Warum spielen so viele Profis Selmer?

Dieses Thema im Forum "Saxophone" wurde erstellt von Silver, 13.August.2019.

  1. Sandsax

    Sandsax Gehört zum Inventar

    Billiger nicht, aber man liest eigentlich überall, dass King lange Zeit das Super 20 unterhalb der Produktionskosten abgeben musste, um in den USA mit dem Mk. VI-Preis konkurrieren zu können und das Modell auch deshalb immer weiter abgespeckt wurde.

    Vielleicht haben die aber alle nur voneinander abgeschrieben…
     
  2. ppue

    ppue Mod Experte

    Konkret im Jahr 1955

    Selmer Mark VI Tenor ca. 500,-$
    Conn Artist 10M 367,-$

    Selmer seit zwei Modellen schon balanced action, Conn mit der Mechanik von 1932.
     
  3. slowjoe

    slowjoe Strebt nach Höherem

    Sehe ich auch so. Die Anzahl Saxophonkaufbereiter Endkunden dürfte sich in Europa während des Krieges etwas reduziert haben und der Export nach England und in die USA ging auch leicht zurück...

    SlowJoe
     
  4. ppue

    ppue Mod Experte

    Natürlich war die Nachfrage überall geringer. Selmer hatte aber wohl noch ca 60% seiner normalen Produktionszahlen. Ich weiß nicht, warum die besser dran waren als ihre amerikanischen Kollegen.
     
  5. slowjoe

    slowjoe Strebt nach Höherem


    Das heisst, auch die Behauptung dass Selmer wegen der "gunstigeren Preise" einen Vorteil in den USA hatte
    ist auch nur eine der vielen Legenden.


    SlowJoe
     
  6. ppue

    ppue Mod Experte

    Selmer hat den Preis für das Mark VI sehr hoch angesetzt. In Folge des günstigen Währungskurse kam der hohe Preis aber in Amerika nicht so extrem an.
     
    Rick gefällt das.
  7. Sandsax

    Sandsax Gehört zum Inventar

    Jain.
    Das 10M war 1955 schon qualitativ und im Herstellungsaufwand (bspw. keine gerollten Tonlöcher mehr) nicht mehr in der gleichen Liga mit dem Selmer- oder zumindest nicht mehr in der gleichen Liga mit seinen nicht abgespeckten Vorgängern.
     
    Zuletzt bearbeitet: 13.August.2019
    Rick und Bereckis gefällt das.
  8. Sandsax

    Sandsax Gehört zum Inventar

    Außerdem ließ Selmer die Saxophone in den USA endmontieren, um den hohen Einfuhrabgaben auf das fertige Produkt zu umgehen.
     
    Bereckis und ppue gefällt das.
  9. slowjoe

    slowjoe Strebt nach Höherem

    Das war in Deutschland ein Schweinegeld. 500 US$ waren damals über 2500 DM. Mein Vater als kleiner kaufmännischer Angestellter in einer grossen Firma verdiente das in ca. 10 Monaten.

    Und auch in den USA war das kein Pappenstiel. Ein Cadillac Eldorado - ein Luxusschlitten den sich nur wenige leisten konnten
    kostete 1955 in seiner Basisversion etwa 5000 US$.
    Wenn ich das auf heute übertrage heisst das ein Zehntel vom Kaufpreis einer 500er S - Klasse für ein Saxophon....
    Nicht so wirklich ein Billig - Sax.


    SlowJoe
     
  10. Gelöschtes Mitglied 5328

    Gelöschtes Mitglied 5328 Guest

    M. E. sind die Amis gegenüber Selmer gnadenlos untergegangen, weil sie die Strategie verfolgt haben günstiger sein zu wollen als Selmer, statt besser!

    Und das in einer sehr reichen Volkswirtschaft, die damals fast 70% des weltweiten Bruttoinlandprodukts erwirtschaftet hat.

    CzG

    Dreas
     
    Kohlertfan, Bereckis und Sandsax gefällt das.
  11. ToMu

    ToMu Strebt nach Höherem

    vivat selmer!!
     
  12. Bereckis

    Bereckis Gehört zum Inventar

    So sehe ich dies auch!

    Masse statt Klasse
    keine Innovation

    Leider.

    Auch habe ich den Eindruck, dass in der U.S.A. generell weniger auf Handwerkertradition und mehr auf Industriealisierung gesetzt wurde.
     
