Improvisieren lernen

Dieses Thema im Forum "Anfänger Forum" wurde erstellt von Dan, 20.September.2008.

  1. Dan

    Dan Ist fast schon zuhause hier

    Hallo zusammen!
    Bedingt durch meinen "klasischen" Unterricht an der Klarinette, dem späteren Umstieg auf (Tenor)Sax und meiner damaligen pupertierenden Bocklosigkeit habe ich leider nie gelernt wie man improvisiert... :evil:
    Das soll heißen: Ich habe nur spielen nach Noten gelernt.

    Nun meine Fragen:
    Wie lerne ich das am besten?
    - Nochmal Unterricht nehmen? / Regelmäßig oder nur bis die Grundlagen stehen?
    - Selbststudium mit Buch und anderem Material z.B. von Peter Wespi

    Grundlagen habe ich folgende:
    Wie gesagt habe ich einige Jahre Klarinettenunterricht, ein paar Stunden Sax Unterricht.
    Damals habe ich mehrere Jahre in einem typischen Land-Musikverein Polkas, Märsche und ähnliches Zeug gespielt. -Was ich NIE wieder zu tun gedenke.
    Derzeit spiele ich in einer Anfänger / Schüler Big Band; Ich sag mal ein relativ einfaches Niveau. Genau richtig für mich: Vieles kann ich einigermaßen vom Blatt spielen, manches muß ich üben damit ich mich nicht schäme. D.h. ich werde gefordert aber nicht überfordert.

    Achja: Ein Altsax ist auch vorhanden, sofern das Tenor die Notenwahl o.ä. einschränken würde.

    Grüße,
    Dan
     
  2. dereiflerinbayern

    dereiflerinbayern Ist fast schon zuhause hier

    Ohne Werbung zu machen (grins)...das Material von Peter Wespi ist schon gut.

    1. Man sollte wissen, in welchem Tonmaterial man sich bewegen darf (leichte-bis mittlere Harmoniekenntnisse)

    2. Und dann mal loslegen. Eine Songauswahl treffen und den Solopart übernehmen (geht gut mit einer Software wie Band in a Box...da kann man das Melodieinstrument ausblenden und selber loslegen, ansonsten PlayAlongs)

    es wird am Anfang noch nicht überzeugend klingen, aber wichtig ist ...nicht zu verkrampft ran gehen und einfach mal ein paar Sachen ausprobieren. Für Unentschlossene der Tipp, einfach was dazu zu singen und dann versuchen dieses mit dem Sax zu wiederholen. Sich evtl. Phrasen zu merken und wiederholen zu können. Dann später das Solo mit einem Spannungsbogen auszustatten.

    Klingt vielleicht einfacher als es ist, ist aber nicht unmöglich!

    Autumn Leaves ist zum Beispiel ein schönes Beispiel für den Anfang.
     
  3. Dan

    Dan Ist fast schon zuhause hier


    Hmm, ich hab nichtmal die leichten Harmoniekentnisse! >schäm<
    Also nicht míßverstehen: Ich weiß schon was gut klingt; Wenn ich was höre oder selber spiele nur die Theorie fehlt komplett.
     
  4. dereiflerinbayern

    dereiflerinbayern Ist fast schon zuhause hier

    du solltest zumindest die Tonart wissen, in der das Stück abgeht.
    Davon dann die jeweilige Pentatonik auswählen und in der das Solo versuchen.
     
  5. Amadeus

    Amadeus Ist fast schon zuhause hier

    Pentatonik ist immer eine gute Wahl, weil immer eine gute Grundlage.

    Auf die Tonart kommst Du durch ausprobieren von einem Ton, z. B. D. Wenn er passt dann kannst Du alle Pentatonischen mit D auspprobieren. Wenn D nicht passt probierst Du Dis, wenn das passt alle Pentatonischen mit Dis ausprobieren und wenn der auch nicht passt nimmst Du E. Und wenn das passt dann weisst Du schon es könnten nur "E Fis Gis H Cis" oder "A H Cis E Fis" sein. Die anderen pentatonischen Skalen mit E enthalten auch D und wenn das nicht schon da passte dann passen die jetzt auch nicht. Es sei denn es hat zwischendurch ein Tonartwechsel stattgefunden, deshalb die eigentlich als ungültig erkannten trotzdem noch mal kurz probieren. Ach ja, langsam vorgehen, Zeit nehmen - und noch etwas: wer improvisiert, kann auch schon mal richtig daneben greifen sprich klingen. Drüber stehen.

