Auftrittsangst und Lampenfieber

Dieses Thema im Forum "Eigene (musikrelevante) Themen" wurde erstellt von tunundlassen, 23.September.2015.

  1. tunundlassen

    tunundlassen Ist fast schon zuhause hier

    Hallo liebe Foristen

    bin da über einen spannenden Artikel gestolpert... Eure Gedanken, Erfahrungen würden mich interessieren...

    liebe Grüsse
    tunundlassen
     
    katrinw gefällt das.
  2. Gelöschtes Mitglied 5328

    Gelöschtes Mitglied 5328 Guest

    Am Samstag haben wir wieder einen Auftritt, auf den ich mich sehr freue....:D

    Klar habe ich kurz vorher etwas Lampenfieber....brauch ich aber auch, um in eine positive Anspannung zu kommen und ganz fokussiert zu sein.

    Nach den ersten Tönen ist es weg und nur noch die Spielfreude da....:cool:

    CzG

    Dreas
     
  3. dabo

    dabo Strebt nach Höherem

    Danke für den Artikel! Sehr lesenswert!

    Ich leide auch unter lästigem Lampenfieber. Oder besser ich habe darunter gelitten. Wie im Artikel beschrieben kann man dagegen angehen!
    Ganz besonders nervös wurde ich wenn jemand zuhört der wirklich ganz genau hinhört (zb. Lehrer). Dies ist auch ein Grund warum ich auch nach 6 Jahren noch Unterricht nehme! Immer weiter lernen und üben beim Vorspielen gelassen zu bleiben ;) Der Satz "man muss ja nicht und man macht es ja nur für sich" hat da sehr geholfen. Heute geht es viel besser!

    Auch bei Auftritten hilft "anders herum denken". Dann wird aus der Sorge "Hoffentlich mache ich keinen Fehler :oops:" mal eben "Mal sehen ob wir hier Stimmung in die Bude bekommen:cool:"

    LG
    Dabo
     
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  4. chrisdos

    chrisdos Strebt nach Höherem

    Danke für den link! :)....bei mir war es zeitweise so schlimm, dass ich daran gedacht habe mit der Musik aufzuhören. Ich hatte irgendwann bemerkt, dass es mir schon Tage vor besonderen Auftritten schlecht ging und diese der Auslöser dafür waren. Andererseits liebe ich es neue Herausforderungen anzunehmen. Ursache sind (bei mir) sehr hartnäckige Versagensängste. Sich davon zu lösen erfordert ein langfristiges und intensives "self-coaching". Letztens wurde ich für eine Vernissage gebucht, Solo, da liegen die Nerven besonders blank. Als es wieder los ging, habe ich auf mich eingeredet wie auf ein krankes Pferd "Hey, bei dem hast Du schon mal gespielt. Der FREUT sich, dass Du kommst. Bestimmt ist er auch nervös. Ihr seid einTeam und möchtet den Gästen einen schönen Abend bereiten..." Direkt vor dem Auftritt hilft auch tiefes Atmen...und ein wohlwollendes Lächeln über sich selbst...
     
  5. tunundlassen

    tunundlassen Ist fast schon zuhause hier

    Ich kenne eine Anspannung auch gut. Je nach Orchester bin ich nervöser oder eben weniger... Die Stimmung innerhalb der Gruppe ist da auch ziemlich entscheidend... Auch der Einfluss des Dirigenten kann ich nur bestätigen, sehr eindrücklich, was ein guter Dirigent positiv bewirken kann.

    Was ich gut kenne, ist der "After-Burn", diesen Begriff habe ich mal in einer Stressschulung auf der Arbeit mitbekommen. Darunter versteht man, dass das Stresslevel nach einem Ereignis oft höher empfunden wird als davor oder während des Ereignisses. Ich glaube das hängt damit zusammen, dass man z.B. nach einem Solo etwas Zeit hat, darüber nachzudenken, welche Fehler und Unsauberkeiten man gespielt hat :)

    Ein spannendes Phänomen finde ich, dass ich nach einem Solo oft nur sehr schwammige Erinnerungen an das Solo selbst habe, oft kommt es mir vor, als hätte ich es geträumt... Einmal fragte ich einen Bekannten im Publikum danach, ob ich tatsächlich gespielt habe :) kennt das jemand?
     
  6. dabo

    dabo Strebt nach Höherem

    Nicht ganz so extrem aber ähnlich wie ein Film bei dem man sich selbst zusieht und den Ablauf nur schwer ändern kann. Schockzustand?
    Wenn ich sehr angespannt war hat sofort der Sound gelitten. Mit locker war´s dann vorbei.
     
