Kennt jemand Bücher von Bergonzi, Jerry

Dieses Thema im Forum "Bücher / CDs / Noten / Playalongs" wurde erstellt von Krokosax, 30.November.2005.

  1. bhimpel

    bhimpel Ist fast schon zuhause hier

    Das hatte ich irgendwie uebersehen gehabt... Viel mir erst hinterher auf...
     
  2. nobbi

    nobbi Ist fast schon zuhause hier

    Hallo zusammen,
    ich hab die Bergonzis no. 1 und 2 und hatte bisher nicht den Drive, die Bücher konsequent durchzuüben :-(
    Ich lerne lieber neue Standards auswendig, oder transkribiere Solos, spiele mit anderen zusammen, ,...
    die No. 4 klingt allerdings sehr interessant, da ich Groove Phasierung und time ziemlich wichtig finde, noch wichtiger als gute technische und harmonische Fähigkeiten.

    Also ab zu Advance Music und den Bergonzi als Weihnachtsgeschenk bestellt....

    Grüße
    Nobbi
     
  3. Hans

    Hans Ist fast schon zuhause hier

    @ Doellcus

    Sorry, habe deine Nachfrage erst jetzt gelesen.
    Warum bin ich nicht so ganz glücklich mit dem 1. Aebersold-Band? Anfangs hatte ich einfach nur Probleme mit der Stimmung zum Play-Along. (Habe dazu auch hier irgendwo einen Thread hingequengelt.) Der Noten-Druckfehler auf S. 97 (Beispiel 10, G an Stelle F bei G-7) hat mich auch eine Weile gequält, bis ich ihn als solchen identifiziert hatte. Das habe ich aber mittlerweile im Griff und das Spielen macht zunehmend Laune.
    Gleichzeitig nervt mich aber einfach der Aebersoldsche Stil, der sicher durch das mangelhafte Deutsch der Übersetzer nicht besser geworden ist. Fett eingestreute vulgärpsychologische Erkenntnisse wie "Angst = Falschen Beweis für richtig erachten" (S.8) oder Plattheiten wie "Der Verstand ist der Schöpfer aller musikalischer Gedanken" (S.27) sind aufgeplusterte amerikanische Ratgeberlyrik, die sicher 1967 die Leserschaft in tiefstes Erstaunen versetzt hat. Mir geht aber mittlerweile das ganze pseudowissenschaftliche Linke-rechte-Gehirnhälften-Gewäsch auf die Ketten, und ich wünsche mir einfach nüchterne Spiel- und Übungsanweisungen und schön trockene Theorie.
    Aber, wie gesagt, ich finde langsam trotzdem Spaß am Arbeiten mit dem Buch.

    Tschüss
    Hans
     
  4. Hans

    Hans Ist fast schon zuhause hier

    Hallo Benjamin,
    bin mal wieder auf diesen etwas älteren Thread gestoßen, da ich gerade überlege, ob ich mir mal den Band 1 (Melodic Structures) ernsthaft vornehmen sollte. Du machst ja wirklich Lust darauf, aber könntest du bitte noch ein paar Worte mehr darüber verlieren, was diese Sachen besonders für das autodidaktische Vorgehen auszeichnet?

    Danke und tschüss
    Hans
     
  5. bhimpel

    bhimpel Ist fast schon zuhause hier

    Ist schon eine Weile her, dass ich in die Bergonzi-Bücher geguckt habe. Sollte ich mal wieder machen. Daher kann ich jetzt nicht ins Detail gehen.

    Aber die Lehrbücher von Bergonzi sind sehr gut durchdacht. Soweit ich mich erinnere, musste ich mich nie fragen, wie jetzt irgendwas gemeint ist. Es gab für mich keine Lücken, die Anlaß zu Fehlinterpretationen oder Mißverständnissen gaben. Man wird einfach an die Hand genommen, dabei bildet sich das Gehör und das Verständnis für Improvisation von selbst, wenn man den Anweisungen folgt. Somit ist ein Lehrer für die Benutzung der Bücher nicht nötig.

