Hallo, manchmal kommt mir ein Anflug von Geschichtsaufarbeitung in den Sinn. Und nun ist es wieder soweit. Ich möchte gerne wissen, ob es in der DDR eine Jazz-Szene gab und wie war sie ausgeprägt? Gab es ortsgebundene Hochburgen und welche Saxophonkünstler hatten Rang und Namen? Ich habe genau 18 Jahre lang in der DDR gelebt. Auf der Insel Rügen habe ich allerdings vom Jazz nichts mitbekommen. Als ich vor ein paar Tagen einige DEFA Filme angesehen habe fiel mir auf, dass oft Jazz uns Swing als musikalische Untermalung verwendet wurde. Bin mal gespannt, was ihr so aus eurem Nähkästchen plaudern könnt. VG Susi
Moin! "... Im professionellen Bereich entwickelte sich ein breitgefächertes Spektrum, welches vom Mainstream Jazz (Manfred Ludwig Sextett, Klaus Lenz Big Band) über Free Jazz (Ernst-Ludwig Petrowsky, Ulrich Gumpert, Manfred Hering) und freie Musik (Hermann Keller, Manfred Schulze) bis hin zu Jazzrock/Pop-Jazz (Günther Fischer, Hansi Klemm, Uschi Brüning, Modern Soul Band mit Regine Dobberschütz, Wolfgang Fiedlers Band Fusion und der Kompositionen von Hanns Eisler und Paul Dessau aufgreifenden Hannes Zerbe Blechband reichte. Die professionelle Jazzmusik in der DDR erreichte einen hohen künstlerischen Standard und hat eine Reihe auch international geachteter Spitzenmusiker hervor gebracht. Dazu zählen der „Altmeister“ Ernst-Ludwig Petrowsky, „Ulli“ Gumpert, Friedhelm Schönfeld und Conny Bauer. ..." Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Musik_der_DDR#Jazzmusik Gumpert und Bauer waren mir allerdings auch ein Begriff, *bevor* ich googlete. Dann latürnich "Play Your Own Thing": "... So weist die Entwicklung des Jazz in der DDR erstaunliche Gemeinsamkeiten auf mit dem Jazz in Westdeutschland. Schließlich verstand man sich hüben wie drüben als Kämpfer gegen das Establishment ..." http://www.arte.tv/guide/de/030540-000/play-your-own-thing Läuft also am 26. April. Oder vielleicht verfügbar auf DVD in Deiner Bibliothek, ich hab' sie mir mal in Kölle ausgeliehen. Sollte ich mal wieder anschauen, sehr sehenswert. Liebe Grüße Roland
Ich habe zwar nie in der DDR gelebt, kenne aber die "Dresdner Tanzsymphoniker", weil ich immer als mein Vater in die DDR gereist war deren "Studio Dresdner Tanzsymphoniker" mitgebracht bekommen habe. Gründer war Günter Hörig. Vielleicht solltest Du den mal googlen. Gruß, BCJ
hi susi, der sohn von manfred krug war mal vor langer zeit mein nachbar in berlin (west). er hat viel musik gemacht und manchmal hat er mir am klavier vorgespielt. aber auch ganz oft hat er mir alte platten seines vaters vorgespielt, der in der ddr ein jazz sänger war. teilweise gute sachen an die ich mich erinnere. liebe grüße annette
Ui das war ja schon eine geballte Ladung an Informationen. @ ppue ... Toller Einstieg, danke. Großartiger Künstler. @ Roland... dank ppue war mir der Wiki-Beitrag zeitgleich present. Allerdings werde ich aus der Sendungsankündigung von Arte nicht schlau. Die schreiben, dass es Freitag den 26.4. gezeigt werden soll. Nach meinem Kalender ist das aber ein Samstag. @ Anette... Das ist ja eine tolle Geschichte. VG Susi
Ich bin ja in diesem kleinen Land groß geworden. Ich finde, dass die Musik dort sehr hochwertig war. Wie Roland schon schrieb, war selbst die Pop(uläre)-Musik z.T. recht jazzig. Günther Fischer ist für mich ein ganz großer. Seine Konzerte sind heute noch sehr besucht. Lakomy - leider vor kurzem verstorben - war auch ein Jazzer. Er spielte bei Fischer in der Krug-Zeit. Später hat er die "Geschichten-Lieder" für Kinder gemacht. Petrowski ist mir zu "free", Schönfeld mag ich da mehr. Ein Konzert mit Schönfeld und seiner Tochter (Gesang/Piano) habe ich vor kurzem genossen. Ein Urgestein ist für mich auch Thomas Putensen. Der hat sein Klavier immer persönlich auf die Bühne getragen und dann losgespielt. Dass so ein Hühne so flinke Finger hat...Da gibt es wohl was in der Tube zu hören. freundliche Grüße von Hewe
Lief zuletzt am 26. April 2013, also letztes Jahr. Aber keine Sorge, kommt immer wieder mal auf irgendeinem Kultursender, gibt's vielleicht auch in Mediatheken. Jedenfalls ein informativer, lohnender Film, finde ich. Schönen Gruß, Rick
Hmm, Ich erinnere mich noch recht gut daran, dass es Mitte der 80iger eine wöchentliche Fernsehsendung gab " Dixieland in Dresden" die konnte man auch im "Westen" empfangen - zumindest im Braunschweiger Raum. Habe ich mir öfter angesehen -also SOWAS gabs auf jeden Fall. CBP
Als Westberliner durfte ich zunm Teil die damals sehr experimentierfreudigen Musiker erleben. Hier ein Video, in dem u.a. die schon oben genannten Saxophonisten Manfred Schulze und Manfred Hering zu hören sind. http://www.fmp-label.de/freemusicproduction/musiker/schulze/video1/ms-video1.php
In der DDR gab es eine sehr rege Jazz Szene. Jazz war proletarische Musik, von daher wurde er zumindest geduldet, teilweise sogar gefördert. Die Musiker aus dem Osten waren alle sehr gut ausgebildet und spielten auf hohem Niveau. Insbesondere die Free Jazz Szene im Osten hatte gute Kontakte zu den Kollegen im Westen. Ab und zu durfte auch mal ne Combo für ein paar Konzerte in den Westen fahren, wo sie sich dann - meist illegal - mit Kollegen aus der BRD, Luxemburg oder den Niederlanden trafen und gemeinsame Konzerte gaben. Auch gab es z. b. in Ostberlin öfters Konzerte mit Musikern aus den USA oder Kuba. James Blood Ulmer hat im Osten gespielt, David Murray und viele andere. Es gab meines Wissens auch ein Ostberliner Label, das die mitgeschnittenen Konzerte veröffentlichte. Es müsste auch noch Aufnahmen der DDR Jazzmusiker geben, z. B. auf Amiga - wenn ich mich (als Wessi) richtig erinnere.
Über den Soundtrack des DEFA Films "Rotfuchs" bin ich auf folgenden sehr interessanten Künstler gestoßen: Hartmuth Behrsing Das ist eine sehr spannende Geschichte.