RPC - Ein Traum von einem Mundstück

Dieses Thema im Forum "Mundstücke / Blätter" wurde erstellt von Schorsch, 8.April.2005.

  1. Schorsch

    Schorsch Ist fast schon zuhause hier

    In der letzten Inkarnation des Forums fragte ich mal,

    was denn von "custom made" Mundstücken zu halten sei, also Mundstücken, die auf den Käufer quasi maßgeschneidert werden, da die Zahl derer, die einen solchen Service anbieten, langsam steigt. Als Beispiel wären da zu nennen Freddie Gregory, Theo Wanne - und Ron Coelho (RPC-Mundstücke). Probieren geht über studieren, und so bin ich seit Mitte letzten Jahres stolzer Besitzer eines Mündstücks von Ron Coelho für mein Tenor, und vor einigen Wochen ist auch das Exemplar für mein Bariton eingetroffen. Für mich die richtige Zeit, mal meine bisherigen Erfahrungen darzulegen.

    Ron Coelho arbeitet seine Mundstücke aus Kautschukrohlingen, die er von JJ Babbitt bezieht. Nach seinen Erfahrungen das beste Rohmaterial, das zu bekommen ist. Jeder Bestellung geht ein Gespräch mit dem Kunden voraus, um ein möglichst genaues Bild davon zu bekommen, was von dem Mundstück erwartet wird. Dann macht er sich ans Werk, und arbeitet und testet, und arbeitet und testet… bis er das Mundstück für fertig hält. In Zeiten von CNC-Maschinen beim besten Willen nicht gewöhnlich. Aber nun mal zu den beiden konkreten Modellen:

    Tenor:
    Vor dem Wechsel auf das RPC spielte ich ein Otto Link Tone Edge Kautschuk 8. Vor diesem Ein Berg Larsen Stahl 110 SMS und ein Peter Ponzol M1 110. Klanglich gefiel mir das Link von allen dreien am besten, aber mit zunehmender Laustärke wurde der Klang irgendwie hohl und verlor auch an Substanz, was sich auch nach exzessivem Üben nicht wirklich besserte. Ich rief Ron an, erzählte ihm, was mir an meinen bisherigen Mundstücken nicht so sehr gefiel, aber auch, was ich an ihnen mochte: die Power des M1, den Strahl des Larsen, die Weichheit im Klang des Links. Er meinte, meine Probleme mit dem Link würde er fast täglich hören, das läge begründet in einer leichten Misgestaltung der Kammer. Wir sprachen noch eine Weile miteinander, und schließlich meinte er, er wüsste jetzt, wie er mir helfen könnte, und würde mir ein Mundstück bauen.
    Nach 21 Wochen war es dann endlich da, am Vortag des ersten Treffens in Frankfurt: mein RPC 100 mit rollover baffle. Der erste merkliche Unterschied zum Link war die Steigung des Schnabels. Das RPC ist wesentlich flacher, nach einiger Zeit hat man beim Rückwechsel auf das Link das Gefühl, auf einen Klotz beissen zu müssen. Mit der Zeit stellt man sich aber um, inzwischen finde ich das Spielgefühl auf dem RPC als wesentlich angenehmer. Die Ansprache ist in allen Registern, in allen Dynamikern, nur als ausgezeichnet zu bezeichnen. Selbst die Tiefe spricht ohne Verzögerung und Probleme an – keine Nebengeräusche, auch im piano. Der Klang ist sehr wandslungsfähig. Bei den letzten Quartettauftritten habe ich damit sogar Samuel Barbers Adagio Opus 11 gespielt, wofür ich früher auf jeden Fall lieber mein Rascher gezückt hätte. Der Klang ist weich, kann sich in das Ensemble einfügen und wirkt nicht aufdringlich. Nach oben sind mit dem Mundstück in alle Dimensionen keine Grenzen gesetzt: Obertöne und Toptones lassen sich astrein anspielen, die Dynamik lässt sich sehr differenziert steigern, und ab einem bestimmen Level blüht das Mundstück geradezu auf und zündet von selbst den Nachbrenner. Vom „Spielspaß“ her ist es mit keinem anderen Mundstück vergleichbar, das ich vorher gespielt habe.

    Bariton:
    Das Baritonmodell gleicht in seinen Eigenschaften dem des Tenors aufs Haar. Es ist sehr wandlungsfähig – es kommt nur darauf an, was der Spieler spielen möchte. Ron selbst hat das Modell in unserem Vorgespräch als „neutral“ und anpassunsfahig beschrieben, und genau das ist es auch. Mit dem Link klangen wie bei den meisten tief-A-Baritönern das H und das Bb nicht so deutlich und klar wie die benachbarten A und C. Mit dem RPC gibt es dieses Problem nichtmehr. Der Klang ist wie auch auf dem Tenor sehr ausgewogen.