  13. Rick

    Rick Experte

    Ja, aber ist das heute immer noch so?
    Die ÄLTEREN Berufsmusiker spielen das (noch), aber viele junge Profis, gerade die aktuellen Twens, greifen gerne zu anderen Marken und Herstellern, wie ich mitbekomme, es gab sogar mal einen regelrechten Conn-Hype in der Szene.
    In den USA scheint es durchaus eine wachsende Zahl Cannonball-Spieler zu geben (neben einem großen Run auf gut erhaltene Keilwerths, man will es als Deutscher kaum glauben!), und in Asien ist meines Wissens Yanagisawa DER "hot shit".
    Natürlich existiert immer noch der Mark-VI-Hype, aber eben nur in bestimmten Kreisen, nicht generell, würde ich sagen.

    Wie schon mehrfach erwähnt: In den 1950ern kam das Mark VI und hat alles überrollt, es war nach Meinung einiger Historiker damals einfach das beste Horn auf dem Markt, also ist es absolut nachvollziehbar, dass es dementsprechend begehrt war. Die Musiker haben sich da gegenseitig beeinflusst, später ihre Schüler und Fans als Vorbild auf den Geschmack gebracht.

    Als ich Ende der 1980er erstmals in der Lage war, mir ein Sax selbst auszusuchen, ohne meine Eltern anbetteln zu müssen, galt das YTS 62 in meinen Kreisen als das Maß aller Dinge, angeblich besser als die damals neu gebauten Selmer-Modelle, also kaufte ich mir, wie viele andere zu der Zeit auch, die Lust auf ein neues und kein "olles" Horn hatten, so ein Teil. Ich meine, der RICHTIGE Mark-VI-Hype, so wie heute mit schwindelerregenden Sammlerpreisen, kam erst danach so richtig auf bzw. bei mir an.
    Ein Kollege mit einem fast schrottreifen, weil nicht professionell gewarteten Mark VII Alto, behielt dieses als Backup und holte sich, so schnell er konnte, ebenfalls ein Yamaha. Heute spielt er als Tenor ein Conn, so weit ich weiß.

    Und kaum jemand von den Kollegen, die ich persönlich kenne, schwört auf Selmer oder überhaupt irgendeinen bestimmten Hersteller. Man nimmt, was einem gefällt und man sich leisten kann, und freut sich daran so lange, wie es ohne aufwendige Überholung funktioniert. Und wenn dann der Tag gekommen ist, wo man sich mal etwas Neues wünscht, kauft man nicht unbesehen irgendwas mit "tollem Namen", sondern probiert und testet, bis man einen würdigen Nachfolger gefunden hat.

    So ging es mir auch mit meinen aktuellen Hörnern - natürlich hilft das Endorsement ein wenig und bietet mir gewisse Vorteile, aber wenn mich die Dinger nicht überzeugen würden oder ich nach nunmehr über einem Jahrzehnt ausschließlicher Benutzung von Instrumenten dieser Marke ernsthafte Zweifel hätte, würde ich ohne Zögern etwas anderes suchen, denn soooo masochistisch bin ich nicht, dass ich Schrott spielen würde, nur weil mir der wenigstens kostenlos überholt wird. ;)
     
    Zuletzt bearbeitet: 13.August.2019
    charly-5, dikoki, kokisax und 5 anderen gefällt das.
  14. gaga

    gaga Gehört zum Inventar

    Verstehe ich das richtig: Dieser Conn-Selmer-Vergleich beschreibt den amerikanischen Nachkriegsmarkt. Was aber ist mit Europa?

    Als ich Anfang der 70er ein gutes Sax haben wollte, sagte "jeder", ich solle mir auf jeden Fall ein Selmer kaufen - also weder ein Hohner, noch ein Keilwerth oder.. Es gab nur noch den Trick für ganz Arme, mit einem leeren Koffer nach Prag zu reisen und mit einem neuen Sax für 600 Mark wieder zu kommen. Von amerikanischen Hörnern war nie die Rede - man wusste von Conn und dass amerikanische Musiker sowas spielten, aber hier gab es keine, schon gar nicht gebraucht. Selmer schien bei professionellen Ansprüchen eigentlich alternativlos.

    Ich schildere die Lage aus der Sicht eines jugendlichen Provinzjazzers in OL/WHV bis 70, dann in H. Von Hype und Liebhaberpreisen war noch keine Rede.
     
    Rick gefällt das.
  15. Claus

    Claus Mod Emeritus

    Hmm, Du hast sicherlich deutlich mehr Kontakte zu anderen Musikern als ich und ich weiß nicht, ob es tragfähige aktuelle Statistiken überhaupt gibt, aber mein persönlicher Eindruck bei den Malen, bei denen ich bei Profis neugierig auf die Instrumente schaue ist doch, dass Selmer überproportional vertreten ist.

    wie gesagt - nur meine ganz persönliche Erfahrung.
     
