KI-Jazz v4

Dieses Thema im Forum "Eigene (musikrelevante) Themen" wurde erstellt von khhs, 28.November.2024.

  1. khhs

    khhs Nicht zu schüchtern zum Reden

    Vom KI-Musikerzeuger Suno (wurde hier im Forum ja schön diskutiert) gibt es eine neue Version 4. Ich habe selbst damit noch nichts gemacht, nur eben mal ein paar Demos aus dem Jazz-Bereich angehört. Es ist schon gespenstisch, welches Level das inzwischen hat, musikalisch und soundmäßig. Hier ein Beispiel:

    https://suno.com/song/3d3d52b4-c41a-4925-91b2-acd7aa9ea5bc

    Eigentlich funktioniert das ja auch nur, solange es menschliche Virtuosität (gut) simuliert. Die Wirkung bleibt also abhängig von der Idee und Existenz echter Musiker.
    Ein Trost: Ein Live-Konzert von Suno wird wohl niemanden so bald hinterm Ofen hervorlocken...
     
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  2. scenarnick

    scenarnick Administrator

    Das hat man bei den ersten MIDI-Musikern der 80er auch mal gedacht und daraus ist eine eigene Form entstanden.

    Aber bislang kann eine KI nichts erschaffen, was noch nicht da war, sondern nur wie ein fortgeschrittener Schüler Vorhandenes neu kombinieren. Ich bin mir sicher, dass es eine künstlerische Antwort geben wird (von Menschen erdacht), die auf der einen Seite die "Fähigkeiten" nutzt, auf der anderen Seite die Kunstform weiterentwickelt.

    Wie wurde damals der Phonograph verteufelt - heute ist Audio Aufzeichnung und die Auswertung der Aufzeichnungen (Transkription) auch und gerade bei uns Gang und Gäbe. Und es hat sich etwas Neues entwickelt - neue Formen, neue Stile (müssen nicht jedem gefallen und einige sind auch nur "kommerziell" ohne jetzt darüber diskutieren zu wollen ob das gut oder böse ist).

    Wenn wir mit Anytune oder Ähnlichem über einer Aufnahme brüten und ein Solo transkribieren (und danach reproduzieren) tun wir genau das, was eine Suno-artige KI tut. Es ist Bestandteil unseres Lernprozesses. Offen sein, weiter denken - das ist (noch) dem Menschen vorbehalten, also sollten wir das vorbehaltlos tun.
     
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  3. khhs

    khhs Nicht zu schüchtern zum Reden

    Weitgehend Zustimmung, aber selbst im Jazz besteht meiner Meinung nach 97,8 % der Musik (etablierter Profis) aus neu kombiniertem Vorhandenem. Wenn dann mal jemand wirklich etwas weitgehend neues erschafft, wird das oft nicht besonders goutiert (auch hier im Forum nicht). John Cage, Ornette Coleman, Derek Bailey, Strawinsky etc. pp. - die haben sich mit neu erschaffenem zunächst nicht besonders beliebt gemacht. Die "Leute" wollen ja im Allgemeinen gar nichts Neues hören...
     
  4. scenarnick

    scenarnick Administrator

    Volle Zustimmung. Natürlich liegt das auch zum guten Teil in unserer Sozialisation begründet. Ich spreche mich durchaus nicht frei davon. Einige "Neu-Schaffungen" des 20. Jahrhunderts gehen auch komplett an mir vorbei, während andere es tatsächlich geschafft haben, sich in meine Hörwelt einzufinden.

    Das ist aber nicht "neu", sondern in der Historie oft gesehen. Ich habe gerade den wunderbaren Film "Münter & Kandinsky" gesehen, der unter Anderem auch die fehlende Akzeptanz des Blauen Reiter (selbst ohne die Einstufung als "entartete Kunst") thematisiert. Man sollte nicht erwarten, dass "Neues" sofort akzeptiert wird.

    Und
    definitiv ja. Finde ich auch nicht verwerflich (und ich glaube, Du auch nicht)
     
  5. Rick

    Rick Experte

    Ach, ich weiß nicht.
    Mich erfreut immer etwas Originelles, Neues.
    Eher ärgere ich mich darüber, dass ich nicht auf die Ideen gekommen bin bzw. dass ich das nicht selbst eher umgesetzt habe, weil so etwas schon länger in meinem Kopf war.