    Natürlich muss man schon wissen, wie man Saxophon spielt. Dazu gehört auch das Thema Phrasierung. Weiß gerade nicht, ob Notation für Harmonien erklärt werden. Aber man braucht nicht improvisieren zu können.

    Viele Grüße,
    Benjamin
     
  6. Hans

    Hans Ist fast schon zuhause hier

    Danke, das ging ja schnell. Ja, sowas in etwa suche ich. Habe zwar einen Lehrer, aber wir sehen uns eher zu unregelmäßigen Konsultationen und mir fehlt doch eine gewisse Linie. Die harmonischen und anderen theoretischen Hintergründe holt man sich doch leicht aus dem Sikora und anderer Literatur. Sind auch die Playalongs ihr Geld wert? (Kenne die Sachen bisher nur als PDF.)

    Tschüss
    Hans
     
  7. bhimpel

    bhimpel Ist fast schon zuhause hier

    Das kann ich nicht sagen. Das ist ja sehr subjektiv. Aber die Playalongs sind von Profis eingespielt und er macht es selber bei vielen Übungen vor, wie man es (auf dem Saxophon) machen könnte.

    Insgesamt konnte ich dabei nichts aussetzen.

    Viele Grüße,
    Benjamin
     
  8. Hans

    Hans Ist fast schon zuhause hier

    Kleiner Hinweis für andere Interessenten: Bei Advance und Zerluth gibt's die ersten beiden Bände inzwischen auch mit deutscher Übersetzung, bei Amazon für den gleichen Preis nur das englische Original.
     
  9. Rick

    Rick Experte

    Der Name Jerry Bergonzi ist unter älteren Jazzern zu einem Reizwort geworden, denn er wird als der Hauptverantwortliche dafür ausgemacht, dass gerade junge Musiker oft nicht mehr ihre Individualität entfalten, sondern mehr oder weniger alle gleich klingen.

    Eine neugierige Frage:
    Was ist denn bitte musikalisch ein "Fehler"?

    Du bringst das Beispiel eines Vorhalt-Tones (F auf C-Dur-Akkord), doch den haben schon Komponisten wie Richard Strauss auch als "Ruheklang" verwendet. Natürlich "nervt" so eine "Dissonanz" - aber ist sie deshalb ein "Fehler"?

    Auch und gerade der Bebop von Charlie Parker und Co. wurde von Zeitgenossen als dissonant und "falsch" empfunden - müssen wir also jetzt dank Herrn Bergonzi die Jazzgeschichte umschreiben, weil seit dem Bebop "Fehler" als schick gelten können?

    Genau da ist schon wieder der Haken:
    Also drängt Herr Bergonzi den Musikern seinen Geschmack auf, indem er sie offenbar subtil in "die richtige Richtung" lenkt.
    Leider gibt es laut Selbstverständnis des Jazz keine "wichtigeren" Noten - das wäre ja dann Unterhaltungsmusik, die vorwiegend bestimmte Hörerwartungen erfüllen möchte, doch genau darum geht es eben beim Jazz NICHT. :-x


    Ich empfinde aufgrund dieser Schilderungen die "Schrecklichkeit" als genau umgekehrt:
    Die Bergonzi-Bücher veranstalten offenbar eine Art subtiler Gehirnwäsche mit perfider Beeinflussung des eigenen Geschmacks und drängen einem eine ganz spezielle Spielweise auf, damit sind sie aber als Improvisationslehrbücher im allgemeineren Jazz-Sinn nicht geeignet.
    Man könnte sie vielleicht als Anleitung zum Spielen im stilistisch eng begrenzten Pop-Fusion-Idiom betrachten, doch zu mehr scheinen sie nicht zu taugen.