    Cheers Mo, keep on grooving und viel Spass
     
  6. Spacenik

    Spacenik Nicht zu schüchtern zum Reden

    Hi Dan,

    sitze jetzt hier am späten Abend und denke mir ich les mal was die Saxjungs so machen. Du hast warscheinlich mehr technische Fähigkeiten am Sax als ich, da ich erst seit 3 Monaten spiele. Aber Musik mache ich schon lange Jahre auf der Klampfe. Ich hab auch ein paar Jungs mit denen ich ab und an was spiele, mit dem Zweck das sie was dabei lernen sollen. Also ich kann nur sagen...

    Improvisieren war immer mein ein und alles :)

    bevor ich ein Thema konnte, hatte ich schon 10 eigene Ideen oder Melodien über die Chords. Ich kann nur eins sagen und das habe ich gesehen bei allen Menschen. Wenn der Song dich in deinem Musiker Herzen packt, dann weckt er auch deine Phantasie. Und das äußert sich bei den meißten wie folgt...

    was heißt Improvisieren? Spielen heißt es, was heißt spielen? Es heißt sich austoben, seiner Phantasie freien lauf lassen. Sich gehen lassen und was riskieren <-- das wäre schon zu weit gedacht, was gibt es zu verlieren, irgendwas? wenn es was zu riskieren gibt? Unsinn einfach die Musik in dir wecken, jeder Mensch hat Musik in der Seele. Jeder Song jedes Thema stammt von einem Musiker, und er hat etwas wunderbares erreicht wenn andere Musiker ihn zitieren indem sie seine Sprache und seine Sätze wiederholen. Musik ist Sprache, man muß nur lernen sie zu Sprechen und dafür gibt es Grammatik. Der eine lernt Grammatik durch lernen von Regeln, der andere durch die tägliche Übung, ganz egal Sprechen tun alle.

    Was ich dir empfehlen könnte ist folgendes. Nimm dir 3-4 Lieblibgstöne über den Song von denen du sagen würdest, die passen einfach klasse zu deiner Aufassung von dem Lied. Dann versuche diese Töne zu zelebrieren. Spiel einzelne doppelt, dreifach und rytmisch versetzt und immer wieder hin und her mit Sprüngen dazwischen, hüpfe wie ein Kind das nichts außer 3-4 Tönen und ein neues Spielzeug hat. Lg Nik
     
  7. Ansax

    Ansax Schaut öfter mal vorbei

    wenn du keinerlei vorkenntnisse hast was musiktheorie angeht, würde ich dir definitiv einen Lehrer empfehlen! wenn der ahnung von der materie hat, dann kannst du dich auch relativ zügig von reinen pentatonik-improvisation entfernen.

    der gibt dir auch feedback nicht nur bezüglich deiner tonmaterial-wahl, sondern auch über deine ganze art sax zu spielen und besonders ein solo zu gestalten.
     
  8. Dan

    Dan Ist fast schon zuhause hier

    :danke:

    Hatte vorher noch nie was von Pentatonik gehört.
    Für alle, die mitlesen und es interessiert: Im Wikipedia steht da ein anschaulicher Artikel. Sieha alternativ auch unter dem Stichwort "Bluestonleiter".

    Ich werde mir wirklich einen Lehrer nehmen. Das sollte hier kein Problem werden weil wir hier eine Musikhochschule vor Ort haben.

    ...natürlich werde ich Euch auf dem laufendem halten!

    vlg
    Dan
     
  9. JES

    JES Gehört zum Inventar

    Hi Dan,
    wenn ich deine Historie so lese, dann ist die identisch mit meiner. Ich habe genauso angefangen wie Du.