    Früher habe viel mehr so Projekte gemacht, viele freilich erfolglos. Aber ich kann mir die Sachen heute anhören und mich darüber freuen, dass sie auch nach Jahrzehnten immer noch frisch und originell wirken. :cool:
     
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  6. bthebob

    bthebob Strebt nach Höherem

    Furchtbar, aber nicht aufzuhalten ....
    KI und die alle Entwicklungen in diese Richtung.

    Zur Effizienz-Steigerung im produzierenden, verwaltenden, pflegenden,
    und tausend anderen Bereichen .... von mir aus, ok.

    Aber im kreativ-künstlerischen Bereich, ..... Hilfe !
    Eine Katastrophe, die sich da anbahnt. !

    Mir bleibt da nur der Trost:

    Konsumieren von Kunst, egal welcher Art und egal, von wem geschaffen,
    ist für's -Menschsein- existenziell wichtig.

    Aber bedeutender für's eigene -Wohlbefinden- ist es,
    selbst "Luft in Schwingung zu versetzen" oder Leinwände mit Farbe zu bekleckern. ;)

    VG
     
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  7. JES

    JES Gehört zum Inventar

    Ist das so?
    M.W. verarbeitet ki Muster. Diese Muster müssen nicht aus der Musik kommen, können aber durchaus in Musik umgewandelt werden. Damit wäre es durchaus möglich neue Stile zu erschaffen. Ob die dann dem Menschen gefallen ist ein anderes Thema.
    Oder, ein realer Musiker kann nur Stilelemente übernehmen, die er kennt. Er ist aber begrenzt in der Menge und dem Verständnis dessen, was er hören bzw verstehen kann. Jetzt kommt ki und durchforstet quasi alle überhaupt bekannten musikstile. Daraus ergeben sich neue, quasi unendliche neue Möglichkeiten.... Gleiches gilt für Klänge....
     
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  8. quax

    quax Gehört zum Inventar

    Wobei das nach meinem Verständnis bedeutet: Vor allem billiger.
    Wobei, es soll ja Überlegungen von Anbietern geben, dafür extra Kraftwerke anzuschaffen. Ob es für uns global also billiger wird?
    Mir ist noch nicht klar, was wir mit den Leuten , auch Künstlern, machen, wenn die KI die Jobs übernimmt.
     
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  9. visir

    visir Gehört zum Inventar

    Hab mal in einem entsprechenden Radiobeitrag gehört (und so klingt es fast banal): damit etwas gefällt braucht es das richtige Verhältnis zwischen "vertraut" und "neu". Immer dasselbe (Modern Talking...) gefällt nicht, und völlig neues/ unbekanntes eben in der Regel auch nicht - bestenfalls finden wir es "interessant". Wobei das nötige Maß an Neuem individuell sehr verschieden ist - bei Modern Talking wurde das sechste Lied nach demselben Muster ja auch noch ein Hit.

    Aber nachdem das einzelne Individuum ja bei weitem nie alles schon gehört hat, gibt es auch im Vorhandenen noch genug Kombinationsmöglichkeiten, damit man subjektiv "neues" hören kann.

    Im Wesentlichen bestätigst Du @scenarnick s Aussage - KI rekombiniert Vorhandenes. Auch das, was ein Schüler rekombiniert, muss nicht alleine aus der Musik kommen, und es gibt ja immer wieder Menschen, die stilistisch neue Wege gehen. KI macht das meinetwegen effizienter, aber auch nur ein Produkt nach dem anderen.
     
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  10. bthebob

    bthebob Strebt nach Höherem

    Ja schon.
    Nur, sie durchforstet "rein mechanisch" ..... ohne "Seele"

    Die schaffende "Seele" eines kreativen Menschen
    ist des -Pudels Kern- bei der ganzen Angelegenheit.

    Mit ein wenig Glück und günstigen Umständen entsteht dabei das,
    was langläufig als Kunst bezeichnet wird.

    Den Machern ist in der Regel egal, wie man's nennt.

    Ihr Antrieb ist meist "individuelle Verrücktheit".

    Dazu ein Großteil Unzufriedenheit mit dem, was ist.
    Allgemeine Unzufriedenheit mit vielem .... mit persönlichem, gesellschaftlichem, stilistischem usw.

    Manchmal (eher selten) entsteht dabei Neues, bis dato Ungesehenes / Ungehörtes.

