Qualität moderner Otto-Link-Mundstücke

Dieses Thema im Forum "Mundstücke / Blätter" wurde erstellt von Super20Fan, 5.Juni.2022.

  1. Super20Fan

    Super20Fan Kann einfach nicht wegbleiben

    Tach zusammen,

    ich wollte mal heute mit Euch über ein Thema diskutieren, dass mich schon länger umtreibt.

    Und zwar geht es um die Qualität moderner Links, genauer gesagt um deren Verarbeitungsqualität. Ich habe, wie einige von Euch bereits, selbst ein paar Jahre lang Otto Link gespielt.

    Schon damals stellte ich fest, dass meine beiden Links (STM 6* und STM 8) offensichtlich unterschiedlich verarbeitet waren. Der Bahnverlauf war gerade beim 8er relativ deutlich schief. Damals hatte ich sogar überlegt, dass Mundstück zu Jo Schnabl zu schicken, um den Bahnverlauf korrigieren zu lassen. Daraus wurde nichts, weil damals meine Mutter mir das ausgeredet hatte (Wäre ich damals schon selbständiger gewesen!). Sie meinte, mein schlechter Sound käme nur daher, dass ich viel zu offene Bahn spiele.

    Erst Jahre später erfuhr ich, dass die miserable Verarbeitungsqualität meines Links durchaus keine Einbildung war. Vor sechs Jahren lernte ich Tony Lakatos auf einen Jazzworkshop kennen. Tony selbst hat wirklich zahlreiche Mundstücke bei sich rumliegen (es waren, glaube ich mindestens um die 40 Stück) und kennt sich daher mit Mundstücken recht gut aus. Ich erfuhr von ihm den Grund für die enormen Fertigungsschwankungen: JJ Babbitt stellt zumindest Otto-Link-Mundstücke aus Gussformen her, d. h. die beiden Mundstückhälften werden in jeweils einer eigenen Gussform erzeugt und anschließend zusammengeklebt. Leider wird anscheinend nachdem Zusammenbau auf eine ordentliche Qualitätskontrolle verzichtet. Warum das so ist mir nicht bekannt und konnte ich auch nirgendwo bisher herausfinden, ich nehme mal an, es sind Kostengründe.

    Im Laufe der Zeit habe ich herausgefunden, dass es gerade bei erfahrenen Spielern bekannt ist, dass Links unter starken Qualitätsschwankungen leiden. Da gibt es zum Beispiel ein Youtube-Video von "The Saxophonist", wo Paul Haar die FL-Serie testet. Er hat hierbei ein 7 und ein 7* in den Vergleich genommen. Die Mängel an beiden Mundstücken waren zahlreich. Auf dem 7er konnte man zum Beispiel sehen, dass es an der Mundstückspitze und Bissplatte schief war, selbes Problem mit dem Baffle. Das 7* hatte dagegen das Problem, dass noch die Stelle erkennbar, wo die Mundstückhälften zusammengeklebt wurden. Außerdem wurde die Blattschraube offensichtlich beschädigt. Hier das Video dazu:



    Grundsätzlich bin ich mittlerweile zur Haltung gekommen, dass es sich eigentlich nicht lohnt, (modernes!) Link zu kaufen. Es ist zu oft ein Glücksspiel, ob du eines in ordentlicher Qualität bekommst oder nicht. Es gibt in der Preisklasse (also 200 € - 300 € bei Metallmundstücken, 150 € - 200 € bei Kautschukmundstücken) deutlich besser verarbeitete von Vandoren oder D'Addario. Mich wundert es daher, dass es teilweise noch heute Saxlehrer gibt, die ihren Schülern Otto Link empfehlen.

    Aber wie seht Ihr das?

    Ich bin auf Eure Rückmeldungen gespannt.

    VG
     
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  2. Earl Jay

    Earl Jay Ist fast schon zuhause hier

    Leider ist das so. Als Refacer habe ich da schon wirklich üble Sachen gesehen.
    Gerade auch bei den unverschämt teuren neuaufgelegten Vintage-Replicas (Florida-STM, EB Connaisseur).
    Da wird unglaublich viel Geld für absoluten handwerklichen Murks verlangt.
    Da gibts für deutlich weniger Geld ein vielfaches an Qualität auf dem Boutiquemundstückmarkt (ähem ;) ).
    Dort können die teuren Mundstücke in aller Regel auch was.

