Umbruch und trotzdem Hoffnung

Dieses Thema im Forum "Musiker / Bands" wurde erstellt von bluemike, 27.September.2015.

  1. bluemike

    bluemike Ist fast schon zuhause hier

  2. bluefrog

    bluefrog Strebt nach Höherem

    Interessanter Artikel.

    Man wird sehen, was das ergibt. Der Jazz hat immer davon gelebt, andere Musik wahrzunehmen und zu integrieren.

    LG Helmut
     
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  3. Juju

    Juju Strebt nach Höherem

    Das große Problem ist, dass Fördergelder an anderen Stellen verplempert werden, für irgendwelche prestigeträchtige Projekte, die der lokalen Jazzszene aber gar nicht zugute kommen. Die lokale Jazzszene, vor allem auch die Betreiber von kleinen Jazzclubs sind stattdessen regelrecht ausgehungert worden. Denn "Jazzkneipen" werden inzwischen leider nicht als Konzertbetrieb wahrgenommen sondern eben nur als Kneipen. Das bekommt selbst der engagierteste Besitzer nicht mehr gewuppt, es sei denn, er ist Millionär...

    Was das Birdland in Hamburg angeht, ist der Autor des Artikels wohl nicht auf dem neuesten Stand - Jazzfederation hin oder her, das Birdland hat längst wieder geöffnet, zwar mit reduziertem Jazzprogramm, aber immerhin...

    LG Juju
     
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  4. Saxophonia

    Saxophonia Ist fast schon zuhause hier

    Das wird auch in dem Artikel erwähnt, dass das Birdland wiedereröffnet wurde: Mit dem Birdland etwa schloss 2013 ein Hamburger Klub, in dem fast drei Jahrzehnte lang viermal wöchentlich moderner Jazz live geboten wurde. Zwar löste gerade das Ende dieses anderthalb Jahre später wiedereröffneten Spielorts "eine unverhoffte Vegetationsperiode" aus

    Aber bedenklich finde ich vor allem: Aber die Szene ist zerfieselt; Musikergagen sind minimal.

    Die Entwicklung, dass immer mehr Bars und Kneipen Jazzkonzerte anbieten, beobachte ich auch bei uns in Basel. Ist ja einerseits toll, dass überhaupt noch etwas läuft. Aber die Gagen sind wirklich nicht der Rede wert, die Veranstalter haben auch oft keine Ahnung, was man alles beachten muss (z.B. Urheberrechte, die nicht verletzt werden dürfen bzw. Abgaben, die an die Suisa entrichtet werden müssen). Richtige Jazzclubs gibt es nicht wirklich, eigentlich nur einen. Und der wird von einer Privatperson gesponsert, sodass gewisse Musiker dort sehr oft auftreten dürfen, obwohl sie nicht wirklich gut sind.
    Dadurch sind die Musiker gezwungen, jazzfremde Engagements anzunehmen bzw. in die Unterhaltungsmusik zu gehen. Das kann ja ganz spannend und auch mal eine Abwechslung sein. Aber schade ist es trotzdem, wenn Musiker nicht die Musik machen können, mit der sie wirklich den Jazz weiterentwickeln könnten. Also auch hier geht es - wie in vielen kulturellen Bereichen - in Richtung Mainstream...
     
  5. Juju

    Juju Strebt nach Höherem

    Stimmt, das "später wiedereröffneten Spielorts" habe ich übersehen...

    Das ist leider sehr oft der Fall.

    LG Juju
     
  6. KUS

    KUS Ist fast schon zuhause hier

    Was ist daran schlimm? Wenn ich keinen Wert darauf lege einer Mehrheit zu gefallen, dann muss ich halt akzeptieren, dass ich in einem Nischenbereich zu Hause bin. So what?!

    LG Kai
     
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  7. saxhornet

    saxhornet Experte

    Sehr lustig finde ich wenn wieder ein Club weniger Jazz im Angebot hat mit dem Argument, das Jazzpublikum würde nicht ausreichend Getränke konsumieren (wobei eher der Begriff "saufen" benutzt wurde).

    LG Saxhornet
     
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  8. Otfried

    Otfried Gehört zum Inventar

    Moin,

    das kenn ich auch aus anderen Bereichen, bspw. Salsatanzveranstaltungen. Als diese Art der Freizeitgestaltung noch nicht so verbreitet war, konnte man froh sein, wenn jemand es auf sich nahm, einmal in der Woche oder im Monat eine derartige Tanzveranstaltung durchzuführen. Dazu musste natürlich in der Regel ein fachkundiger DJ engagiert werden.

    Mehrfach war dann das Problem, dass Veranstaltungen wieder eingestelltl wurden/werden mussten, da das Publikum tatsächlich nicht genügend konsumierte. Da sah man dann recht häufig Leute, die sich ihre eigenen Getränke mitbrachten und diese klammheimlich tranken. Natürlich wollte auch niemand mehr als 2 € Eintritt bezahlen.

