SELMER - Fakten. Fakten. Fakten.

Dieses Thema im Forum "Eigene (musikrelevante) Themen" wurde erstellt von Gelöschtes Mitglied 5328, 5.August.2013.

  1. Gelöschtes Mitglied 5328

    Gelöschtes Mitglied 5328 Guest

    So ihr Lieben,

    nachfolgend kommt die Zusammenfassung des Selmer Vortrags von Alexander Reiners auf dem diesjährigen Sommerfest.

    Ich habe den Text von Alex autorisieren lassen, so dass da keine Fehler oder Mißinterpretationen enthalten sind.

    Zusammenfasssung Selmervortrag

    1. Zur Firma
    - Selmer ist immer noch zu 100% in Familienbesitz. Ein Verkauf war und ist nicht geplant.
    - Aktueller Wechsel an der Spitze: Patrick Selmer geht in den Ruhestand, ihm folgt seine Cousine Brigitte Selmer als Präsidentin
    - Firmenphilosophie ist die Musik in den Vordergrund zu stellen, nicht nur den wirtschaftlichen Erfolg. Ein auskömmliches Ergebnis reicht der Familie, nicht ein max. möglicher Gewinn
    - Alle Entwicklungen sind von Musikern getrieben. Die Musiker geben die Richtung vor. Daher arbeitet Selmer mit vielen Musikern unmittelbar zusammen, die Instrumente testen, Impulse für Entwicklungen geben. Diese Musiker treffen demokratisch alle Entscheidungen über das Design der Instrumente. Jede Änderung, auch in der Produktion muss zwingend von den Musikern abgesegnet werden.
    - Selmer fertigt alle Saxkomponenten in House, selbst Kleinteile wie Schrauben. Selmersaxophone sind somit zu 100% im Selmerwerk gefertigt. Das erklärt u.a. auch das Preisniveau von Selmer Saxophonen.
    - SELMER sieht sich als Familienunternehmen und bekennt sich zum Produktionsstandort Europa. Das Know-How im Instrumentenbau in Europa zu pflegen und zu bewahren ist eine Herzensangelegenheit


    2. Instrumente

    - Meistverkauftes Alt ist SA 80 gefolgt vom SIII und Ref.54 (in Deutschland)
    - Bei Tenören wird das SIII am meisten verkauft, gefolgt mit etwa gleichen Anteilen von den Reference Modellen und SA 80 II.
    - Das SerieIII ist das Instrument mit der ausgewogensten Intonationscharakteristik, Homogenität und der präzisesten Ansprache.
    - Alle Instrumente werden ab Werk optimal eingestellt und auch beim Versand bei Artis Music nochmals geprüft. Die häufig angesprochenen Qualitätsschwankungen sind auf Grund des Produktionsprozesses und der Qualitätskontrollen eher gering, sind jedoch täglich eine neueHerausforderung um den Standard zu halten und weiter zu verbessern. Allerdings sind die Lagerzeiten bei Händlern deutlich länger als bei günstigeren Saxophonen (teilweise bis zu einem Jahr), und ein nichtgespieltes Sax verstellt sich mit der Zeit. Sind die Instumente optimal eingestellt, gibt es qualitativ nur wenig Unterschiede.
    -

    3. Mark VI

    - Das Mark VI wurde als klassisches Instrument entwickelt, nicht als Jazzhorn
    - Mark VI Pläne und Werkzeuge existieren noch, insofern könnte es heute wieder gebaut werden. Es ist aber nicht Selmer Philosophie alte Instrumente wieder neuaufzulegen. Vielmehr legt man wert auf die Weiterentwicklung der Instrumente. Ein 2. neues „Mark VI“ würde somit die falsche Botschaft transportieren.

    4. Material

    - Die Materialwahl spielt für den Klang eine untergeordnete Rolle. Selmer hat ausführliche Blindtests mit Profimusikern gemacht, welche keinen Unterschied auf Grund des Materials wahrnehmen konnten.
    - Das Gewicht spielt hingegen neben vielen anderen Dingen eine große Rolle. Je leichter ein Instrument ist, desto flexibler ist es bei der Klangentwicklung. Ein schweres Instrument „zementiert“ den Klang eher.
    - Lackreklamationen sind bei Selmer bekannt, aber die Lackqualität ist bewusst so gewählt. Es ist ein sehr dünner und weicher Lack. Gründe dafür sind:

    ? Die Musiker bislang keine Änderung am Lack akzeptiert haben
    ? Die Akustik des Instruments im Vordergrund steht und nicht das Finish
    ? Die gewählte Lackqualität und Lackschicht auf Grund europäischer Umweltgesetze keine höhere Stabilität ermöglicht. In Fernost wird noch mit Stoffen gearbeitet, die in Europa aus Gründen des Umweltschutzes und der Mitarbeitergesundheit nicht mehr eingesetzt werden dürfen. Für Selmer ist Umwelt- und Mitarbeiterschutz auch eine unternehmerische Verpflichtung.

