Gelassenheit bei Auftritten

Dieses Thema im Forum "Saxophone" wurde erstellt von GelöschtesMitglied4288, 20.November.2011.

  1. GelöschtesMitglied4288

    GelöschtesMitglied4288 Guest

    Hallo, liebe Saxophonisten!

    Wie wohl viele von Euch spiele ich bei Auftritten, nicht mit der gleichen Gelassenheit wie auf den Proben.

    Dieser, ich bezeichne ihn mal "Leistungsabfall",der fürs Publikum vllt. gar nicht ersichtlich ist, nervt mich, weil ich beim Improvisieren in meinem Jazzquartett, immer ganz woanders lande, als ich eigentlich plane. Was nicht weiter schlimm ist. Dennoch würde mich mal interessieren, ob sich bei den alten Hasen nach Jahre, so etwas wie Gelassenheit eingestellt hat, so dass sie so spielen, wie sie sich es vornehmen. Ich habe oft das Gefühl, dass ich nur abrufen kann. Denken tue ich dabei kaum... und das würde ich gerne.

    LG,
    jazzwoman
     
  2. austriansaxman

    austriansaxman Kann einfach nicht wegbleiben

    Gelassenheit bei Auftritten ist eine sehr persönliche Geschichte.

    Sie ist einerseits davon abhängig, ob du in den "Flow" kommst und andererseits von deiner persönlichen Entwicklung (Blockaden, Glaubenssätze, Erwartungserwartungen usw.)

    Ich könnte mir vorstellen, dass du mit einem guten Coach diese Dinge bearbeiten und davon profitierem kannst.

    Leider bist du zu weit weg, sonst hätte ich dir meine Dienste angeboten.

    Schöne Töne
    Edmund
     
  3. Juju

    Juju Strebt nach Höherem

    Hallo Jazzwoman,
    das Gefühl kenne ich sehr gut, und ich glaube, es ist nicht nur eine Frage der Routine, sondern im Wesentlichen der Persönlichkeit. Ich habe, seit ich zurückdenken kann, Probleme mit Lampenfieber, und nicht nur im musikalischen Bereich. Auch beispielsweise bei wissenschaftlichen Vorträgen. Komischerweise wurde das mit den Vorträgen im Laufe der Zeit eher schlimmer, so dass ich überhaupt nicht mehr frei vortragen konnte sondern ablesen musste, weil mein Hirn praktisch völlig gelähmt war und ich mir wie eine Art Roboter vorkam.
    Ähnlich erlebe ich das mit Konzerten. Insbesondere in der Klassik war es ein Problem, weil die Atmung sich aufgrund der Aufregung so veränderte, dass ich nicht mehr an der gewohnten Stelle atmen konnte. Beim Jazz ist es oft so, dass vor lauter Angst meine Finger so kalt werden, dass ich sie kaum noch vernünftig bewegen kann. Ich fange auch plötzlich an, über Sachen nachzudenken, die ich sonst einfach automatisch spiele, und das lähmt mich bei Spielen. Ich schätze mal, mein Output bei einem Gig oder einer Aufnahme ist vielleicht 60% von dem, was ich eigentlich in der Lage wäre zu spielen.
    Interessanterweise hatte ich in letzter Zeit öfter mal Gespräche mit Profimusikern, die zu uns ins Studio zum Aufnehmen kommen. Mir war nicht klar, dass diese Angst so weit verbreitet ist und auch bei den routiniertesten Profis ein Problem ist. Einer der großartigsten Altsaxophonisten hier in UK erzählte mir, dass er bei jedem Auftritt das totale Nervenbündel ist (was man ihm aber überhaupt nicht anmerkt), und dass ihn dieser Zustand stark in seiner Leistungsfähigkeit beeinträchtigt. Wow, wie er wohl spielen würde, wenn er völlig angstfrei wäre...
    Mehrere Musiker, die regelmäßig zu uns ins Studio kommen, äußerten, wie unwohl sie sich in der Studiosituation fühlen, mit dem Wissen, dass alles, was sie da spielen, für die Nachwelt aufgenommen wird und am besten beim ersten Take "Sitzen" muss. Bei professionellen Aufnahmesessions fühlen sie sich oft extrem unter Druck, denn time is money.
    Es gibt aber auch andere Musiker, die das Gefühl überhaupt nicht kennen und die Bühne brauchen, um überhaupt erst richtig in Fahrt zu kommen.
    Schon interessant, wie unterschiedlich das ist, was sich in unseren Köpfen abspielt.
    Ich kann mir vorstellen, dass bei vielen Profimusikern Alkohol und Drogen deswegen eine Rolle spielen, weil sie eben versuchen, ihre performance anxiety und den darous resultierenden Leistungsabfall damit in den Griff zu bekommen.
    LG Juju
     
