Pentatonik - Fluch oder Segen?

Dieses Thema im Forum "Improvisation - Harmonielehre" wurde erstellt von ppue, 25.Juni.2012.

  1. ppue

    ppue Experte

    Es ist wohl fast schon Usus geworden, dass man als Einstieg in die Welt der Improvisation pentatonische Leitern lernt und spielt. Verschieden aufgebaut funktionieren sie in Dur und in Moll und über weite Strecken kommt man mit ihnen aus, ohne in harmonische Konflikte zu geraten.

    Von daher versprechen sie ein schnelles Erfolgserlebnis und helfen dabei, sich mit eigenen Improvisationen recht bald sogar vor ein geneigtes Publikum zu begeben.

    Ich befürchte aber, dass hier eine Methode angewandt wird, die der Musik nicht entspricht. Würde ich Irish Folk spielen, dann gehörte die Pentatonik zur Grundausstattung. Im Blues könnte man noch eine Affinität von Bluenotes und Mollpentatonik herstellen. Der Jazz hat seine Ursprünge sicher auch dort, dennoch baut er zu großen Teilen auf die Tradition der abendländischen Musik auf.

    All die Standarts, die noch aus den Zeiten der Tin Pan Alley anfangs des 20. Jahrhunderts stammen, sind Kompositionen, die traditionell auf siebenstufigen Tonleitern basieren.

    Die Übungsmethode wird der Musik nicht gerecht. Das wäre nicht schlimm, wenn man sich mehr und mehr dem diatonischen Material nähern würde. Ich befürchte aber, dass die Methode, mit der ich lerne, auf mein späteres Spiel abfärbt. Die künstlerische Entwicklung eines Jeden ist ein höchst persönlicher Vorgang und genau dieser wird hier glatt gekämmt und didaktisch vorbestimmt. Das hört man am Ergebnis.

    Es wäre so, als wenn alle angehenden Maler erst einmal eine Grundausbildung in Rot und Blau erhielten, um später noch die Farben Grün und Gelb hinzuzunehmen.

    Es kommt mir vor wie Malen nach Zahlen: 'schau, das geht immer, da kannst du nichts falsch machen'. Improvisieren heißt aber doch was ganz anderes: zu wissen, wie ein Ton zum harmonischen Zusammenklang passt. Die individuelle Vorliebe bestimmter Intervalle und Melodielinien machen den eigen Stil aus.
    Diese Ich-Findung wird hier mittels Pädagogik unterbunden. Diese Ich-Findung fängt ganz am Anfang an. Mit den ersten Tönen auf einem Instrument, mit der Wahl der Stücke, die man spielen will und den ersten improvisierten Tönen.

    Das Kennenlernen und Entwickeln des eigenen Geschmacks sowie Umgehen mit der dazu gehörenden Technik wird beim Lernen mit der pentatonischen Methode leider wenig gefördert.

    Eine fröhliche und faire Diskussion wünsche ich,

    pue







     
  2. chrisdos

    chrisdos Strebt nach Höherem

    Sicher wäre auch richtig zu fragen:

    Arpeggios - Fluch oder Segen?

    Kirchentonleitern - Fluch oder Segen?

    Bluestonleiter - Fluch oder Segen?

    Achttonleiter - Fluch oder Segen?


    Ob die Pentatonik eine dominierende Rolle im Improvisationsunterricht einnimmt, weiß ich nicht.

    Ob sie eine persönliche Weiterentwicklung beeinträchtigt, kann ich nicht beurteilen.

    Sie ist ein Element von vielen.

    Alternative???

    Die Chromatik und der Verzicht auf "Lehren". :)
     
  3. SweetSugarBaby

    SweetSugarBaby Kann einfach nicht wegbleiben

    Hallo!

    Mhh, ist das Provokation!? Aber, wo gibt es einen wirklichen Widerspruch?