    Warum machen die bei Babbit das? Weil sie es können.
    Ich behaupte mindestens 90% aller Feld-, Wald- und Wiesensaxophonisten haben noch nie ein wirklich gutes Mundstück gespielt und können es daher schlichtweg nicht beurteilen. Da reicht es viel Geld hingelegt zu haben (da muss es ja gut sein) und den Rest auf Ansatzprobleme und schlechte Blätter zu schieben. Noch ein bisschen Marketing und dann viel "Spaß" beim Üben..

    VG
    Jens
     
  3. Super20Fan

    Super20Fan Kann einfach nicht wegbleiben

    Ich finde es mittlerweile lächerlich, dass auf den Otto-Link-Schachteln steht "Choice of the world's greatest artitsts". Ja, das hat früher mal gegolten, als der Ruf bei Jazzsaxophonisten überragend war. Als die Mundstücke von Ben Webster, John Coltrane, Sonny Rollins, Wayne Shorter, Johnny Griffin, Wardell Gray etc. zuhauf gespielt wurden.

    Aber mittlerweile ist es nur noch der Name, wovon Babbitt profitiert.

    Es gibt ja, wie ich ja im ersten Post bereits geschrieben habe, deutlich bessere Replicas. Auch wenn man dann durchaus mehr hinlegen muss als für Otto Link. Zum Beispiel habe ich für das Retro Revival Super D NY 8* ca. 500 € bezahlt. Es ist ein Replica von einem Otto Link Double Ring. Das ist natürlich viel Geld, aber das Teil spielt sich viel besser als die Links, die du üblicherweise im Laden erhältst. Ansprache besser, Tonmodulation besser, Projektion besser...

    Selbst die Sonderserien von Otto Link kann man meines Erachtens in die Tonne hauen. Ich habe von ein paar Jahren in einem kleinen Sax-Laden in Waiblingen verschiedene Kautschuk-Mundstücke angespielt. Darunter war auch ein Otto Link Vintage 7*. Das Ding war schon nach den ersten paar Sekunden, wo ich es angespielt hatte, aus dem Rennen. Es klang total blechern und der Blaswiderstand fühlte sich ungewöhnlich hoch an, obwohl ich zu diesem Zeitpunkt auf einen Conn Ladyface spielte. Sieger war dann ein Navarro Bop Boy 7*. Das kostete dann aber auch 550 €.
     
  4. Wanze

    Wanze Strebt nach Höherem

    Genau so. Habe bei einer Auswahlsendung alle Links wieder zurückgeschickt - schon allein die Dickenunterschiede, so dass beim einen die Blattschraube gepasst hat, beim anderen nicht :eek:
    Bin dann bei einem Jody Jazz gelandet. Super konstante Qualität, kann man unbesehen kaufen.

    Das schlimme ist, dass Babbit damit auch 'gute' Namen kaputtmacht. Nicht nur Link, auch bei Raschér kann man die Qualität (im Sinne von reproduzierbarkeit) mittlerweile in die Tonne treten. Schade drum.

    Naja, mit dem 'kleinen Sax-Laden' in Waiblingen hab ich auch schon meine Erfahrungen gemacht was (Vintage)Saxophone betrifft. Jetzt sag ich lieber nix mehr. Oder nur über PN.

    Grüße,

    Wanze
     
  5. Silver

    Silver Strebt nach Höherem

    Die deutliche Qualitäts-Streuung der aktuellen OL, quer durch alle Typen, ist altbekannt. Das gab es schon in meinem ersten Saxleben in den späten 1980er/ frühen 1990ern … damals kam mein Lehrer mit und hat den Laden genötigt, mir wenigstens drei oder vier zur Auswahl zu geben (war damals noch „unerhört“ bei Markenware).

    Die früheren OL bis einschließlich der Early Babbitt hatten ihren guten Ruf durchaus zu Recht.