    5. Klang

    - Wichtigstes Kriterium bei der Entwicklung der Selmer Saxophone ist immer die Klangflexibilität. Der Musiker soll seine Klangvorstellungen optimal realisieren können. Das Saxophon soll ihm diesen Freiraum geben und nicht eine Klangrichtung vorgeben.
    - Dementsprechend ist die max. mögliche Lautstärke auch keine Zielgröße für Selmer.
    - Ein homogener Klang steht immer im Widerspruch zu einer stimmigen Intonation. Ein auf Intonation optimiertes Instrument „klingt nicht homogen“, ein auf Klang optimiertes Instrument intoniert weniger gut. Es ist ein daher Balanceakt den richtigen Weg zwischen homogenem Klang und optimaler Intonation zu finden. Für Selmer ist dies beim Serie III am besten gelungen. Allerdings muss ein Spieler sich häufig erst daran gewöhnen, da er sich i.d.R. auf Instrumente mit größeren Intonationschwächen eingestellt hat. (Kein Saxophon intoniert 100% richtig).



    So, damit sind vielleicht dann einige Unklarheiten beseitigt und viele Fragen beantwortet.

    Diskussion wird es dennoch geben. Grade bei Selmer. Dies ist von Selmer aber auch gewünscht.

    Dennoch:

    Conn zum Gruß,

    Dreas
     
  2. saxhornet

    saxhornet Experte

    Als bekennender Selmerfan erlaube ich mir zu ein paar Punkten eine eigen Meinung zu haben.
    Wäre interessant zu hören welche Musiker, ich kenne genug, die ähnlich wie ich da doch nicht immer zufrieden sind.


    Ja ne schon klar, die Händler auch mit angeschlossenen Werkstätten sind schuld. Die Hörner sind natürlich immer perfekt eingestellt und müssen nie gleich auch am Anfang nachgestellt werden. Wenn sie schlau gewesen wären hätten sie es wenigstens auf den Transport geschoben aber dann auch noch Artis Music in Schutz zu nehmen, die selber nicht immer gut organisiert sind und deren Kundenservice mir in bester Erinnerung geblieben ist und zu sagen die kontrollieren das auch noch mal muss ein Scherz sein. Toll auch klar zu sagen, ist es schlecht eingestellt, sind die Händler schuld, hätten es halt schneller verkaufen müssen. Das muss ich meinen Lieblingswerkstätten zum Lesen geben.

    Ja auch schon klar, die Leute fragen genau danach immer aber das macht dann natürlich keinen Sinn, ist schon besser selber die nochmal zu Klonen und natürlich zu verbessern und als Reference (SBA und MVI) rauszubringen. Macht schon Sinn. Gib dem Kunden nicht was er haben will, denn man ist ja innovativ und will ja auch kein Geld verdienen.

    Warum sind die dann nicht aus Plastik oder Alu??? War ein Scherz, kann ich aber trotzdem auch nicht vollständig ernst nehmen. Wann haben die zuletzt ein SIII Sopran auf das Gewicht gecheckt. Das ist schwerer als viele andere Soprane und für mich ohne Gurt nicht spielbar. Das ist wohl ein Widerspruch.
     
  3. Gast

    Gast Guest

    Moin,

    genial ... [​IMG]

    ... schön zu lesen, dass auch Kultur in Form von Kabarett / Satire nicht zu kurz kam.

    LG, Claudia
     
  4. Gast

    Gast Guest

    Was heißt eigentlich "Europa"?

    Ukraine oder Polen??
     
  5. slowjoe

    slowjoe Strebt nach Höherem

    Also:

    Wenn mir ein Händler mit angeschlossenen Werkstatt ein Instrument verkauft, das nicht sauber eingestellt ist, dann ist ER (!!!!!!!) dafür Verantwortlich und nicht der Hersteller oder der Grosshändler. Und ER muss letztlich die Garantieleistung übernehmen.

    Bei den mir bekannten GUTEN Händlern (Ja, es gibt auch andere) wird JEDES Saxophon - egal welchen Fabrikats - VOR der Übergabe an den Endkunden überprüft, gegebenenfalls ausgeleuchtet und falls erforderlich nachgestellt.

    Wie sich ein Monatelang eingelagertes Instrument verstellt kann jeder mit einem kleinen Experiment selbst nachprüfen:

    Man nehme ein Stück Kork und komprimiere es mit einer glatten Zange. Dann messe und notiere man die Stärke des Korks.

    Die Messung wiederhole man nach ca. 6 Monaten. Oft hat man da schon eine Dekompression von mehr als einem Zehntel Millimeter. Für die Klappenkopplung schon viel zu viel. Macht man diesen Test mit mehreren Korkstücken, sieht man dass die Dekompression unterschiedlich stark ist.





