Unterschied Vintage und aktuelle Saxophone

Dieses Thema im Forum "Saxophone" wurde erstellt von macpom, 4.Februar.2017.

  1. Gelöschtes Mitglied 1142

    Gelöschtes Mitglied 1142 Guest

    Laut Wikipedia sind Vintage-Saxophone solche, die nach dem 2. Weltkrieg hergestellt wurden. In meinen Augen völliger Blödsinn, denn dann wären alle heute hergestellten Saxophone auch vintage.... :banghead:

    Die Bedeutung des Begriffs "Vintage" hat sich im Laufe der Jahre stark gewandelt. So funktioniert Sprache eben. In meiner Jugend hatten die Begriffe "geil" oder "sexy" auch noch eine andere Bedeutung als heute.
    Laut Wowereit ist Berlin ja sexy.... wie geil ist der Spruch denn?

    Ursprünglich beinhaltete der Begriff "Vintage" nicht nur die Tatsache, dass etwas sehr alt ist. Sondern auch, dass dieses alte Teil sehr edel ist.
    Vintage ist m.E. in der ursprünglichen Bedeutung ein alter Wein. Ein besonderer Jahrgang.

    Somit sind nach meiner Auffassung nicht alle alten Saxophone "Vintage". Manche eben nur alter Metallschrott.
    Über die Definition, welches das erste moderne Saxophon war, kann man trefflich streiten. War es das SBA? War es das Mark VI?

    Egal. Für mein Empfinden sind alle Saxophone ab Mark VI moderne Instrumente.

    LG Bernd
     
    claptrane, saxhans, ehopper1 und 4 anderen gefällt das.
  2. ppue

    ppue Mod Experte

    Da müssen wir Alten uns aber sehr umstellen, denn für uns waren die Mark VI damals die modernen Saxophone.

    Wie ich schon schrieb, ist der Begriff Vintage genau aus diesem Grunde einfach ungünstig gewählt. Je jünger die Menschen werden, desto mehr Saxophone fallen unter diese Bezeichnung.

    Meine grobe Einteilung von Saxophon-Aeren wäre diese:

    1. Die erste französische Aera. 1840-1910. Die ersten Modelle von Sax und Söhnen.
    2. Die amerikanische Aera. 1910-1940. Vintage-Saxophone. Wichtigstes technisches Merkmal ist die gekoppelte Oktavklappe.
    3. Die zweite französische Aera. 1940-1970. Beginnt 1936 mit dem "Balanced Action"-Modell von Selmer mit dem revolutionären Umbau der Mechanik für die Becherklappen und der zweiten wichtigen Neuerung, der Drehung der Tonlöcher für die rechte Hand um 12°.
    4. Die asiatische Aera. 1970 bis heute. Zeitalter der Kopisten. Keine wesentlichen Neuerungen in der Technik. Nur in der Fertigung.

    Natürlich wurden Saxophone auch in anderen Ländern hergestellt. Die vier Epochen, die ich hier skizziere stehen allerdings jeweils für einen Umbruch und auch für die Verlagerung des Saxophonmarktes. Der Deutsche Saxophonbau hat den Markt nie an sich reißen können und auch die technischen Neuerungen auf dem Deutschen Markt hatten keinen wesentlichen Einfluss.

    Wie man hier liest, ist eine Einteilung der Saxophone in "vintage" und "modern" nicht mehr sinnstiftend.
     
    claptrane, Hewe, rea.81 und 10 anderen gefällt das.
  3. Otfried

    Otfried Gehört zum Inventar

    Moin,

    interessanter als die völlig willkürliche Begrifflichkeit wäre doch, worin sich alte und neue Instrumente konstruktiv tatsächlich unterscheiden. Manche Teile sind ja offensichtlich, bspw. Mechanik und Klappenlage. Aber so Dinge wie Materialien, Tonlochgrößen und -anordnungen und Bohrung entziehen sich der Offensichtlichkeit, und da wird gerne allerhand spekuliert.

    Ach ja, bevor es wieder aufkommt: Parabolische Instrumente gibt es nicht ;-)
     
    claptrane und Rick gefällt das.
  4. ppue

    ppue Mod Experte

    Parabolische Instrumente gibt es nicht. Dennoch waren und sind die S-Bögen nicht gerade konisch. Sie sind konkav-konvex oder noch komplizierter ungerade. Und diese Abweichung vom geraden Konus war in der Amerikanischen Saxophonaera eine andere, als sie es heute ist. Deshalb passen zu den Instrumenten dieser Aera besser großvolumige Mundstücke. Das entsprach einem anderen Klangideal dieser Jahre.