    Der Service:
    Ron ist sehr daran interessiert, dass seine Kunden genau das bekommen, was sie wollen. Gefällt das Mundstück nicht, nimmt er es wieder zurück. Ausserdem beharrt er sehr darauf, vorab ein ausführliches Gespräch zu führen, damit er eine genaue Vorstellung davon bekommt, was man wirklich will. Er ist sehr daran interessiert, was man mit anderen Mundstücken für Erfahrungen gemacht hat, und auch an den eigenen Klangpräferenzen.
    Beim Bariton gab es ein paar kleine Probleme mit dem Zoll, weil sich Papierkram von dem Umschlag gelöst hatte. Daraufhin bekam ich Post vom Zollamt, dass ich bis dannunddann Zeit habe, das Mundstück abzuholen, danach koste es zusätzlich noch Verwahrungsgebühren. Ron erklärte sofort, dass er diese übernehmen würde. Das nenne ich ein kundenorientiertes Verhalten. Ausserdem hat er immer die eine oder andere Anekdote auf Lager und immer zum fachsimpeln aufgelegt.

    Sicher, das beste Mundstück kann es einem nicht abnehmen, zu üben. Und einige der Eigenschaften merkt man erst wirklich deutlich, wenn man auf eines der alten Mundstücke zurückwechselt. Aber für mich steht fest, dass meine Suche nach dem Mundstück vorüber ist und ich die Exemplare gefunden habe, mit denen ich eine seeeehr lange Zeit glücklich sein werde.

    RPC – hier rollt die Ware nicht vom Band, hier schafft man noch mit Herz und Hand!
     
  2. antonio

    antonio Gehört zum Inventar

    Hallo Schorsch
    Das tönt wirklich sehr aufgestellt - genau das was ich mir auch wünschen würde. Allerdings würde mein Englisch kaum ausreichend sein um ein Gespräch genügend vertieft führen zu können, tja wird wohl nichts - das zu delegieren dürfte auch schwierig sein.

    Viel Spass weiterhin mit deinen Mundstücken :)

    Herzliche Grüsse
    antonio
     
  3. the_Martin

    the_Martin Ist fast schon zuhause hier

    Gratulation, zu dem Teil!
    Der Preis ist ja auch absolut im Rahmen für so ein Custom MPC und was dafür geboten wird.
    Bei dem momentanen Dollarkurs bin ich nun schon schwer am überlegen.... ;-)

    Gruss, Martin
     
  4. Schorsch

    Schorsch Ist fast schon zuhause hier

    Hi Martin,

    was du am Dollarkurs sparst, musst du unter Umständen aber wieder an Zoll drauflegen. Aber trotzdem hat es sich für mich allemal gelohnt, und es war jeden einzelnen Tag, den ich gewartet habe, wert.
     
  5. TootSweet

    TootSweet Ist fast schon zuhause hier

    Ich spiele seit mehreren Jahren auf einem RPC .85 Alto-Mundstück. Von Zeit zu Zeit probiere ich andere aus (wie gerade jetzt ein Vandoren-V16), meistens komme ich aber früher oder später wieder auf das Coelho-Mundstück zurück.

    Es hat einen warmen, fetten Ton - eine Art verbessertes New-York-Meyer. (Jedenfalls finde ich es besser als mein New-York-Meyer.)

    Nicht nur ich finde, dass RPC-Mundstücke das richtige Blättchen brauchen, um wirklich gut zu tönen. Alexander 2 1/2 oder 3 sind gut, auch Hemke 2 1/2. Coelho selber empfiehlt Rico Jazz Select 2H oder Rico Royal 2 1/2. manche Blätter neigen zum Pfeifen.

    Warum ich zwischendurch andere ausprobiere? Weil der Coelho-Sound manchmal ein bisschen "auseinanderfällt", wenn ich akustisch spiele; mit Mikro ist das jedoch nie ein Problem.

     
  6. Schorsch

    Schorsch Ist fast schon zuhause hier

    Ich spiele Vandoren Jazz 3,5er, die ich noch ganz leicht nachbearbeite. Also irgendwo zwischen 3 und 3,5. Die gehen wirklich ziemlich gut auf dem Teil.

    Er selbst findet übrigens die Rovner-Ligaturen eher suboptimal, die würden den Sound schwächen, weil das Material so soft ist. Viele seiner Kunden hätten mit härteren Ligaturen wie z.B. der Vandoren Optimum bessere Erfahrungen gemacht. Bisher kann ich das so auch bestätigen.
     