    Dessen sollte man sich also im Klaren sein - "echte" Improvisation beinhaltet unendlich viel mehr, als Herr Bergonzi einem zu bieten vermag! :-D


    Grüße,
    CC
     
  10. bhimpel

    bhimpel Ist fast schon zuhause hier

    Da sind die älteren Jazzer aber ziemlich engstirnig:) Ich würde eher sagen, das liegt an den jungen Musikern selbst, wenn sie nicht ihre Individualität entfalten, und an zweiter Stelle würde ich deren Lehrer dafür verantwortlich machen, die die Schüler leiten sollen. Das Buch von Bergonzi ist doch nur ein Ort von vielen, wo man (meiner Ansicht nach) sehr gute Übungen zum Erlernen der Improvisation findet, wo sich auch viele gute Spieler noch die Zähne ausbeißen können und dabei viel lernen können, ohne etwas von ihrer Individualität einbüßen zu müssen. Dass man nicht erwarten kann, individuell zu klingen, wenn man die Bücher durchgearbeitet hat, sollte einen nicht wundern. Das kommt woanders her, nämlich von überall (und von nirgendwo). Dass das nicht das ultimative Buch ist, ist auch klar. Aber da steht schon extrem viel drin. Ob man's gut findet oder schlecht, ist -wie fast alles- subjektiv. Ich finde die Bücher super, selbst wenn man nur einen Teil durcharbeitet, hat man sehr viel gelernt. Da hat sich Jerry Bergonzi viel bei gedacht und es in Buchform geschafft, sein persönliche Auffassung von Improvisation gut zu vermitteln.

    Als Antwort auf die Frage: Ein Fehler ist all das, was ein Lehrer als falsch oder (vielleicht korrekter ausgedrückt) als verbesserungswürdig empfindet. Klingt hart, ist aber doch so. Ein Lehrer sollte klare Meinungen haben, und diese weitergeben, je nach den Bedürfnissen der Schüler. Gerade Anfänger werden eher unsicher, wenn der Lehrer anfängt, Sachen zu relativieren. Das dabei häufig die Meinung des Lehrers eine wichtige Rolle einnimmt, ist selbstverständlich. Dabei muss dann der Schüler selbst entscheiden, wie sehr er der Meinung des Lehrers vertraut. Es gibt bei der Musik häufig viele verschiedene Ansichten, die alle nebenher existieren. Ob man als Lehrer das eine nun als falsch oder lieber als geschmacklos bezeichnet, das andere als richtig oder lieber als geschmackvoll, kann er selber entscheiden. Wenn er alles noch relativieren soll und abwägen soll, und stets darauf hinweisen soll, dass es auch noch andere Ansichtigen gibt, kommt er in einer Unterrichtsstunde nicht sehr weit. Da ist es doch einfacher, zu sagen, was richtig oder falsch ist.

    Als Beispiel: Mein Bruder ist ein (in meinen Augen) sehr guter Klarinettist und sehr guter Lehrer. Seine Ansichten kann er sehr gut vermitteln. Dass sich die über die Jahre geändert haben, kann man verzeihen. Was vorher richtig war, ist jetzt doch nicht mehr so richtig. Aber er stand hinter dem was er sagte, und konnte alles sehr gut vermitteln. Seine Schüler haben davon profitiert. Sie können ja später auch andere Ansichten von anderen Lehrern hören oder in Büchern lesen. Aber ich finde es äußerst wichtig, dass Schülern gezeigt wird, wo es jetzt in diesem Moment lang gehen soll, selbst wenn es andere Wege gibt.

    Etwas zu lehren, ohne dem Schüler seine eigene Note/Geschmack mit auf den Weg zu geben, ist vollkommen unmöglich. Das gilt auch für ein Lehrwerk wie das von Bergonzi. Dass angeblich ältere Jazzer ihm die Schuld geben, dass (angeblich) so viele junge Musiker nicht ihre Individualität entfalten, ist völlig verfehlt. Vielleicht ist es eher so, dass sein Lehrbuch so ausgeklügelt ist und die Alternativen fehlen? Denn es ist doch so, dass man seine Individualität erst dann entwickelt, wenn es viele Einflüsse gibt. Wenn es aber nur einen extrem starken Einfluss gibt, nämlich den von den Bergonzi-Büchern, dann sollte man dafür nicht Bergonzi die Schuld geben. Ich sehe es im Übrigen nicht so, dass viel junge Musiker nicht ihre Individualität entfalten.

