Beurteilung der Raumakustik

Dieses Thema im Forum "Mundstücke / Blätter" wurde erstellt von Bloozer, 13.April.2009.

  1. Bloozer

    Bloozer Strebt nach Höherem

    am Freitag hab ich auf einer grösseren Feier gespielt, oder besser gesagt versucht zu spielen. Einspielmöglichkeit gabs nicht, die Raumakkustik mal testen auch nicht. Blatt aufziehen und los! Die Akkustik war so dumpf wie ein grosses schwarzes Loch, dass jeden Ton verschlingt. Das Blatt und das Sax waren wie zugenagelt. Ich blies nach Leibeskräften und mir kams so vor als käm da nur ein leises Winseln raus.
    Wie konnt ich mich bloss derart verschätzen? Der Raum war ungefähr 45 m2 gross, hatte hohe Decken, war mit Teppichen und Tischen und ungefähr 30 Leuten gefüllt. Unter diesen Voraussetzungen nahm ich an, eine akkustisch einfache Situation vorzufinden. So nahm ich also mein Standardblatt Stärke 3 mit dem ich normalerweise eine gute Lautstärke produzieren kann. Aber das funktionierte aus irgend einem Grund hier nicht, und das bringt mich zu der Frage: wie kann ich eine Raumakkustik vorher richtig einschätzen?






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  2. ppue

    ppue Mod Experte

    ja, man stirbt regelrecht auf der Bühne wenn einem so etwas unterkommt. Ist nicht immer einfach, einen Raum einzuschätzen, ohne ihn zu bespielen. Wenn es geht, kann man im Raum kurz in die Hände klatschen. Die Leute gucken zwar doof, aber man merkt so schon ganz gut, woran man ist.

    Typische Anzeichen für zu trockene Akustik sind Akustikplatten an der Decke (meist weiß mit kleinen schwarzen Löchern) oder in der billigen Partykellerversion locker gepresste Spanplatten, Vorhänge und Stoffe aller Art, stoffbezogene Stühle wie z.B. in Kinos vorzufinden (schlucken enorm) Strukturputz an den Wänden und Teppichboden. Kommt das alles zusammen, dann stehst du auf der Bühne, bläst dir die Lunge aus dem Hals und, was das Schlimmste ist, du hörst kaum eine Reaktion aus dem Publikum.

    Ich ändere mein Setup nicht in trockenen Räumen, sondern versuche, vom miesen Klang zu abstrahieren und normal leise zu spielen. Man wird solchen Räumen nicht gerecht, indem man laut spielt. Man verliert nur seinen Ton dabei. Fragt man nachher das Publikum, so war es ein ganz normaler Auftritt. Oft sagen sie in solchen Räumen, sie hätten sehr gut gehört.

    Ein anderes Problem sind Räume, die zu groß fürs Publikum sind, so dass der Ton sich todläuft. Man hat den Eindruck, keinen Druck aufbauen zu können. Der Klang reflektiert nicht von den Wänden und es entsteht das etwas öde Gefühl, dass man kennt, wenn man mal auf einer Wiese gespielt hat.

    Das alles gilt für das unverstärkte Musizieren. Für den Rockmusiker ist die trockene Akustik die beste, weil er die Anlage schön und mit Druck aufdrehen kann, ohne eine Rückkopplung zu bekommen.

    Noch ein Tipp: je halliger der Raum, desto kürzer kann phrasiert werden. Gerade im Gruppenspiel verschwimmt das Vorgetragene leicht, wenn alles breit ausformuliert wird.
     
  3. wolfgang

    wolfgang Ist fast schon zuhause hier

    Hi,
    nebenbei: Was hast Du für Rückmeldungen zu Deinem Spiel bekommen? Es kann je nach Raum eben auch sein, daß man sich selbst überhaupt nicht hört und doch gut rüberkommt - dann hilft eben nur Blindflug (und nicht unbedingt volles Pusten). Ich versuche bei solchen Situationen, in denen ich mich selbst nicht hören kann, mich nicht aus der Fassung bringen zu lassen, sondern möglichst so zu spielen wie sonst auch. Vor allem bei der Bassklarinette ist das nicht leicht; aber wahrscheinlich doch besser als Panik.
    Gruß
    Wolfgang
     