    Ja, darum geht es doch und dafür ist die Pentatonik wunderbar, vor allem bei Erwachsenen, um ihnen etwas Überschaubares an die Hand zu geben und die Scheu vorm Improvisieren zu nehmen.


    Solche Übungen werden in der Kunst und im Kunstunterricht praktiziert.


    Daher sollte man meiner Meinung nach nicht dabei bleiben, sondern die Pentatonik als einen (Ausgangs-)Weg von vielen sehen, von dem man sich weiter entwickeln kann, abweichen darf und auch je nach Ambition muss. In meinen Ohren sind viele Jazzimprovisation artistische Skalenübungen; bewundernswert, aber irgendwie herzlos.


    Aus obigen Grund sehe ich auch (noch?) keinen Widerspruch. Irgendwie muss man ja einsteigen und da ist die Pentatonik nunmal klasse! Kinder sind übrigens leichter für spontane, freie Improvisationen zu gewinnen, sogar für atonale. Die sind auch in ihrer musikalischen Sozialisation noch nicht so versaut.

    Jürgen
     
  4. 47tmb

    47tmb Gehört zum Inventar

    Sollte man dies alles nicht einfach mehr als Übung denn als Lehre betrachten?

    Was übe ich denn mit ner Pentatonik? Den Klang und die Wirkung bestimmter Intervalle, die "Funktion" bestimmter Töne in einem harmonischen Zusammenhang.
    (Wobei Harmonielehre ja auch wieder eine Lehre ist :) )

    Es gibt in Hannover einen Workshop "Improvisieren mit wenigen Tönen". (Rot und Blau?)
    Was lehrt(?)/übt(!) der? Rhytmische Variationen? Wirkung von Pausen? Bestimmt nicht die bunte Vielfalt des Klang- und Reibungsspektrums einer auch "outside"-Impro.

    Es ist doch alles Handwerkszeug, dass ich zunehmend intuitiv (ich betone: ohne nachzudenken!) einsetzen (können sollte)

    Beim Sprachelernen (es bietet sich einfach an)lerne ich auch einzelne Worte und dann Phrasen und den sprachtypischen Satzbau.
    Mit zunehmender Übung und Aufbau eines eigenen Wortschatzes reichere ich dies Phrasen und immer mehr mit eigenen Stilelementen an, oder?
    Und zwar "einfach so", wie es mir in den Kopf kommt.

    Cheerio
    tmb
     
  5. 47tmb

    47tmb Gehört zum Inventar

    Große Zustimmung!
     
  6. ppue

    ppue Experte

    Ja, dem stimme ich auch zu und die Pentatonik ist der Anfang der Herzlosigkeit.

    Das Beispiel mit dem Sprachen lernen ist gut. Auch hier nimmt man besser die gesamte Sprache. Man lernt eine Sprache in den meisten Fällen nicht dadurch, dass man erst einmal Vokabeln lernt. Man lernt sie am Schnellsten und Besten, wenn man in das Land fährt und versucht, zu sprechen und zu verstehen.
    Bei der Sprache ist es nicht wichtig, einen eigenen Stil zu entwickeln, deshalb geht es auch mit Vokabeln pauken, obwohl die Methode heutzutage umstritten ist.
    Wollte man einen Sprachstil entwickeln, so ginge das, wie in der Musik auch, nur gesamtheitlich, indem man nachäfft. Und zwar das, was man gerade schafft und einem gefällt.

    Wenn man Skalen nachäfft - das Ganze gilt ja nicht nur für Pentatonik - gewöhnt man sich von vorn herein an totes Material. Man lernt auch keine Bluenotes, indem man versucht, nach Stimmgerät die große Terz 25 Cent tiefer zu spielen. Das alles sind äußerst komplexe Vorgänge. Eine blaue Note lernt man, indem man vielleicht die Tongestaltung eines verehrten Idols versucht, nachzuahmen.