    Wenn man ein altes MK VI von 1956 neben ein mittleres von 1958 und ein spätes von 1972 nebeneinander legt sieht man, dass man es mit 3 unterschiedlichen Instrumenten mit unterschiedlicher Mensur, unterschiedlichem Tonlochnetz und unterschiedlichem S - Bogen zu tun hat.

    Welches sollte man den neu auflegen? Beim Alten meckern die Fans der Mittleren und Neuen MK VI "Das ist doch kein MK VI !!!!" und beim Neuen.....

    DAS MK VI gibt es nicht. Und ich finde es richtig die Finger von einer "Neuauflage" eines Instruments zu lassen das es gar nicht gibt. Das Resultat kann nur Gemecker sein.




    Also ich kann das glauben. Vor Allem wenn ich an die jüngsten Skandale mit Kinderspielzeug aus Fernost denke die Giftstoffe abgeben.

    Oder an Berichte über katastrophale Umweltverschmutzung in Taiwan oder China....



    SlowJoe
     
  6. GelöschtesMitglied725

    GelöschtesMitglied725 Guest

    Hallo,

    die Sache mit der Materialstärke würde mich mal interessieren. Relativ oft habe ich nicht nur bei begeisterten Vintagesax-Spielern die Aussage gehört, das bei älteren Modellen und Marken noch richtig dickes Material verarbeitet wurde, welches auch den Klang positiv beeinflusst. Manch modernes Modell wurde sogar oft als „Dünnblechkanne“ bezeichnet, die deshalb nicht so gut klingt.
    Obige Aussage klingt für mich so, als sei jedes Gramm Mehrgewicht auch ein Schritt in schlechtere Klangqualität.
    Ist Mehrgewicht also tatsächlich eher ein Nachteil?
    LG
    dabird
     
  7. chrisdos

    chrisdos Strebt nach Höherem


    Hallo Dreas,

    danke für Deine Mühe! Ich finde das sehr aufschlussreich zu lesen was ein Hersteller überhaupt will/nicht will, wo er Prioritäten setzt usw. Dass nicht alle SpielerInnen mit dem Ergebnis zufrieden gestellt werden können, liegt in der Natur der Sache.

    Am interessantesten finde ich die Aussage:

    Liebe Grüße

    Chris
     
  8. slowjoe

    slowjoe Strebt nach Höherem

    Hi Dabird,

    Was ist denn "guter" oder "besserer" Klang?
    Der volle runde Klang vieler alter Instrumente oder der helle, Obertonreiche vieler moderner Instrumente?

    DEN guten Klang gibt es nicht. David Sanborn hält seinen sägenden schrillen Sound doch bestimmmt auch für "gut" und will so klingen wie er klingt.

    Ein Klang, den ein Paul Desmond - Fan wahrscheinlich schrecklich findet.



    SlowJoe
     
  9. saxhornet

    saxhornet Experte

    Sehe ich auch so, vorausgesetzt er bekommt Hörner, die auch mit nicht übertriebenem Aufwand eingestellt werden müssen, denn sonst ist die Werkstatt nur noch damit beschäftigt die Verkaufshörner einzustellen und zu optimieren und kann sich gar nicht mehr um Kundenhörner kümmern. Ich weiss von verschiedenen Werkstätten, das der Aufwand was da noch einzustellen ist, bei einigen Firmen durchaus unterschiedlich ausfällt und es Firmen gibt, die dort weniger Optimierungsbedarf haben als Selmer, alles nur auf die Händler zu schieben ist immer sehr leicht. Trotzdem keine Frage in jedem Laden sollte jedes Horn vor dem Verkauf gecheckt werden.

    Relevanter ist der Transport, der einen grossen Einfluss auf den Zustand haben kann. Auch wie das Horn eingelagert wird und ob die Transportklemmen einfach drin gelassen werden hat einen Einfluss.




    Dann sollte man auch nicht entprechend behaupten, daß man es wieder auflegen könnte aber nur nicht will.
    Und wegen dem Meckern bei einem MVI, ist doch jetzt auch nicht anders beim SIII und Reference.




    Ich bin kein Chemiker aber Du beziehst Dich glaube ich weniger auf Lacke als auf die Giftstoffe in Kunststoff. Ein guter Lack wäre wahrscheinlich machbar aber teurer.

    Lg Saxhornet
     
  10. Gelöschtes Mitglied 5328

    Gelöschtes Mitglied 5328 Guest

    @ Dabird und Slowjoe

    Alex sprach nicht von "gutem" und "schlechtem" Klang, sondern davon, dass ein leichteres Instrument mehr Raum für die eigene Klangestaltung gibt.