  7. antonio

    antonio Gehört zum Inventar

    Ja, nach der guten Erfahrung von mos habe ich ihm ein altes SML zum Umbau geschickt - ich bin sehr gespannt, was ich zurückerhalte. Hans Werner versteht eine Menge von Mundstücken, bzw. deren Bearbeitung. Ich freue mich jedenfalls auf das gute Stück.

    antonio
     
  8. Doellcus

    Doellcus Ist fast schon zuhause hier

    Das ist Schorsch ;-)

    Ein wirklich erfrischender (und lang erwarteter) Bericht über ein MPC, das immer öfter im Getuschel über die bessere Wahl hier und da auftauchte. Ich hörte vom RPC schon an anderer Stelle und sah ja das gute Stück quasi noch frisch aus deiner Sendung. Es freut mich umso mehr als man in letzter Zeit doch auch Berichte lesen musste, die gradezu das Geld des unbedruckten Papieres nicht wert waren, auf dem sie verfasst wurden.

    Falls ich den Tag erleben sollte, dass ich mich erfahren genug wähne, mit Ron zu besprechen, was ich eigentlich will, dann ist er sicher fällig! ;-)
     
  9. Gelöschtes Mitglied 172

    Gelöschtes Mitglied 172 Guest

    Einen direkten Vergleich des RPC zu meinem von Freddie Gregory 'gehobelten' Mundstück fände ich mal richtig spannend.
    Den Unterschied wie weit man den Mund aufmachen muss den du beschreibst zwischen dem Link und dem RPC kenne ich im Vergleich Link zum Yanagiswa Mundstück auf dem Bariton. Allerdings kommt mir das Link angenehmer im Mund vor, das ist aber sicher Gewohnheitssache.
     
  10. Schorsch

    Schorsch Ist fast schon zuhause hier

    Ich bin mir nicht sicher,

    ob ich den Titel des Threads aus Spaß gewählt habe oder weil ich das Thema etwas eingrenzen wollte. Externe Themen bitte auch extern diskutieren.
     
  11. antonio

    antonio Gehört zum Inventar

    O.K. Schorsch-wollen das Thema nicht verwässern :)

    @saxmaus
    Du hast Post :)

    antonio
     
  12. Bloozer

    Bloozer Strebt nach Höherem

    @Schorsch
    Was ich hier entnehmen konnte, du hast mal ein Ponzol M1 gespielt. Was hat dir an dem mpc nicht gefallen?
     
  13. Schorsch

    Schorsch Ist fast schon zuhause hier

    @antonio: danke für dein Verständnis.

    @Bloozer: ich komme grundsätzlich mit Metall nicht so gut klar, die Vibrationen empfinde ich als sehr viel unangenehmer als bei Kautschukmundstücken wie meinem Link oder eben jetzt dem RPC. Vom Klang und der Ansprache her war es eigentlich okay, aber es wollte einfach kein Wohlfühlgefühl aufkommen. Rückblickend kann ich auch sagen, dass das RPC rein von der Power her dem M1 ebenbürtig sein kann, aber doch noch etwas wärmer ist, was ich als angenehmer empfinde. Also wenn man Metall mag, ist es auch ein wirklich gutes Teil.
     
  14. Gelöschtes Mitglied 7743

    Gelöschtes Mitglied 7743 Guest

    Ich krame mal diesen alten Thread wieder aus, da Ron mich gestern angerufen hatte.

    Wie ich hier festgestellt habe, spielen ja einige Forumsmitglieder RPC-Mundstücke. Auch ich spiele sie sehr gern und möchte Sie nicht missen. Allerdings hatte Ron ja leider eine Reputation aufgebaut, das man sehr lange auf die Mundstücke warten musste.

    Ron bat mich ausrichten zu lassen, dass ihn diese Reputation auch zunehmend gestört und er dies nun geändert hat. Er hat zur Belebung seines Geschäfts jetzt immer einige vorgefertigte Kautschuk-Rohlinge seiner beliebtesten Modelle auf Lager, die er dann relativ schnell den Kundenwünschen anpassen und fertigstellen kann. Die Lieferzeiten werden also verkürzt.

    Die gängisten Modelle sind:
    Alto: .80, .85 and .90 Rollover
    Tenor: .100 to .120 Rollover und .110B to .120B High Baffle
    Bariton: .105 to .120 Rollover und .110B to .120B High Baffle

    Gruß,
    BCJ
     
  15. tobisax

    tobisax Ist fast schon zuhause hier

    Hallo,

    Lieferzeit war bei mir 2 Monate (bestellt im Januar 2014) geliefert (mit Zollabfertigung) Anfang März. :) :)

    Super Mundstück. Klingt hervorragend mit den Blättern die Ron empfiehlt (Rico Select Jazz).

    Im Vergleich zum Freddy Gregory Mark IV leichtere Ansprache aber anders im Klang.

    Sehr netter Mann in den USA. Die Kontaktaufnahme funktioniert auch wenn man nicht so gut Englisch kann.;-) :)

     
  1. Diese Seite verwendet Cookies, um Inhalte zu personalisieren, diese deiner Erfahrung anzupassen und dich nach der Registrierung angemeldet zu halten.
    Wenn du dich weiterhin auf dieser Seite aufhältst, akzeptierst du unseren Einsatz von Cookies.
    Information ausblenden