  4. Gast

    Gast Guest

    Unabhängig vom Persönlichkeitsprofil spielen m.E. Routine und Professionalität eine Riesenrolle.

    Die Erwartungshaltung des Publikums oder der Situation richtig einzuschätzen, darauf bezogen ein möglichst genaues Wissen des eigenen Leistungsprofils zu haben, also zu wissen: hier bin ich richtig, ich bin vorbereitet - das nenne ich Professionalität, und die kann mit der Zeit helfen, eine persönliche Routine zu entwickeln, die das Selbstbewusstsein in diesen Situationen stabil hält.

    Ob überhaupt, oder wie gut, wie schnell jemandem das gelingt, hängt wohl sehr von der Persönlichkeit ab, aber ich meine, dass man sehr wohl systematisch daran arbeiten kann.

    Gruß, Herman
     
  5. Gast

    Gast Guest

    hmmmm....

    Ich gehöre wohl eher zu den wenigen, die die Bühne "brauchen"....da komme ich erst richtig in Fahrt, während ich im Proberaum eher faul und gelassen bin.

    Es gab schon einige Bands, die mir nach dem jeweils ersten Gig ganz erstaunt bestätigten : Mann....DU kannst ja abgehen !! So kennen wir Dich ja garnicht !

    Ich sehe irgendwie nicht ein, weshalb ich im Proberaum irgendwelche Soli voll ausspielen soll...die dudel ich halt irgendwie ab....aber auf der Bühne gebe ich alles....da kenne ich kein Lampenfieber und keine Scheu. Publikum ist für mich eher ein musikalisches Aphrodisiakum als ein Hemmfaktor.

    >>> ENDLICH hört mal jemand zu, der auch zuhören SOLL ( keine genervten Nachbarn..nein -ZAHLENDES PUBLIKUM) ....hurra und Vollgas !!!

    Ähnlich ergeht es mir im Studio....ENDLICH darf und kann ich mal....und das wird auch noch aufgenommen und festgehalten...
    nicht einfach nur Schall und Rauch...wie geblasen dann auch schon weg....sondern auf CD gebrannt und vervielfältigt....klasse ....dann gebe ich ALLES !!
    Das macht mir voll Spass....dafür übt man doch oder ??

    Vielleicht kann sich der eine oder andere diese Denkweise mal ein wenig verinnerlichen und Sein / ihr Lampenfieber damit abbauen.

    LG

    CBP
     
  6. ppue

    ppue Mod Experte

    Mal vorweg: Lampenfieber ist nicht nur schlecht und die damit verbundene Adrenalinausschüttung setzt enorme Konzentration frei.
    Wenn das Lampenfieber sehr groß ist, ist es störend. Die einen werden davon müde, anderen fließt die Spucke in Strömen oder der Mund trocknet aus, wieder andere werden zittrig.

    Routine hilft ein wenig, klar, dennoch bleibt auch nach tausend Auftritten immer noch genug Lampenfieber übrig.

    Besonders schlimm ist das bei mir bei Premieren.

    So extrem scheint es bei dir nicht zu sein, jazzwoman. Du siehst einen Leistungsabfall. Das kenne ich gut. Ich strenge mich auf der Bühne besonders an, habe Angst, dass ich zu leise oder zu unattraktiv spiele und spiele plötzlich anders als im Proberaum.

    Ganz generell hilft mir auf der Bühne, nur 80% von dem zu zeigen, was ich kann. Wenn ich Luft nach oben habe, bleibe ich locker. Ob ich in den Flow komme, ist damit nocht nicht gesagt, aber die Chancen dazu stehen doppelt so gut.