    Klauen ist hier angesagt, denn beim Klauen und Kopieren sucht man sich intuitiv die Richtung aus, in die der eigene Stil mal gehen wird.

    Mit der Pentatonik benutzt man eine materielle Vorsortierung, die nicht nur tot, sondern auch untypisch für den Musikstil ist.

    Warum zwei Töne weg lassen? Es gibt eine horizontale, melodiöse Art und eine vertikale, eher auf Akkordtönen basierende Art zu improvisieren. Mit der Pentatonik macht es den Eindruck, man könne von beidem ein wenig (Terzen und Ganztonschritte), aber was soll es üben? Es ist ein Spielen unter Auslassung jeglichen Leittons. Die sind aber nun mal das A und O der ganzen Musik.
     
  7. the_ashbird

    the_ashbird Ist fast schon zuhause hier

    Hallo zusammen!

    Interessante Diskussion!

    Ich steh den pentatonischen Tonleitern auch äußerst gespalten gegenüber...

    Ich fall' genau in das "Schema" das ppue anspricht. Die Pentatonik erwies sich als wunderbares Material, um über einfach strukturierte Nummern "drüber zu heizen" ohne großartig nachzudenken. Man probiert rum, findet Tonfolgen die gefallen, entdeckt gewisse "Linienführungen" die einem gefallen, kriegt ein gewisses Gefühl für Intervalle ( - wenn auch ziemlich beschränkt - ), etc. pp.

    ABER: es schränkt ein und hält einem von grundlegenden Übungen ab, die mE weit schwieriger sind...man "drückt" sich davon, da man ja irgendwie schon drüber kommt.

    Das Problem ist, irgendwann will man eben auch mal ne Nummer abseits von I-, ii-, IV- und V-Stufe zu spielen. Und dann wird's mit der Improvisation recht schwierig. Mir ist jedenfalls erst dann wirklich aufgefallen, dass ein Übungsansatz hinsichtlich "Akkorde, Funktionen, Intervalle, Skalen, etc." vielleicht wesentlich schneller zum eigentlichen Ziel geführt hätte als "spiel die 5 Töne (und die ein oder andere Blue-Note) und hau' dich drüber ohne groß zu denken".

    Ich merk eben erst jetzt, dass eine harmoniebezogene Melodieführung für mich die wohl schwierigste Aufgabe darstellt.

    Klar, mit Pentatoniken hab ich viele andere - bestimmt nicht weniger wichtige - Aspekte einer Improvisation gelernt und geübt: Rhythmus, Pausen, Ausdruck, Stilmittel, etc.

    Dennoch muss ich ppue zustimmen, dass eine Lernmethode sehr prägen kann. Spielt man zwei Jahre nur pentatonische Linien brennen sich diese eben in Hirn und Finger ein - und noch schlimmer - es entwickelt sich eine gewisse "Hörerwartung".
    Sich dies wieder abzugewöhnen ist alles andere als einfach...

    Ich wäre auf alle Fälle an ppue's Online-Kurs interessiert und hoffe, dass dies klappt. :)

