Fortschritt ist gut, alle Macht dem freien Markt!

Dieses Thema im Forum "Off Topic - für Philosophen, Esoteriker etc" wurde erstellt von bebob99, 27.August.2012.

  1. bebob99

    bebob99 Strebt nach Höherem

    Ok, wenn ich noch einmal darüber nach denke dann hast Du wohl nicht ganz unrecht. Immerhin hat die USA als Vorzeigeland für den ungebremsten freien Markt das am besten funktionierende Gesundheitssystem weltweit, weil die privaten Anbieter sich mit ihren Leistungen dauernd übertreffen müssen. Und das beste Bildungssystem. Und natürlich die Energieversorgung. Bei gleichzeitig stetig wachsendem Lebensstandard der Bevölkerung.

    Auch die Lebensmittel werden immer gesünder, weil die Konsumenten mangels entsprechender Kennzeichnungen nicht mehr nachvollziehen können woher sie stammen oder was sie enthalten und daher nur die Besten am Markt überleben.

    Haushaltsartikel und Gebrauchsgüter des täglichen Bedarfs werden eigentlich auch immer beständiger. Früher wurden überall noch schwere und unhandliche Metallteile verwendet, heute dominiert die Weltraumtechnik in Form hoch fester und langlebiger Kunststoffe in jedem handelsüblichen Mixer. Das Material hält Jahrtausende. Und jedes Jahr kommen neue verbesserte Modelle auf den Markt. Bei Bekleidung ist die Entwicklung vergleichbar.

    Dass Telefone oder Computer das Ende der Akku Lebensdauer kaum mehr erreichen liegt hauptsächlich an der enormen Verbesserung der Lebensdauer der Akkus, was das Bild ein wenig verzerrt. Jedes billige Handy hat heutzutage mehr Megapixel als eine unbezahlbare Hasselblad Mittelformat Kamera aus den 1960er Jahren jemals hätte abbilden können. Der Qualitätssprung hat Facebook doch erst möglich gemacht. Man vergleiche nur aktuelle Bilder mit den langweiligen alten Schwarzweiß Aufnahmen von Man Ray oder Helmut Newton.

    Auch die Tontechnik hat sich positiv entwickelt. Musste man sich früher mit großen Kästen und komplizierten Begriffen wie Frequenzgang, Klirrfaktor, Rauschverhalten oder Linearität auseinandersetzen, hat die digitale Revolution uns daumennagelgroße Universal Musikmaschinen beschert, die 22 verschiedene Audio- und Videoformate abspielen können. In Stereo und per WLAN!

    Die Digitalisierung des Fernsehens beschert uns nicht nur 499 wichtige neue Fernsehkanäle, die Bildqualität hat sich dank dieser Digitalisierung so dramatisch verbessert, dass man es kaum mehr vom echten Leben unterscheiden kann. Die hohe Konkurrenz bei den Medien Anbietern hat zu einem echten Qualitätssprung bei den Inhalten geführt. Damit man bei den vielen Produktneuerungen nicht den Überblick verliert wird man vollautomatischn, alle 15 Minuten über die jeweils aktuellsten Verbesserungen bei Produkten und Dienstleistungen auf dem Laufenden gehalten.

    Und erst die Computer. Die rechnen mittlerweile 10.000 mal so schnell wie in der Anfangszeit. Da ist meine Arbeit für den Tag schon nach 5 Minuten streßfrei erledigt.

    Die EU in ihrer Regulierungswut hat sogar die Gesäße der europäischen Bauern normiert, damit sie auf den regulierten Traktor Sitz passen. Zum Glück haben sie wenigstens bei den wirklich wichtigen Dingen, wie beispielsweise den Sicherheitsstandards für Kernkraftwerke auf eine solche unzumutbare Gleichmaacherei verzichtet. Nur so kann jeder Betreiber ein für sein Kraftwerk maßgeschneidertes Sicherheitspaket sicherstellen. Ohne den stetigen Konkurrenzdruck würde das Thema Sicherheit wahrscheinlich schnell verschlampt.

