S-Bogen aus Carbon

Dieses Thema im Forum "Saxophone" wurde erstellt von stefalt, 29.März.2015.

  1. antonio

    antonio Gehört zum Inventar

    Wenn man bisher nichts gehört hat, heisst das ja noch lange nicht, dass es unproblematisch ist. Jedenfalls ist m.m. nach Carbon in dieser Anwendung hier fehl am Platz, weil Gewicht nicht im Vordergrund steht. Die Kaffetasse macht man ja auch nicht aus Carbon, nur weil man sie Morgens leichter heben kann :)
    Im Ernst, Genaues weiss ich ja auch nicht. Sicher ist aber, dass wir eigentlich ja nicht noch mehr solche Kunstmaterialien unbedingt in Umlauf bringen müssen. Was langfristig mit den jetzt bedenkenlos eingesetzten Carbon-Nanozusätzen im Organismus geschieht wissen wir ja auch noch nicht. Zellgängig sind die aber, soviel weiss man.

    antonio
     
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  2. kokisax

    kokisax Strebt nach Höherem

    Da ich von Technik und Materialeigenschaften etwas Ahnung habe, stehe ich solchen Dingen eher neutral bis positiv gegenüber.
    Warum nicht, wenn es technisch und zudem noch zu vertretbaren Preisen machbar ist?

    So ein Carbon Bogen könnte in der Massenfertigung relativ günstig herzustellen sein.
    Seine Materialeigenschaften sind gegenüber Messing um Faktoren besser was Haltbarkeit und Belastbarkeit angeht.
    Ein "Pull down" Syndrom dürfte es bei diesen Bögen also nicht mehr geben.
    Sie halten unwahrscheinlichen Belstungen stand, aber wenn sie doch mal brechen, dann eher unreparabel.
    (Bei gleicher Belastung wäre der Messingbogen übrigens ein Knäuel Messing, also auch völlig hinüber).

    Klangeigenschaften müssen getestet werden und jeder muss selbst entscheiden ob es passt oder nicht.
    Diesbezüglich kann ich mir auch sehr gut ein Saxkorpus aus Carbon vorstellen.
    Vom Gewichtsvorteil abgesehen, wäre so ein Ding absolut Verwindungssteif und im Vergleich zur konventionellen Bauweise viel robuster.
    Kein Verziehen der Mechanik mehr durch verbogene Korpusteile aufgrund Dellen oder Sturzschäden.
    Das minimiert auch die "Wartungsintervalle", da sich die Lagerpunkte der Gestänge und Klappen am Korpus in deren Lage nie verändern.
    Gestänge und Klappen aus Carbon wären auch viel steifer und nicht so nachgiebig wie die heutigen aus Messing.

    Der Gesundheitsaspekt ist nicht zu vernachlässigen, dürfte aber für den Spieler hier eher gering sein,
    da sich in "Betrieb" keine Fasern aufgrund der Einbettung in einer Harz Matrix lösen dürften.

    Also, immer mit Vernunft neue Entwicklungen beurteilen und nicht kategorisch ausschliessen.
    Fortschritt lässt sich nicht vermeiden, aber in vernünftige Bahnen lenken.

    Mit technischen Grüssen
    kokisax o_O
     
  3. Otfried

    Otfried Gehört zum Inventar

    Moin,

    mir ist etwas rätselhaft, warum man ausgerechnet für Rohrteile Carbon verwenden will, außer, dass das nun möglich ist.

    Ich hätte da eher die Idee, die komplette Mechanik aus Carbon zu machen. Wäre wunderbar leicht so ein Instrument dann, und die Mechanik wäre extrem verwindungssteif. Sicherlich auch extrem teuer, aber da würde es wirklich für mich Sinn machen.

    Gruß,
    Otfried
     
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  4. stefalt

    stefalt Strebt nach Höherem

    Hallo,

    ich sehe also, dass niemand Erfahrungen, aber jeder schon eine Meinung dazu hat ;)

    Das sind - zusammen mit einem "saftigen" Preis sicher die besten Voraussetzungen für einen neuen Hype, oder nicht?

    :duck:

    Nein, ganz im ernst:

    ich fand das aus technischen Gründen Interessant, ähnlich wie @kokisax. Ich denk, das Material dämpft kaum und ist nicht wirklich temperaturempfindlich, damit per se geeignet. Eine geeignete Konstruktion könnte einen sehr dünnen und leichten und annähernd unkaputtbaren S-Bogen ergeben, der sehr viel Spielraum für geometrische Anpassungen lässt. von Daher fand ich es schon spannend. Ich bin aber weder in FFM noch bin ich so erfahren mit S-Bögen, dass es viel bringt, wenn ich so einen Bogen zu testen. Ich fände es aber schön evtl. nach der Messe eine Feedback von dem einen oder anderen zu bekommen, da ...siehe oben.

