Betonung bei Swing

Dieses Thema im Forum "Anfänger Forum" wurde erstellt von Squirrel, 1.Juli.2015.

  1. Isachar

    Isachar Guest

    @guemat
    Sehe ich auch so.
    Vielleicht kann man ja eine mathematische Regel für Marschmusik aufstellen, aber selbst da wirst Du an Grenzen stoßen(Vergleiche zB deutsche Märsche mt Sousa Märschen )

    Genausowenig gibt es mathematische Regeln für Blues, Rock, Reaggae, Folk, Dub, Techno usw usf.

    Was definiert dann aber diese Stile in sich ?
    Das Feeling !
    Und das ist das Schöne an Musik, sie läßt sich nicht immer in Schubladen und Labels verpacken genausowenig wie Menschen, Kulturen und Rassen. :)

    Gruß

    Isachar
     
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  2. bluefrog

    bluefrog Strebt nach Höherem

    Genau! Bei solchen Aussagen fällt mir immer das viereinhalb-Minuten-Ei von Loriot ein.

    Die Frage ist doch, wie kommt man dahin, Swing spielen (und fühlen) zu können. Oder wie bekommt man die verschiedenen Claves im Latin ins Gefühl. Ich glaube nicht, dass dafür allein Zuhören genügt.

    Glaube ich auch nicht, außer, dass 8 Swingachtel genau einen 4/4-Takt füllen und ein paar weitere mathematisch formulierbare Gesetzmäßigkeiten.

    Allerdings: Die große "Regel", dass man Swingachtel als ersten und dritten Teil einer Triole zu spielen hat, stimmt garantiert nicht. Es ist doch eher so, das es Abstufungen und Übergänge von punktiert spielen (zickig) über triolisch bis praktisch gerade gibt.

    LG Helmut
     
  3. ppue

    ppue Mod Experte

    Ja, und es gibt viele kleine Regeln, die es zu beachten gibt. Man kann das alles, wenn man will, recht mathematisch ausdrücken. Ansonsten könnte ich es nicht mit meinem Notenprogramm nachstellen.

    Hier eine Phrase, wie sie in den 1930er Jahren hätte klingen können:

    [​IMG]



    Eine typische Rhythmusgruppe, bestehend aus Klavier, Bass und Schlagzeug. Jeder hat seine Funktion. Das Klavier erinnert in seiner Spielweise stark an den Ragtime. Der Bass schlägt durchgängig die Viertel auf Grundton und Quinte und das Schlagzeug spielt wiederholt ein Viertel und zwei ternäre Achtel.

    Hören wir uns an, wie es 20 Jahre später klingt:

    [​IMG]



    Ein großer Unterschied: das Klavier spielt fast ausschließlich Akzente auf dem Offbeat, die Akkorde sind wesentlich komplexer. Der Bass spielt jetzt eine Melodie und höchstens auf der 1 noch den Grundton des Akkordes. Auch er spielt ab und zu mit dem Offbeat. Das Schlagzeug spielt die Viertel durchgängiger und setzt mit Bassdrum und Snare Akzente auf dem Backbeat.

    Das sind natürlich nur Beispiele für Swing. Jede Gruppe spielt den Swing etwas anders und es gibt keinen festen Algorithmus dafür. Dennoch sind die Grundlagen sehr wohl mathematisch auszudrücken. Wir spielen hier ständig nach Playalongs, die von Rechnern erstellt worden sind.

    Der Solist hat noch größere Freiheiten beim Swing, aber auch da könnte man die Stile der einzelnen Saxophonisten mathematisch einfach darstellen. Ich kenne keinen, der seine Phrasierungen und Betonungen ständig umstellt.
     
  4. Isachar

    Isachar Guest

    Na ja, wie mans nimmt !
    Ich nehme sehr gerne mir bekannte und geübte Songs und setze sie in unterschiedlichen Genres ein.
    Ein Liebling von mir ist der "Tenessee Walz rock" und den kannste auf Dixie, Samba, Dub, Rock oder eben Walzer spielen.
    Auch der Spiritual "joshua fit the batlle of Jericho" lässt sich wunderbar in jeder Phrasierung spielen, kommt halt drauf an, wie man ihn betont und was man ausdrücken will.
    Gerade der "Joshua" kann ein cooler und flotter Swing sein aber auch ein melancholischer Dub.
    Mit sowas spiele ich schon sehr gerne rum , Aus einem Song ganz viele Filme zu schmieden !

    Gruß

    Isachar
     
  5. GelöschtesMitglied4288

    GelöschtesMitglied4288 Guest

    Sehr schöne Ausführung, ppue.
    Hatte wir schon Ghost Notes erwähnt? Betonung, Noten "verschucken" oder ghosten, Akzente setzen, triolisch spielen, Pausen setzen... alles gehört dazu.
    Nettes Beispiel zu Ghost Notes hier:
     
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  6. Squirrel

    Squirrel Kann einfach nicht wegbleiben

    Vielen Dank für eure vielseitigen Antworten. Die letzten Tage war ich auf Reisen, von daher konnte ich leider hier nicht so richtig verfolgen. Jetzt geht es aber fleißig ans üben, hören und fühlen. Es wird schon werden.
     
    Rick gefällt das.
  7. ppue

    ppue Mod Experte

    Hei jazzwomen,

    ja, die Geisternoten. Da habe ich eine etwas andere Einstellung dazu. Das, was der Herr da als spezielle Technik verkauft, halte ich ursächlich für einen Fehler in der Phrasierung, die nun als neue Technik verkauft wird. Er dämpft das Blatt an einer Seite und hindert den Ton so an seiner Entfaltung. Ich mache es anders und in der Regel nicht bewusst. Mir passieren Ghostnotes, wenn ich eine Offnote anstoßen will aber gleich darauf auch die Volle. Also in etwa so:

    Du-da-du-da-du-dn-da-datt

    Bei schneller Spielweise kommt die Zunge für die kurze Achtel nicht weit genug vom Blatt weg. Ist oder war, so meine Meinung, gar nicht bewusst als Effekt eingesetzt, sondern entstand. Aber es wird ja alles gelehrt und so werden Ghostnotes heutzutage sogar komponiert.