    LG Phi
     
  8. saxhornet

    saxhornet Experte

    Es ist gar nicht leicht mit einem Schüler an dem Thema Improvisation zu arbeiten. Es stellt sich schnell die Frage, wie gut ist er in der Theorie, kennt er die notwendigen Akkorde und Skalen? Kann er diese benutzen und damit Melodien bilden?
    Bei einem blutigen Anfänger, der eventuell auch nur wenig Zeit zum Üben hat ist es sinnlos mit der Improvisation mit Akkordtönen über eine II V I anzufangen. Da ist er vollkommen überfordert.
    Gerade in Verbindung mit dem Blues kann aber die Pentatonik und Bluesskala relativ schnell zu Ergebnissen führen und es kann ein guter Einstieg mit Erfolgserlebnissen sein. Gerade jüngere Schüler freuen sich auch mal ein paar funky Blueslicks spielen zu können.
    Ich muss bei jedem Schüler schauen wo er gerade ist, was kann er, was will er lernen und wieviel Zeit ist er dafür bereit reinzustecken. Wer Be Bop lernen will aber kaum übt kann sich von dem Gedanken verabschieden da jemals eine halbwegs vernünftige Improvisation hinzubekommen. Der Vorteil von der Pentatonik ist, daß sich leicht ordentlich klingende Melodien bilden lassen, das ist mit einer anderen Tonleiter am Anfang gleich viel schwieriger.
    Übrigends wurde Pentatonik auch gerne bei einigen Tin Pan Alley Songs, sowohl bei den Melodien als auch den Soli benutzt.
    Allerdings ist es viel schwieriger später in einem komplexen Jazzsong (mit vielen Harmoniewechseln)nur mit Pentatonik zu arbeiten und das gut klingen zu lassen.
    Andererseits ist das Erlernen vom Inside-Outside-Spiel durch Pentatonik deutlich einfacher. In moderneren Jazztiteln wird immer wieder gerne Pentatonik benutzt (es gibt mehr als nur die Dur- und Mollpentatonik).
    Wer Pentatonik ablehnt kennt die Vorzüge und Möglichkeiten nicht. Allerdings ist es wie mit allem, wenn etwas ausschliesslich benutzt wird kann es schnell langweilig werden, deswegen ist das Erlernen von Akkorden, weiteren Skalen und natürlich der allgemeinen Melodiebildung wichtig. Da dies aber nie alles gleichzeitig geht, eins nach dem anderen. Den Kram mit der Ich-Findung und Improvisation finde ich dann doch etwas übertrieben. Improvisieren heisst auch nicht zu wissen wie ein Ton zum harmonischen Zusammenklang passt sondern das "spontane" sich ausdenken von Tonfolgen (Melodien) durch einen "Musiker". Es kann allerdings hilfreich sein vorab eine Vorstellung davon zu haben ob die Töne mehr oder weniger zum Harmonischen Kontext passen werden.
     
  9. saxhornet

    saxhornet Experte

    Das ist doch Blödsinn. Kein Berufsmusiker wird so denken. Es ist lediglich ein Tonmaterial (wie eine Klangfarbe), welches man benutzen kann. Was man damit macht und wie gut und geschickt man es einsetzt hängt vom Einzelnen ab. Das wäre als wenn man sagt die Farbe grün ist herzlos und sollte man meiden.

    Auch Musik mit ihren vielen unterschiedlichen Stile ist eine Sprache mit eigenen Vokabeln und Regeln und Gesetzmässigkeiten. Jeder Stil ist wieder eine Art von Sprache für sich.Je mehr Wege man benutzt um diese zu lernen um so eher lässt sie sich lernen.


    Was soll denn bitte Skalen nachäffen sein? Bluenotes kann man nicht mit nem Tuner lernen aber dafür muss man auch niemanden kopieren, das lässt sich im Unterricht durchaus erklären, so daß ein Schüler es dann auch nutzen kann. Kopieren zum Lernen ist aber eine gute Idee, schon Clark Terry sagte: Imitate, Integrate, Innovate.

    :roll: Sorry sowas ist einfach so komplett an der Realität vorbei. Alle Skalen sind eine Art der Vorsortierung von Tönen. Wenn Du nicht in der Lage bist mit 5 Tönen Melodien zu bilden wird das auch nicht besser mit 7 Tönen. Man findet Pentatonik auf der ganzen Welt in den unterschiedlichsten Musikstilen und das nicht erst seit diesem Jahrhundert. Ich will hier nicht mit musikgeschichtlichen Vorträgen anfangen aber als Musiker fass ich mir bei sowas echt an den Kopf. Du musst Pentatonik weder nutzen noch mögen. Sie hat Ihre Enstehung und Ihren Nutzen auch wenn dieser sich Dir vielleicht noch nicht erschliesst. Wenn Du Pentatonik nicht magst nutz sie nicht aber glaube mir es gibt so viele Anwendungen wo es sinnvoll ist und Dir so viele Möglichkeiten gibt dass es gut ist, gelernt zu haben sie nutzen zu können.
     