    @xcielo,

    ja, da wäre ich voll bei Dir, Rohre sind für Carbon eine eher alberne Anwendung. Hat mich schon bei meinem ersten Rennrad gestört, dass da jemand Rohre aus Carbon in Alumuffen geklebt hat. Für die Mechanik wäre es an sich super, aber auch extrem aufwändig, da ja alles neu und auf die Faserverläufe hin optimiert konstruiert werden müsste. Einen solchen Entwicklungsaufwand will wohl eher keiner machen, da man ja auch nie weiß ob/wie es ankommt.

    Grüße
    Stefan
     
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  5. kokisax

    kokisax Strebt nach Höherem

    Hallo Otftried,

    es sind ja nicht "nur Rohrteile", sondern es sind konische Röhren und Bögen mit integrierten Tonlochkaminen.
    Die Carbon Konusröhren wären auch nicht gelötet , was immer auch eine Unstetigkeit im Material bedeutet, sondern "Monococque" aus einem "Guss".
    Die Tonlochkamine wären sehr exakt in ihrer Position.
    Wie ich schon erwähnt habe sollten die Gestänge und Klappen auch aus diesem extrem steifen Material sein (siehe mein Beitrag Nr. 22)

    Warten wir mal ab, denn Polycarbonat Saxe gibt es ja auch schon......

    kokisax
     
  6. too-saxy

    too-saxy Ist fast schon zuhause hier

    ... guck ich mir mal an auf der Messe! Bin gespannt!
     
  7. kokisax

    kokisax Strebt nach Höherem

    Genau : Gucken, testen, urteilen......:pint:....wie beim Bier oder Wein :-D

    kokisax
     
  8. visir

    visir Gehört zum Inventar

    Warum glaubst Du das?
    Carbonfasern sind reißfest, aber biegsam, und sie sind in ein Harz eingebettet, das nicht die tollen Eigenschaften von Carbonfasern hat, sonst bräuchte man die Fasern ja nicht.
    Das Werkstück kann also brechen, und wird es auch bei entsprechender Belastung - natürlich auch abhängig von der Materialdicke. Aber wie dick soll ein S-Bogen werden?


    Das ist alles eine Frage des Aufwands. Auch bei Carbon sind komplizierte, dreidimensionale Kurven mit hoher Präzision nicht "geschenkt", und wenn man das in Stücken fertigen kann, die man nachher zusammenklebt, kommt das viel billiger. Das Vibratosax ist ja auch aus mehreren Teilen zusammengesetzt, obwohl man im Spritzguss einen ganzen Müllcontainer auf einmal machen kann (ich hab einmal beim Hersteller solcher Spritzgussmaschinen gearbeitet...).

    Tonlöcher: schafft man es, die Fasern schön rundherumzuführen, oder produziert man einen Überstand, der dann abgeschnitten wird? Irgendwie nachbearbeitet wird sowieso werden müssen, und schon ist die Frage, ob da Fasern an die Oberfläche kommen...

    Und die "Unstetigkeiten" in einem Sax-Korpus sind wohl unser kleinstes Problem...

    Ja, der Gewichtsvorteil, vor allem bei den größeren Instrumenten, wäre allerdings interessant (wie beim Sousaphon der Trichter ja oft in Kunststoff gemacht wird). Aber billig wird das auf keinen Fall.

    An sich stellt sich aber die Frage, wozu die Fasern im Kunststoff. Das Vibratosax kommt auch ohne aus. Leider sind zu dem noch zuwenig Erfahrungswerte bekannt. Der Händler in meiner Straße hatte einmal eines da und war alles andere als angetan... ich hätts ja gerne einmal probiert, aber das führt weit und breit kein Händler, von mir aus gesehen...

    lg, Wolfgang
     
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  9. kokisax

    kokisax Strebt nach Höherem

    Hallo Visir,

    ohne zu tief in Fachwissen zu verfallen empfehle ich Dir z.B. den Elastizitätsmodul verschiedener (Verbund-) Werkstoffe zu vergleichen.
    Es werden nicht ohne grund F1 und Sportwagen Chassis aus diesem Werkstoff hergestellt. Siehe Google : monocoque (Bilder)
    Die Festigkeitsvorteile richtig eingesetzt übertreffen diese die von Stahlbauteilen!
    Im Saxbau haben wir normalerweise Messing, welches im Vergleich zu Stahl sich fast wie Gummi verhält.

