Ansprache Keilwerth Tenor SX90R

Dieses Thema im Forum "Saxophone" wurde erstellt von antonio, 21.Mai.2021.

  1. ArminWeis

    ArminWeis Experte

    Hallo zusammen,
    das "Bördeln" ist nach meinem Kenntnisstand aus der Not heraus geboren. Damals (Jahr unbekannt) war es schwer, ordentliche Polster zu kaufen, die Lieferketten der Lederleute waren nicht eindeutig und schon garnicht auf diese Anwendung spezialisiert. Also entweder zu dick oder zu dünn. Das dicke hat nicht gedichtet, das dünne ist gerissen bei den scharfen Tonlochrändern. Findige Saxophonkonstrukteure haben eine Anleihen im Querflötenbau genommen (Die Fischhaut / Goldschlägerhaut vertrug auch keine scharfen Ränder, deshalb wurde gebördelt). Problem war immer die Größe des Tonlochs (Saxophon viel größer als Flöte). Sobald sich das Werkzeug ein klein wenig ausgeschlagen hatte - da sind ja richtige Kräfte im Spiel - gab es keine planen Oberflächen mehr.
    Irgendwann (Jahr unbekannt) gab es die guten Polster bereits aber es wurde immer noch gebördelt. Das lud förmlich ein zu blumigen Begründungen, warum es besser sei. Anzumerken sei, dass die Polster erst seit ca. 20 Jahren durchgehend imprägniert sind. Das hat verschiedene Gründe, Vor- und Nachteile wären woanders zu erläutern. Jedenfalls neigen die imprägnierten Leder zum kleben und schmatzen, was sich besonders bei gebördelten Kaminen rächt, weil die Auflagefläche andere Adhäsionskräfte hat. Gelöteter Ring oder gebördeltes Loch, es macht keinen Unterschied. Übrigens ist der Vorgang des Tonlochziehens exakt der gleiche, das Bördeln ist ein / meistens zwei ) zusätzlicher Arbeitsschritt.
    Beste Grüße aus der Werkstatt
    Armin
     
  2. JES

    JES Gehört zum Inventar

    Wie rollt man denn Löcher?
     
  3. TSax80

    TSax80 Ist fast schon zuhause hier

    Keilwerth hatte das SX90 mit geraden Tonlochkaminen entwickelt. An der Entwicklung beteiligt war Peter Ponzol, nach ihm war auch das erste Modell benannt. Er riet Keilwerth, die Tonlochkamine wieder zu bördeln, was Keilwerth auch tat und SX90R nannte. Daher haben die frühen SX90R tatsächlich echt gebördelte Tonlochkamine. Mit dem Weggang von Ponzol stellte Keilwerth auf die Bördelringe um, wahrscheinlich nur aus produktionstechnischen Gründen. Dieser Wechsel fällt ca. auf die Seriennummer 100000 und peng, es gibt wieder 5-digits zu jagen! Die unter Ponzol vertriebenen SX90R hatten auch angeblich etwas andere S-Bögen, die - natürlich - besser klangen. Nochmal was zu jagen.
    Keilwerth bot anfangs SX90 und SX90R parallel an, stellte das SX90 aber bald ein, da jeder die schönen Bördelringe auf den Tonlochkaminen wollte. Da hatte Ponzol recht gehabt.

    Quelle: das Internet;)
     
    Zuletzt bearbeitet: 1.Juni.2021
  4. TSax80

    TSax80 Ist fast schon zuhause hier

    Hallo Armin, vielen Dank für Deine Erläuterung, das klingt sehr plausibel. Selmer hat ja auch nie gebördelt, oder? Halten denn Polster länger, wenn die Tonlochkamine gebördelt sind?
     
  5. Wuffy

    Wuffy Gehört zum Inventar

    Das musst du die fragen, die es schreiben und sprechen.

    Ich schrieb ja deshalb auch "Gerollte Tonkamine"

    Warum hat das SX90R wohl sein "R" im Namen ?