    Was mir persönlich nicht so gefällt sind die vielen als OL-Klone beworbenen Mundstücke.
    Ein „Slant on Steroids“ (Drake) ist kein Slant, ein RR Super D oder Fry Vintage sind keine Double Ring - da sind überall „Verbesserungen“ eingebaut, die mit den originalen Designs nicht immer im Einklang sind. Dadurch gehen die Klone irgendwie besser los, es fehlt ihnen aber an Komplexität und Tiefe im Ton.

    Ich habe das mal vor einiger Zeit mit zwei RR Stubby und einem original Dukoff durchdekliniert.
    Fazit damals: Die RR sind wie Helen Mirren als Queen Elisabeth II. Überzeugend, solange man nicht das Original daneben stellt.

    Weil mir die Originale zu teuer (ab 2000USD für ein Gutes) und das Risiko zu hoch ist, ein mehrfach nachgeschnitztes teuer angedreht zu bekommen, bin ich gerade mit Nadir‘s Interpretation eines Double Ring sehr zufrieden. Heißt Florida, klingt und spielt auch so, ist aber sein eigenes Design.
     
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  6. ilikestitt

    ilikestitt Strebt nach Höherem

    Auch da gibt es eine deutliche Streuung und nicht alle sind gut. Ich hatte da schon viel Mist in der Hand, den ich nicht hätte spielen wollen. Auch da muss man suchen. Und nicht jeder mag das gleiche an einem Mundstück. Sogar schon früher zu Zeiten von Coltrane war Refacen üblich.
     
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  7. Super20Fan

    Super20Fan Kann einfach nicht wegbleiben

    Ich habe mein RR Super D damals gekauft, nur um mal eine Vorstellung zu bekommen wie das Teil klingt. Ich habe da eher nicht den Anspruch gestellt, eine exakte Kopie von einem Double Ring zu erhalten.

    Was ich mit den Replica-Mundstücken aussagen wollte, ist, dass man den OL-Vibe mit auch mit anderen Herstellern bekommen kann. Und ich finde es persönlich auch zu viel verlangt, wenn man erwartet, von einem Mundstück exakt dieselben Eigenschaften geliefert zu bekommen wie das legendäre Vintagemundstück.
     
  8. ilikestitt

    ilikestitt Strebt nach Höherem

    Babbitt ist halt ein Massenhersteller. Ich würde nicht sagen, daß man bei Babbitt nicht gute Mundstücke findet aber man muss halt viele viele ausprobieren. Ich habe von einigen Babbittmodellen für Tenor und Alto 5-6 bei gleicher Öffnung, mehr noch bei unterschiedlichen Öffnungen und die sind alle anders, und die die ich mir da rausgesucht habe sind auch recht gut. Das beste moderne Link Kautschukmundstück, das ich je spielen durfte war aber von Philtone optimiert.

    Das Problem mit der Streuung ist aber auch bei anderen Mundstücken und anderen Herstellern vorhanden, es ist halt doch nicht so leicht wirklich ganz genaue identische Mundstücke herzustellen.
     
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  9. Super20Fan

    Super20Fan Kann einfach nicht wegbleiben

    Nach Aussagen von Tony Lakatos wurden aber früher immerhin die Mundstücke, wenn sie nicht gut waren, direkt wieder zurück zur Fabrik geschickt. Aber gut, ich kann das nicht mit eigenen Erfahrungswerten vergleichen, ich habe besitze außer einem Early Babbitt für mein Dolnet Bariton kein Otto-Link-Klassiker.
     
  10. Silver

    Silver Strebt nach Höherem

    Ich hatte angefangen, im obigen Post sowas zu schreiben, dann aber wieder rausgenommen.

    Die heutigen OL leiden an der Fertigungsqualität, die damaligen waren wegen der Handarbeit eigentlich immer irgendwie unterschiedlich.
     
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  11. ilikestitt

    ilikestitt Strebt nach Höherem

    Wir waren damals nicht vor Ort und wissen nicht was gemacht wurde. Aber Refacer waren schon damals aktiv und Leute wie Coltrane immer auf der Suche. Und bei den wirklichen Vintage Mundstücken, wissen wir doch auch nicht was da schon gemacht wurde und ob das so aus der Fabrik kam.
     