    Tja, improvisieren können kann ich immer noch nicht, da ich einfach den Bogen zwischen Theorie und Praxis nicht hinbekomme. Notenmaterial wissen, Licks kennen und auch spielen können, ist eine Sache, über eine eigene Improvisation aber ein Gefühl oder eine Story rüberbringen eine andere.
    Bei mir der schwerste Schritt war einfach mal anzufangen. Freies Spiel ohne Noten entwickelte ein Gefühl wie Seiltanzen ohne Netz. Da mußt Du durch. Reine Kopfsache.
    Egal ob es klingt oder nicht, nimm Dir eine CD mit Begleitung (also entweder eine, wo Du den Solopart wegblenden kannst oder gleich eine, die keine Melodiestimme hat), und leg los. Irgend was, einfach spielen und Dir selbst zuhören. Wenn Du die Tonart des Stückes kennst, fang einfach mal stumpf mit einer Tonleiter an, rauf, runter. Und ZUHÖREN!!!
    Theorie brauchst Du damit Du wiederholen kannst, was Du intuitiv gefunden hast und um eine Systematik zu erarbeiten. Aber, HÖR DIR ZU, HÖR ANDEREN ZU UND FANG EINFACH AN!!!
    JEs
     
  10. Gast

    Gast Guest

    Klar muß man Skalen, Arpeggios und Patterns lernen, aber sie allein helfen kaum bei diesem ersten entscheidenden Schritt, von den Noten, von der Melodie wegzukommen, weiterzuspielen und im Chorus zu bleiben!

    Mein Heureka! liegt ca. 45 Jahre zurück, fand im Pferdestall statt mit Ede am Banjo und im 20sten Chorus von When The Saints in Bb (C für mein Sopran). Theorie war überhaupt kein Problem für mich, hatte ich doch meinem Kumpel die Griffe gezeigt - trotzdem gelang es mir lange nicht, die Melodie zu verlassen und trotzdem im Chorus zu bleiben - den Wechsel nach G7 und zurück zu schnallen usw.

    Man muß es nur lange genug machen (heute mit "Playalongs" wesentlich leichter) und vor allem: MAN SOLLTE SICH MIT EINFACHSTEN MOTIVEN BESCHEIDEN - und nicht gleich geile Licks und Runs abzulassen. Ich war so glücklich, als ich endlich in einem Chorus mit den Tönen c und a herumspielend den Wechsel zu G7 mit h und g hinbekam ohne "Zählzwang". Es war sehr schlicht, aber es klang gut und sauber und war für mich eine Befreiung ohnegleichen. Für den "komplizierten" Ablauf C C7 F Fm habe ich mir dann was zurechtgelegt (z.B. ganze Töne: c bb a as) und von Chorus zu Chorus auf simpelste Art variiert.

    Von dem Tag an war das Eis gebrochen und ich konnte meine Möglichkeiten von Session zu Session erweitern, andere Stücke, andere Tonarten usw.

    Das ist eine der Schlüsselsituationen, die bestimmt jeder von uns in seinem Musikerleben hat und die man in allen Einzelheiten nie vergessen wird.

    Gruß, Jürgen
     
    schroe gefällt das.
  11. peterwespi

    peterwespi Ist fast schon zuhause hier

    @Jürgen: Danke :)


    Improvisation ist für die meisten, die es (noch) nicht beherrschen, ein Buch mit sieben Siegeln. Es gibt viele Wege und Möglichkeiten, sich an Improvisation zu wagen. Die meisten davon setzen Theoriekenntnisse oder vermitteln diese parallel zum Aufbau des freien Spiels.
    Ich habe sehr oft erlebt, dass Leute, die von Anfang an mit Theorie im Hinterkopf improvisieren, zwar mit vom theoretischen Aspekt her *korrekten Tönen* spielen. Dafür wirken sie meistens aber verkrampft, kopflastig und phantasielos. Was aber nicht verwundert, denn statt die Freiheit zu geniessen können, endlich mal etwas ohne geschriebene Noten spielen, müssen sich die Solisten an für sie neue Materie (Intervalle, Dreiklänge, Akkorde, Ablauf im Chorus beherrschen usw.) halten. Logisch, dass da für Essenzielles wie *Phrase, Motiv und Aufbau* (seit kurzem von mir spontan während des Unterrichts als *Die heiligen drei Improvisations-Eckpfeiler* auserkoren...) nicht mehr viel Potenzial übrig bleibt.

    Aus diesem Grund geht mein Improvisationskonzept die ganze Sache von der entgegen gesetzten Seite an: Zu einem Playback wird ohne weitere Leitplanken munter drauf los gespielt. Die einzige Regel dabei ist das korrekte Einhalten des Tonmaterials (Dur-Tonleiter). So ist es möglich, sich auf Phrase, Motiv und Aufbau zu konzentrieren, was die Soli von Anfang an musikalischer klingen lässt.
    Nach und nach kommt etwas Theorie dazu und die Leitplanken werden etwas enger gesetzt. In der Workshop-Collection von SOLO! geschieht dies anhand der 5 verschiedenen Improvisations-Schwierigkeitsgrade.