    Ich habe auch die Segnungen der Globalisierung nicht richtig bedacht. Würden die armen Chinesen nicht massenhaft unsere Produkte produzieren dürfen, müssten sie glatt verhungern. Von dem vielen Geld dass sie damit verdienen können Sie den noch ärmeren Afrikanern sogar bei deren Landwirtschaft helfen. Vielleicht auch bald bei unserer.

    Die Segnungen der modernen Industrie haben es sogar geschafft, dass man heute gar nicht mehr in den Süden auf Urlaub fahren muss, der Süden kommt bereits zu uns. Vor 50 Jahren war so ein Fortschritt noch undenkbar.

    Wenn wir schon in der Politik momentan ein wenig unsicher sein, welche Partei wir am wenigsten in der Regierung haben wollen, so können wir als mündige Konsumenten zumindest bei jedem Besuch im Supermarkt an der Kassa unsere Stimme abgeben. Damit können wir dem freien Markt gut signalisieren, welche Produkte wir künftig vermehrt haben möchten, oder welche Entwicklungen wir nicht so mögen. Da sind die Märkte fix. Kaum bleiben die "Made in China" Waren im Regal liegen, schon werden sie gegen "Made for REWE" Waren ersetzt. Mögen die Käufer plötzlich keine Pelzmäntel aus Eichhörnchen oder Hundeleder mehr, flugs wird die Produktion auf Feh und Gehwolf umgestellt.

    Es ist kaum vorstellbar was hätte passieren können, hätte jemand in diese Entwicklungen regulierend eingegriffen. Wir würden im finstersten Mittelalter gelandet sein, oder gar im Kommunismus.

    Gottseidank hat die Pharma Industrie auch nicht geschlafen und hat für Leute wie mich eine breite Palette von Serotonin regulierenden Substanzen entwickelt. Damit kann ich meine depressive Phase schnell wieder in den Griff bekommen. Ich geh gleich welche einwerfen. Oder noch besser, ich geh jetzt üben. Das entspannt mich normalerweise.

    Nein, Du hast Recht, die Welt ist nicht sooo schlimm ;-)
     
  2. Gelöschtes Mitglied 5328

    Gelöschtes Mitglied 5328 Guest

    mann o mann bepop,

    Dich hat´s aber wirklich schlimm erwischt...

    LG

    Dreas
     
  3. edosaxt

    edosaxt Strebt nach Höherem

    @bebop

    Wieder mal ein sehr wahrer und fundierter post!!!

    Danke dafür!!!

    Lg
    Edo
     
  4. Gelöschtes Mitglied 5328

    Gelöschtes Mitglied 5328 Guest

    @ edo (und bebopp)

    Na, da bin ich aber anderer Meinung.

    Ohne Frage gibt gibt es in einem freien Markt auch Mißstände. Und ich finde unser Modell der "sozialen Marktwitschaft" dem komplett freien Markt, wie z.B. in China, überlegen.

    Aber was ist denn die Altarnative? Planwirtschaft? Hatten wir auch schon. Waren da die Produkte besser, der Wohlstand höher, die Ressourcenverschwendung geringer?

    Insgesamt hat durch die Globalisierung die Armut weltweit abgenommen. (Progress against poverty)

    Die Kaufkraft hat sich in Deutschland in den letzten 50 Jahren fast verdreifacht! Musste man 1960 für einen Herrenanzug noch 68 Stunden arbeiten, sind es heute nur noch 17 Stunden.

    Selbst für einen Liter Benzin mußte man 1960 noch fast dreimal so lange arbeiten (14 Minuten gegenüber 5 Minuten)

    Guckst Du hier:

    Kaufkraft

    Wir haben die niedrigsten Lebensmittelpreise in Europa.

    Und die Qulität?

    Zunächst bekomme ich heute auch alles in bester Qualität. Ich kann entscheiden. Das war vor 30 Jahren nicht so.

    Lag die durchschnittliche Nutzungsdauer eines Autos 1970 noch bei knapp 8 JAhern, so sind es heute 12 Jahre.
    In den 70iger Jahren mußte eine Auto alle 5000 km zum Ölwechsel, heute alle 30.000 bis 50.000 km.

    Die Liste läßt sich unendlich verlängern.

    Nochmal, ich bin nicht der Meinung, dass alles zu besten steht, ABER die Fakten belegen, dass es uns heute (auch weltweit) besser geht als vor 30 Jahren.