    Harte Worte, die meiner Ansicht nach weder Hand noch Fuß haben, insbesondere wenn Du nur aufgrund meiner Schilderungen so denkst. "Pop-Fusion-Idiom" ist m.E. ziemlich daneben. Deine Bemerkungen vorher waren noch geeignet zur weiteren Diskussion, aber das hier...

    Welche Improvisationslehrbücher sind denn Deiner Ansicht geeigneter? Würde mich sehr interessieren...

    Viele Grüße,
    Benjamin
     
  11. Rick

    Rick Experte

    Die jungen Musiker sind ganz begeistert, wenn sie eine Art "Anleitung" in die Hand bekommen, die ihnen angeblich genau erklärt, wie Improvisation "richtig" geht, und bequeme Lehrer sind heilfroh, wenn sie irgendwelches Material haben, an dem sie sich orientieren können, weil Improvisation nun mal zu den schwierigsten und herausfordernsten Unterrichtsthemen gehört.

    Das Ergebnis hört man dann: Alle lernen nach Bergonzi, weil's so schön einleuchtend ist, und alle klingen dann mehr oder weniger gleich. :-(

    Das klang aber vorher noch anders... ;-)

    Das gestehe ich ihm voll und ganz zu. :p

    Daher sollte der Lehrer aber auch nie den Eindruck vermitteln, er habe allein die Weisheit gepachtet.
    Manchmal muss man eben auch mal Dinge relativieren, ob's dem Schüler gefällt oder nicht, weil man sich sonst unglaubwürdig macht oder gar indoktriniert.

    Wenn es im konkreten Fall angebracht ist, sollte der Lehrer ruhig dem Schüler eine Richtung vorgeben, gerade bei der Improvisation - aber erstens müsste diese Richtung für jeden Schüler unterschiedlich ausfallen, weil jeder nun mal individuell geprägt ist, und zweitens darf ein Lehrer, wenn er fair ist, dem Schüler nie komplett seinen eigenen Geschmack aufzwingen.

    Ich möchte hier bitte unterscheiden zwischen "Geschmack äußern" und "Geschmack aufzwingen".
    Natürlich darf ich als Lehrer meine Meinung sagen, aber ich muss auch dem Schüler zugestehen, diese nicht zu teilen.

    Wohlgemerkt reden wir hier nicht von Instrumental-Anfängern und Basis-Technik, sondern von bereits Fortgeschrittenen und der Entwicklung des künstlerischen Ausdrucks in der Improvisation.

    Dann möchte ich dies etwas präzisieren:
    Jerry Bergonzi selbst ist ohne "Schuld", verantwortlich sind vielmehr all diejenigen, die sein Werk weit über den grünen Klee loben und in den Himmel heben, woraufhin dann nichtsahnende Neulinge den Eindruck bekommen, es handele sich um das "Buch der Bücher".

    Wenn man es wie Du (zuletzt) als EIN Lehrwerk von vielen betrachtet - kein Problem.
    Doch die völlige Begeisterung vorher hat mich irritiert...

    Das Problem ist eher, dass viele so sehr an Lehrbüchern hängen. Angebllich sind wir Deutschen das Volk der Bedienungsanleitung... :roll:

    Ich empfehle meinen Schülern konkret KEIN Buch, sondern erarbeite mit ihnen im Unterricht individuell direkt den für sie (meiner Ansicht nach) passendsten Weg, natürlich unter Zuhilfenahme verschiedener Bücher, die aber alle ihre Stärken und Schwächen haben.

    Sorry, aber das ist nun mal seine Spielweise - von mir aus weniger Pop, aber über Fusion kommt er nach allem, was ich gehört habe, nicht hinaus; auch wenn er Standards spielt, hat er stets den modal orientierten 70er-Jahre-Stil.

    Dahin führt nun mal auch sein didaktischer Ansatz der Übungen, darüber muss man sich einfach im Klaren sein.
    Wenn man lernen möchte, wie Parker, Dexter Gordon oder Stan Getz improvisiert haben, hilft er einem kein Stück weiter, aber den mittleren/späten Coltrane und alle Epigonen (Michael Brecker, Bob Berg, Bill Evans etc.) versteht man dann eventuell besser.
    Wenn einem das reicht - bitte.