    Ohne schon mal Geld ausgeben zu müssen, kann man sich mit dem BASIC Workshop von SOLO! schon viel Improvisation aneignen. Der dazugehörige Podcast (ja, ich bin bei Episode 4 stecken geblieben, werde aber da demnächst weitermachen...) kann da eine gute Begleitung bilden:

    http://web.mac.com/peterwespi/SOLO_Podcasts/Podcast_BASIC/Podcast_BASIC.html


    Weiter empfehle ich den sporadischen Besuch bei einem Improvisations-Coach. Dieser muss nicht zwingend Saxophon spielen. Diese Lektionen sollten unbedingt aufgenommen werden, weil man so die Spielereien zwischen Coach und Neo-Improvisator (merkt man, dass ich die Begriffe "Lehrer" und "Schüler" verabscheue?!? :-D ) im Nachhinein noch -zig Mal anhören kann.
     
  12. JES

    JES Gehört zum Inventar

    Na dann bin ich das Thema ja intuitiv nach Wespi-Methode angegangen :)
    JEs
     
  13. Rick

    Rick Experte

    So beginne ich auch mit meinen "Neo-Improvisatoren", das ist wirklich der beste Weg, um erst einmal die Freiheit zu erkunden (selbst habe ich ebenfalls so angefangen...).

    Dieser Ansatz der drei Aspekte interessieren mich, Peter - wie fasst Du sie konkret auf, wo setzt Du den Unterschied zwischen Phrase und Motiv, wie wird das geübt?

    Ich habe umgekehrt auch schon Trompeter, Posaunisten, Pianisten, Bassisten etc. "gecoacht". Eine interessante Horizonterweiterung für beide Seiten!

    Gute Idee - doch sind meine "Neo-Improvisatoren" da meistens sehr scheu, sowieso anfangs viel zu selbstkritisch und schämen sich dann unnötiger Weise für jeden "falschen" Ton... :roll:


    Schönen Gruß,
    Rick
     
  14. peterwespi

    peterwespi Ist fast schon zuhause hier

    Die drei Bereiche Phrase, Motiv und Aufbau sind verantwortlich dafür, dass eine Improvisation nicht eine endlose Girlande von Tönen ist, sondern einen Sinn ergibt.

    PHRASE
    Eine Phrase darf auf keinen Fall länger als ein Atemzug dauern. Zwischen zwei Phrasen soll eine für den Zuhörer bemerkbare Pause sein, dann kommt die Folgephrase.
    Ich übe dies, indem mein Kunde ;-) und ich abwechslungsweise doppelte Phrasen spielen: *Phrase* *Pause* *Phrase*, dann der andere.
    Sehr oft hören wir anschliessend gleich die Aufnahme an und beurteilen, ob die Aufgabe gut gelöst wurde. Wenn etwas nicht gut ist, dann sind die Pausen zwischen Phrasen zu kurz, so dass man nicht zwei einzelne Phrasen hört.
    "La phrase" heisst ja "Der Satz" und ich vergleiche dies immer mit Rednern. Da gibt es solche, die ihr Referat runterleiern ohne einen Absatz, ohne Kunstpause und sie wundern sich, weshalb sie nicht ankommen. Also soll der Solist seine Impro-Geschichte interessant erzählen und Sätze bilden.

    MOTIV
    Eine Phrase wird ein Motiv enthalten, meistens auch mehrere. Ein Motiv kann tonaler oder rhythmischer Art oder gemischt sein. Ziel ist es, bei der nächsten Phrase ein Motiv der vorherigen aufzugreifen und weiter zu verarbeiten. So bekommt das Solo einen roten Faden.
    Meistens weiss ich zu Beginn einer Phrase nicht, was ich als Motiv aufgreife. Dies kommt dann irgendwann gegen Ende der Phrase oder in der Pause zwischen den Phrasen.
    Im Unterricht üben wir dies ähnlich wie bei den Phrasen, jedoch dann mit drei oder vier Phrasen, erst dann wird gewechselt. Oder mein Kunde spielt eine Phrase, ich greife ein Motiv daraus auf und spiele meine Phrase. Dann muss der Kunde daraus ein Motiv aufgreifen und daraus etwas machen. Wichtig dabei ist, dass man dies auch reflektiert. Also sollten bei einem Impro-Lehrer Aufnahmen die Regel und nicht die Ausnahme sein.

