Hallo, ich bin neu hier und auch neu im Saxophon-Spiel-Geschäft. Ich habe mal eine Frage ans Forum, was ein Altsaxophon betrifft, das ich erworben habe: Es hat eine lange Geschichte, lebte jahrelang als nicht abgeholter Pfand eines Saufgelages in der Kneipe Sa*sebr*us in Norddeutschland, wo es nicht abgeholt wurde. Dann kaufte es Jemand, der spielen lernen wollte und es nie tat. Und jetzt habe ich es und bin extrem neugierig. Obwohl es sich in einem traurigen Zustand befindet, kriegt man noch Töne heraus und das, obwohl ich blutiger Anfänger bin. Gute Intonation, ganz leichte Ansprache. Es hat eine recht massive Bauweise, kein Vergleich mit z. B. den J*ter Kannen, versilbert, gelötete Tonkamine, stammt wahrscheinlich aus Anfang 30iger. Das Alt wiegt in etwa soviel wie mein altes Amati Classic Super Tenorsaxophon von 1975 bei unterschiedlicher Größe! Die Kanne ist so massiv gebaut, dass man damit jeden Konkurrenten auf der Bühne, ohne Spuren auf dem Instrument zu hinterlassen, erschlagen kann. Es hat die Aufschrift: "ETONNANTE Alleinverkauf Sternberg Budapest Berlin S42 Wien Alexandrinenstr. 33" auf der Kanne und unter dem Gestänge auf der Seite die Nummer 23XX eingraviert, kein Herstellersignet. Herausgefunden habe ich folgendes: Armin Sternberg hatte Anfang des 20. Jhds. in Budapest eine Musikalienhandlung und verkaufte dort hochwertige Instrumente aller Art, die er wohl zukaufte. Sein Bruder Rudolf Sternberg hatte 1928 laut alter Berliner Telefonbücher eine Musikalienhandlung "Allmusik" in Berlin S42, Alexandrinenster. 33. 1929 erscheint in den alten Telefonbüchern folgender Eintrag: „Arnim Sternberg et Testfrere Musikinstrumentenfbrk.“ unter der gleichen Adresse. Danach findet sich aber nichts mehr. Entweder war es die Wirtschaftskrise oder die Machtübernahme der Nationalsozialisten (jüdische Familie). Das Saxophon muss also nach meiner Meinung schon aus dieser Zeit stammen, jedoch kann ich leider nichts über den Hersteller herausfinden. Es hat Bauelemente der alten Adolphe Sax Kannen, aber auch Teile, die auf Conn hindeuten, aber auch auf Selmer, SML, Guenot, Buffet. Großes Fragezeichen! Nachtrag : Das gute Stück ist jetzt beim Instrumentenbauer Po**ter in Berlin, die Ho*zblaswer***att. Der Gute und sehr kompetente Mensch war schwer begeistert von der Qualität des Instruments, massivste Bauweise, gei**r Klang, gute Mechaniken. Er hat so ein Instrument trotz 35 Jahren Berufserfahrung wohl erst einmal in der Hand gehabt, konnte sich aber leider nicht mehr dran erinnern, wer Hersteller war. Er ordnet es auch im Bereich um 1930 ein, vermutet allerdings eher einen amerikanischen Ursprung, möglicherweise Conn, weil der linke Hand Tisch für den kleinen Finger original Conn ist. In Frage kommen aufgrund bestimmter Merkmale aber noch SML, Selmer und Dolnet, Guenot und Buffet. Ungewöhnlich ist die Mechanik der Oktavstellung oben am S-Bogen. Die wird nämlich nochmal über eine extra Mechanik geführt, sieht etwas kryptisch aus. Also alles noch offen. Ein echter Krimi, find ich total spannend. In jedem Fall ein besonderes Instrument, er meinte, das gehöre von der Einzigartigkeit und Qualität eher in eine Museum. Ich freu mich darauf, wenn ich es fertig nach Generalüberholung in der Hand halten kann. Es wird mich auf jeden Fall auf meinem Weg lange begleiten, da bin ich mir sicher. Und damit man sich ein Bild machen kann, hab ich mal Bilder angehängt. Ich bin für jeden Hinweis offen....
