De gustibus non est disputandum...

Dieses Thema im Forum "Eigene (musikrelevante) Themen" wurde erstellt von Claus, 26.Dezember.2015.

  1. Brille

    Brille Strebt nach Höherem

    Vergessen/Nachtrag: Grundsätzlich nerven mich alle Musikstücke, in denen "zu viele Noten" gespielt werden. Ich persönlich bevorzuge stets die melodiöse und horizontale Improvisationsform bzw. Melodieführung.
    In diesem Sinne: Gute N8!
     
    Zuletzt bearbeitet: 26.Dezember.2015
  2. Bereckis

    Bereckis Gehört zum Inventar

    Geschmack entwickelt sich, wenn man sich darauf einlässt.

    Mein Geschmack ist unterschiedlich ausgebildet:

    • Da ich mich schon ewig mit der Jazz-Musik beschäftige, ist mein Geschmack hier ausgeprägt. Ich kann mit Potter viel anfangen, aber er gehört nicht zu meinen Favoriten.

    • In der Literatur reichen mir Krimis und anderer Mainstream. Würde ich mich mit Literatur intensiv beschäftigen, würde ich vermutlich einen ausgeprägteren Geschmack hier haben.
    Ich habe Respekt zu jeder für mich authentischen Kunst, aber ich muss sie nicht umbedingt mögen.

    Schwierig wird es für mich, wenn "Laien" anfangen zu bewerten.

    Ich sage statt "Künstler XXX gefällt mir nicht." lieber "Zu Künstler XXX habe ich bisher keinen Zugang."

    Gruß
     
  3. Bereckis

    Bereckis Gehört zum Inventar

    Noch ein Hinweis:

    Ich hatte das Glück am Gymnasium in der Oberstufe einen Kunstlehrer zu haben, der bei Joseph Beuys intensiv studiert hatte. Bei ihm habe ich extrem viel gelernt, auch was die "klassische" Kunst angeht.

    Da mein Kunstlehrer Beuys verehrte, habe ich auch Respekt zu Joseph Beuys bekommen, auch wenn ich zu ihm keinen Zugang habe.
     
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  4. flar

    flar Guest

    Moin, moin

    Ich bin eindeutig ein musikalischer Neandertaler [​IMG]
    Ich liebe Saxophonsolos die bratzen, knallen und auch gerne mal einen kleinen Fehler haben dürfen oder auch Töne durch etwas ersetzen was so ein bißchen klingt wie Finger in der Autotür eingeklemmt.;)
    Wenn es aus der 50'ern ist sind die Chancen das es mir gefällt schon mal relativ gut!

    Rein praktisch betrachtet spiele ich Blasmusik irgendwo zwischen Amsel Polka, Mercy,mercy,mercy und der Zauber Flöte.

    Meine Hörgewohnheiten bewegen sich seit Teenagertagen irgendwo zwischen Elvis Presley und Frank Zappa, beide auch in ihren extremsten Formen, es reicht also von minimal Schlager bis zu postmoderner Klassik

    John Coltrane, Michael Brecker, Joshua Redman ,James Carter und ähnliche Kaliber sind als Saxophonist große Vorbilder für mich. Würden die allerdings Trompete spielen würden sie mich nicht die Bohne interessieren. Mit Ausnahme von Brecker berührt mich das Zeug was die Herren absondern meistens nicht sonderlich! Was aber nicht viel zusagen hat, bei Zappa bin ich auch einfach nur von Klang fasziniert, für so Dinge wie Romantik, Trauer usw. ist das wohl auch nicht gemacht worden, obwohl der Meister gelegentliche Lachkrämpfe bewußt mit eingeplant hatte!.:lol:

    Als Saxophonist weiß ich zu schätzen was die „großen“ Vorbilder da machen, brauche ich aber ein Vorbild für Ausdruck (Vibrato, Subtone u.ä. Stilmittel) Ton allgemein und gekonnter Interpretation ist Pete Tex die erste Wahl weit vor Redman und Galaxien vor Coltrane.
    Bitte nicht falsch verstehen, ich kann das wirklich genießen, Joshua Redmann mit Brad Mehldau war z.B. ein unglaubliches Konzerterlebnis! Auf Platte läßt es dann allerdings schon etwas nach.