    Im Solo erst dann spielen, wenn ich was zu sagen habe. Mir selbst zuhören. Pausen zulassen, der Band zuhören; dass ermöglicht Kommunikation und das Solo steht nicht über der Band. Nur so bekomme ich die Chance, dass 'es' mich spielt, so wie es die Lust mit mir macht, wenn ich locker im Übungsraum stehe.

    Zurückhaltend kann man auch mit dem melodischen Material sein. Improvisiert man nur mit einem Ton, dann wird die Spannung für dich selbst größer, das endlich zu durchbrechen. Es zieht dich dann woanders hin.

    Sich ziehen lassen ist für mich der Schlüssel überhaupt. Sobald ich auf der Bühne drücke, stimmt was nicht.
     
  7. saxlover

    saxlover Ist fast schon zuhause hier

    Ich bin ein Adrenalinjunkey. In den Situationen vor vielen Zuhöreren Musik oder anderes (ich moderiere auch viele Veranstaltungen vor sehr grossen Publikum) bin ich voll wach und es könnte mE nicht besser sein.

    Alleine oder als "Probe" bekomme ich diese subjektive Leistung nicht hin. Testläufe sind alle grauenhaft.

    Das Problem ist wohl individuell verschieden. Dennoch ist es auch erlernbar, mit der Stresssituation bewußt umzugehen. Vor meinen ersten Auftritten, egal ob Theater, Musik oder anderem war ich immer extrem blockiert und wurde erst "on the job" freier. Daran kann man schon arbeiten - hatte ja auch ewig Zeit dazu...


    @pue

    Wie wird denn der Begriff "flow" definiert?
     
  8. ppue

    ppue Mod Experte

    Ich würde sagen, 'im Fluss sein'. Für mich ein Gefühl, nicht irgend wo hin zu streben, noch irgend etwas aufarbeiten zu müssen. Man könnte auch sagen, 'im Moment sein'.

    Beim Schreiben ist es genau so, manchmal ringt man nach Worten, ein andermal fließt es aus dem Ärmel.
     
  9. clari_sax

    clari_sax Ist fast schon zuhause hier

    Flow ist ein Begriff aus der Psychologie, schau mal hier:

    http://lexikon.stangl.eu/303/flow/

    LG - Chris
     
  10. Rick

    Rick Experte

    Hallo Juju!

    Das kann durchaus sein. Bei mir ist Lampenfieber aber auch situationsbedingt - ungewohnte Auftrittsgegebenheiten stressen mich am meisten.

    Ich erinnere mich diesbezüglich noch gut an einen klassischen Soloauftritt mit Sinfonieorchester, ich musste nur die kleine Alto-Passage in Bizets "Arlesienne Suite" vortragen.
    Nicht schwer, aber eben ungewohnt, so inmitten der Streicher mit Dirigent vorne.
    Bei der Probe hatte ich auf jegliches Vibrato verzichtet, weil ich dachte, so müsse man eben "klassisches Sax" spielen (heute weiß ich es besser). Einige Orchestermusiker baten mich aber um Vibrato, denn sonst klänge die Partie zu kühl, aber ich war eigensinnig, wollte auf gar keinen Fall zu jazzig oder poppig spielen, sondern aller Welt beweisen, dass ich auch "richtig" klassisches Sax drauf habe. :cool:
    Wie dem auch sei, kurz vor dem Auftritt merkte ich, wie mir heiß und kalt wurde, der Hals schnürte sich zu, ich begann sogar leicht zu zittern. Das konnte ich zunächst überhaupt nicht einordnen. Wurde ich krank, bekam ich eine Grippe?
    Dann wurde es mir schlagartig klar - ich hatte LAMPENFIEBER!! :-o
    Jedenfalls kamen auf diese Weise die Kollegen zu ihrem Vibrato - ich zitterte so heftig beim Spielen, dass es von ganz alleine geschah. :lol:

    So ist das bei mir in Jazz und Pop.
    Da kommt es mir manchmal so vor, als würde ich erst auf der Bühne richtig zum Leben erwachen, wie es CBP und saxlover beschreiben.
    Sobald ich improvisieren darf, bin ich gerettet, doch je mehr ich etwas Vorgegebenes spielen muss, desto mehr bin ich gestresst. ;-)


    Schöne Grüße,
    Rick
     
  11. saxlover

    saxlover Ist fast schon zuhause hier

    Oh danke Chris - Dein Link ist ein Volltreffer für mich (außerhalb vom Sax). Die weiterführenden Infos werde ich mir noch besorgen.

