Vintage Kautschuck Mundstuecke

Dieses Thema im Forum "Mundstücke / Blätter" wurde erstellt von bhimpel, 23.September.2005.

  1. bhimpel

    bhimpel Ist fast schon zuhause hier

    Aeltere Mundstuecke sind sehr gefragt (gefragter als die neuen der gleichen Serie), und es wird ein sehr hoher Preis fuer sie bezahlt (siehe zum Beispiel www.saxophon-service.de). Sind sie denn auch wirklich (meist) besser? Wenn ja, warum?

    Bei Metallmundstuecken koennte man argumentieren, dass das Metall ein anderes war (das sagt man ja auch bei Saxophonen). Aber inwiefern ist die Verarbeitung anders? Mundstueckhersteller verschlechtern doch ihre Mundstuecke nicht mit Absicht.

    Bei Kautschuckmundstuecken sehe ich aber vor allem das Problem, dass das Kautschuck mit der Zeit bruechig wird und sich verformt. Demnach sollte ein neues Link Tone Edge oder Berg Larsen doch einem alten vorzuziehen sein, oder?

    Hinzu kommt, dass ich ein aelteres Berg Larsen Kautschuck Mundstueck habe. Das hatte ich (bevor ich es kaufte), mit vielen anderen Berg Larsen der gleichen Serie und Link Tone Edges verglichen. Klanglich war das aeltere besser, obwohl es nicht mehr im perfekten Zustand war. Warum? Bei mir kam noch dazu, dass das aeltere Berg Larsen guenstiger war als die neuen. Das erleichterte die Entscheidung. Aber ist doch komisch, oder? Wie kann das sein? Ob hohe Preise bei alten Mundstuecken gerechtfertigt ist, ist aber fraglich.

    Irgendwelche Ideen warum alte (Kautschuck) Mundstuecke besser sein sollten? Irgendjemand, der gegensaetzlicher Meinung ist?
     
  2. KrischanDo

    KrischanDo Ist fast schon zuhause hier

    Ich glaube, da steckt viel von "Ich möchte so klingen wie (hier Namen einer der großen Sax-Ikonen einsetzen)!" dahinter.
    Wir bewundern die großen Meister der 50er, 60er Jahre und schauen: Was haben die gespielt? Selmer Mark VI und ein Mundstück von ???.
    Warum haben die das gespielt? Weil Mark VI damals wegen des Wechselkurses in den USA günstig zu kriegen war.
    Warum ist Selmer Mark VI gut? Weil es damals ganz viele gespielt haben. Also muss es heute auch noch gut sein, also zahlen werden fette Preise dafür gezahlt.
    Gleiches dürfte für die Mundstücke gelten.

    Da ist wohl mehr Zeitgeschmack, Bewunderung von großen Meistern, Marken-Images, subjektive Selbstwahrnehmung und, böse formuliert, Selbstbetrug dabei.
    Und der alte Effekt: Mit einem neuen Tennisschläger ist man 30 Minuten lang unbesiegbar...

    Ich muss aber zugeben, dass ich mit meinem seltsamen Vintage "Henton Stencil" viel besser klinge, als mit dem neuen Lawton....
    ;-)

    Christian
     
  3. Gast_13

    Gast_13 Guest

    Alte Kautschuk Mundstücke wurden in Handarbeit hergestellt. Da steckt viel mehr Arbeit und Anpassen drin als bei neueren, die meist nur automatisch gefertigte Massenware sind. Gibt natürlich auch da Ausnahmen, die aber auch entsprechend teuerer sind, z. B. RPC oder Pillinger.
    Früher wurden auch viel mehr Mundstücke mit großer Kammer gebaut als heute.
    Gibt ja Vergleiche, z. B. bei Meyer zwischen den alten und den neuen und da gibt es schon wesentliche Unterschiede

    Ausserdem sind schlechte alte Mundstücke heute nicht mehr so viel auf dem Markt, oder wurden refaced.
    Nur die besseren haben überlebt
    ;-)
     
  4. bhimpel

    bhimpel Ist fast schon zuhause hier

    Hallo Christian,

    da ist sicherlich was dran. Vor allem was Mundstuecke angeht. Aber so salopp kann man das bei Saxophonen nicht sagen.

    Wir reden ja nicht nur ueber Mittelklassespieler, die heute noch Mark VI (oder Vintage Selmer im Allgemeinen) spielen, weil sie sich einbilden, damit besser zu spielen. Michael Brecker besitzt wohl ein Dutzend verschiedener Mark VI. Die meisten Profis (80%?) spielen Selmer. Wenn ich ein Mark VI gegen ein neues Selmer vergleiche, erkenne ich einen ganz klaren Unterschied. Das ist bestimmt nicht nur Einbildung.

    Ich glaube wirklich, einen deutlichen Klangunterschied zwischen alten und neuen Saxophonen im Allgemeinen zu hoeren. Wenn man dann noch eine perfekte Mechanik und gute Intonation haben will, bleibt einem kaum eine andere Wahl ausser Selmer (und vielleicht Buffet). Ich glaube, deswegen sind die so ueberteuert, sicherlich preislich nicht gerechtfertig. Conn, Martin und Buescher (und deren Stencil) ab 1930 sind noch okay fuer die Finger. Vor allem die Buescher Saxophone haben eine relativ moderne Mechanik. Bei anderen Sachen muss man aufpassen.