    Ich muß ja berufsbedingt ab und an mal meinen Schlafrhythmus umstellen. Wenn ich nicht einschlafen kann ist "Giant steps" die Scheibe meiner Wahl!
    Meistens reicht schon das Titelstück, einfach nur auf die Harmoniewechsel konzentrieren und Coltrane's auf und ab nebenbei registrieren und schon gehen so ganz langsam die Aug...
    Klappt bei mir fast immer, wenn ich allerdings bei "Naima" angelangt bin höre ich mir das in Ruhe an weil es mir gefällt, dann stehe wieder auf und gebe es auf. Man kann eben nicht immer schlafen, auch wenn man es eigentlich sollte und eine so kulturell wertvolle Einschlafhilfe hat!
    Ein Beweis dafür das Coltrane auch nicht alles kann, wat nich geit, dat geit nich!;)

    In diesen Sinne viele geschmacksverwirrte Grüße Ralf
     
    Zuletzt von einem Moderator bearbeitet: 27.Dezember.2015
  5. Rick

    Rick Experte

    Nun ist aber "Geschmack" nicht nur unserem Interesse oder Willen unterworfen, sondern vor allem unserer entsprechenden Prägung.

    Es gibt für westliche Ohren recht schräge, gewöhnungsbedürftige Volksmusik, etwa auf dem Balkan oder in anderen osteuropäischen Gegenden. Die Kinder dort mussten sich aber nicht dorthin "entwickeln", sondern sie sind damit von klein auf vertraut, das sind ihre Heimatklänge - und mag uns das Ganze noch so wirr und vertrackt vorkommen.
    (Einige der berühmtesten Modern-Jazz-Saxer haben osteuropäische Wurzeln - Zufall?)

    Meine Mutter hat gern Lieder der Romantik gesungen, ich bin von der Wiege an mit Beethoven, Schubert, Brahms aufgewachsen. Deshalb habe ich mich immer mit harmonisch anspruchsvollerer Musik wohlgefühlt, die einfachen Volkslieder oder schlichte Pop-Songs haben mich deshalb stets kalt gelassen.
    Als ich 12 war, habe ich mir völlig selbstständig Schallplatten mit Orchesterwerken von Bizet, Grieg und Mahler gekauft; das hat mir keiner empfohlen, ich bin einfach durch den Plattenladen gestreift, habe mir alles angehört und mich schließlich dafür entschieden.
    So kam ich auch mit 13 auf Jazz - ich habe mich nicht dahin entwickelt, ich kannte einfach diese Klänge durchs Fernsehen.

    Wie gesagt MÜSSEN wir uns gelegentlich mit ungewohnteren Richtungen befassen, etwa wenn das der Lehrer in der Schule bzw. im Instrumentalunterricht durchnimmt, wir uns mit einer bestimmten Gruppe identifizieren (von Studenten bis LKW-Fahrern gibt es für viele eine typische Musik) oder auch, weil unser Freundeskreis plötzlich in diese Richtung driftet, nicht zu vergessen die Angebeteten, deren Geschmack man vielleicht teilen möchte. ;)

    So kann man seinen Horizont erweitern und lernen, mehr Stile zu respektieren.
    Aber LIEBEN werden wir Musik nur, wenn wir mit ihr irgendwie angenehme Gefühle und Situationen verbinden. Wie etwa die Geborgenheit der Kindertage, gemütliche Stunden am Lagerfeuer oder das erste Rendezvous.

    Umgekehrt hat man große Probleme mit Musik, die man mit unschönen Erfahrungen in Zusammenhang bringt. Kubricks "Clockwork Orange" lässt grüßen. :roll:


    Schöne Grüße
    Rick
     
    Zuletzt bearbeitet: 27.Dezember.2015
  6. Brille

    Brille Strebt nach Höherem

    Ja Rick, da bist du nah am Kern, denke ich. Allerdings entwickelt sich der gemeine Musikgeschmack m.E. "zurück", da eine wirklich konzentrierte Beschäftigung mit Musik und m.E. Kunst im Allgemeinen stark nachgelassen hat. Quasi rutscht die Ästhetik der Kunst, die überhaupt Konsumenten erreicht, bei vielen zunehmend ins "Dekorative" ab. Wie sagte schon die berühmte Sängerin Nina Hagen? "Ist alles so schön bunt hier!"
     
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  7. visir

    visir Gehört zum Inventar

    Zu Befehl, Sir!
    Natürlich nicht. Wenn man eine bestimmte Kunstrichtung verstehen will, sollte man sich natürlich in einer gewissen Tiefe damit beschäftigen. Aber muss ich wollen? Oder kann ich einfach sagen "gibt mir nichts - lasse ich."?