     
  12. Thomas

    Thomas Strebt nach Höherem

    mein allererster Auftritt geschah mit dem Klavier vor ca 50 Leuten. . Und ich war ( weil ich nur blöd war) total ruhig. ich war 10 oder so und sollte Beethoven ( ein Rondo) spielen.. Auswendig. Deswegen natürlich keine Noten dabei. Ich war total ruhig und habe dann losgelegt... alles gut, im Mittelteil war ich kurz vor dem rausfliegen, die Klavierlehrerin wurde blass ( hatte mich vorher shon gefragt, wo meine Noten sind), ich spielte ein Trillerchen und weiter ging es ... Alle waren ganz begeistert, bis auf die Klavierlehrerin.

    Ein Jahr später: wieder so ein Vorspiel. Wieder ein Stück von Beethoven. Mir war den ganzen Mittag davor flau, weil ich ja jetzt wusste, was alles "passieren " kann, ich nahm die Noten natürlich mit... und hatte auf einmal Lampenfieber wie Sau. Ich habe das Ding durchgekriegt, keine grösseren Fehler, aber wegen Lampenfieber halt doch ziemlich mickrig gespielt... "der Leistungsabfall" halt... :lol:

    Viel später, als ich mein Vaterland 15 Monate lang mit der Klarinette verteidigen durfte, habe ich festgestellt, dass sehr häufige Auftritte ( bei mir) da Routine und Gelassenheit eintreten lassen ( natürlich vor allem, wenn man nicht besonders exponiert spielen muss) oft sogar zuviel der Gelassenheit, was dann auch wieder zum Leistungsabfall führen kann.... also zuviel Dampf in der Hütte ebenso wie zuwenig Dampf können zum Leistungsabfall führen...
     
  13. mato

    mato Strebt nach Höherem

    Bei mir war es so ähnlich wie bei Thomas. Beim ersten Vorpiel (mit allerdings 26 Jahren ;-) ) war ich total entspannt und hab die Sache damals eigentlich für meinen Leistungsstand echt gut hingelegt. Jedoch kam mit jedem Vorspiel dann auch etwas Lampenfieber hinzu, was aber während des Vortragens meistens weg ging...trotzdem ist das immer ein sehr unbehagliches Gefühl gewesen - kühles Licht, gelangweilte Gesichter, ungemütliche Atmosphäre. Auf einer Bühne empfinde ich das völlig anders. Da hab ich vorher auch Lampenfieber, aber nach dem ersten Lied werde ich dann so richtig warm und komme meistens in so einen Flow. Ich improvisiere besser, spiele flüssiger und geschmeidiger und leg mich ingesamt viel mehr ins Zeug.
    Beim Aufnehmen ist das wieder völlig anders, da fühle ich mich beklemmt und kann nicht wirklich frei spielen...so unterschiedlich ist doch der Mensch. :roll:
     
  14. GelöschtesMitglied4288

    GelöschtesMitglied4288 Guest

    Danke für Eure zahlreichen Antworten.

    Es geht mir gar nicht so sehr um Lampenfieber, ehrlich gesagt. Ich mag das sogar und zwar sehr. Stehe auch gern im Mittelpunkt. Ich fühle nur eben, dass ich nicht die gleiche bin... Vllt. ist es auch einfach nur normal und man greift auf das zurück, was man abrufen kann. Mal sehen, ob man tatsächlich mit den Jahren routinierter und innovativer wird ;)

    Trotzdem sehr interessante Antworten. Danke Euch!

     
  15. Gelöschtes Mitglied 5328

    Gelöschtes Mitglied 5328 Guest

    Hallo zusammen,

    musikalisch habe ich ja da noch nicht soviel Erfahrung.