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  12. Super20Fan

    Super20Fan Kann einfach nicht wegbleiben

    Das bestreite ich auch nicht. Aber die Suche gestaltet sich teilweise extrem lange bei Otto Link. Da gibt es einen über 10 Jahre alten Artikel von Steve Neff, wo er erzählt, dass er mal in einem 10 verschiedene Links ausprobiert hat. Keines davon hat ihm irgendwie gefallen.
     
  13. Silver

    Silver Strebt nach Höherem

    Vandoren kann sowas.
    D‘Addario, was ich so mitbekommen habe, auch.
    Yamaha sowieso.
    Selmer und Yanagisawa sollen auch sehr konsistent sein.

    Eigentlich ist es fertigungstechnisch kein Hexenwerk.
     
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  14. Super20Fan

    Super20Fan Kann einfach nicht wegbleiben

    Naja, das man viel auf der Suche ist, würde ich aber unabhängig von der Verarbeitungsqualität sehen. Coltrane hat einfach nach dem perfekten Mundstück gesucht, um seine Soundvorstellung umsetzen zu können. Das ist bei mir nicht anders. Aktuell spiele ich ein 10mfan Robusto 8*. Aber ein paar Jahren ist es wieder ein anderes Mundstück.
     
  15. ilikestitt

    ilikestitt Strebt nach Höherem

    Ich hatte das auch schon daß bei 10 Babbitts mir nichts gefallen hat und beim nächsten Test war was bei was mir gefiel und auf dem spielte ich auf dem Alto viele Jahre. Und auch bei anderen Herstellern hatte ich schon, daß ich 5-6 probierte und keins mochte. Es ist halt auch manchmal die Frage was man sucht. Manchmal findet man selber was toll, Jemand anderer findet das Mundstück belanglos oder andersrum.
     
  16. ilikestitt

    ilikestitt Strebt nach Höherem

    Und ich habe mir mal ein Robusto gekauft und es gehasst, eins der wenigen Mundstück, die ich sofort wieder verkauft habe.
    Und wir suchen doch alle das Mundstück mit dem wir unseren Sound finden, nur welches das ist, wissen wir nicht und da kann man sich halt schnell an Mythen festbeissen.
     
  17. Super20Fan

    Super20Fan Kann einfach nicht wegbleiben

    Ich kann von mir sagen, dass ich in den letzten drei Jahren kein Mundstück irgendwo noch vor Ort angespielt habe. Seit dieser Zeit sind ausnahmslos alle Käufe von mir Blindkäufe aus dem Internet. Und bei allen blieb bei mir ein mindestens positiver Eindruck, wenn nicht gar ein Wow-Effekt, zurück.
     
  18. ilikestitt

    ilikestitt Strebt nach Höherem

    Yamaha stellt kaum Munstücke her ausser die Anfägerdinger und da gibt es eine Schwankung, davon hatte ich genug in der Hand und immer vorrätig für Schüler. D'addario habe ich auch schon Schwankungen erlebt bei der Klarinette und beim Tenor. Und Selmer ist da auch nicht so konsistent ist mein Eindruck, war zumindest schwierig Ersatz für ein neues Selmer für einen Schüler zu finden, das runtergefallen war. Und auch bei Vandoren sind die nicht alle gleich.
    Sicherlich ist Babbitt was die Abweichungen angeht schon manchmal heftig und höhere Streuung als bei den anderen Firmen, die du genannt hast aber das z.B. die Grössen nicht stimmen habe ich auch schon bei anderen Firmen erlebt. Spannend ist bei Babbitt immer wie die Kammer ausfällt, da kann man sich bei Meyer nie drauf verlassen.
     
  19. ilikestitt

    ilikestitt Strebt nach Höherem

    Bei mir nicht, weder bei Blindkäufen, noch bei Käufen vor Ort. Ich bin aber hier mit Läden auch gesegnet, wo ich probieren kann.
     
  20. Super20Fan

    Super20Fan Kann einfach nicht wegbleiben

    Hmm, dann muss ich ja wohl mit unglaublich viel Glück gesegnet sein.
     
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