    Viele Grüße,
    CC
     
  12. bhimpel

    bhimpel Ist fast schon zuhause hier

    Anscheinend haben wir -Cool_Cat und ich- uns jetzt in der Mitte getroffen. Ich scheine das Buch ein bisschen zu viel gelobt zu haben, bei Deinen Kommentaren hatte man den Eindruck, dass das Bergonzi-Buch das Schlimmste ist, was es gibt.

    Jetzt möchte ich aber doch mal von Dir (Cool_Cat) wissen, welches Buch Deiner Meinung nach annähernd so gut oder besser ist als die Bergonzi-Bücher.

    Ich muss sagen, Bergonzi ist nicht mein Lieblingssaxophonist, aber es will schon was heißen, wenn Brecker ihn für den "Besten" erachtet. Oder sollte das Deiner Meinung nach etwa nicht nur falsche Bescheidenheit sondern Ironie gewesen sein?

    Mein Lieblingssaxophonist ist an den meisten Tagen Zoot Sims, häufig auch Stan Getz, der mit der besten Technik wahrscheinlich Chris Potter, der mit der meisten Seele vielleicht Joshua Redman, dann gibt's noch viele andere tolle Saxophonisten, auch mit weniger großem Namen, leider haben die meines Wissens keine Lehrbücher geschrieben, und selbst wenn, bringen sie ihre Gedanken vielleicht nicht so rüber.

    Ich kenne leider nicht viele Improvisationsbücher. Aber von allen, die ich schon mal angeguckt habe, sticht das von Bergonzi total raus, und es ist zwar eines von vielen Lehrbüchern, aber von dem was ich so kenne, bei weitem das beste. Es gibt viele, wo man sicherlich das eine oder andere draus lernen kann, aber wie gesagt, nichts finde ich so gut durchdacht wie das von Bergonzi (vor allem, wenn jemand, wie hier im Thread, das ohne Lehrer durcharbeiten möchte). Also, Cool_Cat, welches sollte ich mir Deiner Meinung noch angucken?
     
  13. matThiaS

    matThiaS Admin Emeritus

    Zu den Vorwürfen die Cool_Cat Bergonzi macht kann ich nur anmerken, dass es sich wohl um ein Verkennen der Haltung Bergonzis handelt. Bergonzi schreibt in der Sonic:
    Wenn nun Saxophonisten keinen 'inneren Lehrer' haben und versuchen, die innere Leere mit einer äußeren Lehre zu stopfen, dafür kann Bergonzi nichts. Die anderen werden seine Anregungen als ein Baustein in ihr Konzept integrieren.
     
  14. doc

    doc Ist fast schon zuhause hier

    "wichtig" und "unwichtig" sind natürlich schwierige Begriffe. Aber wenn ich nicht genau weiß, was ich tue, hilft es mir am Anfang schon, wenn ich weiß, daß ich gewisse Töne lieber nicht "raushupe" sondern lieber verstecke. Das für (mich als) Anfänger so schwierige Ding besteht darin, daß es zwar kein "richtig/falsch" gibt, aber daraus eben auch nicht Beliebigkeit folgt.

    "Subtiles Lenken" find ich auch nicht schön. Das hat für mich den Geruch von Manipulation. Welcher Zacken würde einem Autor aus der Krone brechen, wenn er meineswegen in einem Exkurs klar ausspricht, welche Wahlen er trifft, und damit ansagt, in welcher Richtung der Lernende nachsehen könnte, wenn er das in Frage stellen möchte?

    Werden die Bergonzibücher nicht eher am Anfang verwendet, "um einen Fuß in die Tür" zu kriegen? Kann da so ein großer Schaden bei richtigen Musikern entstehen, daß sie in fortgeschrittenem Stadium dann "alle gleich klingen"?
     