  10. 47tmb

    47tmb Gehört zum Inventar

    Aber ist "klauen" nicht auch ein "nachäffen" eben dieser "Skalen"?


    Ich finde den Ansatz "Improvisation singen" für sehr hilfreich. Ich behaupte mal, dass die meisten sich dabei keinerlei Gedanken um den musiktheoretischen Hintergrund ihres singens machen, oder?

    Beim Umsetzen des frei(!) Gesungenen ist dann das Wissen über Skalen und so fort womöglich hilfreich.

    Cheerio
    tmb
     
  11. Juju

    Juju Strebt nach Höherem

    Ich kann mit dem ganzen Skalenkram in Bezug auf Stücke nichts anfangen, jeder Lehrer hat sich bislang bei mir die Zähne daran ausgebissen. Ich höre mir die Stücke solange an, bis ich weiß, was dazu passt, und dann spiele ich so, wie ich das höre. Dave sagt dann oft zu mir, oh, das klang gerade gut, das war soundso über xy, und ich starre ihn nur an und habe keine Ahnung, wovon er redet. Dave wundert sich dann immer, wie ich, ohne einen Plan zu haben, doch relativ weit gekommen bin. Erst in letzter Zeit versuche ich nun doch einen Vorstoß in Richtung Changes lesen, weil es mich nervt, dass ich nicht über Stücke spielen kann, die ich noch nie gehört habe :-(
    LG Juju
     
  12. lee

    lee Ist fast schon zuhause hier

    ich wette, ihr versteht den guten ppue falsch, wenn hier immer wieder anklingt: pentatonik versus siebenton skalen w..chsen.
    der hat was anderes im sinn-denke ich.
     
  13. ppue

    ppue Experte

    Singen ist eh das Beste. Hast du eine Vorstellung von einer Linie und kannst sie nachspielen, hast du eh gewonnen.

    Saxhornet, ich habe nichts gegen pentatonische Leitern und ich gebrauche sie selbst gerne.

    Ich habe etwas dagegen, sie in so vielen Improvisationen von Anfängern und Fortgeschrittenen als einziges Element heraus zu hören.
    Da stellt sich mir die Frage, ob da improvisieren gelernt oder ein Passpartout angewendet wird, der einer individuellen Linienführung wenig Raum lässt.
     
  14. edosaxt

    edosaxt Strebt nach Höherem

    Hmmmmmmmmmm........

    Gelegentlich könnte ich den ppue ja knutschen, meist nach seinen Auftritten, aber auch mal nach Posts.

    Ja ja ja, genau das isses!
    Ich improvisier mir nen wolf mit pentatonikae ( richtiger Plural???), schieb mal gaaaaanz bewusst ne bluesskala oder weiß der Geier wie diese Skalen alle heissen ein, die mir mein Lehrer erklärt, vorkaut, mich üben lässt vor und zurück....

    Und es hört sich so beliebig an...
    Da ist nicht der wahre Edo, sondern lediglich ein Edo, der denkt jetzt a, Hmmmmm alles nur kein #f, Jetzt wieder rüber zu a usw.
    Behindert ungemein
    Natürlich muss ich das ganze noch so locker 10jahre internalisieren, aber komm ich so wirklich von nem intellektualisiertem vorgehen in ein intuitives, da hege ich gewisse Zweifel
    Seit dem ich mich mit solchem Kram beschäftige, ist mein fröhlicher dilletantismus gewichen und erscheint nur noch, nach dem Genuss diverser kaltgetränke.
    Schade eigentlich!