    Frag mal einen Beatles-Kenner, wie man ein Loch fixiert ( Fixing a Hole) ;)

    Gr
     
  6. TSax80

    TSax80 Ist fast schon zuhause hier

    :)
     
  7. JES

    JES Gehört zum Inventar

    Auch die Kamine sind nicht gerollt sondern gezogen. Die Kante der gezogenen Tonlochkamine ist eingerollt, oder gebördelt.
    Ein gerollter Tonlochkamin wäre aus einem Stück flachem Blech ausgeschnitten, um einen Dorn gerollt, zusammengelötet und dann auf den Korpus aufgelötet. Das macht keiner.

    Fixing im Englischen heißt auch nicht fixieren, sondern eher fertig machen oder auch reparieren. Wenn ich sage "i have to fix some things.." dann muss ich noch ein paar Sachen erledigen (befor ich mit dir ein weinchen kippen kann).

    Aber PEACE. Ich denke im Deutschen ist gebördelt der richtige Fachausdruck, alternativ umgebogen oder umgekantet oder umgefaltet, je nachdem wie eng man um die Ecke geht, und wenn die Amis eben ihre rolled tone holes haben wollen, bitte.
     
    Zuletzt bearbeitet: 1.Juni.2021
  8. ArminWeis

    ArminWeis Experte

    Polster mit gutem Leder interessieren sich nicht für den Tonlochrand, nach meiner Beobachtung ist die Haltbarkeit nicht davon abhängig
     
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  9. antonio

    antonio Gehört zum Inventar

    Klar, trifft als Spezialfall hier sicherlich zu. Bördeln ist mehr der Oberbegriff, quasi als unspezifische Anwendung. Eben auch bei Konservendosen o.ä.
    Sprengt ein wenig meine Verfahrenstechnischen Einsichten. Man könnte sagen, dass ein Draht als "Vollmaterial" höhere Festigkeit aufweist, aber das ist hier bei diesen Kräften eher nicht so das Thema, meine ich.
    Wir haben mal an einem komplett verhunzten Büscher für jedes Tonloch in zig Durchmessern auf der Drehbank Ringe angefertigt aus Messingrohr/Messingbolzen. Der Aufwand war unsäglich. Das zu automatisieren für die Serie? K.A. was das aufwandmässig genau erfordert. Auch Ringe aus Draht geformt erfordern m.E. ziemlich kniffligen Aufwand. Was genau da kostengünstiger ist, weiss sicherlich Keilwerth :) Funktionsmässig spielt es keine Rolle, man will ja einfach diese schöne Rundung haben zur Schonung der Polster, da gehen beide Produktionsmethoden.
     
  10. Sandsax

    Sandsax Gehört zum Inventar

    Ein Vollmaterial (Draht) kann man, wenn bei zukünftigen Reparaturen Tonlöcher geplant werden müssen, sorgloser bearbeiten.
    Zur Not könnte man sich sogar vom Hersteller, so es den noch gibt, entsprechende Ringe besorgen?
    Bei einem gerollten Blech ist große Vorsicht angeraten, sonst kommt man durch- gut, reparieren kann man alles, wie wir hier schon gezeigt bekommen haben :)

    Ich weiß, dass es hierzu verschiedene Philosophien gibt, bis dahin, dass gerollte Tonlöcher überhaupt nicht beschiffen werden.
    Streng an diese Philosophie halten sich aber auch nicht so viele… wo hört Schleifen auf, wo fängt Polieren an? Wie viel Material nimmt die Politur letztlich weg? Nach der GÜ ist der ehemals runde Tonlochrand dann zwar plan aber oft eckig… :-?

    Erst kürzlich habe ich ein 30M gesehen, an dem viele Tonlöcher komplett vermurkst und ausgefranst waren :cry2:. Das war in seinem Leben leider mindestens einmal beim falschen Sax-:nurse: gelandet.
     