    Aber Vorhandenes -würfeln- und sehen, was dabei an Neuem rauskommt .... ?

    VG
     
  11. bthebob

    bthebob Strebt nach Höherem

    Zu diesem spannenden Thema eine Buchempfehlung:

    Martin Schleske
    "Der Klang"

    Kösel-Verlag 2010

    Martin Schleske, .... Zeitgenosse und einer der gefragtesten Geigenbauer.

    Für seine Überlegungen zu -gefällt / gefällt nicht- hat er u.a.
    mittelalterliche Architektur-Pläne für Kirchenbauten herangezogen.

    Sehr interessant !

    VG
     
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  12. ppue

    ppue Moderator Experte

    Die Seele ist für mich ein unpassender Ausdruck, der auch bei der Beurteilung von Selmer-Saxophonen bisher keine großen Erkenntnisse beitragen konnte.

    Der Kern (die Seele) scheint mir schon zu sein, Altbekanntes mit Neuem zu verknüpfen.

    Zu wenig beleuchtet dabei ist aber meines Erachtens das Machen von "Fehlern". Wenn man bedenkt, wie wir laufen lernen, wird man bemerken, dass der Lernprozess zu 99% aus Fehlern und den Versuchen, diese zu vermeiden, entsteht.

    Der KI traue ich alles zu, es ist nur eine Frage der Zeit und der kreativen Programmierung bzw. des kreativen Anlernens. Was ich bisher höre und sehe, zeigt die KI mir fast ausschließlich geschönte Bilder ohne Ecken und Kanten und das Jazzstück oben folgt der gleichen Devise, nämlich möglichst keine Fehler zu machen, nicht anzuecken, nicht zu rauschen oder gar zu zerstören. Ohne destruktive Prozesse gibt es keine Kunst, genau so, wie es auch keine unpolitische Kunst gibt, zumindest im Sinne einer Auseinandersetzung mit der Rolle der Kunst in unserer Gesellschaft.

    Das Sax oben spielt hübsche Bebop-Phrasen, kann aber nicht (übrigens wie auch der eine oder andere Künstler) die Rolle der schwarzen Musiker in den 40er Jahren reflektieren.
     
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  13. reiko

    reiko Strebt nach Höherem

    Ja die liebe KI. Man spricht von ihr seit Ende der 60er Jahre und sie führte mangels Rechenleistung, Speicherplatz und riesiger Datenmengen, lange ein Schattendasein, aus dem sie nun, da die technischen Hindernisse ausgeräumt sind, mit Furore heraustritt und uns überraschen will. Ist das nun das Ende menschengemachter Kultur?

    Na ja! Schachgroßmeister hat die KI schon vor mehr als 20 Jahren schlagen können. Gibt es deshalb keine Schachspiieler mehr?

    Obwohl die Menschheit mit großen Anstrengungen immerzu versucht, sich selbst zu vernichten, macht mir die KI in Bezug zur Kultur wenig Sorgen. Im Gegenteil, es könnte sogar sein, dass sie das Bedürfnis für Lifedarbietungen, angesichts der allgegenwärtigen glattgebügelten künstlichen Kulisse, erhöht.
    Wir haben über 100 Jahre künstliches Theater (Kino) und künstliche Musik (Tontträger). Sind Theater und Konzertsäale deshalb Geschichte?

    Eine andere Sache ist die, wie wir mit Kunst umgehen. Warum muss etwas immer neu, nie dagewesen, bahnbrechend ... sein? Neu ist, wie oben schon bemerkt, ohnehin eher relativ zu verstehen. Was mich stört, ist dass wir das Leistungsdenken höher, größer, weiter, schneller,... unserer Gesellschaft auf alle Bereiche übertragen. Das tut uns nicht gut! Ich habe mit der Musik wieder angefangen, weil ich aus dieser Leistungsorientierung heraus wollte. Es hat mir gut getan, mich entspannt und mir viele neue, nette Menschen näher gebracht. Auch wenn Wettbewerb unser goldenes Kalb ist, Bereiche in denen er weitgehend aussen vor ist, sollten wir uns schaffen und erhalten.

    Was das eingangs verlinkte Stück betrifft: Mein erster Gedanke war, dass hier ein fleißiger Musikstudent aus gutem Hause eine saubere schnörkellose Bebop Nummer abliefert.
     