    Jammern auf höchstem Niveau!

    LG

    Dreas
     
  5. bebob99

    bebob99 Strebt nach Höherem

    Die meisten sind anderer Meinung und genau deshalb ist da ja so schlimm. UNS geht's besser als je zuvor. Die Wirtschaft ist gar nicht so schlecht unterwegs und das Wachstum kommt auch wieder in Schwung.

    "Wachstum". Wenn ich das nur höre. Ich könnte einen Anfall kriegen. Die sind alle so vernagelt auf das Wachstum, das uns am Ende alle Probleme lösen soll. Dabei ist es doch gerade die Wachstumslüge, die die ganzen Probleme verursacht:

    Die Politiker haben Panik, wenn die Geburten zurück gehen, weil das Pensionssystem unfinanzierbar wird. Die Bevölkerung muss wachsen, dann geht's uns gut. Mehr Arbeiter, mehr Geld, Pensionen gesichert. Vor allem unsere, denn eine Änderung des Pensionssystems darf UNSERE Ansprüche ja nicht mehr berühren, erst die der nächsten oder vielleicht übernächsten Generation.

    Die Wirtschaft muss wachsen. Gleichstand ist Rückschritt. Das Gespenst der Rezension treibt den Verantwortlichen den Angstschweiß auf die Stirn. Das angehäufte Vermögen könnte plötzlich WENIGER werden anstatt mehr. Wir brauchen höhere Löhne, weil ja alles teurer wird. Die finanzieren wir durch mehr Umsatz, und höhere Preise, was wieder zu höheren Lohnforderungen führt. Wir kennen das. Elementare Wirtschaftslehre: Inflation. Viel ist schlecht, ein bisschen schadet doch nicht, oder jedenfalls nicht gleich. Es muss noch mehr Ware und Dienstleistung auf den Markt gebracht werden, in immer kürzeren Innovationszyklen, nur das hält dem Motor am Laufen.

    Ist noch keinem aufgefallen, dass dieser Motor schon deutlich stottert? Im "richtigen Leben" würde mal jemand den Wagen anhalten und nach dem Rechten sehen und nicht noch mehr Gas geben.

    Um das viele Wachstum zu gewährleisten steigt der Bedarf an Energie und Ressourcen ins Unermessliche. Erdöl ist ein Auslaufmodell. Das ist schneller aus als uns lieb ist. Alternativen sind nicht in Sicht. Solarkraft, Kernenergie? Was ist mit der ganzen Petrochemie, die praktisch ausschließlich auf Erdöl basiert und ohne die wir praktisch keine Kunststoffe produzieren können? Die Produktion von Düngemitteln aus Erdöl? Wie bitte wollen wir denn 10 Milliarden Menschen ernähren, wenn die Kunstdünger Produktion durch die Ausbeute der letzten noch rentablen Phosphat Lagerstätten und den Zusammenbruch der Petrochemie ausfällt? Essen wir dann mehr Fisch? Noch mehr? Aus dem Meer, das wir gerade leer fischen oder vergiften? Man möge sich das weniger schlimme Übel bitte aussuchen.

    Der Neo-Kolonialismus der "Wachstumsländer" kauft massiv Ackerland in Entwicklungsländern. Natürlich nur das Beste und ausschließlich für den Export. Die arme heimische Bevölkerung wird vertrieben oder ermordet oder man lässt sie schlicht verhungern. Wird das Land nicht gekauft oder gepachtet, werden die Landwirte in die Abhängigkeit der großen Saatgut Firmen gepresst, die die Ernte billig kauft und an der Getreidebörse mit dickem Gewinn verkaufen. Wenn schon nicht zum Essen, dann doch wenigstens für Biosprit. Oder für Schweinefutter.
    Hey, wir liefern sogar billige europäische Überschussproduktion in die Hungerländer. Dass bei der Aktion die dort ansässige Landwirtschaft mit den ohnehin schmalen Erträgen vollends zerstört wird, weil deren Produkte mit dem billigen Import aus der EU nicht mehr konkurrieren kann - Kollateralschaden, damit muss man rechnen.