    Adolphe Sax selbst hat mit den verschiedenen Bohrungen experimentiert:

    Aus dem Kompendium "Saxophone" von Uwe Ladwig im Artikel "Parabolische Bohrung" von Eppelheim wird Adolphe Sax zitiert:

    1.png
     
    no more sax und Bereckis gefällt das.
  5. Otfried

    Otfried Gehört zum Inventar

    @ppue
    richtig, der S-Bogen ist nicht gerade konisch, jedenfalls meist nicht.
    Frage mich nur immer, wie sie das bei dem einteiligen Sopran machen ;-)

    Eppelsheim hat ja offenbar u.a. alte Sax-Instrumente vermessen und keinen parabolischen Konus festgestellt
     
  6. macpom

    macpom Ist fast schon zuhause hier

    Da hat doch der alte Sax schon gewusst, dass Saxophone unterschiedlich klingen können. Und er hat sogar eine konkrete Erklärung parat gehabt. Respekt! Dieses Wissen scheint leider heute bei vielen verloren gegangen zu sein:duck:

    Andreas
     
    Rick gefällt das.
  7. ppue

    ppue Mod Experte

    Hast du das Buch von Ventzke und und, @xcielo? Schau dir mal das Sax-Sax auf Seite 71 an. Das hat einen auffällig fetten S-Bogen. Mag auch am Material liegen, weiß ich nicht.
    Ventzke berichtet von Untersuchungen alter Instrumente, die sehr wohl parabolisch sind.

    Schön, dass wir da mal wieder drüber reden dürfen (-:
     
  8. Otfried

    Otfried Gehört zum Inventar

    @ppue
    nee, das Buch habe ich nicht, ich habe das mal in irgendeiner Sonic Zeitschrift gelesen, wo ein Buch zitiert wurde, indem die Eppelsheim Messungen angesprochen waren. Wie gesagt, beim S-Bogen keine Frage. Auch die Buffet Beule im S-Bogen, die beim Senzo übrigens richtig dick ist (ich habe einen Senzobogen, der auch interessant klingt auf dem S1)

    Beim geraden Teil des Korpus behaupte ich mal nicht parabolisch, allerdings beim Knie geht das Problem natürlich wieder los. Wie kriegt man da die Kurve ? Da gibt es ja laut HWP das berühmte parabolische Conn Knie, und auch das neue Senzo von Buffet hat in diesem Bereich wohl auch erhöhte Entwicklungsarbeit erfahren dürfen.
     
  9. ppue

    ppue Mod Experte

    Eppelsheim schreibt: "... im Bereich der Tonlöcher hatte der Konus aller von mir vermessenen Instrumente einen geraden Verlauf."

    Bleibt die Frage, welche Instrumente er vermaß.
     
  10. Otfried

    Otfried Gehört zum Inventar

    mail ihn doch mal direkt an und frage ihn, was er gemessen hat
     
  11. Sandsax

    Sandsax Gehört zum Inventar

    Ein Unterschied ist, dass zumindest bei vielen alten Conns die S-Bogenhülse innen auch konisch wie der Instrumentenkorpus zuläuft, d. h. die Innenform des Saxophons dort keine Kontinuitätsunterbrechung in Form eines parallelen Ringes hat. Ich weiß nicht was das ausmacht, kann mir aber gut vorstellen, dass es sinnvoll ist.
    Die Mühe macht sich heute wohl niemand mehr.

    Ein weiterer offensichtlicher Unterschied besteht, wie ja auch von @ppue bereits mehrfach erwähnt, in der früheren überwiegenden Verwendung fester Löt- anstatt Schraubverbindungen.

    Selmer führte mit dem SBA die Verschraubung des Becherknies zur Schallröhre und zum Becher hin ein.
    Die Instrumente (incl. Mk. VI), die aus Verzollungsgründen in Einzelteilen in die USA eingeführt und erst dort zusammengebaut wurden, sind allerdings dort dann doch bei der Montage verlötet worden, weil der Importeur der alleinigen (heute üblichen) Schraubverbindung wohl nicht über den Weg traute.
     
    Bereckis gefällt das.
  12. Saxax

    Saxax Ist fast schon zuhause hier

    Hm, ich mag natürlich mein Ladyface nicht aufflexen, um es vernünftig vermessen zu können. Aber eine Beobachtung dazu möchte ich dennoch äußern: Ich spiele das Ladyface seit einigen Jahren mit einem S-bogen von J.G. Keilwerth aus Neusilber. Mein Eindruck beim Kauf war deutlich der, dass er die Eigenschaften, die ich am Ladyface so schätze, sehr unterstützt. Dieser Eindruck bestätigt sich auch heute noch, wenn ich zwischen dem Original und dem (sicherlich moderneren) Keilwerth-Bogen hin- und herwechsele. Das heisst für mich, es scheint nicht nur der S-Bogen zu sein.