    AUFBAU
    Das Solo soll laufend an Intensität gewinnen und in einem Höhepunkt enden. Der Aufbau kann auf verschiedene Arten erfolgen: Von tief nach hoch, von leise nach laut, von wenig Tönen zu vielen Tönen usw.
    Im Unterricht passiert dies gleich wie bei Phrase und Motiv: Spielen und aufnehmen, anschliessend anhören und reflektieren.

    DIE VERKNÜPFUNG
    Wenn Phrase, Motiv und Aufbau miteinander verknüpft werden, dann wird's meistens sehr interessant. Ich lasse die Solisten zu einem BASIC Playback einfach mal spielen - die ganzen 2 1/2 Minuten gehören dem Solisten. Dabei soll er die drei geübten Bereiche sinnvoll zu einem spannenden Solo verbinden.
    Das Ergebnis ist zu Beginn eher ernüchternd und bei der Reflexion gibt's dann und wann enttäuschte Gesichter. Das eigentliche Problem ist nicht, dass sie die drei Bereiche für sich nicht können. Der Knackpunkt ist lediglich der, dass man an drei Dinge gleichzeitig denken muss. Dabei müssen noch keine theoretische Rechenaufgaben wie das Umsetzen von Dreiklängen, Akkorden und Skalen berücksichtigt werden, geschweige denn das Beherrschen der Orientierung im Ablauf des Chorus.

    ...und aus diesem Grund frage ich schon gar nicht, denn Aufnahmen sind bei mir von der ersten Lektion an Pflicht. Ich gebe im Privat-Unterricht immer eine Aufnahme mit nach Hause, damit sie die Lektion nochmals durchgehen und sich wichtige Informationen herausnotieren können. Ich habe mittlerweile Kunden, die ihren Improvisationsweg über Jahre hinweg dokumentiert und archiviert haben. Dies ist sehr oft auch eine Hilfe bei Tiefpunkten wenn man das Gefühl hat, nicht vom Fleck zu kommen. Wenn man sich dann anhören kann, wie man vor drei Jahren getönt hat, dann ist dies in den meisten Fällen Balsam auf die maltretierte Solisten-Seele... ;-)


    Der langen Rede kurzer Sinn: Nur schon das Beachten der drei sehr offenen (es gibt ja nicht 50% "richtig" und 50% "falsch" sondern die ganze Sache ist eine riesige Grauzone) Bereiche, die eine Improvisation interessant machen, ist schon eine nicht zu unterschätzende Angelegenheit. Auch ohne Theorie. Aber wie bereits erwähnt: Wer diesen Weg macht, spielt in den meisten Fällen von Anfang an interessante und strukturierte Improvisationen. Und das mit der Theorie kommt dann schon...
     
  15. Ansax

    Ansax Schaut öfter mal vorbei

    bring ihnen doch bei, "falsche" töne einfach als chromatische anspielung zu benutzen ;)
     
  16. JES

    JES Gehört zum Inventar

    Also Peter
    wenn ich das als Improvisationsneuling so lese, dann baust Du da schon wieder gleich einen Wall auf, der unüberwindbar scheint. Motiv, Phrase, Verknüpfung. Ist ja alles gut und schön, ABER schon muß ich wieder als Anfänger den Kopf mit etwas füllen, was ich beachten muß.
    Ich finde, so richtig die Tips sind, der Einstieg sollte ohne Regeln laufen. Also einfach mal drauflosspielen, sich dabei zuhören oder besser aufnehmen, und hinterher überlegen, was war gut, was nicht und was kann ich besser machen. M.E. machst Du 2 Schritte auf einmal und das wäre mir am Anfang schlicht zuviel.
    JEs
    (P.S.: steige da selbst gerade ein in die Thematik. Vielleicht daher der Sicht aus der Lernenden)
     
  17. peterwespi

    peterwespi Ist fast schon zuhause hier

    @JES:

    *Reduktion* ist das Zauberwort! ;-)

    Bevor Verknüpfungen passieren, muss jeder der drei Eckpfeiler für sich geübt werden. Dies jedoch ohne weitere Konzentration hemmende Informationen wie eben Theorie und Orientierung im Chorus.