    Die bevölkerungsreichen Schwellenländer, China, Indien, .. kommen, wie Du schon festgestellt hast aus dem Armutsloch heraus. Das bedeutet: Nicht mehr eine Schüssel Reis am Tag, oder zwei, sondern Hähnchen = 5-10 Schüsseln Reis. Endlich am Wohlstand teilhaben = Auto = Benzin = +CO2 -Erdöl. Was willst Du denen erzählen? "Ihr dürft nicht unsere Fehler in großem Stil nachmachen, haltet ein oh ihr Unglücklichen! Geld macht doch nicht glücklich, ihr werdet uns alle in den Untergang reißen!". Das kannst Du vergessen. Gegen solche Forderungen gibt es die globale und immer wieder erfolgreich angewandte Strategie: "Jetzt sind erst einmal WIR dran, uns ein (uns zustehendes, großes) Stück vom (schwindenden) Kuchen abzuschneiden (bevor gar nichts mehr da ist)".

    Die Handelsbilanz der Industrieländer ist gegenüber den Billiglohnländern katastrophal. Wir pumpen unser Geld in großem Maßstab aber in kleinen Beträgen, deshalb sieht es so wenig aus - nach China, damit sie uns billig Ramsch produzieren, der schnell wieder auf dem Müll, in den Deponien und im Meer landet und dort die nächsten paar hundert Jahr abliegt. Geld, das in unserem Kreislauf aber dann fehlt. Das Bisschen das über Gegengeschäfte herein kommt landet nicht bei den Konsumenten, sondern unter großen Reibungsverlusten wieder an der Spitze der europäischen Nahrungskette.

    Je mehr die Leute in den Schwellenländern zu Wohlstand kommen, desto schlechter sieht's mit UNSEREM Wachstum aus. Das funktioniert nämlich nur, wenn das Gefälle groß genug ist. Noch gibt es Ausweichmöglichkeiten, Länder wo die Löhne NOCH niedriger sind. Es macht sich aber schon wieder eine Verbreiterung der Kluft zwischen Reich und Arm INNERHALB unserer Länder bemerkbar. Das ganze verdammte System funktioniert eben nur, wenn wenige viel und viele wenig haben.

    Das heißt, es WÜRDE so funktionieren, wenn die verfügbaren Ressourcen im Verhältnis zu den Verbrauchern praktisch unbegrenzt sind. Das ist die Geschichte mit den Schafen und den Wölfen. Wenig Wölfe, viele Schafe. Nur Schafe geht nicht, weil sich die unbegrenzt vermehren würden. Nur Wölfe geht auch nicht, weil die sich sonst selber fressen müssten.

    Wenn die Wiese grün ist, vermehren sich die Schafe, was wieder mehr Wölfe erlaubt. Wird das "richtig" balanciert, dann ist ein allseitiges Wachstum möglich. Ah "Wachstum" da haben wir's wieder. Das Zauberwort. Wohlstand für alle. Mehr Schafe, mehr Wölfe, noch mehr Schafe, noch mehr Wölfe. Aber irgendwann ist die Wiese von den vielen Schafen leer gefressen. Blöd nur, wenn das die einzige Wiese war, dann ist es nämlich vorbei mir Wachstum, vorbei mit Fressen. Dann ist nur noch "gefressen werden".

    Es ist keine Frage der Wirtschaftsform. Kapitalismus, Kommunismus, Monarchie, Diktatur, Anarchie,.. letztendlich läuft es immer auf "Wölfe und auf die Schafe" hinaus. Das scheint ein sehr universelles Prinzip zu sein, das ich auf jeden Fall durchsetzt.

    Es sind vor uns schon Kulturen "gewachsen" und wieder verschwunden, weil sie mehr verschwendet haben, als da war und sie sich die eigene Lebensgrundlage abgegraben haben.

    Nun haben wir aber die Globalisierung. Jetzt geht nicht nur irgendwo etwas ein und etwas anderen wächst wieder. Wir haben in unserer Effizienz-Optimierungs-Wachstums-Gesellschaft den gesamten Planeten und alle verfügbaren Ökosysteme in einen einzigen globalen Ressourcen Topf verwandelt "nutzbar gemacht". Und wir nutzen sie, auf Teufel komm raus. Wird es irgendwo eng, wird mit immer größer werdendem Aufwand doch noch ein letztes Quäntchen heraus gequetscht - es muss ja vorwärts gehen, immer aufwärts.