    Das Selmer Pholosophie. Das Horn soll keinen Sound vorgeben sondern dem Spieler maximale Freiheit in der Gestaltung geben.

    Da mögen andere Hersteller andere Philosophien verfolgen.

    CzG

    Dreas
     
  11. slowjoe

    slowjoe Strebt nach Höherem

    Da muss der Händler als Unternehmer halt entscheiden ob er mit dieser Marke noch einen Ausreichenden Gewinn erzielen kann oder nicht und die Marke schlimmstenfalls nicht mehr vertreiben.

    Hilft doch alles nichts, nach Gesetzeslage ist der Händler gegenüber dem Endkunden der Garantieleistende.

    Genau. Und wenn dann wie man immer wieder hört verstellte Instrumente an den Endkunden übergeben werden dann ist der Händ.....

    Naja, das hatten wir ja schon, näch? :) :) :)


    Liebe Grüsse

    SlowJoe
     
  12. Claus

    Claus Mod Emeritus

    Das fand ich auch interessant. Jetzt stellt sich nur die Frage:

    Haben das die vielen tausend Jazzer mit Mark VI falsch verstanden oder hat Selmer da ein bisschen an der ursprünglichen Zielgruppe vorbei entwickelt?
     
  13. Gelöschtes Mitglied 5328

    Gelöschtes Mitglied 5328 Guest

    Nicht vergessen:

    Jazz ist der kleinste Musikmarkt (1%, Klassik kommt auf 10%).

    Das spiegelt sich auch im Instrumentabsatz (nicht genau in den Anteilen, aber auch bei Saxophonen ist der Jazz der kleinste Markt...so Aussage unser Sponsoren)

    CzG

    Dreas
     
  14. gordon.shumway

    gordon.shumway Nicht zu schüchtern zum Reden

    @Saxhornet

    Das ist ernst gemeint und auch vollkommen richtig.

    Am einfachsten liegt der Beweis am Klavier oder Flügel.
    Jeder gute Klavierstimmer wird ein Piano "falsch" stimmen.
    Dann erst hört und fühlt er sich gut an.
    Nur die mittlere Oktave wird "sauber und rein" nach Stimmgerät gestimmt.

    Ein Piano, bei dem jeder Ton mit dem Stimmgerät gestimmt wurde,
    klingt tot - ohne Leben.

    Deshalb hat dieses Statement seine Berechtigung.

    lg
    gordon
     
  15. Thomas

    Thomas Strebt nach Höherem

    Zum Glück habe ich mich gegen Y entschieden, sonst hätte ich nicht an der tollen Philosophie teilhaben können und hätte ein Instrument gekauft, das meinen Klang einschränkt. Wäre echt doof gewesen.
    Leute, Leute....aber gut , das ist halt Marketing, die anderen schreiben ähnlichen bullshit , aber ein paar interessante Infos waren trotzdem dabei, danke Dreas
     
  16. Gast

    Gast Guest

    zunächst vielen danke @dreas für deine mühewaltung mit unseren fragen.

    das eine oder andere zur firma ist aus erster hand und sicher interessant.


    zu den antworten muss ich sagen , die jungs vom vertrieb sind gut geschult und damit hatte ich mal beruflich zu tun, da gab es sogar argumentationsbreviere.

    jetzt hier blank zu ziehen halte ich für falsch, aber diskussionswürdig im rahmen einiger interessierten, im sinne von austausch, wenn man sich visavis sitzt.

    nochmals danke für die erledigung der fragen


    Nimo
     
  17. chrisdos

    chrisdos Strebt nach Höherem

    In den 50ern war diese Aussage möglicherweise noch richtig gemessen an den anderen Instrumenten auf dem Markt.
     
  18. Bereckis

    Bereckis Gehört zum Inventar

    Das hätte ich nicht gedacht!
     
  19. slowjoe

    slowjoe Strebt nach Höherem

    Genau. Da gabs zum Beispiel ne Firma, die behauptete, dass sich wenn man den Halbedelstein am S - Bogen gegen einen mit einer anderen Farbe tauscht der Klang verändert.....




    Alles Andere wäre ein Armutszeugnis. Bei jeder Firma.



    SlowJoe
     
  20. Bereckis

    Bereckis Gehört zum Inventar

    Es ist doch schön, dass es auch heute noch Saxophonfirmen mit Tradition gibt!

    Bei Selmer, Paris weißt du wenigstens, wo sie noch produziert werden. Oder bauen sie auch bereits Billigserien in China?
     
  1. Diese Seite verwendet Cookies, um Inhalte zu personalisieren, diese deiner Erfahrung anzupassen und dich nach der Registrierung angemeldet zu halten.
    Wenn du dich weiterhin auf dieser Seite aufhältst, akzeptierst du unseren Einsatz von Cookies.
    Information ausblenden