  7. tunundlassen

    tunundlassen Ist fast schon zuhause hier

    etwa so kommt es einem vor, ja genau... aber gar nicht unangenehm... Schock finde ich daher ein etwas heftiges Wort dafür... Vielleicht Flow?
     
  8. dabo

    dabo Strebt nach Höherem

    Schock deswegen weil man den Ablauf nicht ändern kann - man bewegt sich voll automatisch, wie unter Schock halt, wo der Körper das Erlernte nur noch abspult.
    Hab ich z.B. auch schon bei Notsituationen erlebt wo ich nur noch funktioniert habe (Verletzung bei den Kindern).
    Im Nachhinein kommt es einem dann so vor als wenn man es im Film gesehen hat und gar nicht körperlich anwesend war.
     
  9. edosaxt

    edosaxt Strebt nach Höherem

    Beim "normalem" Spiel im Musikverein, habe ich mittlerweile kaum noch Lampenfieber, eben genau die Anspannung, die ich brauche, um wach und konzentriert zu sein.
    Da bin ich aber nun wirklich geübt genug, das Repertoire ist drin, ich hab keine Sorge, durch einen Riesenpatzer aufzufallen.
    Anders ist es in Projekten, die halt bis zum Konzert zwei- dreimal geprobt werden und dann stehen müssen.
    Ich hab mal ein Konzert gespielt, in dem ich eine sehr herausgestellte Passage spielen durfte, vor Riesenpublikum, alle in Schlips und Kragen....
    Humpf da ging es mir aber ganz anders....
     
  10. kittene

    kittene Kann einfach nicht wegbleiben

    Oh Mann – guter Zeitpunkt für das Thema… Eine Freundin wird 60 am Samstag und hat eingeladen. Ein anderer geladener Gast ist ein routinierter Tenorsaxer und er meinte wir könnte ja eine kleine Einlage zum Besten geben… ich ertappe nun dabei es sausen zu lassen, weil ich mich einfach nicht so sicher fühle (ja ich habe Angst). Gestern ging es zwar das erste Mal im stillen Kämmerlein, aber ob „die“ heikle Stelle am Samstag auch klappt??? Leider haben wir auch nicht die Gelegenheit, vor dem Anlass zu Proben – also nicht so optimal. Also, sein lassen oder darf es an einem solchen Anlass auch etwas suboptimal sein?
    Grüsse, Roland
     
  11. dabo

    dabo Strebt nach Höherem

    ...unser Dirigent sieht so etwas sehr locker. Mut zur Lücke. Besser schlecht gespielt als nicht gespielt!

    Hau rein!
     
  12. Gelöschtes Mitglied 5328

    Gelöschtes Mitglied 5328 Guest

    @kittene

    Machen. Es geht da nicht um Perfektion sondern um die Botschaft, die ihr dem Geburtstagskind vermitteln werdet...

    CzG

    Dreas
     
  13. Rick

    Rick Experte

    Danke für den Link; der Artikel ist gut geschrieben und umfasst Erfahrungen, die ich auch schon zu dem Thema gesammelt habe, die Tipps sind auf jeden Fall berücksichtigenswert!

    Habe ja vor ein paar Wochen endlich "Whiplash" gesehen und muss sagen, dass dieser Film sehr eindrucksvoll zeigt, wie man Mitspieler eines Ensembles hemmt, zu vermeidbaren Fehlern bringt und damit die Gesamtqualität verschlechtert. Ängstlich spielt niemand gut, deshalb sollte jeder Ensembleleiter möglichst eine angenehme, entspannte, dabei natürlich konzentrierte Atmosphäre begünstigen.
    Leider gibt es nach dem, was ich so höre, gerade im Blasmusikbereich noch zu viele Dirigenten, die meinen, sie müssten pro Probe mindestens einen Mitspieler vor versammelter Mannschaft bloßgestellt und zusammengefaltet haben - wirkungsvoller kann man einem Orchester eigentlich kaum schaden. :-(

    Schöne Grüße,
    Rick
     
    Zuletzt bearbeitet: 23.September.2015
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  14. kittene

    kittene Kann einfach nicht wegbleiben

    "@dabo und Dreas" - werde mal Berichten wie wir uns entschieden haben... muss jetzt üben gehen!
     