    Gottseidank betrifft uns das aber nicht, jedenfalls nicht direkt und nicht gleich. Wenn die Probleme wirklich ernst werden, dann finden "die" schon eine Lösung. So war es immer. Schließlich geht es uns besser als je zuvor, das kann man überall nachlesen, wenn man es nicht sowieso selbst sieht.

    Wir sind seit vielen Jahren dabei den Karren an die Wand zu fahren. Immer schön gerade aus und von Jahr zu Jahr schneller. Aber manchmal habe ich den Eindruck, ich bin der einzige der vorne sitzt und zusehen muss, wie die Wand immer näher kommt, während hinten im Bus die Party mit lauter glücklichen Gästen stattfindet.

    Dummerweise hilft es nichts, wenn 10% der Schafe oder Wölfe die nahende Katastrophe sehen, noch nicht einmal bei 50% würde sich irgendetwas merkbar ändern. Das ganze System hat eine ziemliche Schwungmasse. Wir werden also unweigerlich und mit hoher Effizienz alles kaputt machen.

    Ich bin schon über die Mitte und habe vielleicht noch 40 oder 50 Jahre vor mir. Ich habe immer gehofft, ich kriege das dicke Ende nicht mehr so mit. Ich hoffe noch, aber so sicher bin ich mir nicht mehr. In 40 Jahren kann viel passieren.

    Dabei ließe sich "der Markt" tatsächlich lenken, oder zumindest wäre das vor einer Weile noch gegangen. Die Politik bestimmt was sie haben will und richtet es so ein, dass "Verhalten in die gewünschte Richtung" belohnt wird, "Verhalten in die falsche Richtung" bestraft wird. Das ist wie bei der Rosen Zucht. Will ich Rosen mit gutem Duft, sortiere ich alle aus die nicht duften und vermehre die, die gut riechen. Wollen wir also beispielsweise saubere Luft und gesunde Nahrung, dann sollen die, die das gewährleisten gefördert werden und die Stinker bestraft.

    Nach einer Weile der Umorientierung, wird sich das System in die gewünschte Richtung bewegen.

    Leider funktioniert das in der realen Politik nicht (mehr), da in keinem politischen System der Welt eine noch so wohl meinende Elite gegen die Macht der globalen Finanz- und Wirtschaftskonzerne regieren kann und DIE kontrollieren die ganze Wachstums-Maschinerie.

    "DIE" sind aber genau genommen WIR. WIR arbeiten in und für diese "bösen multinationalen Konzerne", wir kaufen deren Aktien, weil wir an deren Gewinn beteiligt werden wollen, den DIE für uns auf unsere Kosten auch erwirtschaften. Wir kaufen deren Produkte, damit es UNS besser geht. Eine Alternative gibt es ja auch kaum mehr.

    Weil das aber "alles ziemlich kompliziert ist", wie ein früherer Politiker zu sagen pflegte und Menschen nicht gerne an komplizierte und/oder unangenehme Dinge denken, träumen wir weiter den Traum vom schönen Leben, dem gesunden Wachstum und dass alles schon irgendwie gut werden wird. Ich meine, sooo schlimm ist es doch nicht. Nicht wirklich.

    Jedenfalls eine Weile noch.
     
  6. Gelöschtes Mitglied 5328

    Gelöschtes Mitglied 5328 Guest

    @ bebopp 99

    Das hört sich auf der Metaebebe immer sehr schlüssig an.
    Wir brauchen kein Wachstum.

    Aber bisher hat mir noch niemand beantworten können wie das auf der
    Microebene zu bewerkstelligen ist.

    Ich habe eine kleine Agentur. Ich stelle einen Voluntär ein, weil wir Bedarf
    und jungen Leuten haben, die wir ausbilden.

    Nach 18 Monaten kommt der Voluntär und möchte Junior Berater
    werden und mehr Geld verdienen.

    Ich habe ihn ja ausgebildet, Geld investiert, wäre blöd, wenn der jetzt
    geht, also bekommt es mehr Geld.