@Saxoman9 Also zu der Hupe selbst kann ich wenig sagen - da gibt es hier wahrlich versiertere Saxhistoriker im Forum. Die stabile Bauweise erkennt man aber schon recht deutlich auf den Bildern und kann sich daher auch gut vorstellen, dass das Ding schwer ist. In meinen Augen ist das jedoch ein grosser Pluspunkt. Ich mag die modernen Dünnblechkannen nicht so - aus rein technischer Sicht, denn sie gehen nunmal unweigerlich auch schneller kaputt. DEIN Alt spielt sogar noch .... sieh mal an ! Ob HEUTE gebaute Saxe in 60 -70 Jahren noch spielen, DAS bleibt erst noch abzuwarten ! Der Gedanke an ein Museum mag daher zwar nahe liegen >>> Wenn Du das Horn jedoch gerne spielst, dann wäre doch eine Überholung und dann eben SPIELEN doch viel angesagter !! LG CBP
Hallo, habe neulich auch so ein uraltes Teil erhalten. Die Spurensuche führte in den böhmischen Musikwinkel, wo in Markneukirchen und im heute tchechischen Graslitz einige Hersteller waren. Dies haben, wie z. B. Kohlert, viele Stencils, auch nach USA geliefert. Unter der Seite Museum Markneukirchen gibt es evtl. Auskunft, ob einer dieser Hersteller in Frage kommt - mal die Bilder dorthin schicken. Grüße Badener
Ein schönes Teil. Aber: bevor Du viel Geld in eine Generalüberholung steckst, solltest Du Dich erst vergewissern, dass Du ergonomisch mit dem Teil auch dauerhaft klar kommst. Häufig waren gerade die sehr frühen Modelle ergonomisch deutlich problematischer als heutige Instrumente. Wenn Dir nach einer Stunde die Finger weh tun (insbesondere die kleinen...), solltest Du Dir gut überlegen, ob es das wert ist... Wenn das kein Problem ist und sonst alles stimmt (Intonation z.B.), dann lass es überholen und spiele es.
Hallo Badener, vielen Dank, da habe ich mich auch schon verewigt. Die Spurensuche findet im Moment statt im Bereich: Adolphe Sax (sehr aufwändige Oktavmechanik am S-Bogen, gelötete "Entenfüsschen"), Buffet (einteiliger Keyguard-Bügel auf der Glocke), Selmer (gekippter Keyguard unten und Mäandermuster auf den Verbindungsreifen Glocke, siehe Modell 22), Tischchen linke Hand Conn und Conn Keyguard auf der Rückseite. SML soll in ganz frühen Anfängen eine Mischung aus Selmer und Buffet gebaut haben. Da könnte auch die SN fast hinpassen von der bisher ermittelten Bauzeit um 1930 oder etwas früher. Aber der Conn-Tisch? Und die Oktavmechanik? Definitiv hat Sternberg in Budapest Conn verkauft, vor einiger Zeit wurde in der Bucht ein Conn Tenor aus Budapest verkauft. @Claus: Zu spät, ich habe die Einbeinige mit dem Glasauge bereits geehelicht, nach zwei Flaschen Rum. Und meine Finger gewöhnen sich dran...
Aber mal noch was: Welcher Hersteller hat seine Werke seitlich unter dem Gestänge (siehe Bild)nummeriert? Ich denke nicht, dass das unbedingt bei Sternberg gemacht wurde.
Hi interessantes Teil. Bin gespannt, was Du noch rausfindest. Eine Frage habe ich noch. Du schreibst die Intonation wäre einwandfrei, in Deinem Vorstellungsthread schreibst Du, dass Du blutiger Anfänger bist. Was macht Dich so sicher, dass die Intonation gut ist? Als ich mit dem Sax anfing konnte ich das überhaupt nicht beurteilen.... CzG Dreas
Vielen Dank für die guten Hinweise. Ja, ich finde dieses Sax auch "erstaunlich"... @dreas: Ich hab schon auf ein paar Saxen versucht, Töne rauszuquetschen. Auf dem AMATI z. B. finde ich es halbwegs einfach, aber auf dem Sternberg kamen die Töne trotz rotten Zustand fast wie von allein. Daher denke ich, dass es gut ist. Auch wenn die Klappen nicht mehr vernünftig decken, aber man kam gut von unten bis oben. Ist das nicht die "Intonation"?