  15. Rick

    Rick Experte

    Genau - ist doch schön! :)

    Ich stelle gern noch einmal klar, dass ich persönlich NICHTS gegen das sicherlich gut ausgearbeitete und durchdachte Werk von Herrn Bergonzi habe, wenn es denn nicht als das allein selig machende Konzept begriffen wird.

    Aber man sollte sich eben darüber im Klaren sein, dass es nur einen Ausschnitt dessen behandelt, was man allgemein unter Jazz-Improvisation versteht.
    Als Einstieg mit der Perspektive, sich anschließend weiter zu bilden, ist es ganz sicher nicht zu verachten.

    Meiner Ansicht nach gibt es KEIN Buch, das einem das Improvisieren PRINZIPIELL erleichtert, es kommt immer auf die Person des Lernenden an.

    Ich finde, dass standardisierte Übungen, sobald sie über das Erarbeiten von Skalen und Akkordbrechungen hinausgehen, eher kontraproduktiv sind, da sie in Richtung des Auswendiglernens von Licks tendieren, was nach meiner Beobachtung das beste Mittel zur VERHINDERUNG von wirklicher Improvisation ist.
    Wenn man oft genug mitbekommen hat, wie jemand auf der Bühne beim Solo ständig ein bestimmtes Lick wiederholt (das aber leider nicht unbedingt in den musikalischen Zusammenhang passt), nur weil es gerade vom Buch/Dozenten "verordnet" war, entwickelt man eine instinktive Abneigung gegen diese Methode. :evil:

    Ein guter Improvisationsunterricht schult meiner Ansicht nach vorwiegend die Interaktion mit den Begleitmusikern sowie das Verständnis innerer musikalischer Zusammenhänge (z. B. harmonischer und struktureller Aufbau des zugrunde liegenden Themas). Auf irgendwelche Licks etc. kommt es dabei ZULETZT an, die sind für mich nur noch das Sahnehäubchen.

    Darüber habe ich mir schon oft Gedanken gemacht - warum hat Herr Brecker Herrn Bergonzi, der nun wirklich kein außergewöhnlicher Saxer ist (besonders gegenüber Brecker selbst!), ständig so gelobt?? :-o

    Ich habe Michael Brecker leider nicht mehr persönlich kennenlernen dürfen, doch einige meiner Bekannten hatten das Vergnügen.
    Sie schilderten ihn als überaus sympathischen, netten und von Grund auf bescheidenen Menschen bar jeglicher Starallüren.

    Vielleicht hat Herr Brecker einfach Herrn Bergonzi unterstützen wollen, der ja vor seiner Fürsprache kaum größere Beachtung fand?
    Zu seiner menschenfreundlichen Art könnte es wohl gepasst haben... :roll:

    Ich empfehle eine Kombination aus allem:
    Lehrbücher und Übungen als Anregung, Spielen mit Kumpels als Praxis, und vor allem: VIEL Hören (unterschiedliche Stile!) und Analysieren, daran führt kein Weg vorbei.

    Improvisation ist kein einfaches Thema, erst recht keines, bei dem nur eine einzelne Methode die einzige Existenzberechtigung hat, sondern als künstlerische Ausdrucksform eine Angelegenheit von persönlichem Geschmack, sehr viel Versuch und Irrtum sowie lebenslangem Lernen.


    Schöne Grüße,
    CC
     
  16. lee

    lee Ist fast schon zuhause hier

    c.c.schreibt:"Darüber habe ich mir schon oft Gedanken gemacht - warum hat Herr Brecker Herrn Bergonzi, der nun wirklich kein außergewöhnlicher Saxer ist .."
    findest du wirklich? ist natürlich eine frage des blickwinkels.aus coltranes blickwinkel ist jerry vielleicht nicht aussergewöhnlich, aus meinem schon.
    kommt halt drauf an, wo man sich einordnet.
    nochn zitat "Vielleicht hat Herr Brecker einfach Herrn Bergonzi unterstützen wollen, der ja vor seiner Fürsprache kaum größere Beachtung fand?"
    seit jerry bei brubeck eingestiegen war fand er recht grosse beachtung und anerkennung als saxophonist.
    seine situation als pädagoge ist so, dass er seitenlange wartelisten hat und einige nachwuchsgenies natürlich etwas pikiert waren, abgewiesen zu werden. gut,die schätzen ihn jetzt nicht mehr so.

    und weiter"Ich habe Michael Brecker leider nicht mehr persönlich kennenlernen dürfen, doch einige meiner Bekannten hatten das Vergnügen.
    Sie schilderten ihn als überaus sympathischen, netten und von Grund auf bescheidenen Menschen bar jeglicher Starallüren."
    das- auch wenn es nichts mit dem buch zu tun hat- trifft übrigens auch 100% auf jerry zu.
     