    Vor ein paar Jahren hatten ein Freund und ich mal versucht, die Unterschiede in der Mensur zwischen einem Yamaha und dem Conn zu "messen" Da wir nur von Außen mit einer Schublehre messen konnten, ist klar, dass wir nur sehr grobe Hinweise auf die ausschlaggebende innere Mensur erhalten haben. Unser damaliger Eindruck war der folgende: das Yamaha hatte einen deutlich linearen, konischen Verlauf, beim Conn deutete sich im oberen Teil, also auch hinter dem S-Bogen, ein anderer Verlauf an, der an die Birne einer Klarinette erinnerte.

    Wenn Eppelsheim also wirklich gemessen hat, wäre das sehr interessant, wie es denn nun wirklich ist.


    keep swingin´


    Euer Saxax
     
    Rick gefällt das.
  13. visir

    visir Gehört zum Inventar

    Und ich dachte anfangs, dass ich hier gar nichts schreiben würde...

    Weil es heute für fast gar nichts mehr allgemein anerkannte Definitionen gibt. Weil jeder definiert, wie es ihm gerade passt: "das kann man ja auch so sehen" - "für mich ist das aber...". Ist ein Zug unserer Zeit. Selbst, was Wahrheit ist, oder ob es eine gibt, ist schon lange nicht mehr von allen anerkannt, für das brauchten wir keinen Trump. Ich warte noch darauf, dass wer "Definition" umdefiniert.

    "alt" ist nicht automatisch vintage, und "begehrt" ebenso nicht, soweit sind wir uns sicher einig. "alt und begehrt" in Kombination ergibt für mich auch noch nicht "vintage" - was das ergibt, hängt dann von den Gründen ab, warum das jeweils alte dann so begehrt ist.
    "Vintage" ist für mich mit "anders als heute" verbunden, und genau das setzt für mich wie einige andere, die das schon geschrieben haben, das Mark 6 als "erstes modernes" Sax fest, weil da eben die heutige Anordnung der Applikatur begonnen wurde. Heißt aber auch, dass es jüngere Saxophone als das Mark 6 gibt, die vintage sind, weil die betreffenden Firmen noch nicht umgestiegen waren.

    Wenn man aber die Frage nach "vintage" auf die Anordnung der Klappen und Drücker festlegt, ist diese Kategorie vielleicht aber nicht der entscheidende Punkt für die Klangfrage. Denn dann müsste man eigentlich jeweils innerhalb der Modelle eines Herstellers schauen, wie sie sich gewandelt haben - haben sie das? Mit Einführung der heutigen Mechanik?
    Klingen die Keilwerths mit der alten Mechanik (so viel) anders als die ("ranggleichen") mit der neuen?
    Welche Produzenten, von denen so typische Vintage-Instrumente stammen, produzieren noch, und wie sieht es da aus?
    Oder ist es mehr eine Frage nach "amerikanisch versus französisch"? Und dann maßgeblich verursacht durch die unterschiedliche Mensur?



    Höchstwahrscheinlich ist dort gemeint "in den Jahren nach dem 2.Weltkrieg", und das meint nicht alle Jahre bis heute, sondern nur ein paar.

    Und noch früher hieß "geil" einfach "fett" - im Sinne des Fettgehalts, nicht im heutigen übertragenen Sinn "he, voll fett!".

    Nicht zwingend

    Bei Getränken kenne ich es nur vom Portwein, und da ist tatsächlich einfach ein besonders "alter" gemeint, was jetzt aber auch nicht sooo alt ist...
     
    sachsin, bluefrog und murofnohp gefällt das.
  14. Gelöschtes Mitglied 1142

    Gelöschtes Mitglied 1142 Guest

    Off topic:
    Das Knie meines taiwanesischen Prototypen ist mit Schalltöhre und Trichter verlötet, nicht verschraubt. Das war das Erste, was meinem Saxdoc (positiv) aufgefallen war, als ich ihm das Instrument für einen Check in die Hand drückte.
     
    Sandsax gefällt das.
  15. Marko74

    Marko74 Ist fast schon zuhause hier

    Einen Vergleich zwischen Vintage und ,,Nju,, Sax ist schwierig zu beantworten.
    Für mich erst recht, da ich zwar ein Saxophone besitze, aber deswegen nicht für mich beanspruchen kann davon Ahnung zu haben.

    Ich probiere es trotzdem mal, indem ich die ganze Sache auf meinen Beruf übertrage.