    Ich hatte gerade einen erwachsenen Kunden (bald im Pensionsalter...) hier. Dieser war ein Paradebeispiel für eines der Hauptprobleme von Erwachsenen. Diese wollen einfach zu viel auf ein Mal. Am liebsten würden Erwachsene gleich bei der Verknüpfung aller drei Eckpfeiler beginnen.

    So können die selbst auferlegten Trainingsparameter z.B. folgendermassen aussehen:

    - nur Phrasen beachten, genügend Pausen zwischen den Melodien
    - nur Motiv weiter verarbeiten, Pausen zwischen Melodien werden automatisch sekundär
    - nur Aufbau, ohne Berücksichtigung von Phrase und Motiv
    - Aufbau mit Phrasen ohne Berücksichtigung von Motiven
    - usw.

    Wichtig ist zu wissen, dass jeder der die Improvisation so übt sich im Klaren ist, dass er selber für den Schwierigkeitsgrad verantwortlich ist.
     
  18. Dan

    Dan Ist fast schon zuhause hier

    Super, da sind ja noch ein paar Hinweise / Meinungen dazugekommen!

    @Peter: Danke für den Link!

    Mittlerweile habe ich mir ein paar Bücher aus der Bücherei geholt um erstmal einen theoretischen Überblick zu bekommen.
    Parallel dazu habe ich hier in der Hochschule für Musik einen Aushang "Saxlehrer gesucht" gemacht. Bedingt durch die vorlesungsfreie Zeit kann das aber noch ein paar Wochen dauern, bis sich jemand meldet.

    Dan
     
  19. Rick

    Rick Experte

    Hallo Peter,

    vielen Dank für die Erklärung!

    "Motiv" könnte man auch als "Lick" bezeichnen, oder würdest Du ein Lick als ein spezielles Motiv verstehen?

    Den Aufbau strukturiere ich im Unterricht exakt wie Du! :)

    Ich arbeite bei der Improvisation weiterhin mit der Unterscheidung von "offenen" und "geschlossenen" Phrasen, das ist mir sehr wichtig, weil ein Solo, das aus lauter "offenen" Phrasen besteht, eine ziemliche Spannung aufbaut, was einem nach einer Weile tierisch auf die Nerven gehen kann. (Kann aber natürlich auch Absicht sein...) :roll:


    Lieben Gruß,
    Rick
     
  20. Rick

    Rick Experte

    Hallo Ansax,

    gute Idee - aber die Definition von "guten" und "schlechten" Tönen stammt ja nicht von mir, sondern von den "Neo-Improvisatoren" selbst. :roll:

    Und dass man mit sich selbst grundsätzlich am kritischsten umgeht und eigentlich selten wirklich zufrieden ist, kenne ich von mir auch sehr gut - das geht aber meines Wissens allen Künstlern mehr oder weniger so.
    Denn: Wenn man zufrieden ist, hört man auf, sich weiter zu entwickeln. ;-)

    Meine wichtigste Aufgabe beim "Improvisations-Coaching" besteht meiner Auffassung nach darin, dem Gegenüber zu vermitteln, dass seine Unzufriedenheit und sein Ärger über "falsche" Töne kein grundsätzliches Problem darstellt, sondern dass er damit umzugehen lernen muss, dass darin ja auch eine Energie, eine Chance liegt.

    JEDER langt mal daneben, ich habe schon von was-weiß-ich-für-Stars Passagen gehört, die ganz offensichtlich nicht so gemeint waren, doch das gehört dazu, davon lebt die Improvisation ja auch!

    Für mich als Zuhörer klingt jedenfalls nichts langweiliger als ein "perfektes" Solo, bei dem jeder Ton "stimmt". :-(
    Perfektion ermüdet, aber das Unvollkommene baut Spannung auf - nicht umsonst ist Miles Davis wesentlich berühmter als Harry James! :-D


    Schönen Gruß,
    Rick
     
  1. Diese Seite verwendet Cookies, um Inhalte zu personalisieren, diese deiner Erfahrung anzupassen und dich nach der Registrierung angemeldet zu halten.
    Wenn du dich weiterhin auf dieser Seite aufhältst, akzeptierst du unseren Einsatz von Cookies.
    Information ausblenden