    Auf den Jazz, und letztlich jede Live Musik übertragen bedeutet das doch ganz einfach, dass, wenn bspw. 100 Besucher zu erwarten sind, und davon alles Mögliche bezahlt werden muss, dann muss am Ende ein bestimmtes Eintrittsgeld gefordert werden. Das rechnerisch Notwendige wird aber in der Regel nur dann akzeptiert, wenn auch entsprechend bekannte Jazzgrößen auftreten.

    Für lokale, und/oder unbekanntere Formationen ist auch das Jazzorientierte Publikum meist nicht geneigt, entsprechend zu zahlen. Kann man natürlich nach Kulturförderung schreien, aber da ist (hier zumindest) ja schon lange nix mehr zu holen, eben, weil auch nicht ausreichend publikumswirksam, sprich Tourismusfördernd.

    Letztendlich bleibt nur das Sponsoring, was vor Jahren hier wiederum zu der Kapriole geführt hat, dass die Steuerabzugsfähigkeit von Kultursponsoring so eingeschränkt wurde, dass selbst recht willige Firmen davon Abstand nehmen mussten.

    Gruß,
    Otfried
     
  9. Rick

    Rick Experte

    Wir haben ja hier schon öfter mal über den Themenbereich "Zukunft der Livemusik" resp. "des Jazz" diskutiert, da würde mich jetzt mal interessieren, wie Ihr das heutige Live-Publikum überhaupt wahrnehmt.

    Gestern hatte ich einen wunderschönen Auftritt in einem "Kulturbahnhof": Eine private Initiative aus kunstinteressierten Bürgern hat aus einem stillgelegten Kleinstadtbahnhof einen ziemlich ansehnlichen Veranstaltungsort gemacht, in 8-jährigem Umbau mit viel ehrenamtlichem Engagement, unterstützt durch Geldspritzen der Kommune (die ehemalige Bürgermeisterin ist jetzt Stammgast, war auch gestern wieder da). :)

    Warum war der Auftritt "wunderschön"?
    Die Atmosphäre war einfach klasse, die Zuschauer zeigten sich interessiert-aufgeschlossen, man bekam als Musiker auf der Bühne das Gefühl, wertgeschätzt zu sein. Das Konzert driftete durch den direkten Dialog zwischen Band und Publikum fast schon in Richtung Kleinkunst, was ich besonders gern mag. Alles war stimmig, auch über die Gage konnte man nicht meckern.

    Nun aber der Punkt, den wir auch direkt vor Publikum ansprachen:
    Musik ist ja eigentlich "Kunst im Augenblick", ist ganz schnell wieder vergangen. Im Zeitalter der Konservierung, der endlos möglichen Vervielfältigung digitaler Aufzeichnung, scheinen jedoch vielen Menschen diese "Konserven" zu genügen nach dem Motto: Warum soll ich ein Jazz-Konzert besuchen, das nur VIELLEICHT gut wird, mir aber möglicherweise auch gar nicht so gefällt, wenn ich andererseits zu Hause in HD auf dem Flachbildfernseher mit Sensorround-Anlage auf BluRay-Disc geniale Performances der größten Stars genießen kann?

    Mit anderen Worten: Immer mehr, gerade auch die jüngeren Leute tendieren meiner Ansicht nach dazu, sich weniger auf das Unbekannte einzulassen, als vielmehr den Verlockungen und Garantieversprechungen des digitalen Zeitalters zu folgen.
    Man geht weniger aus, kostet ja sowieso alles Geld, stattdessen wird ein "Profil" erstellt, ein bestimmter Geschmack definiert, wodurch man nur noch das geboten bekommt, was man auch wirklich mag.

    Vielleicht hat diese Tendenz ja schon im Kindesalter der heutigen Jugend begonnen, wo den Kleinen nicht mehr abverlangt wird, doch auch mal etwas Neues, Unbekanntes zu probieren, sondern wo manche Mütter gleich im Voraus besorgt einschreiten: "Nein, das mag mein Kind nicht, geben Sie ihm bitte nur, was es auch wirklich mag!"

    Nach dem Motto: "Magst du Live-Musik?" - "Nein, ich denke nicht, habe zwar noch nie ein Konzert besucht, soll aber anstrengender sein als mp3-Hören." :roll:

    Jedenfalls habe ich den Eindruck, dass mein Publikum mit mir altert. Gut, wir waren die "Babyboomer", von uns gab es schon immer am meisten, doch gerade wird es für mich richtig eklatant - als ob an den Türen der Livemusik-Spielstätten ein großes Schild hängen würde:
    Zutritt für Personen unter 50 Jahren verboten!

