Wie klarinettig klingt eigentlich eine Klarinette ?

Dieses Thema im Forum "Sonstige Instrumente" wurde erstellt von Otfried, 25.März.2009.

  1. Otfried

    Otfried Gehört zum Inventar

    Moin,

    der Klang der Klarinette ist ja bekanntlich dadurch gekennzeichnet, dass die Hälfte der Obertöne (je nach Zählung die geradzahligen oder ungeradzahligen) prinzipbedingt nicht vorhanden ist.

    Nun, diese Weisheit beruht auf theoretischen Überlegungen, und gilt auch da nur für eine Klarinette mit einer sehr engen Mensur, um ganz exakt zu sein, sogar nur für eine Klarinette mit beliebig enger Mensur, sprich einer Bohrung von Null.

    Aber wie sieht das Ganze denn in der Realität aus?

    Angeregt durch eine Diskussion in einem anderen thread habe ich mal ein paar Obertonspektren rausgekramt, die ich mal von meiner Bassklarinette gemacht habe.

    Zu sehen sind 4 Spektren, und zwar nicht Amplitude gegen Frequenz, sondern Amplitude gegen Obertöne, für diesen Zweck hier ist das besser. Der Grundton ist immer der 1. Oberton, es müssten also gemäß Theorie die geraden Obertöne durch völlige Abwesenheit auffallen:

    C' (eigentlich C°) ist das tiefste C der Bassklarinette. Die geraden Obertöne sind (wenigstens die ersten) deutlich reduziert, aber nicht vollständig verschwunden, wie es idealerweise sein müsste. Schon ab dem 7. Oberton sind überraschenderweise jeweils alle Obertöne in gleicher Lautstärke da.

    G' ist das kurze G. Hier wirkt sich schon deutlich die relativ weite Mensur dieses Tones aus. Der 2. Oberton ist schon deutlich vorhanden, der 4. fast schon normal. Darüber könnte es auch ein oktavierendes Instrument sein.

    G'' ist das mittlere G im mittleren Register. Der zweite Oberton ist tatsächlich etwas reduziert, aber das ist auch für gewisse Saxophontöne durchaus typisch. Ansonsten ist da nix mit "klarinettigem" Wegfall der geraden Obertöne. Trotzdem klingt natürlich die Bassklarinette in diesem Register völlig anders als ein Tenorsaxophon in der mittleren Lage, und auch eine B-Klarinette klingt anders als ein Sopransaxophon, wenn ich auch finde, dass es da schon gewisse Ähnlichkeiten geben kann.

    E''' schließlich ist im hohen Register, und da sind tatsächlich alle Obertöne gleichmäßig vorhanden. Das Spektrum könnte auch von einem Tenorsaxophon sein. Klangliche Unterschiede beruhen auf dem feinen Zusammenspiel der einzelnen Obertöne.

    Gruß,
    xcielo
     
  2. altruist

    altruist Ist fast schon zuhause hier

    Hallo xcielo,

    wie erhält man solche Spektren? Gibt's da ein PC Programm, dass einen als .wav oder .mp3 gelieferten Sound analysiert?

    LG Johannes
     
  3. doc

    doc Ist fast schon zuhause hier

    Absolut spannender Beitrag, xcielo, Chapeau!

    Da stellen sich direkt meßtechnische Fragen, weil es ja auch quantitative Aussagen sind. Wie hast Du den Ton abgenommen?

    Ich finde den Bruch im Bereich des 7. Teiltons von C' interessant. Er könnte(!) natürlich ein geometrischer Effekt sein, je nachdem, wo welche Frequenzen abgestrahlt werden und wo das Mikrophon abnimmt.

    Bei den ganz hohen Tönen dürfte man eigentlich nur noch im Mundstück selbst messen (machten die Australier so, glaube ich). Selbst in der Birne hat man dann schon ein örtlich aufgelöstes Spektrum.

    Aber wie gesagt: Absolut faszinierend.

    Warum aber müßte der Zylinder beliebig eng sein, solange die betrachteten Frequenzen nicht grad beliebig hoch gehen? Klar, wenn der Durchmesser in den Bereich der betrachteten Wellenlängen gerät, wird es spannend... :)
     
  4. Otfried

    Otfried Gehört zum Inventar

    Moin Johannes,

    diese Spektren sind mit der Freeware AudioAnalyser aufgezeichnet, als Tabelle ausgegeben und mit Excel in eine passende Form gebracht worden.

    Nachteil von AudioAnalyse ist, dass man live einspielen muss.

    Mit meiner alten Audio Software Cool Edit Pro kann ich aber auch Teilbereiche einer vorhandenen Audioaufnahme analysieren, die Ausgabe ist aber nicht so schön.

