verlinkter Dritter, um seine Meinung auszudrücken?
    Piet Klocke hat das mal sehr schön auf den Punkt gebracht: "Ein Blues braucht Text, damit andere wissen, worunter Sie leiden." Und sehe ich einen öffentlichen Aufschrei. Und der Autor verrät nicht einmal, was ihn jetzt eigentlich so aufregt. Ich - also der Leser, den er mit ins Boot holen möchte - soll mich erst andernorts kundig machen, wobei ich mich mit ihm solidarisieren soll.
    Freundlich ausgedrückt: Der Mann hat schon verloren.
    Gruß
    Charly
     
  7. altoSaxo

    altoSaxo Ist fast schon zuhause hier

    In dem unter dem verlinkten Artikel verlinkten Schreiben an die Minister lese ich heraus, dass eine Umsetzung der EU-Richtlinie ohne deutschen Sonderweg gefordert wird. Das trägt zur Harmonisierung in der EU bei, wo andere Länder die Richtlinie auch ohne Sonderweg umsetzen und das sei für Künstler und Musikwirtschaft besser als der geplante Sonderweg. Der Brief erklärt also nicht nur, was nicht gewollt wird, sondern auch was gewollt wird und er ist mehr an Politiker gerichtet als an übrige Leser.

    Aber vielleicht haben @charly-5 und ich unterschiedliche Dokumente gelesen, der in # verlinkte Artikel hat ja mehrere Links.
     
  8. Saxoryx

    Saxoryx Strebt nach Höherem

    An wen das gerichtet ist, ist doch weniger relevant als der Inhalt des Artikels. Oder sehe ich das falsch? Ich habe den Artikel jetzt erst einmal gelesen, ohne auf irgendeinen Link zu klicken, aber was Hartwig Masuch da sagt, ist doch einfach richtig. Streamingdienste, der Staat und alle, die nicht kreativ sind, kassieren, die Künstler kriegen so gut wie nichts. Und das ist einfach ungerecht. Die Musikindustrie muss den Künstlern dienen, nicht die Künstler der Musikindustrie - und werden dabei noch abgezockt. Und so weiter.

    Der Punkt ist doch nicht allein das Urheberrecht - obwohl immer darauf herumgehackt wird, weil das wohl auch Nicht-Kreative verstehen und weil es dort eben um Gesetze geht, nicht um Kultur an sich oder den Wert von Kultur an sich -, sondern der allgemeine Umgang der Gesellschaft mit Künstlern. In diesen Zeiten der Pandemie beziehen Beamte weiter ihre Bezüge, egal, ob sie arbeiten (können) oder nicht, viele Leute, die angestellt sind, können im Home Office arbeiten und trotz Pandemie weiter ihr Geld verdienen, aber die Künstler können nicht auftreten und vielleicht noch nicht einmal ihre Miete bezahlen. Das ist nicht fair. Streamingdienste und Co. könnten den Künstlern etwas von ihren Gewinnen abgeben (die sie ohne die Künstler gar nicht hätten), aber das tun sie nicht. Als ob sie das Geld deshalb verdienen würden, weil SIE so gute Arbeit leisten, nicht die Künstler.

    Das alles schreit zum Himmel und es wäre schon lange einmal Zeit, dass da andere Saiten aufgezogen werden von denen, die die Inhalte schaffen, aber dafür nicht oder nur sehr gering bezahlt werden. Das gilt nicht nur für Musiker, sondern beispielsweise auch für Autoren. Es gibt diese Lese-Abos, worüber die Leser sich freuen, weil sie einmal im Monat 9,99€ oder so etwas bezahlen und dafür so viele Bücher lesen können, wie sie wollen. Ja, toll für die Leser. Aber die Autoren kriegen gerade einmal Pfennigbeträge dafür. Warum sollten sie dann noch weiter Bücher schreiben, wenn sie nichts daran verdienen? Denn nicht jedes Buch ist ein Millionenbestseller und wird von Millionen von Leuten gelesen. Selbst gute Bücher werden vielleicht nur ein paar tausend Mal online gelesen. Und dann bekommt der Autor dafür 10€ statt eigentlich den Tausenden, die ihm zustehen sollten.

    Das ist doch der Punkt. Kunst ist nicht lebenswichtig - denken jedenfalls die Nicht-Künstler -, und also kann man froh sein, wenn man als Künstler überhaupt etwas bekommt. Das ist eine Frechheit. Künstler sind erpressbar, wenn sie keinen anderen Beruf haben als eben nur den künstlerischen, und also werden sie erpresst und im Stich gelassen. Man braucht sie ja nicht wirklich. Kunst, Musik, Literatur etc. machen das Leben nur schöner. Für manche, nicht für alle. Und also ist es doch egal, ob es das gibt oder nicht. Wird sich schon irgendwie finden. Mein Neffe kann auch auf dem Kamm blasen und meine Nachbarin schreibt Gedichte. Wer braucht da noch Künstler, die man bezahlen muss?

    Ich denke, das ist Ur-Kapitalismus, menschenverachtend und rein gewinnorientiert, ausgetragen auf dem Rücken derer, die den Gewinn erwirtschaften. Feudal wie im Mittelalter. Die Fronarbeiter erwirtschaften den Gewinn für den Grafen, Herzog, Erzbischof oder König. Nur dass man sie jetzt nicht mehr Fronarbeiter nennt, sondern Künstler. Die natürlich damals auch kein leichtes Leben hatten. Noch nie wohl.

    Man sollte meinen, dass wir heutzutage in einer gerechteren Welt leben. Könnten wir auch. Wenn wir das wollten. Aber wie Hartmut Masuch es richtig schreibt: Man kann nicht behaupten, Musik zu lieben, wenn man nicht auch die Musiker selbst wertschätzt.

    Die Musik wollen die Leute hören (am liebsten kostenlos auf YouTube) und die Bücher im Abo lesen, aber zahlen wollen sie dafür nicht. Jeder Künstler sollte gerecht für seine Arbeit bezahlt werden und nicht behandelt werden wie "Ach, der ist ja auch noch da", obwohl er der Urheber des Vergnügens anderer ist und des Wohllebens derer, die dafür kassieren. Das ist Prostitution.

    Dagegen sollte man sich als Künstler wehren. Wenn alle Künstler auf einmal streiken würden, wenn es weder Musik noch Bücher noch sonstwelche Kunst mehr gäbe ... Vielleicht würde das ja etwas nützen. Aber ich bezweifle es. Dann kommt die Welt eben ohne Kunst aus und wird noch viel betongrauer. Und weil das so ist, werden Künstler wie Vieh betrachtet und behandelt.

    Als Hobbykünstler betrifft einen das natürlich nicht, weil man ja noch einen anderen Beruf hat, mit dem man sein Geld verdient. Aber man muss sich nur mal vorstellen, man würde in seinem eigenen Beruf so behandelt. Wäre doch furchtbar. Aber bei Künstlern nimmt man das einfach hin. Die braucht ja keiner.

    Ist schon grausam.
     
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