    Ich bin Landwirt und genieße die technischen Neuerungen bei meinen Maschinen die mir die Arbeit im Gegensatz zu früher erheblich erleichtern.

    Beispiel Mähdrescher

    Vorteil
    1.Vollklimatisierter Kabinenraum
    2. Lärmtoleranter Kabinenraum

    Nachteil
    1. Ich hab seitdem immer Sommerschnupfen
    2. Ich höre nicht mehr wenn sich Probleme an meiner Maschine anbahnen. Vorher war das einfacher. Man war zwar einem gleichmäßig und lauten Maschinengeräusch ausgesetzt,
    hatte aber auch ein Gehör für Nebengeräusche, welche deine stundenlange sonore Arbeitsakustik dann doch etwas durcheinander gebracht hat.
    Nicht nur das, man konnte sogar einordnen, ob die Geräusche von einem ausgeschlagenem Rotorlager rühren oder von einem Fremdkörper im Obersieb. Nur mal so als Beispiel.
    Heute ist man diesbezüglich leider auf externen Service angewiesen.
    Die kommen dann an mit frisch gewaschener Arbeitslatzhose (zum Freitag...), einer Bügelfalte an den Hosenbeinen mit der man sich rasieren könnte, schließen ihr Laptop an den
    Fehler-analysier-anschluss und sind hoffnungslos verloren wenn der PC mal wieder nicht hochfahren will.

    Wie gesagt, ich genieße die heutige Technik in vollen Zügen,
    aber an Tagen wie eben beschrieben, wünscht man sich dann doch auf die damalige Maschinen, wo man den Motorhub nicht nur hören, sondern auch spüren konnte.
    (bassistische Grüße ;-) )

    Was ich damit sagen will.
    Die neue Technik ist gut, sogar sehr gut. Arbeitserleichterung vom Feinsten.
    Nur leider vermittelt sie einem auch eine gewisse Ausgesetztheit ihr gegenüber.
    Man fühlt sich (so blöd das klingen mag) entmündigt.

    Inwiefern sich das jetzt auf Saxophonisten oder andere Berufe übertragen lässt, weiß ich nicht, kann mir aber vorstellen, dass das dort ähnlich empfunden wird.

    Es ist eben wie es ist.
    Technische Neuerungen sind gut, sinnvoll und schön.
    Trotzdem bin ich davon überzeugt, dass Mittelkonsolen im Auto nie erfunden wurden, wenn die PKW-Entwickler (welcher Marke auch immer) mit ihrer Liebsten wenigstens einmal ein Autokino besucht hätten. ;-)
     
  16. Gelöschtes Mitglied 1142

    Gelöschtes Mitglied 1142 Guest

    Sicher hat es der Autor so gemeint. Aber er hat es missverständlich geschrieben.

    Ungeachtet dessen finde ich die Wiki-Definition nicht plausibel.

    Wie würde er Instrumente bezeichnen, die vor dem 2. Weltkrieg gebaut wurden?
    Prä-Vintage?
     
    Rick gefällt das.
  17. visir

    visir Gehört zum Inventar

    Frühzeit.
    Ansonsten kann man zur Einteilung früherer Zeiten ja viele Phasen und passende Bezeichnungen finden:
    https://de.wikipedia.org/wiki/Geologische_Zeitskala
     
  18. quax

    quax Gehört zum Inventar

  19. JES

    JES Gehört zum Inventar

    Führen wir den Begriff Oldtimer ein, also alles, was älter als 30 Jahre ist.

    Vintage an das Mk VI zu koppeln finde ich ungünstig. Zwar hat Selmer die Mechanik verbssert, nicht alle Hersteller sind aber gleichgezogen. wenn also die modernere Mechanik das Kriterium wäre, dann gibt es für jeden hersteller ein eigenes Jahr, ab wann die Saxe modern sind.

    Für mich hat vintage eher was mit Klang zu tun. Kreissäge=modern; voll und rund=vintage. Wenn dann noch das Baujahr vor 1970 liegt, dann wäre eine Kreissäge vor 1970 gebaut kein Vintagesaxophon, ein voll- und rund klingendes Instrument jedoch schon.
    JEs
     
  20. Viper

    Viper Ist fast schon zuhause hier

    .....also ein Bb-Instrument mit H-Kennzeichen?;)
     
    tomaso, Rick, JES und einer weiteren Person gefällt das.
  1. Diese Seite verwendet Cookies, um Inhalte zu personalisieren, diese deiner Erfahrung anzupassen und dich nach der Registrierung angemeldet zu halten.
    Wenn du dich weiterhin auf dieser Seite aufhältst, akzeptierst du unseren Einsatz von Cookies.
    Information ausblenden