    Seht Ihr das ähnlich, teilt Ihr meinen Eindruck, oder ist das nur hier "auf dem Land" so und in den Großstädten besucht nach wie vor "die Jugend" die Konzerte, wie vor 30, 40, 50 Jahren?
    Es geht mir übrigens beileibe nicht nur um Jazz, auch wenn irgendwo Pop und Rock gespielt wird, sehe ich eher 50-jährige als 20-jährige Besucher, von der Klassik natürlich ganz zu schweigen... :-(


    Schöne Grüße,
    Rick
     
    Zuletzt bearbeitet: 28.September.2015
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  10. 47tmb

    47tmb Gehört zum Inventar

    Also Jazzschmiede, Düsseldorf und Jazzkeller, Krefeld werden auch zahlreich von unter 50-jährigen frequentiert.

    Oft genug muss ich mich schon zu den älteren zählen

    Cheerio
    tmb
     
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  11. Rick

    Rick Experte

    Hallo tmb,

    danke, finde ich gut! Und was läuft da für Musik, wie hoch ist der Eintritt?

    Neugierige Grüße,
    Rick
     
  12. bluemike

    bluemike Ist fast schon zuhause hier

    Hi,

    erst am vergangenen WE habe ich wieder festgestellt, was mich seit längerem frappiert: Das saßen im Jazzclub (Hildesheim) ein paar Tische mit Zuschauern zwischen 20 und 30 Jahren. Insgesamt ist das Verhältnis von gesetzteren zu jugendlichen Zuhörern erstaunlicherweise sehr häufig bei uns ausgeglichen - wobei es natürlich Locations gibt, die von ihrer Art her eine bestimmte Altersgruppe bevorzugen.

    Anscheinend nimmt das wieder ein wenig zu. Und die Jungen sind tatsächlich nicht die blasierten Snobs sondern ganz normal. Häufig kommt der Satz (gerne von Wiederholungstätern): "Wir mögen Jazz (gemeint ist für sie Hardcore-Jazz mit Soli über eine Viertelstunde) nicht so, aber was Ihr macht ist toll". Wohl wissend, dass auch dies Jazz ist. Das freut mich ganz naiv einfach nur.
     
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  13. Roland

    Roland Strebt nach Höherem

  14. reiko

    reiko Strebt nach Höherem

    Ich denke, dass angesichts des Angebots an Konserven die Leute nicht mehr so leicht an Lifemusik heranführbar sind. Ich bin auch Jahre kaum ins Theater (ausser Puccini Opern) gegangen, weil ich Schauspiel für langweilig empfand. Dieses Vorurteil konnte ich erst abbauen, als meine Tochter mit der Schauspielerei anfing. Da habe ich begriffen, dass da mehr rüber kommt, als man audio visuell aufzeichnen kann. Die Erfahrung muss man erst mal machen.
    Unserer Sessions in Würzburg finden in einem beliebten Kaffee statt. Da verlaufen sich oft Studenten. Einige hören nach anfänglicher Skepsis mit sichtbarer Begeisterung zu. Es ist für mich keine Frage des Alters. Mir ist immer noch das Bild vor Augen, als zwei offensichtliche Metal Fans beim Straßenmusikfestival zufällig bei den Jazzern vorbeikamen, wie angewurzelt stehen blieben und sich am ende des Stückes ansahen und gleichzeitig "Krass!" sagten.
    Genau den Satz habe ich bei Auftritten mit unserer Hardbop Combo immer wieder mal gehört. Ich denke, beim Jazz gibt es auch viele Vorurteile, sein Spektrum ist riesig, und da kann eine zu frühe Freejazz Erfahrung schon zum Trauma werden.
    Gruß Reiner
     
  15. saxhornet

    saxhornet Experte

    Wenn ich sehe wie schwierig es mitunter ist, mit einer Profibigband Auftritte (ohne Gewinnabsicht) in Clubs zu bekommen, sehe ich da nichts von Umbruch.
    Livemusik ist im Gegensatz zu Veranstaltungen mit DJ's auf dem Weg zum Nischenprodukt.

    LG Saxhornet
     
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  16. Saxophonia

    Saxophonia Ist fast schon zuhause hier

    Willkommen im Musikantenstadl :duck:
     
  17. KUS

    KUS Ist fast schon zuhause hier

    Wenns schee is ;-)
     
  18. 47tmb

    47tmb Gehört zum Inventar

    Ist halt ne breite Nische :)
     
  19. flar

    flar Guest

    Moin, moin

    Ich bin ja unter seltenen Anderem viel im Blasmusikunterhaltungsspaßbereich unterwegs, kein Musikantenstadl, unser Publikum hat sich an die falschen Töne gewöhnt! ;)

    Aber ganz ehrlich @Rick , das Du mit Deinem Publikum alterst darum beneide ich Dich!

    Denn ich erreiche so langsam das Alter meines Publikums!:eek:

    :topic:

    Viele Grüße Ralf
     
  20. 47tmb

    47tmb Gehört zum Inventar

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