    Aber Mundstuecke sind mir wirklich noch ein Raetsel! Natuerlich koennen vor allem bei Mundstuecken kleine Abweichungen grosse Performance-Unterschiede bewirken. Kann Handarbeit ein Mundstueck "perfekter" machen als die Praezision von Maschinen? Es ist ja nicht gerade so, dass handgearbeitete Saxophone mechanisch ausgereift waren, aber das Metall macht einen grossen Unterschied im Klang im Vergleich zu neuen Saxophonen, und die Verarbeitung war viel besser (siehe Selmer). Vielleicht ist es wirklich so, dass Handarbeit bei Mundstuecken sehr viel ausmacht. D.h. handgearbeitete neue Mundstuecke sollten mindestens so gut sein wie handgearbeitete alte Mundstuecke...
     
  5. KrischanDo

    KrischanDo Ist fast schon zuhause hier

    Klar, war überspitzt und aus der Sicht eines den Selmer-Hype verwundert betrachtenden Keilwerth SX90R-Hupers....

    Wir hatten schon mal einen Thread über Handarbeit vs. Maschinenfertigung.

    Wahrscheinlich sind die alten, die heute noch erhalten sind, einfach die besten von damals, weil alles andere irdendwann genervt an die Wand geworfen wurde oder zum Pflanzlöcherstechen in den Gartenschuppen kam.

    Ich glaube, mit der Reihenfolge: Gute Planung - umfangreicher Prototypenbau - gründliches Testen - Auswahl - präzise, maschinengestütze Fertigung - Testen und ggf. optimieren hätte man eine gute Basis. Mit heutiger CNC-Frästechnik hast Du die Genauigkeit, um dann ggf. Materialschwankungen per Hand nachzuarbeiten. Aber ein Mundstück per Hand aus dem Block zu schnitzen, halte ich für Unsinn.

    Wir hängen in vielen Bereichen so einer Handwerksromantik und Herkunftsillusionen nach. Beim Olivenöl, beim Wein, beim Malt-Whiskey. Wenn man dann mal Fotos von der Raffinerie gesehen hat, aus der die Julio Gallo- Weine kommen, klärt sich der Blick etwas. :-(
    Da bleiben einem nur noch die auf den Oberschenkeln rassiger Kubanerinnen gerollten krummen Zigarren...

    Grüße, Christian
     
  6. Wilson

    Wilson Gehört zum Inventar

    Ich schließe mich da Krischan an, kein Mensch kann so auf hundertstel mm genau arbeiten wie eine CNC gesteuerte Maschine. Er(der Instrumentenbauer) hat zwar Erfahrungen, aber das handwekliche Geschick ist nicht so perfektionert wie der Ablauf in der Fräse. Warum man dennoch alles Alte besser findet? Hm, ich glaube manchmal ist dass wie in der Modewelt, der Geschmack was Klang, Qualität und Preis angeht ändert sich ständig, mal ist der dumpfere Sound aus den 50érn gefragt, dann ein schärferer Sound aus den 80ern, und so werden die alten MPC aus vergangenen Tagen irgendwann wieder aktuell und gefragter als je zuvor. Im Prinzip scheinen viele bei dem Versuch ihren Klang zu finden einem Ideal hinterherzurennen, wobei ich niemanden verurteilen möchte, aber manchmal scheint es mir so.

    Jedem das seine, ich denke aber dass die aktuellen Modellpalletten aller Hersteller für jeden Geschmack eine Lösung bieten, und ehrlich gesagt würde ich mich ein wenig davor ekeln ein Mundstück zu benutzen, dass ein zahnloser Mensch mit einem nicht unerheblichen Mundgeruch zuvor für Jahre gebraucht hat.
     
  7. Holger

    Holger Ist fast schon zuhause hier

    Und genau so schmeckt er leider auch.............
    Aber mal zurück zu den MPC. Wenn ich so sehe, was da an beispielsweise Otto Link STM heute qualitativ auf dem Markt ist, dann graust es mich. CNC Frästechnick hin oder her, irgendwo stimmt es da nicht und mit der Präzsion ist da bei den Qualitätsschwankungen scheinbar nicht so weit her. Ich vermute mal, dass hier die Theorie der Praxis nicht standhält.
     
  8. antonio

    antonio Gehört zum Inventar

    Die neuen Links werden ja auch nicht CNC bearbeitet, sondern gegossen wie ein gewöhnliches Schei..h..rohr :-D Da ist die Streuung einprogrammiert.

    antonio
     
  9. the_Martin

    the_Martin Ist fast schon zuhause hier

    ...kann ich so nicht bestätigen, ich habe ein Mueller&Penzol "New York Artist" Mundstück, das ist ca. 60 Jahre alt, und wird mich sicher auch noch aushalten. Es ist sehr sauber gearbeitet und weder brüchig, porös oder verzogen, nur etwas verfärbt.
     
  10. TootSweet

    TootSweet Ist fast schon zuhause hier

    Das stimmt schon, bloss kann man Mundstücke heute noch nicht ausschliesslich CNC-gesteuert herstellen. Irgendwann kommt auch die automatische Fräse an ihr Ende. Da beginnt dann die Handarbeit. Und da macht es durchaus einen Unterschied, ob eine halbe Stunde oder drei Stunden am Stück gearbeitet wird.
     
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