    Lg
    Edo
     
  15. flar

    flar Guest

    Moin, moin zusammen
    ich finde die Pentatonik sehr sinnvoll und auch als guten Einstieg, wenn sie sinnvoll gelehrt wird! Die Töne einer Dur Pentatonik einem Schüler vor zustellen und sie ihn lernen zu lassen mit dem Hinweis die paßt zu dem Akkord finde ich falsch. Wenn man einem Schüler den Akkord vorgibt und ihn nach und nach die Töne der Pentatonik dazu spielen läßt, mit der Erklärung welche Funktion sie im Akkord haben ist das meines Erachtens ein sehr guter Einstieg in die Improvisation. Dazu könnte meiner Meinung nach auch gehören das der Schüler probiert zu beschreiben wie er das Verhältnis eines Tones zum Akkord empfindet. Auf dies Weise verhindert man stumpfes rumgedudel der richtigen Töne zum richtigen Akkord und erleichtert auch den Einstieg in Tonleitern mit mehr Reibungstönen. Ob das bei jedem Schüler Sinn macht ist zu bezweifeln, wer schnell mit etwas glänzen will wird diesen Weg wahrscheinlich als zu lang empfinden.

    Viele Grüße Flar
     
  16. the_ashbird

    the_ashbird Ist fast schon zuhause hier

    Hallo zusammen!

    Wenn man es so angeht und die Funktion eines gespielten Tones über einen Akkord "analysiert" landet man aber letztendlich bei ppues Ansatz!

    Wenn einem vermittelt wird, dass man mit einer Pentatonik über ein blues-ähnliches Schema bestehend aus Tonika, Subdominante und Dominante improvisieren kann und die einzelnen Töne der Pentatonik im Bezug zu den 3 Akkorden setzt landet man letztendlich bei den unterschiedlichsten Stufen.

    z.B. G-Pentatonik über ein Akkord-Schema bestehend aus G, C und D. (Septen und Extensions mal außen vor...)

    G-Pentatonik gleich G, A, B(H), D, E.

    Jetzt spielt man die einzelnen Töne über einen G-Akkord und analysiert deren Funktion. Grundton, Terz, Quinte...sehr schön. None und Sext...super. Lässt sich was damit anfangen.

    Jetzt die selbe Skala über C. Ok, die Terz ist drin, die Quinte auch. Grundton fehlt, spielt aber eh die Rhythm-Section. A = Sext hatten wir im G-Akkord auch schon, D = None dito. B(H) die große Sept - super wenns ein Major-Akkord ist, ansonsten eben schnell auflösen.

    Anschließend G-Pentatonik über D. Grundton und Quint sind vorhanden, dooferweise fehlt die Terz, die ja nicht ganz unbedeutend ist. Die None und die Sext sind auch wieder mit vom Spiel, doch auf einmal ist das G die Quart.

    Spätestens hier stellt sich doch die Frage, warum sollte ich über die Tonika die Sept nicht integrieren, warum die Quarte nur über die Dominante? Gäbe der Grundton über die Subdominante nicht auch Sinn und sollte ich ausgerechnet bei der Dominante die Terz nicht mit einbauen?


    Auch wenn die Pentatonik eine nette Möglichkeit ist, um erste Schritte in Richtung Improvisation zu wagen, bereue ich heute schon ein bisschen, dass ich das Ganze von nicht von Anfang an etwas anders betrachtet hätte. Ich war eben auch geblendet davon, dass man mit ner simplen Bluestonleiter super-coole und "jazzige" Linien über einfache Akkorschemen spielen kann.

