Projektion des individuellen Sounds

Dieses Thema im Forum "Saxophone" wurde erstellt von kindofblue, 30.Januar.2020.

  1. kindofblue

    kindofblue Strebt nach Höherem

    Eine Kritik an meinem Sound von dem BigBand Leiter ist, dass er zuwenig "Projektion" hat.
    Darunter verstehe ich folgendes:

    Schwache Projektion, der Sound kommt wie ein Strahl gerichtet an eine Empfängergruppe, hat aber nur eine kleine Abstrahlung in den Raum. Die hohen Töne sind scharf und kernig. Moderne Setup wie JodyJazz, Theo Wanne Durga, ... begünstigen diese Spielweise:
    sec.jpg
    (Ein Beispiel war ein Konzert von Josua Redman, super Sound von ihm, direkt vor ihm. Als ich aber 5 Meter auf der Seite von ihm stand, war "recht wenig" von ihm zu hören - ich spreche von unverstärkt)

    Ausgeglichene Projektion, gute Balance zwischen Tiefen und Höhen.
    medium.jpg

    "Raumerfüllende" Projektion, der Sound ist warm und tief. Das Bild vor mir ist Scott Hamilton oder Ben Webster
    rich.jpg

    Nun, meine Frage ist die, wie erreiche ich Projektion im Spiel? Projektion, dass mein Sound nicht strahlig, flach oder einfach nur laut daherkommt, sondern raumerfüllend.

    kindofprojection
     
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  2. saxo-ch

    saxo-ch Ist fast schon zuhause hier

    Hallo @kindofblue

    Lustig.... beim Betrachten deiner obigen "Projektions-Bilder" kam mir direkt dieser Link in den Sinn ;). Zufall ??
    Raumerfüllend gem. deiner obigen Beschreibung und Bild dazu wäre ja dann augenscheinlich Modell RICH :)

    lg
    saxo-ch
     
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  3. kindofblue

    kindofblue Strebt nach Höherem

    Nein, gar kein Zufall, diese Bilder beschreiben aber genau, was ich denke.
    War nur zu faul, um etwas ähnliches im Netz zu suchen.

    kindoflazy
     
  4. Otfried

    Otfried Gehört zum Inventar

    @kindofblue
    Da wird aber doch auch beschrieben, was ausschlaggebend ist: Der Frequenzbereich, der stärker betont wird macht die Projektion. Mehr isses auch nicht, trotz aller esoterischer Interpretationsmöglichkeiten, die mit dem Begriff "Projektion" verbunden sind.

    Die geometrische Übertragung ist irreführend, denn in Wirklichkeit wird nicht die Abstrahlungscharakteristik geändert, sondern es werden lediglich ein paar Frequenzen betont, oder eben auch nicht.

    Allerdings gehen die Meinungen wohl auseinander, welche Frequenzen ausschlaggebend sind. Hier wird einfach gesagt, je höher um so mehr Projektion. HWP hat das Charakteristikum damals eher einem mittigen Bereich (ich weiß grad nicht mehr genau wo) zugeordnet.

    Gruß,
    Otfried
     
  5. Bereckis

    Bereckis Gehört zum Inventar

    Welche Stimme spielst du denn in der BigBand? Welches Instrument spielt er denn selber?
     
  6. Silver

    Silver Strebt nach Höherem

    Ein Döntje, mehr nicht:

    ich war vor kurzem bei einem unplugged Gig von Q4 - ein Saxophon Quartett um die großartige Tini Thomsen (bs Mark VI, Tone Edge Kay Siebold Reface), ihren Lebensgefährten Nigel Hitchcock (as Yamaha 82, Metall MPC Marke weiss ich nicht), der u.a. auch die Saxstimme von Mark Knopfler und ein begnadeter Komponist und v.a. Arrangeur ist sowie dem ersten Altsaxophon der NDR-Bigband Fiete Felsch (as Serie III, Drake Mundstück, LaVoz Medium) ergänzt von dem Tenorsaxophonisten Björn Berger (Unbekanntes ts, Link Metall MPC)... alles keine rachitischen Flöten... kleiner Appetizer:



    Jedenfalls saß ich bei besagtem Gig etwas unglücklich links vom Zentrum des Geschehens.
    Von Björn Berger, der sonst ein Mark VI spielte und jetzt eine mir nicht erkennbare Hupe in dunkelbronzegoldlack hat, habe ich nicht viel gehört.

    Kontrastprogramm: ein Gig im exakt gleichen Saal, ebenfalls unplugged und mit einem völlig unbekannten Hobby-Tenoristen von zufällig fast identischer Position genossen: Raum war klanglich gut gefüllt. Der Herr spielte ein Büscher mit einem aktuellen Link STM NY, war aber auf einem spielerisch ganz anderen, weit niedrigeren Level.

    Ob es nun am Spieler, dem Horn, Mundstück, Blatt oder der Position im Raum lag, vermag ich nicht zu sagen. Aber das, was am Ohr ankommt, ist nicht immer das, was aus dem Trichter rauskommt. Die alten Amis jedenfalls, haben meist - bei all den anderen Herausforderungen, die sie bergen - keine Probleme einen Raum zu füllen.