  15. saxhornet

    saxhornet Experte

    Lampenfieber gehört zu einem guten Auftritt meist dazu. Nur ist Lampenfieber halt nicht gleich Lampenfieber und das kann sehr extreme Formen annehmen, bis zu dem Punkt wo Leute nicht mehr spielen können. Das wird dann ungesund, in der Klassik wird im Profibereich dann gerne mal mit Pillen gegengesteuert was natürlich auch nicht besser ist.

    Die Gründe für Lampenfieber können sehr verschieden sein:
    - starke Selbstzweifel
    - man ist nicht optimal vorbereitet
    - man weiss nichts über das Publikum oder die Veranstaltung
    - Der Leistungsdruck ist sehr hoch und man hat Angst zu versagen, weil das unangenehme Folgen haben könnte.

    Die richtige Menge an Lampenfieber liefert die Menge an Adrenalin, die für entsprechende tolle musikalische Leistungen notwendig ist in so einer Situation.
    Ist es aber zu viel Lampenfieber sollte man sich mit dem Thema mal auseinandersetzen um es zu reduzieren. Lampenfieber erleben Amateure wie Profis gleichermaßen.

    LG Saxhornet
     
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  16. dabo

    dabo Strebt nach Höherem

    Da würde ich noch bei Punkt Leistungsdruck hinzufügen:

    - Man kennt das Publikum - Familie, Freunde andere Saxophonisten und möchte sich nicht blamieren
     
  17. Juju

    Juju Strebt nach Höherem

    Interessanter Artikel. Wenn ich die Zeit und das Geld hätte, würde ich bestimmt eine kognitive Verhaltenstherapie machen, um die Angst mal systematisch anzugehen. Bei mir hat es sich im Rahmen von Auftritten allerdings einigermaßen gelegt, vielleicht kommt das mit der Routine. Ich habe aber auch laienhaft so gut wie ich es konnte an meiner Einstellung gearbeitet und es zu meinem Mantra gemacht, bei jedem Auftritt zu denken "Hurra, ich darf mitmachen, das wird ein Riesenspaß!" und nicht mehr "Oje, ich werde natürlich wieder alles verkacken und jeder weiß dann, was ich für ein Vollhonk bin..."

    Ich habe es bei vielen Musikern erlebt, dass sie besondere Probleme im Aufnahmestudio haben, manche sind tatsächlich erheblich eingeschränkt in ihrer Leistungsfähigkeit. Je nach Situation kann der Druck erheblich sein.
    Bei Aufnahmen für Film und Fernsehen ist die Studiozeit oft knapp bemessen und es wird von den Studiomusikern erwartet, dass sie sämtliche Parts, die sie vor sich haben, fehlerfrei spielen, ohne sie vorher gesehen zu haben. Die Etikette gebietet, dass man bei einem Fehler kurz die Hand hebt (der Produzent kann ja nicht bei jedem Take jede Stimme durchgehen). Einmal kann man das machen, zweimal wird mit einem Stirnrunzeln quittiert, beim dritten Mal kann man ziemlich sicher sein, dass man für weitere Jobs nicht mehr gefragt wird.
    Das ist jetzt natürlich ein Extrembeispiel, was die meisten Hobbymusiker unter uns wohl nie betreffen wird. Da kann man sich glücklich schätzen, wenn man einfach Musik aus Spaß an der Freude machen kann! Aber man kann auch verstehen, wie existentiell diese Angst werden kann gerade bei Profis und dann schnell zu einer Abwärtsspirale im Sinne einer selbsterfüllenden Prophezeiung führen kann.
    Mir hat es Anfang des Jahres bei meiner Studioaufnahme mit der Big Band sehr geholfen, Notfallpläne zu erstellen. Wenn man einen Plan B hat, auf den man zurückgreifen kann, geht man die Sache eventuell ein Stück gelassener an. Ich wusste zum Beispiel, dass ich im Fall extremster Nervosität nicht mehr in der Lage gewesen wäre, eine Ballade zu spielen, bei der ich fast durchgehend die Solostimme hatte. Ich weiß, dass dann meine Atmung/Stütze versagt, weil mein Herz so rast, dass ich regelrecht kurzatmig werde. Meine Finger zittern so sehr, dass ich kaum noch die Klappen erwische, meine Hände sind so kaltschweißig, dass mir die nassen Finger von den Tasten abrutschen. Mein Hirn scheint völlig abgestellt zu sein, ich kann auf Zuruf in so einer Situation nicht mal mehr ein C spielen. Wie soll man so einen Zustand proben, wenn er nur dann auftritt, wenn man ihn gerade gar nicht gebrauchen kann??
    Mein Plan B sah dann so aus, dass ich beschlossen hatte, wenn innerhalb von einer überschaubaren Anzahl von Takes nichts zustande kommt, lassen wir meine Stimme ganz weg und ich nehme sie später als Overdub auf. Das Ergebnis war dann, dass Plan B gar nicht gebraucht wurde, weil ich für meine Verhältnisse relativ ruhig war, so dass mein Output zwar nicht 100%ig war aber akzeptabel, und angsttechnisch blieb es bei leichter Nervosität, aber es kam nicht zu einer völligen Lähmung, vor der ich solche Angst hatte (ist schon absurd, die Angst vor der Angst...).