    Geschmack entwickelt sich so oder so - aber auch je nach Potenzial.
    (nein, ich bin nicht der Meinung, dass alle Menschen gleich begabt sind und jeder ein Genie sein könnte, würde er nur entsprechend gefördert werden)

    Sehe ich auch so.

    Wieso? Wenn mir was nicht gefällt, dann sage ich das auch so, ggf. mit dem Voraussatz "der mag schon was können, aber..."

    Der Ausgangspunkt, ja. Irgendwann sollte man darüberhinaus kommen.

    Meine Eltern hatten ein Radio-Fernsehgeschäft, und mein Vater spielt "immer schon" Klavier, praktisch nur klassisch. Radio gehört hab ich von klein auf, alles was so lief, und in der Werkstatt lief dauernd irgendein Gerät auf Probe, und wenn es ein Radio bei meinem Vater war, dann auf Ö1 (Klassik). Über Filme kamen dann noch alle anderen Musikrichtungen dazu. Ich hatte reichlich Gelegenheit, mich in vieles reinzuhören und herauszufinden, was mir gefällt, und es gibt aus allen Zeitaltern und Stilrichtungen was, was mir gefällt, und was, was mir nicht gefällt.


    Funk&Soul kam über obige Quellen, glaube ich, kaum was, und dennoch liebe ich es...

    Glaube ich nicht. Ich glaube eher, das ist Deine Wahrnehmung aus der Perspektive von jemandem, der sich weiterentwickelt, mit Blick auf die Gesamtbevökerung, die im Schnitt gleich bleibt und dadurch "zurückfällt".
    "Einfache Leute" (ohne Wertung) hörten immer schon einfache Musik, ohne sich mit was tiefer auseinanderzusetzen, und anspruchsvolle Leute wollten immer schon mehr.
     
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  8. Claus

    Claus Mod Emeritus

    Eines mal vorweg: mit Euch kann man gepflegt diskutieren (auch wenn mal mal eine provokante These in den Raum stellt). DAS ist jedenfalls ganz nach meinem Geschmack!

    Aber zurück zum Thema. Ich denke, man muss in der Tat unterscheiden, ob wir über Werturteile sprechen oder über Geschmack. Um sagen zu können "das ist keine (hohe) Kunst", muss man sich fairerweise mit Kunststück und Künstler auseinandergesetzt haben. Um sagen zu können "das gefällt mir nicht" muss ich das nicht zwangsläufig.

    M.E. Hängt das auch stark mit der Frage zusammen, welche Funktion ich der Musik für mich zugestehen möchte, mit anderen Worten: welchen Zugang ich dazu suche oder wie dieser sich durch die Umstände entwickelt.

    Beispiel: ich habe früher intensiv und auch recht gut Schach gespielt. Eine gute Schachpartie ist ein Kunstwerk, das dem normalen Betrachter (selbst wenn er die Regeln des Spiels beherrscht) verborgen bleibt. Die Innere Schönheit dieses Kunstwerks erschließt sich in ihrem vollen Umfang erst demjenigen, der sich möglicherweise stundenlang mit der Partie beschäftigt, die Pläne der Spieler und deren Umsetzung auf dem Brett nachvollzieht. Manchmal braucht man auch Hilfe in Form von Erläuterungen, weil der eigene beschränkte Geist gar nicht in der Lage ist, allen Gedankengängen ohne Fingerzeig nachzugehen.

    Trotzdem würde ich von niemandem erwarten, dass er diesen Aufwand treibt, um den gleichen Zugang zu erhalten (wobei dann immer noch herauskommen kann, dass ihn das ganze Spiel eigentlich nicht interessiert).

    Bei Musik ist mein Zugang ein anderer. Ich habe heute weder Zeit noch Lust, in dem oben beschriebenen Sinne jedem Künstler oder jedem Solo auf den Grund zu gehen. Hier ist für mich das Kriterium, ob mich Musik emotional anspricht, irgendeine Glocke in mir klingen lässt, mindestens den Wunsch, das noch einmal zu hören. Und dann kann ich sagen: es gefällt mir (oder eben nicht). Niemals würde ich deshalb aber auf die Idee kommen, jemanden anders schräg anzusehen, dessen Geschmack in eine andere Richtung geht.