    Wie kann ich das zahlen? Nur wenn ich mehr Umsatz mache, also wachse.

    Oder ein erfahrener Mitarbeiter macht einen guten Job. Ende des Jahres will er für sein Engagement mehr Geld. Soll ich dem jetzt kündigen?

    Nein, aber um die Gehaltserhöhung zu finanzieren, benötige ich
    mehr Umsatz, also Wachstum.

    Da das allen so geht, ergibt sich das Wachstum zwangsläufig
    (wenn keine Krise ist).

    Jetzt bist Du dran. Was muss ich anders machen, damit ich gute
    Mitarbeiter halten kann, junge weiter entwickeln kann, aber dafür nicht mehr Geld ausgeben brauche sprich nicht zum Wachstum verdammt
    bin.

    Auf die Antwort bin ich gespannt!

    LG

    Dreas
     
  7. bebob99

    bebob99 Strebt nach Höherem

    Was mich an manchen Tagen so bedrückt ist nicht "die Dummheit der Menschen, dass sie einfach nicht das Richtige tun". Sie TUN das richtige, zumindest für das Umfeld in dem sie leben.

    DU tust genau, was optimal ist und erfahrungsgemäß gut funktioniert. Ich könnte nun die verrückte These aufstellen, dass der raffgierige junge Erpresser Dich dazu zwingt die Inflations Spirale einzuheizen. Kriegt den Hals nicht voll, will immer mehr...

    Aber dem bleibt ja auch nichts anderes übrig. Alles wird teurer, man will sich ein Häuschen im Grünen leisten, eine Familie gründen, Kinder groß ziehen, wachsen..

    Was mich bedrückt ist, dass die Menschen, wenn sie lokal "das Richtige" tun, zwangsläufig und unweigerlich im Großen auf die Katastrophe zu steuern.

    Ich habe keine Lösung. Ich bin sogar sicher es GIBT keine Lösung. Es wird nicht gut.
     
  8. bebob99

    bebob99 Strebt nach Höherem

    Das von der Natur entwickelte Verfahren "immer ein bisschen mehr als nötig" hat ein paar Milliarden Jahre prächtig funktioniert. Es sorgt dafür, dass das Leben nicht ausstirbt und für die unausweichlich eintretenden (lokalen) Katastrophen immer eine kleine Reserve übrig bleibt. Der Überschuss pegelt sich durch das Räuber und Beute Schema, das Kommen und Verschwinden von Lebensräumen und Nahrungsangebot stets auf ein vertretbares Niveau ein.

    Das hat gut funktioniert, bis der Mensch kraft seines Verstandes in der Lage war, die äußeren Bedingungen nach seinen Bedürfnissen zu formen. Lebensräume werden adaptiert, Katastrophen im Vorfeld vermieden, Kriege und Konflikte wenn möglich minimiert, Krankheiten und Seuchen ausgerottet. Es könnte das Paradies sein, wäre da nicht immer noch der eingebaute "Überschuss Faktor". Er sorgt dafür, dass wir nie genug bekommen. Man ist nie satt genug, reich genug, bequem genug. Man braucht eh nicht viel, aber ein kleines bisschen besser geht es noch.

    Wären wir wie andere Tiere, würde dieses Wachstum auf natürliche Weise lokal immer an eine Ressourcen Grenze stoßen. Dann geht irgendwo eine Population durch Ressourcen Übernutzung ein und die Natur hat Gelegenheit sich zu regenerieren. Tümpel trocknen ein, Überschwemmungen oder Dürre machen das Land unbrauchbar. Anderswo läuft es besser und dann spielt sich das Leben eben dort vermehrt ab. Vor der industriellen Revolution hat das auch bei den Menschen noch so funktioniert. Man konnte nicht mehr verbrauchen als die Natur hergegeben hat. Aber schlussendlich konnten wir auch das "Problem" lösen.

    Durch die Globalisierung haben wir nicht mehr einzelne isolierte Regionen, die bei wechselnden Bedingungen Vorteile oder Nachteile haben können. Wir haben nur noch ein einziges, innig vernetztes System, wo jedes vom anderen direkt und kurzfristig abhängig ist. Es gibt keine Rückzugsgebiete mehr, aus denen sich das System vernünftig erholen kann.