    Gruß,
    xcielo
     
  5. Otfried

    Otfried Gehört zum Inventar

    Danke :)

    Die Aufnahmen entstanden mit simpelster Technik, nämlich meinem Notebook. Mit einem richtig guten Mikro sieht es sicher ein bisschen anders aus, aber nicht grundsätzlich anders. Hintergrund war, dass ich mal eben schnell wissen wollte, wie das so etwa aussieht bei diversen Blasinstrumenten. Für 'ne Doktorarbeit würde ich dann schon etwas aufwändiger vorgehen.

    Kommt drauf an, was einen interessiert. Mich interessiert nicht der Klang in der Birne, sondern 2 m von der Klarinette entfernt, und den hab ich aufgezeichnet.

    Grundlage der ganzen theoretischen Überlegungen ist ja eine Druckwelle, die sich in dem Rohr ausbreitet, und zwar in einer Richtung. Grundsätzlich aber breiten sich Schallwellen kugelförmig aus, so dass bei einer weiten Mensur nicht mehr von einer eindimensionalen Ausbreitung ausgegangen werden kann.

    Vielleicht schaust mal hier. Da gibt es sehr interessante Ausführungen zur Akustik von Klarinette, Saxophon und anderen Blasinstrumenten.

    Gruß,
    xcielo
     
  6. doc

    doc Ist fast schon zuhause hier

    Hab grad entdeckt, daß der Audacity eine schlichtes, aber leistungsfähige Analysefunktion besitzt. Spektrum, Cepstrum, verschiedene Fenster, die üblichen Verdächtigen sind da :)

    Es arbeitet nach Frequenzen, Zeit oder Quefrenzen, aber bezieht selbst die wildesten Dimensionen in der Legende auf Töne, ordnet also den Peaks auch Töne zu. Gar nicht uneben!
     
  7. Thomas

    Thomas Strebt nach Höherem

    ich kenne weder das Programm, noch die Messmethode, aber das sieht mir so aus, als ob bei den tiefen Tönen die Technik da ein wenig mau war , bei den hohen Tönen sieht man dann Obertöne ganz vernünftig. Ich weiss ja auch nicht wie du die Obertöne identifiziert hast, aber selbstverständlich verfügt von Seiten eines Messprogramms jede Klarinette und Bassklarinette über alle Obertöne. Woher weiss denn Dein Programm, welche Obertöne aufgrund der Geometrie Deiner Meinung nach eigentlich fehlen müssten? Das Ding weiss doch nicht, daß Du Klarinette spielst, dementsprechend bekommt es alle Obertöne ( wie erwartet). Oder hast Du da aufgrund der Röhrenlänge beim betreffenden Ton die Frequenzen der Obertöne ( gerad- ungeradzahlig) ausgerechnet und dann identifiziert, daß die geraden auch überraschenderweise noch in voller Ausprägung da sind?
     
  8. Otfried

    Otfried Gehört zum Inventar

    Moin Thomas,

    ich versteh deine Frage ehrlich gesagt gar nicht. Das Programm nimmt ja nur eine schnelle Fourier Transformation des aufgenommenen Tones vor. Das Ergebnis sind Amplituden vs Frequenzen. Ich habe dann lediglich die Frequenzen entsprechend des Grundtones in ganzzahlige Vielfache (Obertöne) umgerechnet, nicht auf der Basis von Rohrlängen sondern auf der Basis des tiefsten Maximums. Ist also eigentlich ganz sauber das Verfahren denke ich.

    Gruß,
    xcielo
     
  9. Thomas

    Thomas Strebt nach Höherem

    Hi xcielo,
    sorry für den verquasten beitrag.. liegt am Fieber nd dicken Kopf... ein Schläfchen wirkt manchmal wundr: ich wollte nur eigentlich fragen, ob das mit der Frequenzzuordnung auch wirklich passt, oder ob da Einflüsse wie Samplelänge, Tonhöhenschwankung, Nebengeräusche irgendwie Probleme gemacht haben...
    da die Klari nicht ideal ist ( enger Zylindeer ohne Löcher) ist schon klar, daß da auch andere Frequenzen auftreten, aber die Höhe bei hohen Tönen wundert mich schon... ähm... wie klang denn dieses e'''... gibts das als AUdiodatei? ( interessiert mich nur so als alter Bassklarinettenfreak)
     
  10. Otfried

    Otfried Gehört zum Inventar

    Hallo Thomas,

    na, dann erst mal gute Besserung!

    Eine Audiodatei hab ich glaube ich nicht mehr, aber wenn ich mal dazu komme, spiele ich gerne mal ein paar Töne, und nehme sie auf. Wollte schon lange mal wieder Bassklarinette spielen.

    Gruß,
    xcielo
     
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