Saxoman, Bei der Gitarre sagt man "Bundrein" Gemeint ist das die produzierten Töne zu einander in den richtigen Intervallabständen liegen und es keine unkorrigierbaren Abweichungen nach unten oder oben gibt. Gruß, Rüdiger
Nein, das ist nicht die Intonation. Eine gute Intonation ist gegeben, wenn Du ohne Korrekturen (durch Mundstellung, Rachen etc.) die Töne möglichst triffst. Also das, was man mit einem Stimmgerät kontrolliert. Eine wirklich fehlerfreie Intonation auf dem Sax ist selten (manche Töne weichen typischerweise nach oben oder unter ab), aber die Abweichungen vom Zielton sollten so moderat sein, dass es sich vom Spieler bequem ausgleichen läßt. Alte Instrumente können da schon einmal etwas schwierig sein.
@Saxoman9 Auch wenn Du schon gekauft hast: es lohnt sich, dazu Saxhornets Guide zu lesen - da sind viele interessante Aspekte angesprochen.
Vielen Dank, lieber Claus, ick schäme mir jetzt erstmal und halt die Klappe und lerne Aber mal was Anderes: Ok, Hinweise auf den Hersteller sind nicht mehr unbedingt notwendig. Ich habs gefunden, es ist ein Rene Guenot von 1929. Das im Link hat die Nummer 2000, 1928, meins hat 238X und wurde 1929 in Berlin von Sternberg als Stencil verkauft. Darf ich hier den Link zur Quelle meines Wissens einstellen? Ich hoffe: http://saxwelt.de/index.php/component/p ... t?Itemid=0 Ich freu mich, darauf, wenn es fertig ist. Und der Rest wird sich finden. Ich hab gerade das Gefühl, eine verschleierte Frau geheiratet zu haben und heraus kommt Angelina Jolie...
Die Instrumente sind oft mit Rene Guenot und mit A.Douchet&Cie. graviert. Wie genau die Zusammenarbeit ausgesehen hat, kann ich leider nicht sagen. Für mich liest es sich wie "Modell Rene Guenot" des Herstellers Douchet.
Schöne Hupe, ich hatte das Angebot auch gesehen und ich fand die Anmerkung mit dem Pfand nach einem Saufgelage sehr amysant. Wünsche dir viel Freude mit diesem alten Schätzchen. War mir nicht so, dass man Conn Stencils an den Klappenschutzen erkennen kann, die einem Mercedesstern ähneln? VG Susi
@Silbermöwe: Recht hast Du, aber offensichtlich sind bei den Guenots aus dieser Zeit Tische von Conn verbaut, Keyguards von Selmer und noch ein paar andere Sachen von anderen Firmen. Oder Guenot hat sie entwickelt und die anderen haben sie übernommen, wer weiß??. Das Modell "1928" kam 1928 raus, ein Jahr nachdem Guenot Anteile der Firma an Douchet verkauft hatte. Und mein geliebtes Hörnchen ist eben 1929 hergestellt und verkauft worden. Schön, wenn man Geschichte so eingrenzen kann, oder? Beide, Douchet und Guenot waren "Successeur" (Nachfolger??)in der Firma, die mit ca. 550.000sFr nicht gerade als klein zu bezeichnen war. Hinzu kommt, dass diese massiven und qualitativ hochwertigen Instrumente als absolute Geheimtipps gehandelt werden. Hab ich jetzt kaputt gemacht, Entschuldigung an Alle, die noch welche günstig kaufen wollten... Und ich habe auf meiner Suche bisher nur 4, mit meinem 5 Altos gefunden, die aus dieser Zeit stammen, weltweit. Und noch keine schlechte Meinung über die Hörnchen. Einige haben angeblich sogar nach dem Spielen ihre viel teureren Hörner verkauft und schwören auf das Guenot. Ihr könnt Euch nicht vorstellen, wie gespannt ich bin.
http://saxwelt.de/index.php/component/phocagallery/category/399-modele-1928-alto-ca-1928-versilbert?Itemid=0 Ich habe gerade festgestell, dass der obige link so nicht funzt, also hier nochmal für alle, die sich interessieren...