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  14. slowjoe

    slowjoe Strebt nach Höherem

    Das ist eine Frage der Vorgaben. Auch eine KI arbeitet nicht ins Blaue hinein...


    SlowJoe
     
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  15. JES

    JES Gehört zum Inventar

    Zum einen sind die Stile, die ein Mensch aus seinem Umfeld begrenzt. Bei KI nicht.
    Zum anderen kann ich ki auch "invertieren", so nach dem Motto, probier alle Möglichkeiten und wirf raus, was schon bekannt ist. Nimm das, was übrig bleibt.
    Sooo kreativ ist der Mensch in seinem Schaffen auch nicht. Letztlich kombiniert er auch nur... Ich denke bei KI kommt es sehr auf die Definitionen von Aufgaben und Rahmenbedingungen an, ob und wie weit da ein "kreativer Aspekt" entsteht.
     
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  16. giuseppe

    giuseppe Strebt nach Höherem

    Ich hab grad zum ersten Mal Suno besucht und mich durch kurz das Explore-Rad gezappt - finde da vieles nicht so übel, zum Teil überraschend gut. Allein bei den Stil-Namen habe ich was gelernt! ;)

    Heut abend vielleicht ein bisschen “bubblegum dance chanson”, “hypnagogic garage”, “hindi southern rock” oder doch etwas “barbershop balkan brass band”?
     
    Zuletzt bearbeitet: 29.November.2024
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  17. visir

    visir Gehört zum Inventar

    Eine KI ist auch begrenzt - durch das Material, mit dem sie angelernt wurde. Wie war das mit der Darstellung von Händen?
    Und ein Mensch kann seine Grenzen der Erfahrung immer wieder erweitern. So wie einer KI immer neues Material zum Anlernen gegeben wird. Da sehe ich kategorisch nicht viel Unterschied - freilich: Menge, Geschwindigkeit... Stromverbrauch o_O

    Warum sollte ein Mensch das nicht können? Muss ein Profi sogar, um Plagiate zu vermeiden...

    So unkreative wie ich tun das. Die Kreativität von Menschen ist aber sehr verschieden. Vielleicht erlebst Du Dich auch unkreativ, aber man sollte nicht von sich selbst auf andere schließen. Ich habe schon viel, nicht nur Musik, genossen, wo ich mir gedacht habe "auf sowas muss man erst einmal kommen!" Muss nicht einmal auf deren Mist gewachsen sein, von denen ich es kenne, dann halt auf dem Mist von wem anderen - irgendwem ist es aber eingefallen.

    KI ist per se nicht kreativ, sondern rekombiniert. Die Aufgabenstellung kann eine kreative Idee eines Menschen sein.
     
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  18. JES

    JES Gehört zum Inventar

    Zum einen, wie du ja erkennst, sind seine Kapazitäten begrenzt. Zum anderen steht ihm bspw sein persönlicher Geschmack im Weg. Ki ist werteneutral

    Der Mensch ist m.E. auch nur begrenzt kreativ. Letztlich unterliegt seine Umwelt Regeln, der Physik, der Chemie, Mathematik etc.. Aber auch eine ki kann jetzt mal spielen, was wäre, wenn sich einstein mit e=mc^2 irrt.
     
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  19. scenarnick

    scenarnick Administrator

    KI ist höchst beeinflusst durch die Menge an Lehrmaterial. Stichwort KI-Bias. Schau mal hier: https://www.ibm.com/de-de/topics/ai-bias als ein Beispiel. Diskussionen über das Thema gibt es zuhauf.
     
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  20. JES

    JES Gehört zum Inventar

    Ja, aber das meinte ich jetzt nicht.
    Eher, KI macht etwas, bspw ein Musikstück. Jetzt nehmen wir deinen Punkt raus, also unendlicher Zugriff auf alles, was je irgendwie, irgendwann, irgendwo komponiert wurde.
    Schon die Formulierung der Aufgabenstellung durch den Mensch behindert die KI. Aber spätestens, wenn dann eine "Komposition" vorliegt, bei der jeder Mensch Brechreiz bekommt, legt der Mensch einen Maßstab an, was sein darf und was nicht. Oder es ist für einen Menschen nicht spielbar (bspw 15 Töne gleichzeitig auf dem klavier, oder 1/16-Läufe bei 1/8=200). Trotzdem wäre es eine legale Lösung.
     
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