Plastic Cover Blätter selber machen!

Dieses Thema im Forum "Mundstücke / Blätter" wurde erstellt von daskli, 17.September.2005.

  1. daskli

    daskli Ist fast schon zuhause hier

    Hallo Leute,

    ich darf euch als Neuling erst einmal recht herzlich begrüßen und euch sagen, dass ich Musik toll finde: alles was man so spielen kann von heute, damals und von anderswoher!

    Ich spiele seit Jahren Querflöte, Blockflöten, Klarinette und nach einem tollen Konzert von „Riccardo Tesi“ – ich saß direkt vor dem Sopran-Saxophonisten – jetzt auch noch Sopransax. Der oboenhafte, schmeichelnde Ton hat es mir angetan.

    Ich habe mehrere handwerkliche Ausbildungen und als Hobby würde ich neben dem Malen den Instrumentebau angeben. Ich komme dabei von den flauto traversi, Dudelsäcken und der Drehleier. Den aller größten Teil meiner Instrumente habe ich als gebrauchten Schrott z.T. bei ebay gekauft und mir selber hergerichtet.

    Ich weiß nicht mehr, wann ich mir die letzten Rohrblätter gekauft habe, die ich einfach so gespielt habe. Ich muss mir meine Sachen immer erkämpfen und so auch die Rohrblätter. Ich spiele diese an und dann passt mir das nicht. Also schabe und schleife ich bis es passt. – Bitte fragt nicht, wie ich da mache, vieles ist einfach Versuch und Irrtum und vieles ist mir im Leben auch schon kaputt gegangen. Trotzdem ich habe eine für gute Sicherheit erreicht, so zu sagen: einen sechsten Sinn für meine Möglichkeiten.

    Und jetzt habe ich etwas rausgefunden, was für euch interessant sein kann.

    Ich spiele gerne aus Plastic-Cover-Blättern von Rico, da diese sofort spielbar sind, ohne sie vorher anzufeuchten. Zudem halten sie sehr lange. Was mich stört ist der Preis und Rico stellt Blattformen her, die meinen Gewohnheiten wenig entsprechen.

    1. Tipp: auch wenn alle Welt das Gegenteil behauptet – die Plastic-Cover-Blätter sind nachbearbeitbar, d.h. man kann sie nachschleifen! Zwar entfernt man die schwarze Oberfläche, aber der Kunststoff (?) ist tief in die Blätter eingedrungen, hat die Poren MILLIMETERTIEF ! geschlossen und obwohl die Oberfläche weg ist, behält das Blatt seine besonderen Eigenschaften. – Erzählt mir nichts - probiert es selber aus!

    2. Tipp: solche Blätter lassen sich selber herstellen! Und zwar mit einfachsten Mitteln! Ich tränke die neuen Blätter in einer Schellacklösung, wische sie wieder ab und habe den gleichen Effekt!

    Wie macht man so was?

    1. das Blatt muss gewässert werden, damit das fertige Blatt ganz glatt wird! Angenehmer zum spielen. Dann trocknen lassen, bis es wieder trocken, d.h. hell aussieht. Das Blatt wird mit Schleifpapier im Mundbereich geglättet. Ich empfehle dazu ein viel gröberes Schleifpapier als man häufig liest: 240-ger Korn hat sich als gut herausgestellt, weil man nur kurz anschleifen muss! Je feiner das Korn ist, umso öfter muss man schleifen, umso höher ist die Gefahr, dass man eine Unwucht hineinschleift!

    2. Schellack (z.B. von Dr. Kremer in Aichstetten) wird im Verhältnis 1:10 (ruhig Raumteile) mit Spiritus ausgelöst. Das genaue Mischungsverhältnis ist eigentlich egal, die Poren füllen sich, danach ist der Prozess abgeschlossen. Es sollte halt dünnflüssig sein. Als Sorte würde ich den billigen Lemon-Schellack oder den tief-dunklen Robin-Schellack vorschlagen – guckt auf den Preis. Mit 100 gr. kommen duzende Musiker ein Leben lang aus.

    3. Das Blatt kommt jetzt in diese Lösung und wird so lange eingetaucht, wie man ein Blatt normalerweise wässern würde. Ich sage jetzt ein mal mindestens 3 – 5 min..

    4. Danach sofort mit einem fusselfreien Baumwolltuch abreiben. Immer der Faser nach, immer von der Blattmitte in Richtung Blattende, bis alle Flüssigkeit verschwunden ist, ein seidenmatter Glanz entsteht und das Blatt aufhört zu kleben.

    5. Fertig!

    Reiner Schellack ist ein Esther und wird auch von der Lebensmittel benutzt. Ich bin auf der Suche nach einer anderen Bezugquelle, damit ich den Schellack auch in Lebensmittelqualität bekomme, diese habe ich aber noch nicht gefunden. Wenn ihr so etwas wist, dann mal raus mit der Sprache.

    Und wenn ihr mal könnt, dann hört euch „Riccardo Tesi“ an – echt toll!

    Gruß
    daskli
     
  2. KrischanDo

    KrischanDo Ist fast schon zuhause hier

    Wikipedia:
    Schellack, Tafellack, Plattlack oder Lacca in tabulis ist eine harzige Substanz, die aus Gummilack gewonnen wird. Gummilack selbst wird aus Ausscheidungen nach dem Stich der Lackschildlaus Coccus lacca von manchen Pflanzen gewonnen.

