In besserer Qualität mit dem Handy aufnehmen

Dieses Thema im Forum "Home- und Live-Recording, Tontechnik" wurde erstellt von Saxoryx, 23.Juli.2021.

  1. Saxoryx

    Saxoryx Strebt nach Höherem

    Heute kam ein schönes Video von Nigel McGill, wie man besser mit dem Handy aufnehmen kann:



    Die Aufnahmetechniken werden immer interessanter, ohne dass man riesiges Equipment haben muss. Ich finde das faszinierend. :)
     
  2. Atkins

    Atkins Strebt nach Höherem

    Ich finde, dass man mit einem aktuellen handy recht gute Aufnahmen machen kann. Sozusagen "ehrliche" Aufnahmen ohne Effekte oder Nachbearbeitung. Finde Letzteres aber auch völlig okay.
    Also..ein gutes handy reicht durchaus.
     
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  3. philipp_b

    philipp_b Ist fast schon zuhause hier

    Ich habe neulich mal mit vielen iPads und unterschiedlichen Apps herumprobiert. Da gibt es einen überraschend großen Unterschied. Die App die die meisten benutzen (Voice Memo) klingt am schlimmsten, während mit Audio Share oder Mulit Track der Sound der internen Mikrofone gar nicht mehr weit weg ist von einem "echten".
     
  4. ufosax

    ufosax Ist fast schon zuhause hier

    Also ich finde auch, dass man mit den gängigen Smartphones erstaunlich gute Aufnahmen machen kann. Mit "ehrlich" ist das aber so eine Sache. Hierzu eine kleine Geschichte:

    Vor ein paar Jahren spielte ich für eine kurze Weile auf dem Tenorsax in einer Jazz Combo mit. Kurz davor hatte ich mir ein Zoom H2n (oder so ähnlich) Aufnahmegerät zugelegt, um mich beim üben "ehrlich" kontrollieren zu können. Wir hatten dann in einer Woche drei Auftritte zu verschiedenen Anlässen und in verschiedenen Räumlichkeiten. Bei den ersten zwei hatte ich den Zoom hinten in den Raum gestellt und die Aufnahmen waren estaunlich gut und "ehrlich" in dem Sinne, dass in meinen Saxophon-Sound bestimmte Frequenzen zu hören waren, die nicht so smooth klagen, sondern in meinen Ohren für eine ziemliche Reibung sorgten. Das kannte ich schon von den Aufnahmen meiner Übesessions. Das, so dachte ich, ist halt "ehrlich" und ein Zeichen, dass es bei der Verbesserung meines Sounds durch üben eben noch Spielraum nach oben gibt, so weit, so gut.

    Zum dritten Auftritt hatte ich den Zoom dann gar nicht mitgebracht, weil die räumlichen und akustischen Verhältnisse so grauenhaft waren, dass ich keinen Sinn darin sah, das ganze aufzunehmen. Ich hatte mich dann kurzfristig aber dazu entschlossen, zumindest das Handy vor mich auf den Notenständer zu legen und zumindest meine Solos mitzuschneiden, kann man immer noch was lernen von, dachte ich und die Qualität ist dazu dann ja auch nicht so wichtig. Dazu hatte ich die mit dem Smartphone mitgelieferte Videosoftware und das im Handy eingebaute Mikrophon benutzt. Oh Wunder, mein Sound auf den Handy-Aufnahmen war super und viel, viel besser (in meinen Ohren) als auf den beiden anderen Aufnahmen mit dem Zoom aus der gleichen Woche. Alle Frequenzen, die mich zuvor gestört hatten waren weg und mein Sound klang so "smooth", wie nie zuvor. Gleiches Saxophon, gleiches Mundstück und sogar gleiches Blatt, wie bei den beiden vorangegangenen beiden Auftritten. Und an der Akustik in dem Raum konnte es kaum gelegen haben.