  17. Fred66

    Fred66 Schaut nur mal vorbei

  18. Rick

    Rick Experte

    Es ging konkret darum, warum Michael Brecker, einer der unzweifelhaft technisch und stilistisch am weitesten entwickelten Saxer der Welt, von Herrn Bergonzi behauptet hat, dieser sei "der Beste".
    Also nicht aus Coltranes Blickwinkel aus, sondern aus Herrn Breckers.

    Würdest Du umgekehrt behaupten, Herr Bergonzi sei Herrn Brecker in irgendeiner Hinsicht überlegen??

    Ich meine, geschmacklich kann man vielleicht den einen oder anderen vorziehen, da ist mir vielleicht sogar persönlich Herr Bergonzi mit seiner gelegentlichen liebenswerten Holprigkeit näher als der manchmal allzu aalglatt-perfektionistische Brecker, aber es ging ja um "Bestentum".

    Natürlich fand er unter Insidern Beachtung - aber eben keine GRÖSSERE.

    Kannst Du mir die letzten fünf Saxophonisten von Dave Brubeck nennen?
    Alles super Musiker, aber wer kennt sie bitte außerhalb der eingeweihten Kreise?

    Mittlerweile.
    Michael Brecker hat ihn seit Anfang der 90er angepriesen wie nix - da hätte es mich doch sehr gewundert, wenn diese Empfehlung nichts genützt hätte! ;-)


    Schönen Gruß,
    CC
     
  19. axelmario

    axelmario Ist fast schon zuhause hier

    da MUSS ich protestieren! :-x
     
  20. Rick

    Rick Experte

    Aber ich hab doch extra MANCHMAL geschrieben - es gibt nun mal Aufnahmen, da rattert er definitiv nur sein Zeug runter und es lebt kaum, andererseits konnte er auch hoch sensibel und expressiv spielen, keine Frage! :-o

    Doch ich seh' schon, ich mach' mich mit meinen Geschmacksäußerungen nur unbeliebt, trotz meiner vielen Einschränkungen. :-(

    Für mich ist JEDER Künstler nur ein Mensch, keiner hat ausschließlich gute Tage, auch von einem Parker gibt es uninspirierte Aufnahmen, Coltrane hat mich schon zu Tode gelangweilt und Rollins fürchterlich genervt - nichtsdestotrotz sind das alles fantastische Musiker, genau wie auch Brecker und Bergonzi. :p

    Ich mag die alle auch überhaupt nicht miteinander vergleichen, schließlich geht es bei Musik immer noch um KUNST und nicht um SPORT. ;-)

    Wenn sich jemand der von Herrn Brecker geäußerten Ansicht anschließen möchte, Herr Bergonzi sei von beiden der "bessere" Saxophonist, gar der "Beste" überhaupt - bitteschön.

    Ich sehe das nicht so, und zwar unter rein spieltechnischen Aspekten, da man beide künstlerisch kaum miteinander vergleichen kann:
    Herr Bergonzi hat für mich einen EHER holprigen Stil und riskiert auch mal weniger gelungene Passagen, während Brecker in der direkten Gegenüberstellung auf mich EHER den perfektionistischen Eindruck machte - von den BEIDEN, nicht absolut gesehen, grumpf!

    So, und wer ist jetzt nach Eurem Dafürhalten der "Beste"?
    Brecker, Bergonzi, ein ganz anderer oder gar keiner, weil man das nicht so pauschal beurteilen kann?


    Gespannt,
    CC
     
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