    Ich denke, bis zu einem gewissen Grad kann man auch Notfallpläne für eine Live-Situation erstellen oder sich bewußt machen, was wäre wenn, und wie mache ich dann das beste aus der Situation. Zum Beispiel jemand, der noch nicht viel improvisiert hat und noch nicht viel mit anderen Leuten gespielt hat und ganz große Angst hat, aus der Form zu fliegen. Da kann es helfen, Ankerpunkte zu erstellen, also an bestimmten Stellen im Solo vorformulierte Dinge zu spielen. Oder eine Art "Launchpad" zu haben am Anfang eines Solos, um überhaupt erstmal reinzukommen. Hört man auch sehr oft bei den Superpros, wenn man sich Alternate Takes anhört.
    Wenn man einigermaßen vorbereitet in die Situation hereingeht, ist man evtl gelassener und geht besser damit um als wenn es einen ganz unvermutet trifft und sich als Negativerfahrung einbrennt, und man hat dann noch mehr Angst...
    Wobei ich für meine lähmende Angst noch keine zufriedenstellende Lösung gefunden habe, denn die kann ich nicht vorhersagen und auch nicht wirklich an bestimmten Situationen festmachen.

    Ich übe auch nicht gerne, wenn mein Mann zuhause ist (er aber auch nicht, wenn ich da bin!). Und ich mag überhaupt nicht gerne spielen, wenn ich weiß, dass irgendwelche "Jazzgrößen" anwesend sind.

    Ich habe es gerade erst kürzlich an anderer Stelle erwähnt, eine negative Einstellung ist natürlich auch der größte Killer im Bandkontext, denn keiner möchte langfristig mit jemandem zusammenspielen, der nur schlecht drauf ist, weil er die ganze Zeit mit sich selbst und seinen Ängsten beschäftigt ist.
    Mir ist das selbst lange Zeit so gegangen, und ich wünschte, ich könnte das rückgängig machen. Es ist viel besser, eine positive Stimmung zu verbreiten und verbal und nonverbal zu signalisieren, wie toll es ist, zusammen Musik zu machen. Wenn ich mal einen extrem schlechten Tag habe im Zusammenhang mit einem Auftritt, mache ich es mit mir selbst aus, ich will nicht, dass die Band darunter leidet.


    LG Juju
     
  18. Gelöschtes Mitglied 5328

    Gelöschtes Mitglied 5328 Guest

    Wichtig ist m.E., dass man gut vorbereitet ist, die Stücke, die gespielt werden kann, sich mit ihnen wohlgühlt.

    Sollte es Stücke geben, bei denen man sich noch deutlich unsicher fühlt, wäre es gut, wenn die nicht gespielt werden.

    Ein solches "Angststück" kann einem den ganzen Auftritt versauen und die Vorfreude nehmen...dann gibt es kein "poditives" Lampenfieber mehr.

    CzG

    Dreas
     
  19. dabo

    dabo Strebt nach Höherem

    Das wäre schön. Aber leider hat man da nicht immer die Wahl :(
     
  20. Gelöschtes Mitglied 5328

    Gelöschtes Mitglied 5328 Guest

    Ja, schon klar. Das ist in meiner Band leichter. Ich sage einfach "das spiele ich (noch) nicht beim nächsten Auftritt" und die Sache ist abgehakt.

    Das geht so in einer Bigband oder im Musikverein nicht.

    Wenn ich da die zweite Stimme spiele habe ich aber immer noch die Möglichkeit bei der "Angstpassage" gezielt auszusetzen und danach wieder einzusteigen. M. E. ein Plan B, der Druck wegnimmt und besser ist als mit Angstschweiß das Stück zu verkacken....

    CzG

    Dreas
     
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