    Aber im Prinzip geht es doch um die Performance vor größtem
    Publikum, oder?

    Was ich für wichtig erachte ist authentisch zu bleiben.

    Ich hatte mal vor einigen Jahren eine. Vortrag vor rund 700 Teilnehmern in englisch zu halten.

    Große Nummer!!!! Deshalb habe ich den Text im Detail ausgearbeitet und abgelesen.

    Gut, es ging so, war aber nicht wirklich der Bringer.

    Das bin nicht ich! Ich muss frei vortragen, mich auf' s Publikum einstellen

    Danach habe ich nie wieder einen Vortrag abgelesen, sondern immer frei gesprochen. Das bin ich...

    Was sagt uns das?

    Authentisch bleiben. Das machen was man kann und nicht dass, was man glaubt machen zu müssen.

    Dann stellt sich Gelassenheit ein.

    LG

    Dreas
     
  16. 47tmb

    47tmb Gehört zum Inventar

    Der Punkt ist, denke ich, auf der Bühne hast Du nur genau den einen Versuch. Anders, als in der Probensituation.

    Im Trio oder so spielst Du dann Dein Solo so und so lange, wie Du brauchst (oder die anderen Dich lassen :). In der BigBand hast Du zu einem bestimmten Zeitpunkt genau Deine 8, 16, 32 Takte.

    Und wenn's quietscht, dann hat's gequietscht. Keine Chance abzubrechen und zu wiederholen.


    Nun, den einen hemmt dies und da wird dann en wenig "auf Sicherheit" gespielt, andere laufen zu Höchstleistung auf und lassen die Luzy raus.

    Cheerio
     
  17. Saxophonistin

    Saxophonistin Schaut öfter mal vorbei

    hallo liebe jazzwoman,

    ich bin mittlerweile sehr auftrittserfahren, habe mein herzbluthobby zu meinem beruf gemacht (www.angela-puxi.de).
    selbstverständlich habe ich inzwischen viel routine, d.h. ich spiele (meist ;-) das, was ich in dem moment möchte, komme in einen "flow" (wie es hier ein vorgänger formuliert hat) und habe "im flug" viel spaß mit meinem mitmusikern, kann loslassen und "es spielt einfach".
    genau dies sind die momente, die wir musiker lieben und für die wir leben, für die es lohnt zu üben und die zum größten teil unsere sensible musikerseele nähren. das sind DIE momente, die wir aber leider nicht forcieren können, die ein geschenk sind, aber auf die wir immer hinarbeiten können, um ihnen die möglichkeit zu geben, daß sie passieren.

    man könnte meinen, bei profis läuft immer alles rund.
    leider muß ich da eine andere wahrheit aussprechen und dich desillusionieren. ich bin mir sicher, daß ich auch für meine professionellen mitmusiker spreche...
    mich holen gewisse auftritte immer wieder auf den boden zurück. dies sind die auftritte, die unrund laufen, fast schon krampfig sind.
    du fragst dich warum?
    es gibt auch für uns profis immer wieder faktoren, die uns in einer auftrittssituation nicht gut fühlen lassen;
    du hast einen schlechten tag und bist nicht ganz bei der sache, die mitmusikerkollegen haben eine schlechten tag, die tontechnik bzw. der sound ist fürchterlich, du fühlst dich auf der bühne an der stelle, an der du stehst total unwohl, im publikum gibt es einen menschen, der die ganze zeit die nase rümft, was dich verunsichert und ablenkt etc..
    es gibt viele gründe, die deine leistung auf der bühne negativ beeinflussen können.

    kompensieren kann man diese negativfaktoren nur, indem man sich immer wieder und wieder den auftrittssituationen stellt, sich darin übt loszulassen. dann wird deine leistung auf der bühne auch besser und besser und so, wie du es auch im stillen kämmerlein kannst.
    doch eines ist gewiss: es wird immer wieder auch auftritte geben, die dich eiskalt erwischen. und dann heißt es: je mehr du routiniert bist, desto mehr kannst du auf nummer sicher spielen. und dann ist es wenigstens richtig gespielt gewesen!
    sei also milde mit dir und deiner leistung! wenn du dran bleibst, dann wirst du mehr und mehr loslassen können und so spielen, wie du es dann möchtest und ganz bei der sache sein.
    ist doch auch was, oder!?