  16. Kohlertfan

    Kohlertfan Strebt nach Höherem

    Auch in meiner Wahrnehmung gab es in der Zeit nur Selmer und allenfalls noch Keilwerth. Selmer war eher das Jazzhorn, Keilwerth eher das Musikverein oder Tanzmusikerhorn. Die Japaner tauchten noch nicht am Horizont auf und von den Amis hat man hier nichts gesehen und gehört. Überhaupt hatten die Amerikaner ab den 50iger Jahren nichts eiligeres zu tun, als ihre Industrie kaputt zu sparen, nicht nur die Saxophonherstellung, sondern auch die Maschinenbau und später auch die Autoindustrie.

    Meines Wissens hat Selmer damals (60iger / 70iger Jahre) auch vielen US Profis, die nach Europa kamen Ihre Saxophone sehr günstig oder gar umsonst in die Hand gedrückt. Das hat die Szene schon ziemlich geprägt. Und da das Mark VII Ergonomisch vielen nicht gefallen hat, blieben viele halt beim Mark VI.

    Aber es gibt heutzutage viele Profis, die japanische oder taiwanesische Hupen spielen. Benjamin Koppel in Kopenhagen spielt Yamaha Altos mit Bögen von J.K. Gotfried. James Carter spielt auch keine Selmers. Viele spielen wieder alte Conns, usw.

    Ich finde es relativiert sich.
     
  17. Rick

    Rick Experte

    Das kann man aber auch psychologisch erklären, nämlich einfach durch selektive Wahrnehmung und Erwartungs-Bestätigung.
    Beispiel: Vor ein paar Jahren wurden bei uns die alten, wegen Landkreiszusammenlegungen lange ausrangierten KFZ-Kennzeichen wieder erlaubt. In der Zeit danach kam es mir so vor, als würden diese "neuen" Kennzeichen bei vorbeifahrenden PKWs allmählich Überhand gewinnen, denn jedes Mal, wenn ich so eines erblickte, fiel es mir auf. Bei Spaziergängen habe ich dann mal mitgezählt - und bin zu dem Ergebnis gekommen, dass immer noch die bisherigen Kennzeichen dominierten, die anderen waren nur moderat mehr geworden und nicht in dem Übermaß, wie ich es nach meiner Wahrnehmung erwartet hatte.
    Das erinnert auch an das "Gorilla-Phänomen": Man achtet nur auf das, was man erwartet, nicht auf das Unerwartete. ;)
     
    charly-5 gefällt das.
  18. Silver

    Silver Strebt nach Höherem

    Bei den Gigs, die ich mir so anhöre, sehe ich immer noch weit überwiegend Selmer - und das sind schon mal die „einschlägigen“ Jungs der aktuellen Szene wie Gille, Coburger, Felsch usw.
    Bei den Sender-Bigbands wird auch konsequent geselmert (Ausnahme: ehemals zwei Binen beim NDR. Aber Christof Lauer hat ja aufgehört).
    Und auch auf den Semesterkonzerten von Musikhochschulen haben viele Kids das „S“ im Bogen.

    LJS
     
  19. Rick

    Rick Experte

    Das Logo am Bogen ist schon ziemlich praktisch gemacht, man sieht es meistens auf den ersten Blick, bei anderen Marken muss man schon auf den Becher linsen oder nachfragen, was das für ein Horn ist.

    Und wie gesagt könnte es auch mit dem Fokus aufgrund der Erwartungshaltung zusammenhängen: Wenn man erwartet, dass die meisten Selmer spielen, achtet man auch besonders darauf und ignoriert die anderen Marken eher, wie ich bei meinen KFZ-Kennzeichen. ;)
     
    Zuletzt bearbeitet: 13.August.2019
    mcschmitz und dikoki gefällt das.
  20. Silver

    Silver Strebt nach Höherem

    In den ersten Absätzen drei kapitale Fehler ... hab‘s nicht zu Ende gelesen.

    Fehler 1: die Mechanik ist keine Neuheit beim MK VI 1954 sondern beim Balanced Action 20 Jahre früher.
    Fehler 2: Die billig-in-USA-Legende
    Fehler 3: Fertigung in USA wegen zu großer Nachfrage - es ging um Einfuhrzölle, sonst nix!

    Aber schön zu lesen, dass das eine oder andere MK VI auch heute noch als ganz OK angesehen werden kann.
    Schlecht recherchiert, unqualifiziert geschlussfolgert. Setzen. 6.

    LJS
     
    Rick, kokisax, Bereckis und 3 anderen gefällt das.
  1. Diese Seite verwendet Cookies, um Inhalte zu personalisieren, diese deiner Erfahrung anzupassen und dich nach der Registrierung angemeldet zu halten.
    Wenn du dich weiterhin auf dieser Seite aufhältst, akzeptierst du unseren Einsatz von Cookies.
    Information ausblenden