    Wir sind so daran gewöhnt, dass es immer irgend eine Lösung gibt. Jedes Problem hat wenigstens eine Lösung, dann geht es wieder vorwärts. Vorwärts geht es aber in den Abgrund.

    Wir sind wie Bakterien in einer Petrischale. Wir wachsen unserer Bestimmung gemäß fröhlich vor uns hin - bis wir an den Rand der Schale kommen und alles aufgefressen haben. Dann geht die ganze Kolonie ein. Vielleicht haben ein paar isolierte Inseln eine kleine Chance. Vielleicht auch nicht.

    Das ist wie in einer griechischen Tragödie. Jede Entscheidung ist falsch und nichts zu tun ist sogar noch schlimmer.

    Dieser unvermeidliche Ausgang ist es, der mich an manchen Tagen so deprimiert.
     
  9. Gelöschtes Mitglied 5328

    Gelöschtes Mitglied 5328 Guest

    @ bebopp99

    zunächst mal einen Dank für diesen sachlichen Meinungsaustausch!

    Jetzt sind wir an einem Punkt, wo wir mit Argumenten nicht mehr weiter kommen.

    Du hast eine pessimistische Sicht auf die zukünftige Entwicklung der Menschheit, und dies durchaus begründet.
    Es könnte so kommen, wie Du befürchtest.

    Ich habe eine optimistische Sicht auf die zukünftige Entwicklung der Menschheit, auch begründet (bisher haben wir alle Krisen gemeistert...).
    Es könnt so kommen wie ich es hoffe.

    Wir wissen es schlicht und ergreifend nicht, möglicherweise
    (oder Gott sei Dank) werden wir es auch nicht erleben.

    Beide Sichtweisen führen doch eh zu einem Ergebnis, oder?

    CARPE DIEM!

    Denn wir leben weder in der Vergangenheit noch in der Zukunft...sondern nur heute...

    LG

    Dreas
     
  10. cara

    cara Strebt nach Höherem

  11. Roman_Albert

    Roman_Albert Ist fast schon zuhause hier

    Meine derzeitige Lektüre "The Rational Optimist" von Matt Ridley erläutert, wie technischer Fortschritt und Handel die Lebensumstände ALLER Menschen über die letzten 3000 Jahre hin verbessert hat.

    Wenn man unseren Standard mit vor 100, 200, 500, 1000 Jahren vergleicht, hat er die Fakten auf seiner Seite.

    Die regelmässigen Untergangszenarien, mit denen verschiedenen Untergangspropheten relativ hohe Auflagen (und damit Lebensstandards) erzielt haben, sind kein Zeigeistphänomen, sondern so alt wie die Menscheit selbst.

    Ich empfehle eine kurze Lektüre seines on-line Artikels Apocalypse Not, in dem er ein bissl auf die Mechanismen eingeht.

    Aber von so ein paar Tatsachen lässt sich natürlich ein wirklicher Pessimist nicht aus der Ruhe bringen.

    Und auch das ist ok, solange wir trotz des finsteren Aublicks weiterhin die Freude am Leben nicht ganz verlieren, unseren Freuden und Zielen (Familie, Gesundheit, Saxophon :-D ) nacheifern und uns nicht durch die negativen Gedanken in eine Depression treiben lassen.

    Das ist wie mit den Instrumenten und dem Mundstücken, jedem passt ein anderes ;-)
     
  12. Gelöschtes Mitglied 5328

    Gelöschtes Mitglied 5328 Guest

    Hi Roman,

    es ist sicher auch richtig die Entwicklung nicht in Jahrzehnten sondern
    Jahunderten zu beurteilen.

    Jahrzehnte sind ja nun in einer langfristigen Entwicklungsbetrachtung wirklich nicht aussagefähig.

    An einer Stelle bin ich mit bebop einer Meinung. Die größte Herausforderung der Menschheit ist nicht der Klimawandel sondern das
    Bevölkerungswachstum.

    Diese ist die Ursache einer Reihe anderer Probleme, wie Welternährung,
    Wasserversorgung, Ressourcenvebrauch, etc.