    Und so verhalten wir alle uns - behaupte ich - auch in dem meisten Bereichen unseres Lebens. Wer von Euch geht denn ins Klamottengeschäft und verschiebt dann die Entscheidung über den Kauf, um sich dann erst mal intensiv mit den verschiedenen Moderichtungen und den Desigern und Ideen dahinter auseinanderzusetzen? Die meisten werden sagen "Das gefällt mir" und es dann kaufen. Der Modeexperte geht vielleicht mit einer ganz anderen Haltung in den Laden (oder wahrscheinlich schon gar nicht in diesen Laden, sondern in einen ganz anderen).

    Es sind unterschiedliche Zugänge, aber für mich gibt es da kein "richtig" und kein "falsch" und deshalb ist auch jeder missionarische Eifer deplatziert, die Geschmäcker meiner Mitmenschen "weiterentwickeln" oder ändern zu wollen.

    LG

    Claus
     
  9. Gast_13

    Gast_13 Guest

    Die Ausgangsdiskussion um Potter hat meiner Ansicht nach nicht sehr viel mit Musikgeschmack zu tun und nur bedingt mit Hörgewohnheit.
    Es kann jemand phantastisch gut Saxophon spielen, Licks und Läufe in allen 12 Tonarten, brilliant über Harmonien improvisieren - aber deshalb muss er nicht notwendigerweise Musikmachen können!
    Was Musik oder ein Musikstück ist, sollte durch empirische musikwissenschaftliche Forschungen hinreichend definiert sein. Wenn aber eine Sängerin ein Cole Porter Stück auf eine gewisse Weise anlegt und in eine bestimmte Richtung geht, und dann kommt so ein Kraftmeier mit dem Sax, der vordergründig nur zeigt, wie toll er doch spielen kann, dann hat das wenig mit Musik zu tun.
    Aber das Saxophonsolo ist natürlich phantastisch gespielt! ;-)
     
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  10. Bereckis

    Bereckis Gehört zum Inventar

    @Claus

    Ich bin eher pessimistisch, dass Werteurteil und Geschmack von den Meisten differenziert wird.

    Dein Beispiel vom Schachspiel gefällt mir gut.
     
  11. Brille

    Brille Strebt nach Höherem

    Ja, leider ist es häufig so, dass mit technischer Geläufigkeit angegeben werden möchte. Und nicht mit der Umsetzung tatsächlicher musikalischer Ideen.


    Ich erinnere mich an ein Marsaliskonzert in HD, das ich deshalb so enttäuschend fand, weil der Meister genau das, wofür ich ihn so schätze, nicht machte, sondern wie mechanisch einen "brillianten" Lauf nach dem anderen abnudelte. Lustlos. Uninspiriert. Arrogant. Lieblos.
     
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  12. Bereckis

    Bereckis Gehört zum Inventar

    @Brille

    Dies kenne ich auch von einem Rollins-Konzert.

    Aber nicht alle haben dies live so empfunden wie wir.
     
  13. bebob99

    bebob99 Strebt nach Höherem

    Nein, muss man nicht. "Gefallen" ist eine sehr persönliche Angelegenheit, da kann einem niemand drein reden.

    Ich beobachte aber auf der anderen Seite in allen Lebensbereichen die Tendenz, dass jeder nicht nur "Gefallen" an etwas findet, sondern auch glaubt, er habe Kraft seines Egos eine qualifizierte Erkenntnis auf allen möglichen Gebieten. Da geht es dann nicht mehr um persönliche Vorlieben.

    Da meine ich jetzt ausdrücklich NICHT Dich persönlich! Und auch nicht spezifisch musikalisch. Eher eine aktuelle gesellschaftliche Grundstimmung.
    Heute wird man ja schon abgelehnt WEIL man auf irgend einem Gebiet Spezialist ist und sich dort auskennt. Das hat schon was Geheimbündlerisches. Und wehe man sagt dann aus diesem Kontext des "Eingeweihten" irgendwas, das dem allgemeinen Volks Aberglauben widerspricht...

    Ich weiß nicht genau was das Problem dabei ist. Vielleicht Neid, weil "die da" etwas geschafft haben, was ich auch gerne hätte, mir aber aus verschiedenen Gründen versagt war? Das Gefühl ausgeschlossen zu sein? Vielleicht sind das auch Großteils Scheingeplänkel, bei denen es gar nicht um die Konfrontation ICH gegen "die anderen" geht, sondern darum, seiner eigenen Gruppe zu zeigen, dass man sich solidarisiert, also den Zusammenhang der eigenen Gruppe zu stärken.
    Nein, muss man natürlich auch nicht. Solange man auf dem Status "MIR gefällt es nicht, aber ich kenn' mich da nicht aus" bleibt und nicht in ein "Das ist Mist" verfällt.