  11. antonio

    antonio Gehört zum Inventar

    @Sandsax
    Da geb ich dir vollkommen recht :) ich hatte mal ein Chu zum Ausprobieren, sehr renomierter Reparateur, GÜ. Das Horn funktionierte einwandfrei, super Sound und ich war nahe dran es zu kaufen. Habe dann aber noch näher hingeschaut und gesehen, dass im untern Bereich Tonlöcher mit der Feile(oder Fräser) geplant wurden. Obwohl es natürlich gerollte waren. Das hat mich ziemlich abgeschreckt - da gab es richtige Flächen oben drauf. Das Horn ging dann zurück.

    antonio
     
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  12. Thomas

    Thomas Strebt nach Höherem

    Ich habe damals in Nauheim beides probiert, ich war offensichtlich nicht feinfühlig genug jenseits der individuellen Unterschiede der Hörner einen grundsätzlichen Unterschied zu merken. Neusilber gab es damals noch, sah gut aus war aber irgendwie nichts wo ich mehr Geld ausgegeben hätte. Bei normalen Goldlackhörnern hätte ich definitiv das deutlich günstiger SX90 genommen.
    LG
    Thomas
     
  13. JES

    JES Gehört zum Inventar

    Naja, also wenn es lt. Armin keine Rolle spielt, ob Tonlochkamine gebördelt sind oder nicht, dann ist es zunächst einmal auch kein Problem, wenn die Bördelung abgeschliffen wurde. Annahme, das Material ist nicht zu weich und eine Bördelung war konstruktiv notwendig. Ob man in diesem Fall reparieren kann und ob der Aufwand lohnt...?
    Wuffy wird sich die Mühe machen, bei einem SaxDoc mit regulärem Stundensatz könnte das teuer werden.
     
  14. Wuffy

    Wuffy Gehört zum Inventar

    Wenn man ein Schrott-Sax mit wenig Aufwand reparieren kann...ist es plötzlich wieder ein Traumsax.

    Geheimtipp:

    Aus allen alten Polster mit Spannringen, die Spannringe ausbauen und sammlen.

    Das ideale Profil zur Tonkamin-Teilsanierung oder Komplett-Sanierung

    Lasst Bilder sprechen:

    Gr Wuffy
     

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  15. JES

    JES Gehört zum Inventar

    Wuffy
    Du kriegst nen Spitznamen : Daniel Düsentrieb
     
  16. tomaso

    tomaso Strebt nach Höherem

    Wenn ein ganzes rolled tone hole benötigt wird,
    ....auch das geht mit entsprechendem Aufwand.

    IMG_20190619_122406328.jpg IMG_20190619_122415528.jpg IMG_20190619_123915740.jpg IMG_20190619_130021201.jpg IMG_20190619_130035643.jpg IMG_20190619_130207031.jpg IMG_20190619_130441498_BURST001.jpg IMG_20190619_131104587_BURST000_COVER_TOP.jpg IMG_20190619_133302289.jpg IMG_20190619_135409933.jpg
     
    pt_xvi, Frau Buescher, Sandsax und 3 anderen gefällt das.
  17. JES

    JES Gehört zum Inventar

    Was nimmst du als Ausgangsmaterial, Blech oder Rohr?
    Kann ich so einen Kamin ev aus einem flachen Blech ziehen, bearbeiten und ev dann auflöten? Im Prinzip wie bei der Fertigung eines neuen Korpus, nur eben aus einem flachen Blech?
     
  18. tomaso

    tomaso Strebt nach Höherem

    so hab ich es gemacht.

    IMG_20190619_113828128.jpg
     
    Wuffy, antonio und martin.richter gefällt das.
  19. antonio

    antonio Gehört zum Inventar

    Ja, stimmt - für mich war es eher ein Entscheid puristischer Natur. Ich konnte es nicht haben, dass man an einem gerollten TL herumfeilt. Die plan zu bringen erfordert ja, dass man die Struktur erhält und mittels herausziehen usw. plant. Jedenfalls nicht durch Feilen.

    @tomaso, @Wuffy
    Mann ihr seid richtige Helden :) Ja, vielleicht hätten wir das seinerzeit an dem Büscher auch besser so angepackt. Ringe zu Drehen war jedenfalls eine unglaublich langfädige Sache.
     
  20. Zappalein R.I.P.

    Zappalein R.I.P. Guest

    @tomaso, @Wuffy
    Mann ihr seid richtige Helden :) Ja, vielleicht hätten wir das seinerzeit an dem Büscher auch besser so angepackt. Ringe zu Drehen war jedenfalls eine unglaublich langfädige Sache.

    stimmt. da ziehe ich den hut...
     
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