    Da habe ich mich dann erst mal über den Zoom geärgert, für den ich das viele Geld ausgegeben hatte und nun machte er keine "ehrliche" Aufnahmen, sondern solche, auf denen man schlechter klingt, als man in Wirklichkeit ist, was soll das denn bitteschön? Lügengerät!

    Das Thema hat mir dann aber keine Ruhe gelassen und ich habe mich daraufhin in die Tiefen des Internet begeben und ein bisschen recherchiert und siehe da, es scheint so, als ob die vorinstallierten Videoprogramme der Smartphones alle eine ganze Menge Effekte eingebaut haben, von denen man als Anwender aber gar nichts mitbekommt, weil man sie nicht manuel einstellen kann, sie aber gleichwohl im Hintergrund automatisiert arbeiten. Das betrifft nicht nur die Bilder, sondern gerade auch Audio.

    Zunächst fügt die Software automatische Kompression hinzu und zwar nicht zu kapp, um Übersteuerung zu vermeiden und die Lautstärkenunteschiede innerhalb eines Videos auszugleichen. Kompression ist etwas was man typischerweise als Effekt in der Audionachbearbeitung einfügt, um das Ergebnis nachträglich zu "verbessern".

    Darüber hinaus ist diese Standardsoftware offenbar darauf programmiert, menschliche Stimmen in den Videos so angenehm wie möglich klingen zu lassen. Da gibt es wohl einen einprogrammierten automatische agierenden Equalizer, der als unangenehm emfpundene Freiquenzen aus Stimmen herausfiltert. Gerade das Tenorsaxophon bewegt sich wohl zu einem großen Teil in dem Bereich, den die Software einer typischen männlichen Sprechstimme zuordnet und filtert dort, was das Zeug hält, zumindest wenn man das Handy so nahe an das Sax legt, dass die Software das als den Hauptbestandteil der Audio-Aufnahme identifiziert, was bei meinen Mitschnitt wohl der Fall war. Mit anderen Worten, das Smartphone ging offenbar davon aus, dass da so ein Typ am quatschen war, dessen Stimme - zumindest in meinem Fall - grauenhaft klingt unbedingt etwas aufgehübscht werden musste, also Equalizer hochfahren bis zum Anschlag.

    Mein Fazit daraus: Ja, das Handy macht super guten Aufnahmen, zumindest wenn das eigene Soundideal sich im Mainstream bewegt, den die Softwareprogrammierer bei ihrer Arbeit offenbar zugrunde gelegt haben. "Ehrlich" sind die Aufnahmen aber nicht unbedingt. Vielmehr bekommt man da gleich doch eine ganze Menge an Nachbearbeitung und "Aufhübschung" mitgeliefert, ob man das nun will und gut findet, oder nicht.

    Ich bin dann doch wieder zum Zoom zurückgekehrt, einschließlich des damit verbundenen "cringe" Faktors, wenn ich meinen eigenen Sound höre.

    Passt auf Euch auf. Laßt Euch impfen. :doctor::singing::headphone::whistling::nurse:
     
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  5. ilikestitt

    ilikestitt Strebt nach Höherem

    @ufosax
    Ja du hast recht, Voreinstellungen und versteckte EQ's oder Effekte können den Sound massiv verändern und verfälschen. Das tut aber auch schon das Mikro etc. leider auch. Schon der Raum verändert so viel, gerade wenn man mal in einem sehr halligen oder tot trocken klingendem Raum aufnimmt (beides Mist).
    Ich nehme auch an, daß das HN2 nicht den gleichen Abstand zum Sax hatte wie das Handy oder?
     