    Hilft wahrscheinlich nicht so richtig... kindofhabsmalversucht...

    LJS
     
  7. kindofblue

    kindofblue Strebt nach Höherem

    Tenor 2, er ist "nur" der bandleader.

    kindofanswer
     
  8. JES

    JES Gehört zum Inventar

    Je höher die Frequenz um so höher die Richtwirkung der Abstrahlung. Daher ist es bei einer Stereoanlage auch egal, wo die Bassbox steht, nicht aber wo die Hochtöner sind. Und ob ein Saxophon bzw verschiedene Saxophone alle Frequenzen in der gleichen Charakteristik abstrahlen hat auch noch niemand bewiesen.
     
  9. scenarnick

    scenarnick Admin

    Physikalisch absolut korrekt. Das erklärt aber noch nicht, warum ein Opernsänger oder noch spezieller eine Sängerin des Sopranfachs auch im Pianissimo einen Opernsaal füllen kann, auch wenn sie vom Publikum weggedreht ist. Bei Sängern geht es bei der Projektion um die "Formanten", die gefühlt das Volumen der Stimme und die Projektion bestimmen. Ich habe keine physikalische Erklärung dafür, habe es im Gesangsunterricht auch nicht intellektuell begreifen oder nachvollziehen können. Wohl aber spüren. Und manchmal - genauer kann ich es leider nicht fassen - hilft einfach die Einstellung und das Gefühl, wem ich gerade etwas "erzählen" will: Mir selbst, dem Notenständer, dem Dirigenten oder dem Herrn in der letzten Reihe, der gerade gelangweilt im Textbuch liest.

    Wie gesagt, ich kann es nicht genauer fassen, aber der Gedanke, eben den Herrn in der letzten Reihe oder gar die ganze letzte Reihe zu erreichen (nicht durch Lautstärke) verändert die Charakteristik beim Singen enorm. Vielleicht will der Bandleader damit ausdrücken, dass er nicht das Gefühl hat, dass zum Publikum gespielt wird.

    (Und ja, ich komme selbst aus der Physik / E-Technik und sollte eigentlich eine technische Erklärung haben, hab ich aber nicht). I just kind-of-sing.
     
  10. Otfried

    Otfried Gehört zum Inventar

    Es geht beim Saxophon glaube ich weniger um die Richtwirkung der Abstrahlung als um das Ortungsvermögen des menschlichen Ohres. Im Gegensatz zur Trompete oder Posaune strahlen Saxophone immer mehr oder weniger diffus ab.

    Sollte mal jemand Messungen dahingehend vornehmen lasse ich mich gerne eines Anderen belehren.

    Gruß,
    Otfried
     
  11. JES

    JES Gehört zum Inventar

    Wie kommst Du darauf?

    Ihr habt mir dankenswerterweise mal Literatur zum Saxophon empfohlen. U.A. "acoustic aspects of woodwind instruments". Danach spielt das Abstrahlverhalten des Korpus quasi keine Rolle, etwas ab dem ersten großen offenen Tonloch. Damit hat dann aber auch das Saxophon eine gewisse Richtcharakteristik, ähnlich Trompete oder Posaune.
    Dann habt ihr mir empfohlen, mal gegen eine Wand zu spielen um sich besser zu hören. Ich höre da deutliche Unterschiede zwischen einer Wand senkrecht oder parallel zum Spieler. Wenn das Sax diffus abstraheln würde, dann müßte das gleich sein, vorausgesetzt die Ohren sind auch gleich.

    Hab da mal was gefunden
    https://saxwelt.de/index.php/forum/sonstiges/53166-projektion?limitstart=0
     
    Zuletzt bearbeitet: 31.Januar.2020
  12. Otfried

    Otfried Gehört zum Inventar

    Die Töne kommen halt aus verschiedenen Löchern. Nur das tiefe Bb aus einem Loch.

    Klar, wenn du direkt davor bist, quasi die Wand wirst du merken, dass die Löcher seitlich sind, und wirst du merken, dass aus dem Trichter ein gewisser Anteil kommt, und oben anders als unten.

    aber eben nicht
    Wenn Du in einem Abstand von 10 m von einem Trompeter weg bist, der haut dir die Ohren weg. Das kann kein Sopran, kein Alt und kein Tenorsaxophonist.

    Andererseits, ich habe mal in einem Raum gespielt, der war akustisch irgendwie witzig (ein ehemaliges Kino). Da spielte ich mit einer 12 - köpfigen Sambagruppe, und konnte mich solierend locker darüber setzen, den Raum völlig ausfüllen. Das konnte auch keine Trompete, und ich natürlich nur in diesem besonderen Raum.