    Nicht, dass ich etwas dagegen habe. Will nur sagen, dass es meiner Meinung nach gar nicht als Effekt gedacht war, sondern sich aus dem schnellen Spiel ergab.
     
  8. ppue

    ppue Mod Experte

    Einer, der immer gigantisch swingt, ist Han Bennink:



    Versuche gerade, sein Spiel zu berechnen (-;
     
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  9. saxhornet

    saxhornet Experte

    Das stimmt schon aber für Jemanden, der da noch nicht so fit ist, ist es in einem mittleren Tempo ein guter Einstieg, um es zu verstehen und ein Gefühl dafür aufzubauen und es vom geraden Spiel unterscheiden zu lernen. Es kann zum ersten Einstieg helfen. Allein der Umstand, daß der Swingfaktor tempoabhängig ist, macht es schwierig für Anfänger und irgendwie müssen die ja dafür erstmal ein Gefühl entwickeln. Halt ein Schritt nach dem anderen.

    LG Saxhornet
     
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  10. saxhornet

    saxhornet Experte

    Swingfeeling kann man genauso lernen, wie so vieles andere auch. Das ist nicht angeboren.

    LG Saxhornet
     
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  11. deraltemann

    deraltemann Strebt nach Höherem

    unterm strich ?
    es gibt viele Arten der Swing Phrasierung
    Sie sind im Laufe der Jahre komplexer geworden.

    Für Anfänger sind dann doch wohl die alten "einfacheren" Phrasierungen als erste Übung sicher netter der?
    Und in der BIG Band wirds noch mal anders werden als im Swing solo.... Gelle...

    Grau ist all die Theorie .... einach probieren und sollange hin und her bis des so richtig swingt ( was immer das auch für jeden einzelnen ist)
     
  12. melnick

    melnick Kann einfach nicht wegbleiben

    Zuletzt bearbeitet: 6.Juli.2015
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  13. ppue

    ppue Mod Experte

    Hei Benno,

    das ist ja mal eine spannende Studie. Nicht nur, das bei langsamen Tempo ein Verhältnis bis zu 3,5:1 zu hören war, ist erstaunlich, sondern dass bei mittlerem bis schnellem Tempo die Off-Beat-Achtel einen fast konstanten Wert von 100 ms hat. Das ist eine ganz andere Sichtweise, die sich da auftut.

    Dank dir für das Pamphlet und liebe Grüße zurück, Peter
     
  14. bluefrog

    bluefrog Strebt nach Höherem

    Interessant finde ich auch:

    the duration of
    the short note reaches a limit around 80-100 ms.
    This range is similar to the shortest eighth notes
    used for a melodic line in jazz. The upper tempo
    limit in jazz is around 320 bpm (Collier &
    Collier, 1994), which corresponds to an eighth
    note duration of 94 ms. It is also similar to the
    limit of the perceptual duration of a short
    stimulus found by Efron (1973).


    Das hieße womöglich, dass das Off-Beat-Achtel so gespielt wird, dass es gerade noch (gut) unterscheidbar vom nächsten langen Achtel ist. Bei schnellerem Tempo schnurrt das lange Achtel dann immer mehr zusammen, bis es so kurz wie das kurze ist. --> Es wird gerade gespielt und die Grenze der Unterscheidbarkeit ist erreicht.

    Andersrum gedacht: Das Off-Beat-Achtel hängt mit minimal wahrnehmbarem Abstand am folgenden Achtel, und die unterschiedlichen Verhältnisse 3:1, 2:1, 1:1 oder wie auch immer ergeben sich daraus und aus der Länge der Viertel, d.h. dem Tempo. Psychoakustik ist schon spannend.

    LG Helmut

    P.S. Das würde natürlich alle Spekulationen über "triolische" Achtel über den Haufen werfen.
     
    Zuletzt bearbeitet: 6.Juli.2015
  15. giuseppe

    giuseppe Strebt nach Höherem

    Sehr spannend. Es geht aber in der Studie um Drummer, wenn ich das richtig gesehen habe, und ein Tool war die Analyse des Swingrhythmus geschlagen auf dem Cymbal. Das ist ja in der Regel ein einhändiges Unterfangen und das Tempo unterliegt logischerweise einer physiologischen Obergrenze. Bei Saxophonisten ist das u.U. wieder alles etwas anders...
     
  16. bluefrog

    bluefrog Strebt nach Höherem

    This range is similar to the shortest eighth notes
    used for a melodic line in jazz.

    Die 100 ms Grenze gilt nach der Studie generell auch für melodische Linien, also für alle Instrumente.

    LG Helmut
     
  17. chrisdos

    chrisdos Strebt nach Höherem

    Wie auch immer......jeder fängt mal klein an.....:)

     
    Rick gefällt das.
  18. Claus

    Claus Mod Emeritus

    am schönsten sind die Sängerinnen in den bunten Duschvorhängen....
     
  19. bluefrog

    bluefrog Strebt nach Höherem

    @chrisdos Jetzt muss ich mal scharf nachdenken, ob mir die drei Herren mit der Piccoloflöte oder die drei Damen vom Chor besser gefallen. :)
     
  20. Onno

    Onno Schaut öfter mal vorbei

    Mir fiel die Entscheidung leichter: der Geheimdienstbeamte hinter den Piccolos swingt am meisten.

    Onno
     
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