  4. Toffi

    Toffi Strebt nach Höherem

    Hallo, Claptrane,

    ich würde aus der Sicht des Praktikers (als Musiker :)) Peters Einschätzung unterstützen, dass es bei übermäßig trockenen Räumen gut sein kann, dass du dich selbst so gar nicht hören kannst, dass es aber bei den Leuten im Raum sehr gut rüberkommt - ich würde da auch eher nach den Reaktionen des Publikums fragen.
    Ich bin im Moment in dem Prozess, dass ich mich mit meinem Bari an das Spielen in großer Kirchenakustik gewöhnen muss, nach dem ersten Mal meldete mir meine Frau zu meiner großen Überraschung zurück, dass das Instrument extrem dumpf und leise zu hören war. Das war meiner übergroßen Vorsicht geschuldet, da ich mich selber so intensiv wahrnehme beim Bari-Spielen, und so ging ich davon aus, dass ich sehr sachte spielen müsse, um die Gottesdienstbesucher nicht zuzudröhnen, weil man ja gemeinhin davon ausgeht, dass tiefe Frequenzen weiter tragen und direkter den Körper treffen. Durch diese Vorsicht ging aber denn doch etwas viel Brillianz in meinem Sound verloren :roll: - hätte ich aber selbst völlig anders wahrgenommen, also: was im raum ankommt, hören die Zuhörer immer besser als wir armen Musiker :) .

    Alles Liebe

    Toffi
     
  5. straightontheoffbeat

    straightontheoffbeat Ist fast schon zuhause hier

    Also, das ist wirklich interessant... Wenn ich woanders spiele, fällt es mir normalerweise nicht so auf (vielleicht hatte ich bisher einfach Glück gehabt...), aber in meiner Wohnung ist es etwas ganz anderes... ich habe das Glück eines "Saxophonzimmers", zwar kalt im Winter, aber soweit nix an den Wänden, Notenständer, Korbsessel (für Gäste), kleine Bank. Die Akustik ist angenehm, mit einem Tick ins "Hallige". Spiele ich ausnahmsweise mal im Wohnzimmer, hab ich das Gefühl, es kommt kaum Ton aus dem Sax - naja, jetzt ist es mir klar, Teppichboden, Pflanzen, Polstermöbel und die Decke ist auch nicht wirklich hoch. Ist also ein akustisches "Schwarzes Loch". Fragt sich jetzt nur, ob meine Nachbarn im Erdgeschoss das auch so sehen.. ;-)

    Schöne Grüße Straight
     
  6. the_ashbird

    the_ashbird Ist fast schon zuhause hier

    bei mir ists genau umgekehrt....
    bei mir zu hause ist üb ich im normalfall aus platzmangel in meinem wohnzimmer, ca 1 meter vor nem dicken vorhang. außerdem großes stoff sofa, teppich, niedrige decke, grünzeug, etc.
    sprich bei mir zu hause wird fast alles verschluckt. in meinen saxstunden spiel ich in einem absolut leeren raum, nur klavier, notenständer, anlage. ist schon ein krasser unterschied! :-D
    aber ich mag nun mal einfach nicht immer in meinem badezimmer üben! :-D
     
  7. Otfried

    Otfried Gehört zum Inventar

    Moin,

    aus meiner Erfahrung übt man am besten in einem akustisch sehr trockenen Raum. Bringt man das Sax dort zum Klingen, klingt es überall.

    Gruß,
    xcielo
     
  8. claptrane

    claptrane Strebt nach Höherem

    die sind ja gerade das schlimmste daran. so bald der raum voll ist, geht die akustik flöten ;-)
     
  9. ppue

    ppue Mod Experte

    Genau, Publikum gehr eigentlich garnicht.
     
  10. Bloozer

    Bloozer Strebt nach Höherem

    ich glaub, dass es daran liegt, dass solche schwarzen Löcher so gut wie keinen Hall haben. Die Reaktionen aus dem Publikum waren durchaus positiv.
    Trotzdem, in einer solchen Situation, in der man den eigenen Ton nur sehr leise hört, bin ich stark verunsichert. Übrigens hab ich dann etwas später aus Versehen gegen die Seite eines Flügels gespielt, und da war es schlagartig besser.
    Beim in die Hände Klatschen hört man meiner Meinung nach zu viel Direktschall.
     
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