    Ich kenne das nur als höchstwertigen Möbellack. Damit ein Blättchen zu tränken, dass ich in guten Zeiten täglich eine Stunde im Mund habe, ist nicht wirklich einladend.

    Okay, was die Blatthersteller mit Blättchen machen, weiss man ja auch nicht. "Naturprodukt" ist ja immer so eine Sache.

    Christian
     
  3. daskli

    daskli Ist fast schon zuhause hier

    Hi Christian,

    Schellack hat die Nummer E 905.

    Und ist mir zum Beispiel als Überzugsmittel z.B. von Gummibärchen aufgefallen.

    Hast du schon einmal darüber nachgedacht, was Joghurt ist?

    Guten Appetitt!

    :-D

    Gruß
    daskli
     
  4. KrischanDo

    KrischanDo Ist fast schon zuhause hier

    Hi daskli,

    klar, wenn man über die Herstellung und Herkunft vieler Lebensmittel nachdenkt, könnte einem manches vergehen. Ich bin ja froh, das die CIA nichts von den französischen Rohmilchkäsen weiß, die wir im Kühlschrank haben; die würden sonst unser Haus wegen Besitz von Bio-Waffen bombadieren lassen. ;-)

    Aber Schellack ist für mich halt verdammt nah an Möbellack...

    Jetzt geh ich erstmal an meinem Kautschuk-Schnuller (Yanagiswa 5er an Yana S 981 ) lutschen...

    Christian

     
  5. Boo

    Boo Kann einfach nicht wegbleiben

    an sich bin ich ja echt begeistert was du da so treibst, hehe, aber sag mal riechen die blätter dann nicht irgendwie komisch?
     
  6. daskli

    daskli Ist fast schon zuhause hier

    Schellack ist geruchslos. Der Spiritus verdunstet völlig.

    Eine Bitte noch: nehmt keinen fertigen Schellack für die Möbelindustrie aus dem Baumarkt: dieser könnte mit Insektizieden oder Pestizieden angereichert sein.

    Selber machen ist angesagt.

    #####

    Seid nur kritisch! - Ich will niemanden von irgendetwas überzeugen!

    Schönes WE
    Gruß
    daskli
     
  7. antonio

    antonio Gehört zum Inventar

    Hallo daskli

    Deine Idee ist an sich bestechend. Nur frage ich mich, ob die Blätter nicht wellig werden, wenn du sie vorher wässerst und dann trocknen lässt. Sicher nicht alle, aber ein gut Teil davon schon, oder? Warum wässerst du sie überhaupt vorher? Könnte man doch direkt zur Versiegelung schreiten. Schellack finde ich recht unproblematisch vom gesundheitlichen Standpunkt her, man konsumiert ihn ja auch nicht gerade in rauhen Mengen ab dem Blatt :-D Ich habe frühr oft mit Schellack (selber aufgelöst, wie du beschrieben hast) gearbeitet. Wenn er trocken ist riecht man nichts mehr. Möbellack auf Schellackbasis ist wahrscheinlich nicht ausschliesslich nur mit Alkohol gelöst, da gibt es doch auch solche auf Nitrobasis - die reichen dann auch viel penetranter und da hätte ich auch mehr gesundheitliche Bedenken. Trotzdem stellt sich die Frage was denn der Sinn des Ganzen ist. Klang? Lebensdauer? Vorliebe? Ich bewahre meine Blätter nass auf und die Dinger halten sehr lange. Werde aber trotzdem bei Gelegenheit einen Versuch mit Schellack machen.

    Grüsse
    antonio
     
  8. daskli

    daskli Ist fast schon zuhause hier

    Hi Antonio,

    ich wässere die Blätter vor der Oberflächenbehandlung, damit sie nach der Schellacktränkung, ganz glatt sind. Neue Blätter werden rauh, wenn man sie zum ersten Mal mit Feuchtigkeit in Berührung kömmen lässt. Damit nach dem feuchten Lack die Oberfläche ganz eben ist: zuerst wässen, dann abschleifen, dann überziehen.

    Ja, und der Klang verändert sich wirklich: die Blätter werden einen Hauch härter, der Klang bekommt viel mehr Brillianz, er wird - wenn sich jemand so was vorstellen kann - gläsern! Mir fällt es mit solchen Blättern besonders leicht die hohen Töne auf dem Sopransax zu spielen! Bei den tiefen Tönen muss ich das Mundstück sehr weit in den Mund nehmen.

    In der ersten halben Stunde kleben sie etwas nach, das gibt sich aber schnell und ist von der verwendeten Lackmenge abhängig.

    Ich überziehe gerne schon etwas gespielte Blätter, die schon etwas weicher geworden sind, dann eben länger halten und bei denen es nicht mehr ins Gewicht fällt, dass sie etwas härter wurden.

    Mit der Lebensdauer habe ich ein Problem, ich kann es dir nicht sagen, weil ich Blätter wie Fingernägel gerne nachschneide, etwas abschabe und somit sehr lange spiele.

    Also kostengünstig ist es auf jeden Fall. Was mich aber bei solchen Experimenten fasziniert, ich das Wechseln des Klangs. Rohrblattinstrumente hören sich mit anderen Blättern anders an, mit selber zurecht gearbeiteten Blättern kann man diesen Klang steuern.

    Ich wünsche dir alles Gute,
    Gruß
    daskli

     
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