    LG Phi
     
  17. reiko

    reiko Strebt nach Höherem

    Also vom Musik unterrichten habe ich keine Ahnung und will da auch nicht mitreden was Fluch oder Segen ist. Mir fällt nur auf, dass das Stück, bei dem sich diese Diskussion entzündet hat bis auf wenige Ausnahmen voll in der Fm Pentatonik steht. Also ist der Work song so bekannt geworden weil sein Komponist fantasielos pentatonisch komponiert hat?
    Grübelnde Grüße Reiner
     
  18. flar

    flar Guest

    the_ashbird schrieb
    Moin, Du sagst es, spätestens wenn ein Schüler sich die Pentatonik erarbeitet hat und diese Frage, bzw. Fragen, stellt wäre meiner Meinung nach der Monemt gekommen die Pentatonik ruhen zu lassen und weiter zugehen und die entsprechenden Töne in die Improvisationsübungen ein zubauen. Sollte nicht danach gefragt werden sollte man den Schüler darauf aufmerksam machen und dann weiter gehen.
    Ich habe eben bewußt die Pentatonik ruhen lassen geschrieben weil man da mit ja noch mehr anstellen kann ( inside/outside usw.) und wie Reiko sehr richtig anmerkte, es lassen sich damit wunderbare Themen erstellen mit einem sehr hohen Wiedererkennungswert.

    Viele Grüße Flar
     
  19. ppue

    ppue Experte

    Da hast du Recht. Der Hard Bop bezieht sich stark auf den Rhythm'n Blues, der sich dem Namen nach nahe am Blues befindet. Es war also eine Tendenz zu den schwarzen Wurzeln und weg von den komplizierten Harmonien des Bebop.

    Dennoch greift die Pentatonik nicht. Eher greift eine Bluestonleiter, nicht unähnlich der Mollpentatonik. Aber auch Bluestonleitern sind nachträglich analysierte und in das Lehrmaterial integrierte Erklärungsmodelle. Auch diese sind erstarrt und ein wenig herzlos.
    Das Problem der didaktischen Aufbereitung gewachsener Strukturen gibt es nicht erst seit heute.





     
  20. Gast

    Gast Guest

    Ich möchte mich als jemand äußern, der erst mit knapp 60 angefangen hat, ein Instrument zu erlernen.

    Für mich ist der Vergleich mit dem Erlernen einer Fremdsprache sehr treffend. Für einen älteren Erwachsenen ist das ein langer Weg.

    Und ganz wichtig, sind die Ziele, die man mit dem Erlernen der "Fremdsprache" verbindet: will man im Ausland im Restaurant die Speisekarte so in etwa verstehen und ein Gericht bestellen können? Will man im Supermarkt einkaufen können? Möchte man im Tante-Emma-Laden kaufen können? Möchte man nach dem Weg fragen können? Möchte man Grundkenntnisse der Konversation erwerben? In der Fremdsprache sich mit unterschiedlichen Leuten unterhalten: an der Tankstelle, mit dem Polizisten, an der Rezeption im Hotel, mit zufällig Anwesenden am Frühstückstisch, mit Menschen über die politische Entwicklung in Europa......

    Ziele können leicht erreichbar sein. Für manches genügen Grundkenntnisse der Grammatik und relativ wenige Vokabeln. Und man kann damit sogar zufrieden sein. Andere Ziele sind nur mit großem Aufwand erreichbar, weil man z.B. Zeitenfolgen, Konjunktiv und Futur II neben vielen Vokabeln benötigt.

    Und vielleicht begnügt man sich damit, "durchzukommen"; vielleicht reicht einem das irgendwann nicht mehr und man steckt die Ziele etwas höher.

    Ich bin noch in dem Zustand, mit weniger als der Pentatonik auskommen zu müssen. Einen Akkordwechsel im Blues z.B. zu hören ist nicht so schwer, diesen Change in Improvisation umzusetzen mit Phrasiering, Artikulation, dem Song angemessen, das ist für mich noch sehr schwer.

    Ich bin weit davon entfernt, ein "Nativ-Speaker" zu sein, ich muss mich mit viel weniger begnügen. Damit kann ich aber gut leben.

    Herzliche Grüße,

    Joe

     
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