    Reine Carbon Bauteile gibt es nicht !
    Ist auch bei GFK so, oder?
    Es braucht immer eine "Matrix", also "Trägermaterial".

    Denke alle Fertigungsfragen sind lösbar, es würde aber zu weit führen sie alle hier zu erörtern.
    Ist aber natürlich stückzahabhängig.....

    "Unstetigkeiten" sind festigkeitsmässig kritische Materialübergänge zu Tonlöchern, Böckchen und Formübergängen.
    Von diesen gibt es sehr viele beim Saxkorpus....

    Wollte nur darstellen, dass mit neuen Werkstoffen auch neue Fertigungsverfahren möglich werden.

    kokisax
     
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  10. antonio

    antonio Gehört zum Inventar

    Das ist eine ziemlich pauschale Aussage. Als Materialsachverständiger weisst du sicher, dass Material spezifisch auf einen Verwendungszweck hin ausgewählt wird - dass dabei einige Eigenschaften und Kriterien berücksichtigt und abgewogen werden müssen dürfte auch klar sein. Gerade beim der hier diskutierten Anwendung halte ich Carbon als nicht indiziert und dessen herausstechende Merkmale kommen nicht zum Tragen. Mit Ausnahme vielleicht bei diesem "Pull down Syndrom". Dafür ist es z.B. nicht schlagfest, reisst, splittert, kann nicht repariert werden - nur Wegwerfen ist angesagt. Da lob ich mit kurz mal eine kleine Delle ausbeulen bei Messing. Reparieren, nicht Wegwerfen...

    Was anderes sind die Becher bei Susaphonen, das macht schon mehr Sinn, weil es da doch nicht zuletzt ums Gewicht geht.

    Aber ich gebe zu...ich bin eher fürs Traditionelle beim Bau von gewissen Teilen...Urankiele bei Segelyachten finde ich auch grenzwertig :) Aber da geht es ja nochmals um was anderes...

    antonio
     
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  11. kokisax

    kokisax Strebt nach Höherem

    @antonio :

    Bitte vergleiche Materialkennwerte von CFK und Stahl:
    http://www.roechling.com/de/hochlei...le/cfk-kohlefaserverstaerkte-kunststoffe.html

    So empfindlich ist CFK im Vegleich nicht.
    Messing gibt dagegen sehr schnell nach.
    Mit der Delle im Messingkorpus verbiegen sich auch alle Böckchen und Tonlochkamine in der näheren Umgebung.

    CFK ist sicher kein Allheilmittel, hat aber enorme Vorzüge,
    die auch dem Saxophonbau zugute kommen könnten.

    kokisax
     
  12. ReneSax

    ReneSax Ist fast schon zuhause hier

    @antonio
    Ich gebe Dir vollkommen Recht.
    Selbstverständlich kann man Saxophone komplett aus Carbon fertigen, die hat man auch schon aus Kunststoff und Holz gefertigt und sie sind sogar spielbar. Nur, wie klingen sie?
    Das Material ist entscheidend. Zum einen in der Herstellung. Man hat Messing genommen weil es leicht zu bearbeiten ist, vor 100 Jahren war ja an Carbon nicht zu denken.
    Zum anderen hat sich eine Klangvorstellung entwickelt die auf Instrumente aus dem jeweiligen traditionellen Material basiert.
    Solange ein Musiker die Wahl zwischen zwei Materialien hat, eines ist traditionell und das andere "neu", wird er auf das traditionelle Material zurück greifen. Es ist der Klang der sich im Gehirn manifestiert hat und den man über die Jahre "gelernt" hat mit dem Instrument zu verbinden. Steigt man nun auf Holz oder eben Carbon um, so ist es "anders", es klingt ungewohnt. Ich denke z.B. an die Fiberreeds vom Harry Hartman. Was gibt es da für Diskussionen: Carbon kontra Holz!

    Die S-Bögen kann man spielen, daran zweifle ich gar nicht. Die Dinger halten ebensolange wie ein Saxophon aus Messing, auch daran zweifle ich nicht. Aber ob er sich klanglich durchsetzen wird ist fraglich. Entweder kreiert man einen Carbon-S-Bogen der genau so klingt wie einer aus Messing oder er klingt etwas anders.
    Im ersten Fall müsste man sich fragen, braucht man ihn wenn es klanglich keinen Unterschied gibt? Und im anderen Fall: Klingt er jetzt tatsächlich besser????
    Genau hier liegt das Potenzial zum erfolgreichen Verkauf. Er muss besser sein als ein Messingbogen und die Vorbehalte der Musiker überwinden. Das wird sehr schwer. Der einzige Vorteil vom Carbon wäre dann, dass der Bogen leichter ist. Ist er aber auch einfacher und günstiger herzustellen?