    Gruß,
    Otfried
     
  13. kindofblue

    kindofblue Strebt nach Höherem

    Hmmm, interessant ist einfach, dass es gewisse Spieler, bei denen "strahlt" der Sound in alle Richtungen, bei anderen geht es wie ein Spritzschlauch nur weg. Ich vermute stark, das hat nix mit Setup zu tun, ja ich weiss es kann helfen und unterstützen, aber es liegt vor allem am Spieler. Wenn eine Spieler mit Projektion und einer mit wenig sich das Sax und MPC tauschen würden, das würde bei beiden Spielern immer noch gleich tönen. (+/-)

    Meine Vermutung ist, dass es zu einem hohen Grad mit der Stütze zu tun hat. Kann das aber nicht überprüfen.
    Wäre aber eine logische Erklärung? Wenn 2 Spieler gleich laut (und von mir aus mit dem gleichen Setup) spielen, dann geht bei beiden etwa der gleiche "Luftfluss" durch das MPC. Wenn jetzt der eine, ohne die Lautstärke zu verändern, mit extra schlaffer Stütze spielt und der andere strengt sein Zwerchfell stark an, dann kommt der Ton doch mit viel mehr Druck aus dem MPC, gleich laut, aber die Tonentfaltung ist dann anders. Und somit auch die Projektion....?

    Sehe ich das grundsätzlich Falsch?

    kindofpuzzled
     
  14. Claus

    Claus Mod Emeritus

    Irgendwie glaube ich, dass die Vorstellung, die Töne "kämen aus Löchern" nur bedingt das trifft, was bei der Verbreitung von Schallwellen physikalisch stattfindet.

    Aber hier gibt es ja Physiker, die da kundiger sind als ich.
     
  15. ppue

    ppue Mod Experte

    Beim Saxophon ist es nichts anderes als bei den Sängern. Was bei denen Formanten sind, nennen wir Obertöne und die haben entscheidenden Einfluss auf die Durchsetzungsfähigkeit. Dann kommt als weiter entscheidender Parameter der Raum, der immer anders ist. Und natürlich kommt es drauf an, wie der Spieler zum Hörer oder auch zur Wand steht. Wenn du dich parallel zur Wand stellst, hast du ja nur die Hälfte Klang auf dem linken Ohr. Das wirkt natürlich leiser.

    Projektion und Fokus sind für mich nach wie vor völlig unangebrachte Begriffe.

    Ich kann mich in einen Raum stellen und alle Parameter nach stellen. Wenn ich Ben Webster spiele, wirst man den Eindruck haben, es ist raumfüllend, wenn ich meine Höhen kitzele, den Eindruck, ich würde mit scharfem Strahl schießen. Drehe ich mich um und spiele vor einen Vorhang, so wird man sagen, dass es leise, unfokussiert und nicht durchsetzungsfähig klingt.
     
    Wanze, Bereckis und quax gefällt das.
  16. Otfried

    Otfried Gehört zum Inventar

    Glaube ich nicht, jedenfalls nicht so eindimensional, mehr macht mehr

    Ist halt vereinfacht. Etwas präziser wäre vielleicht:
    Jedes offene Tonloch wirkt als Schallquelle, mit dem ihm bauart- und tonbestimmten Anteil an im Rohr vorherrschenden Schallwellengemisch (Amplitude und Frequenzspektrum). Die Abstrahlung der Schallwelle hängt dann ab von der Art des Tonloches, des Klappenaufganges, sowie der Reflektion des Polsters samt Räsonatoren (besser Reflektoren).
    Aus der Gesamtheit der beteiligten Tonlöcher ergibt sich in einiger Entfernung der Gesamtklang aus der Überlagerung der Schallwellen der einzelnen Tonlöcher. Ganz nahe dran kann man die einzelnen Schallquellen noch verorten.

    Die Abstrahlung über den Korpus ist dabei noch nicht berücksichtigt. Ich persönlich halte sie für vernachlässigbar, aber prinzipiell ist der Korpus natürlich noch eine weitere Schallquelle, und zwar noch weniger als die Tonlöcher eine Punktquelle, sondern flächig, mit, zumindest näherungsweise gleichem Frequenzspektrum wie dem im Rohr befindlichen Schallwellengemisch.

    Gruß,
    Otfried
     
  17. Claus

    Claus Mod Emeritus

    Das war eigentlich mein Gedanke, aber ich habe nicht den blassesten Schimmer, welches Gewicht diese unterschiedlichen Komponenten der Schallausbreitung im Verhältnis zueinander haben.Persönlich hätte ich jetzt vermutet, dass die Anregung der Luft über den Korpus eben nicht vernachlässigbar ist.
     
  18. ppue

    ppue Mod Experte

    Na, der Korpus wird über die Wellen im Inneren angeregt und kann gegenüber den direkt erzeugten Wellen nur einen kleinen Anteil am Sound haben. Was ich nicht weiß, ob der Korpus dadurch, dass er aus Metall ist, besondere Frequenzen bevorzugt oder, wie @xcielo schreibt, alle Frequenzen so wieder gibt, wie sie auch im Instrument wellen.
     
  19. Claus

    Claus Mod Emeritus

    Woher weißt Du das?
     
  20. ppue

    ppue Mod Experte

    Na, weil es eine Schallübermittlung durch ein weiteres Medium ist. Wenn du vor eine Metallplatte singst, wird es hinter der Platte nicht lauter tönen als dein direkter Gesang.
     
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