    Daher halte ich es auch für fatal, dass die Politik den Eindruck vermittelt
    wir könnten die Erderwärmung begrenzen.

    Jeder zusätzlich geborene Mensch wird zusätzliches Co2 verbrauchen,
    wahrscheinlich weniger als zu unserer Geburt, aber es ist zusätzliches
    Co2, zusätzliche weitere Ressourcen. (Ich kann mich noch an
    meinen Erdkundeunterricht erinnern, als auf der Erde die 5 Mrd.
    überschritten wurden...jetzt haben wir 10 Mrd. )

    Alle Probleme, Ressourcenverbrauch, Co2 Emissionen, Trinkwasserknappheit sind ind dem Bevölkerungswachstum begründet.

    Und nach meiner Überzeugung bekommt man das Problem
    nicht mit Verzicht (lass uns leben wie unsere Vorfahren), sondern
    nur über intelligenten technischen Fortschritt in den Griff.

    Und nur weil (vemutlch) wir die jetzige Klimaveränderung ausgelöst haben machen wir solch einen Bohey darum? Es gab schon mal Zeiten ohne
    ewiges Eis an den Polen...und die Erde hat es überlebt.

    Aus meiner Sicht wird viel zu wenig darüber diskutiert, was wir tun
    müssen um mit der Erwärmung klar zu kommen (nein wir werden
    sie "deckeln" .... Blödsinn) und es wird gar nicht diskutiert, welche
    Chancen das auch eröffnet!

    LG

    Dreas
     
  13. Saxoryx

    Saxoryx Strebt nach Höherem

    Dem kann ich nur voll und ganz zustimmen. Die Antarktis war einmal ein grünes Paradies. Warum sollte es schlimm sein, wenn sie das wieder wird? Aber wenn die Menschheit sich weiter so vermehrt, wenn jede Frau in Afrika (oder sonstwo) zehn Kinder hat (was früher sinnvoll war, weil neun davon gestorben sind, und nur eins überlebte, heute überleben aber alle), wohin soll das führen? Wir machen uns viel zu viele Gedanken über die falschen Dinge und viel zu wenige über die richtigen. Man sollte sich lieber Gedanken machen, wie man Verhütungsmittel in Lebensmittel einbaut, damit die Frauen nicht mehr schwanger werden.
     
  14. cara

    cara Strebt nach Höherem

    wer dann noch schwanger wird, entscheidet wer ? :-? ?
    das PWFG ? :-o ?
    (Proper-Weißes-Frauen-Gremium)

    gruselige Grüße

    Cara

     
  15. Saxoryx

    Saxoryx Strebt nach Höherem

    Nein, das machen eigentlich jetzt schon die Staatskrankenhäuser hier (alles schwarz ;-)). Die haben eine ganze Menge Frauen zwangssterilisiert, die dort zu einer Entbindung waren (vermutlich nicht zu ihrer ersten Entbindung). Und wenn es so eine Möglichkeit gäbe, Schwangerschaften bei Frauen beispielsweise durch irgendeine Beigabe zu Lebensmitteln zu verhindern, würde das vermutlich die (schwarze) Regierung machen. Mit Menschenrechten haben es die Oberen hier nicht so. (Und die Oberen sind alle schwarz.)
     
  16. Saxoryx

    Saxoryx Strebt nach Höherem

    Ach, vielleicht noch als Ergänzung, weil das vielen hier nicht klar zu sein scheint: Kinder sind hier in Afrika nicht wichtig, die werden geboren wie Schweine oder Hunde, und ebenso behandelt. Auch Frauen sind nicht wichtig. Die sind nur dazu da, um zu arbeiten und eben Kinder zu kriegen, die die Erwachsenen dann, wenn sie alt sind, versorgen sollen. Eine andere Funktion haben Kinder nicht und haben Frauen nicht. Insofern haben auch weder Kinder noch Frauen irgendwelche Rechte. Afrikanische Männer benutzen keine Kondome, weil sie das "unmännlich" finden, und die Frauen haben kein Recht, selbst zu entscheiden, ob sie Kinder wollen oder nicht. Viele wären sicherlich froh, wenn sie mal in einem Jahr KEIN Kind kriegen müssten.
     
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