"Kautschuk"? - Materialkunde

Dieses Thema im Forum "Mundstücke / Blätter" wurde erstellt von paterknurr, 22.Januar.2006.

  1. paterknurr

    paterknurr Nicht zu schüchtern zum Reden

    Weshalb werden bestimmte Mundstücke mit "Kautschuk" attribuiert? Meine Assoziation geht bei diesem Material in Richtung weich und zäh, die Wirklichkeit erinnert mich eher an die Kategorie "Plaste und Elaste" - was ist es denn nun wirklich für ein Material? Und wie wird es bearbeitet? Gefräst? Oder ist es doch aus dem Stein der Weisen geschnitzt? :-?

    Dirk
     
  2. Schorsch

    Schorsch Ist fast schon zuhause hier

    Zum Material:

    Das Material wurde für den Gebrauch als Ausgangsmaterial für Mundstücke interessant, seitdem durch Charles Goodyear und Harvey Firestone das Vulkanisieren entwickelt wurde, bei dem aus Rohkautschuk, Kohlenstoff, Schwefel und anderen Zusätzen Gummi hergestellt wird. Ausgangsstoff ist Latex, auch "Gummimilch" genannt, das direkt aus dem Gummibaum Hevea brasiliensis gewonnen wird. Durch Zuagbe von Säuren (meist Ameisen- oder Essigsäure) kommt es zur Koagulation, dem Ausklumpen der enthaltenen Eiweißanteile, in die der Rohkautschuk eingebettet ist. Die Rohkautschukklumpen werden gewaschen, zu dünnen Schichten ausgerollt und dann getrocknet. Die Schichten werden zu Ballen gerollt und sind dann fertig zum Versand. Die Masse ist bis zu diesem Punkt noch plastisch, also leicht verformbar. Beim Vulkanisieren wird dem Rohkautschuk Schwefel zugesetzt, der unter betimmten Bedingungen Brücken zwischen den einzelnen Grundmolekülen des Kautschuks bilden und den Stoff so verfestigen kann.
    Kautschuk eignet sich gut zur Herstellung von Mundstücken, da er billig zu produzieren ist, man ihn leicht bearbeiten kann und er wesentlich formstabiler und resistenter gegen Umwelteinflüsse ist als das zuvor verwendete Holz. So kommt es, dass Kautschuk heute das am meisten zur Mundstückproduktion verwendete Material überhaupt ist. Zur Einteilung in verschiedene Härtegrade wird die "Shore-D-Härte" gemessen. Der für Mundstücke geeignete Härtegrad liegt zwischen 82 und 95, wobei an der unteren Grenze Mundstücke mit einem eher dumpfen, an der oberen Grenze solche mit einem recht schrillen Klang liegen. Die Härte kann variiert werden, indem man eine Mischung verschieden harten Kautschuks verwendet.

    Es gibt verschieden harten Kautschuk - Mundstücke macht man aus nachvollziehbaren Gründen eher aus härterem :)
     
  3. Doellcus

    Doellcus Ist fast schon zuhause hier

    @Schorsch,

    genau das wollte ich auch grad sagen;-)
     
  4. antonio

    antonio Gehört zum Inventar

    Sehr gut Schorsch :) Stimmt auf's Haar. Ist auch das, was ich seinerzeit in der Materialkunde gelernt habe. Als vor 'zig Jahren meine Ausbildung in Radiotechnik/Elektronik machte, waren Kunststoffe noch kaum zu haben, all die modernen Kunsstoffe fehlten. Zu haben war aber E b o n i t. Ebenonit war(ist) eine Markenbezeichnung. Daraus drehten und frästen wir allerlei Teile welche Isolation in Geräten dienten. Nebst Rundmaterial gab es auch Platten. Den schwefligen Geruch, welcher beim Bearbeiten frei wurde, kann ich gut wieder "abrufen", wenn ich an einem richtigen Ebonit-MP rieche :)

    antonio
     
  5. rbur

    rbur Mod

    hi,
    auf der Vandoren Webseite sind schöne Bilder über die Herstellung von Mundstücken.
    www.vandoren.fr
    unten rechts auf englisch umschalten ;-)
    zum Haustürchen reingehen, dann rechts das Menü "Slide Show" und "The making of a Mouthpiece"
    Außerdem gibt es bei Downloads dann auch noch ein PDF, wo was über Mundstückherstellung drinsteht. Vandoren Magazin No. 4
     
  6. paterknurr

    paterknurr Nicht zu schüchtern zum Reden

    Danke!!!