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  6. ufosax

    ufosax Ist fast schon zuhause hier

    Nein, der Abstand war nicht gleich. Das war aber auch nicht der springende Punkt. Ich habe mich mit dem Zoom davor und danach auch aufgenommen, auch solo und bei Übeeinheiten auch mit sehr wenig Abstand. Der Zoom hat, finde ich, sehr gute Mikrophone mit, meinem Eindruck nach, relativ linearem Frequenzgang. Die färben den Klang zwar auch aber eben um Dimensionen weniger als mein schon damals nicht mehr taufrischres 0815 Samsung Handy, das preislich im unteren Mittelfeld liegt. Auch die Raumakustik hat nichts damit zu tun, worauf ich eigentlich hiauswollte. Die ersten beiden Aufnahmen hatte ich in kleinen aber feinen und akustisch gut behandelten Konzertsälen gemacht, die andere in einer schlauchförmigen umgebaute Garage.

    Mein Punkt war folgender: Diesbezügliche Laien, wie @Atkins und ich es offenbar sind, würden inruitiv wohl erwarten, dass die Handy Videoapp eher bescheidene Ergebnisse liefert weil sie (a) umsonst ist, (b) nicht in erster Linie für hochqualitative Audiaufnahmen gedacht ist und daher (c) dem Anwender auch - zumindest vordergründig - nicht die technischen Bearbeitungsmittel gibt, wie eine DAW. Das verleitete dann, jedenfalls mich, zu dem Fehlschluss, zu meinen, dass wenn ich schon auf meinem Billighandy mit Umnsonstsoftware gut klinge, ich überhaupt und insgesamt eigentlich ziemlich gleil klingen muss, also auf teurem equipment dann sogar super super geil.

    Was ich nicht auf dem Zettel hatte ist, dass es gerade andersherum ist. Handies sind daraufhin optimiert, komplette Laien mit hervorragenden Ergebnissen zu versorgen, auch und gerade dann, wenn die keinen Plan haben, was sie machen. Das ist ja bei Handyfotos ähnlich. Da kannst Du alle Regeln der Fotokunst ignorieren, direkt ins Gegenlicht knipsen und das Teil rechnet Dir immernoch eine super Aufnahme hin. Ist dann ehrlich? Kaum, aber wen juckt das?

    Stellst Du dann ein 20k teures Mikro vor das Sax bekommst Du erst mal eine ehrlichere Aufnahme, musst das dann aber bachberarbeiten, weil - wenn Du so spielst, wie ich - dass Du es so ehrlich eigentlich gar nicht ertragen kannst, weil das bedeutet, dass wenn Du vorne Pups reinbläst, hinten auch Pups wieder rauskommt, Färbung durch Raumakustik hin oder her.

    Das ist beim Handy anders, da bekommst Du zumindest einen schön gepuderten und parfümierten Pups raus. Ich hätte das in meiner Naivität nicht erwartet, weil das alles kostenlos bei einem Telefon dazugepackt war. Die Hersteller haben aber erkannt, dass dem Nutzer Fotos und Videos unheimlich wichtig sind, ganz im Gegensatz zur Telefonfunktion, und dass es denen nur auf das Endprodukt ankommt und nicht auf Ehrlickeit. Daher geht eben ein erheblicher Teil des Kaufpreises in eine ganze Menge Technologie, die dem Anwender zwar verborgen bleibt, ihn aber ohne besondere Kenntnisse ohne weitere Bearbeitungsschritte näher an ein massenkompatibles Sound- oder Bildideal bringt. Was fein ist, solange das auch zu den eigenen Idealen passt und man mit seinem Geschmack nicht aus dem Rahmen fällt.

    Nur mit "nackt", wie @Atkins das bezeichnet hat das nix mehr zu tun. Da sind 'ne ganze Menge Klamotten im Spiel, auch wenn die schön säuberlich in einem abgeschlossenen Kleiderschrank hängen und nicht gleich zu sehen sind.

    Damals war das für mich neu und hat bei mir zu einem ziemlichen "aha" Effekt geführt .

    Das bedeuted für mich im übrigen auch, dass das Handy nicht für alles zur Übekontrolle taugt. Klar, ob ich die richtigen Töne gespielt habe, kann ich feststellen, Timing auch. Bei Intonation wäre ich schon vorsichtig. Wenn es aber um Sound geht, gaukelt mein Handy mir vor, dass ich da schon viel näher an meinem Ziel bin, als es wohl tatsächlich der Fall ist.
     