    Viele Grüße

    René
     
  13. kokisax

    kokisax Strebt nach Höherem

    Es bleibt durch Tests festzustellen, wie sich ein Carbonbogen auf den Klang auswirkt und später dann ev. ein Carbon Korpus.
    Alles Andere ist Kaffeesatz Leserei.
    Auf jeden Fall ist das Material eher resonant, wenn man es anklopft.
    Wenn die Bögen gleich wie Messingbögen klingen, hat ein Carbon Bogen auf jeden Fall Festigkeitsvorteile.
    Preisvorteile bringt dann die Massenfertigung.

    Für diejenigen die es noch nicht wissen : Ich spiele Carbon Blätter.....;)

    Let`s try it !

    kokisax
     
    Zuletzt bearbeitet: 30.März.2015
  14. mato

    mato Strebt nach Höherem

    Du haust jetzt aber zwei verschiedene Dinge in einen Topf. Blatt und Korpus haben völlig unterschiedliche Anforderung an das Material.

    Ich finde den Vergleich von Holz- und Metallklarinetten ganz interessant. Eine Holzklarinette klingt warm und irgendwie holzig, und eine Metallklarinette klingt ebenso warm und irgendwie holzig...liegt wahrscheinlich an den Blättern. ;-)
     
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  15. visir

    visir Gehört zum Inventar

    Ich denke aber doch, dass die Anforderungen und Möglichkeiten bei einem monocoque ein klein wenig anders sind als bei einem S-Bogen. Insbesondere die räumlichen Fragen - wie dick willst Du den S-Bogen machen, damit er sicher gegen knicken ist - wo nämlich die Carbonfasern, die zwangsläufig in Längsrichtung verlaufen, genau gar nichts helfen? Der S-Bogen wird beim Sax eingesteckt - das heißt, die Wandstärke ist an dieser Stelle entscheidend - bei größerer Wandstärke hast Du eine Verengung, wenn Du einen Standard-Korpus verwendest. Und dann hast Du am Ende des S-Bogens eine dünne Kante, die ausbrechen, ausfransen etc. kann... insbesondere, wenn es beim Einstecken knapp zugeht.
    Fachwissen ist eine feine Sache, praktische Anwendung aber auch...

    Mag morgen einer daherkommen und was Geniales abliefern - ich warte es ab...

    lg, Wolfgang
     
    Zuletzt bearbeitet: 30.März.2015
  16. Werner

    Werner Strebt nach Höherem

    Danke für den guten Kommentar. Geht mir genauso.


    http://swing-jazz-berlin.de/#band
     
  17. kokisax

    kokisax Strebt nach Höherem

    visir,
    schau Dir doch bitte den Link in meinem Beitrag Nr. 31 an.
    Die Fasern verlaufen im CFK hauptsächlich als Gewebe und nicht parallel !
    Die genaue Ausrichtung wird auch aufgrund von Festigkeitsberechnungen definiert (falls erforderlich).
    Denke die Festigkeit wäre bei gleicher Materialdicke wie beim Messing um Faktoren höher.....logischerweise.....

    Aber wir müssen hier ja keine Fertigungsprozesse definieren........
    Glaube mir, jedes Problem lässt sich lösen.... ;)

    kokisax
     
  18. Claus_6

    Claus_6 Ist fast schon zuhause hier

    ok, dann stell ich das Üben ein und spare. Danach??!
     
  19. kokisax

    kokisax Strebt nach Höherem

    Claus_6,
    nun, üben musst Du auch mit einem Carbon Bogen....
    Du solltest also sparen UND üben....:D

    kokisax
     
    Ginos und Claus_6 gefällt das.
  20. Thomas

    Thomas Strebt nach Höherem

    Die von Einigen beabsichtigen Tests der Bögen werden wohl gar nicht so einfach durchzuführen sein. Da müsste sich erst mal einer hinstellen und 2 Bögen herstellen aus Carbon und Messing mit genau derselben Innengeometrie, ansonsten wird das wohl nix mit dem Vergleich hinsichtlich des Materialeinfluß...der Hersteller schreibt was von einem verbesserten Klang, vielleicht legt er beim Anspielen auch als Beweis einen Messingbogen mit identischer Mensur bei, wer weiß :)
    LG
    Thomas
     
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