    Das hilft, und ich habe das Gefühl, mein Spiel ist auch gleich viel besser geworden dadurch!

    Die Diaschau ist auch sehr aufschlussreich.

    :)
     
  7. jiggLy_eL

    jiggLy_eL Schaut nur mal vorbei

    wo liegt denn dann der härtegrad bei metall-mundstücken?
    im grunde kommt es doch darauf beim sound an... und wenn der härtegrad von kautschuk/ebonit mundstücken so (hoch) wäre, wie bei denen aus metall, dann müssten die doch im großen und ganzen recht gleich klingen, oder lieg ich da falsch?
    (will hier nicht wieder eine material-diskussion auslösen !!)
     
  8. freejazzer

    freejazzer Ist fast schon zuhause hier

    Kautschuk und Metall klingt auch gleich. Nur unterscheiden sich Mundstücke unterschiedlicher Materialien eben nicht nur durch das Material, sondern allgemein durch ihr Modell, Dicke, etc. Das macht das vergleichen schwer.

    Und diesen Satz: "Der für Mundstücke geeignete Härtegrad liegt zwischen 82 und 95, wobei an der unteren Grenze Mundstücke mit einem eher dumpfen, an der oberen Grenze solche mit einem recht schrillen Klang liegen." würde ich doch mal ziemlich anzweifeln.
     
  9. jiggLy_eL

    jiggLy_eL Schaut nur mal vorbei

    hmmm ... also den satz kann ich mir schon so vorstellen - denn immerhin kommt es ja auch darauf an, wie die schwingungen / luftstrom / dingsbums jeweils von dem mundstück und später dann vom saxophon abprallen und weitergeleitet werden... ich stell mir das jetzt wie einen ball vor, den man auf den boden wirft - und da kommt es ja schließlich auch darauf an - je härter der boden, desto weiter prallt der ball wieder zurück...
     
  10. paterknurr

    paterknurr Nicht zu schüchtern zum Reden

    Hmmm... vielleicht ist das ja wie bei der Gitarre - Stahlsaiten klingen auch härter/schärfer/spitzer (???) als Kunststoffsaiten.
     
  11. paterknurr

    paterknurr Nicht zu schüchtern zum Reden

    Na. jedenfalls meine ich, dass die Schwingung ja wohl in erster Linie eine Eigenschaft des Blattes ist, aber die Dämpfung der Schwingung (Stärke und Frequenzen) doch wohl von Dicke, Form und Material der Umgebung (=Mundstück) abhängt. Oder ist das abwegig?
     
  12. Ernesto

    Ernesto Ist fast schon zuhause hier

    Der Unterschied zur Gitarrensaite ist in erster Linie der, daß die Saite selbst der Klangerzeuger ist, das Mundstück in diesem Zusammenhang aber eher mit dem Gitarrenkorpus zu vergleichen ist. Aber da soll es - habe ich mir sagen lassen - himmelweite Unterschiede geben, gerade bei der E-Gitarre, was den Klang des Instrumentes betrifft und das Material, aus dem der massive Korpus gefertigt wurde. . . .

    Meine Erfahrung ist die, daß ich nach einer gewissen Zeit auf einem Metall-Mundstück den gleichen Sound erzeuge wie auf einem Kautschuk und umgekehrt. Das schärfste, durchsetzugnsfähigste Tenor-Mundstück, das ich hier habe ist ein (echtes) Strathon mit einer 4er Bahn.

    Aus Kautschuk!

    LG GENW

    PS: vergesst die Plastikmundstücke nicht! dazu kurz: Mein Zinner Klassic (Kautschuk) klingt um Klassen schärfer als mein Runyon (Plastik), das Zinner Jazz (Kautschuk) habe ich verkauft weil es mir zu schrill war! (diese Zeilen beziehen sich auf das Tenor in C, da ist die Auswahl nicht soo riesig)
     
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