    lieben gruß und viel spaß weiterhin!
    angela puxi
     
  18. Schnuckelchen

    Schnuckelchen Ist fast schon zuhause hier

    Ich habe genau die selben Erfahrungen beim Schießen gemacht. Ist man vor dem Wettkampf aufgeregt "wie Sau", dann läuft gar nix. Ist man total entspannt und hat so ein "Scheißegal-Gefühl", dann wird alles noch schlimmer. Wenn man aber einen relativ hohen Adrenalin-Spiegel hat, sich schon auf den Wettkampf freut und es schafft, den Puls einigermaßen zu kontrollieren, dann kann dieser Zustand zu Höchstleistungen führen. Man ist konzentriert und widmet sich ganz seiner Aufgabe, ohne verkrampft zu sein.

    Schade ist nur, dass ich all das nicht auf Auftritte mit dem Sax übertragen kann. Da hab ich nur Panik und daher überhaupt keine Ambitionen auf die Bühne zu kommen... aber ich tröste mich immer damit, dass es ja auch Studiomusiker geben muss. ;-)

    Grüße
    Claudia
     
  19. fruitbat

    fruitbat Ist fast schon zuhause hier

    Die Dampf-und-Hütte-Metapher spiegelt auch meine Erfahrungen wieder (nicht als Profi, nur als mieser Amateur:-D ): Gehe ich ganz lässig ran, heißt das nur, daß mir vor dem Auftritt der Ernst der Lage nicht klar ist. Die Erkenntnis kommt dann in der Regel nach den ersten Takten ;-) und kann mich derart verunsichern, daß u.U. bis zur Pause gar nichts richtig läuft (Stichwort: blackout).
    Mach ich mich hingegen schon Stunden (bis Tage) vorher verrückt, dann läuft nur der Musikautomat. An Kreativität ist nicht mehr zu denken.

    Optimal kann es laufen, wenn:
    -wir in alter Besetzung spielen
    -das Niveau der Stücke keinen überfordert und keine Schnellschüsse gespielt werden
    -die Auftrittsatmosphäre bekannt und entsprechend unseres Könnens ist
    -das Publikum nicht zu kritisch ist, sondern "abgeht"
    -wir viele Auftritte haben (Routine)
    Dann sind auch mal 120 % drin...
     
  20. Rick

    Rick Experte

    Deshalb sollte man ja auch durch Übung und Proben das, was man abrufen kann, so reichhaltig wie möglich halten.

    Man kann aber auch durch zu vieles Üben unspontan werden, das ist - gerade bei improvisierter Musik - sehr gefährlich. :roll:

    Das ist ja auch eine mentale Angelegenheit.
    Mir hat es früher sehr geholfen, mich vor dem Auftritt zurückzuziehen, zu meditieren (in meinem Fall: Um innere Ruhe beten) und keinen äußeren Stress an mich herankommen zu lassen.

    Letzten Freitag, beim Konzert meiner Big-Band, war leider das Gegenteil der Fall - Stress und Hektik bis zum ersten Einzähler.
    Ich war bei den ersten Stücken sehr unkonzentriert, habe einige "Böcke geschossen", sogar bei meinem ersten (improvisierten) Solo die vorgesehene Länge vergessen und mich bereits nach der Hälfte wieder hingesetzt, sehr zur Irritation von Band und Publikum. :-o

    Diese Mehrfachbelastung (Bandleader und Mitspieler zugleich) macht gerade Big-Band-Auftritte für mich zum reinen Horror, denn vorher ist immer IRGENDETWAS zu organisieren, sodass ich nicht ausreichend zur Ruhe komme und dann entsprechend Mist baue. :-(

    Also mein Tipp (sollte ich auch selbst mal wieder öfter beherzigen):
    Vorher runterkommen, nicht ablenken lassen, volle Konzentration auf das Wesentliche, Ausblenden aller (nervenden) Begleitumstände - dann kann man auch auf der Bühne 100 Prozent erreichen! ;-)


    Schöne Grüße,
    Rick
     
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