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  7. ilikestitt

    ilikestitt Strebt nach Höherem

    @ufosax
    Danke fürs präzisieren.
    Ich glaube es ist generell sehr schwierig wirklich ehrliche Aufnahmen zu bekommen. Selbst teure Mikros färben den Klang und der Raum hat immer einen Effekt, ob man will oder nicht. Selbst womit du es abhörst verändert viel. Wer kennt es nicht auf Boxen oder Kopfhörern x klingt es anders als auf den Boxen und Kopfhörern y. Ich hatte schon Momente wo ich es auf dem einen Paar Boxen geliebt und auf dem nächsten gehasst habe.
    Selbst Profis im Studio nutzen oft den EQ um den Sound so zu bekommen, wie sie oder die Tontechniker der Meinung sind, es in Wirklichkeit klingt.
    Deswegen ist das immer mit Aufnahmen so ein schwieriges Thema, gerade wenn man mal wirklich und ehrlich wissen will wie man klingt.
     
  8. Bernd

    Bernd Gehört zum Inventar

    Ich habe heute zum ersten Mal seit mehreren Jahren mal wieder etwas aufgenommen.
    Playalong vom Tablet via Bluetooth auf so einen kleinen no-name Brüllwürfel und mich mit dem alten IPhone 6 im Video-Modus aufgenommen. Wenn ich real so klingen würde wie auf dem Video, wäre ich begeistert.
    Schade nur, dass man die Qualität des selbst erzeugten Tons selbst dann nur annähernd einschätzen kann, wenn man gegen eine Glasscheibe spielt.
     
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  9. GelöschtesMitglied11073

    GelöschtesMitglied11073 Guest

    Und nochwas ist dabei nicht zu unterschätzen. Nicht nur jeder klingt anders auch jeder hört unterschiedlich. Den Sound,den der eine genial findet,ist für den abderen grauenhaft
     
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  10. philipp_b

    philipp_b Ist fast schon zuhause hier

    Das Weissklang V13 und das Shure SM 81 sind z.B. Mikrophone mit einem ziemlich linearen Frequenzgang. Und die klingen vor einem Saxophon irgendwie...nichtssagend (für meinen Geschmack)
     
  11. Bernd

    Bernd Gehört zum Inventar

    Wohl wahr.
     
  12. Huber90

    Huber90 Schaut nur mal vorbei

    Vielen Dank, ich denke, es wird gut mit meinem iPad funktionieren. Ich werde versuchen, eine für mich zu bestellen.
     
  13. SaxPistol

    SaxPistol Strebt nach Höherem

    Hallo allerseits,
    habe mal diesen Fred ausgegraben, weil ich da gestern so mein Aha-Erlebnis hatte (siehe angehängte Aufnahme).
    Ganz ehrlich: Meinen Sound auf dem Tenor würde ich mal so nach 4 Jahren Tenor und insgesamt 7 Jahren Sax als, naja, halbwegs hörbar einstufen - mit ganz viel Luft nach oben.
    Umso erstaunlicher ist es, was selbst ein nicht mehr ganz aktuelles iPhone8 mitlerweile so rumrechnet, um selbst daraus noch etwas zu zaubern.
    Ich finde, es ist ja toll, dass so die Umwelt vor Schlimmerem verschont wird, aber zur Selbstbeurteilung doch eigentlich nur noch unbrauchbar, wenn viele Unzulänglichkeiten, die Life bitterböse niederschlagen würden, nur noch glattgebügelt werden.
    Gibt es auf dem iPhone (speziell in GarageBand) irgendeine Möglichkeit, die pure, unverfälschte Aufnahme zu hören zu bekommen?

    ... und nein, das soll jetzt kein fishing for compliments sein
     

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