    Wenn sich, um wieder bei der Musik zu bleiben, jemand mit einem Stück oder einer Stilrichtung intensiv beschäftigt, dann erkennt der wahrscheinlich Dinge, die einem Gelegenheits Hörer so nicht auffallen würden. Etwa dass unter der eingängigen und gefälligen Fassade eines beliebten Hits nichts an Substanz steckt. Ein Zuckerguss ohne Kuchen. Oder ein von außen verworren und abweisend wirkendes Stück offenbart im Inneren eine komplexe Schönheit, die man aber erst in der Vergrößerung erkennt.

    Hat man solche Erkenntnisse einmal gewonnen, ist man geneigt, andere daran teilhaben zu lassen. Man erzählt von der Schönheit der Bebob-Changes, den feinen Nuancen der indischen Musik oder der komplexen Verschachtelung barocker Fugen, die den Geist kitzeln – wenn man sich erst einmal über die Anfangs Hürde "geplagt" hat.

    Ups.. und schon haben wir wieder die elitäre Besserwisserei der großkopferten Studierten, die mir erklären wollen, dass ich als Normalbürger eben keine Ahnung habe und mir daher auch kein Urteil erlauben darf.

    Ich denke das ist der Kern der ganzen "Qualitäts Diskussionen". Wenn ich mich mit einem Thema intensiv beschäftigt habe und das immer noch als "Mist" bezeichne, dann habe ich dafür auch Argumente mit denen ich das begründen kann. Und natürlich kann man etwas für genial halten, auch wenn man selbst einen anderen Geschmack hat. Es ist lediglich die Kombination von "ich habe keine Ahnung" und "ich verurteile das" die ich nicht für angemessen halte.

    Ich kann aus meiner eigenen Biographie erkennen, dass mein Musik Geschmack und die Einschätzung die "Qualität" zu beurteilen sich immer sehr geändert hat, wenn ich mich mit einer Stilrichtung, die mir gar nicht behagt hat näher beschäftigt habe. Entweder freiwillig, oder weil ich aufgrund meiner Mitgliedschaft im Orchester das einfach machen musste.

    Es ist ja auch immer die Frage, woran Qualität überhaupt gemessen werden soll. Wenn es darum geht, möglichst vielen Leuten zu gefallen, dann ist beispielsweise "Last Christmas" von außergewöhnlicher kompositorischer Qualität. Diese Leistung muss ein anderer erst mal hin bekommen.

    Das macht mich bei der Klassifizierung fremder Musik Geschmäcker sehr vorsichtig.
     
  14. Gelöschtes Mitglied 5328

    Gelöschtes Mitglied 5328 Guest

    @Claus

    Danke für den Thread! Das Thema hat mich genauso beschäftigt.....;)

    Klasse, wie sachorientiert und konstruktiv hier die Diskussion läuft.....so fördert es das gegenseitige Verständnis.

    Ich möchte das Beispiel Beuys nochmal aufgreifen.

    Das was er machte gefällt mir nicht, würde ich mir nie ins Wohnzimmer stellen......vor einigen Jahren hatte ich die Gelegenheit mich mit Fachleuten intensiver mit Beuys auseinanderzusetzen, zu diskutieren.....da habe ich verstanden, warum er was und wie gemacht hat......

    Gefallen tut es mir immer noch nicht.....und ins Wohnzimmer würde ich es mir auch jetzt auf keinen Fall hängen/stellen....

    Mit Potter, Redman und Brecker geht es mir genauso. Ich verstehe heute besser was sie wie und warum machen, weil ich selbst Sax spiele.....weil es das Forum hier gibt....Gefallen tut es mir dennoch nicht....

    CzG

    Dreas
     
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  15. Nilu

    Nilu Ist fast schon zuhause hier

    Michael Sargmeister, ein Vertreter des technischen, monotonen "Gedudel" fand ich immer fad und "nichtssagend". trotz der vielen Worte (Töne), die er im Takt untergebracht hatte. Potter ist bei mache! Soli nah dran.
    Ich mag es auch nicht, wenn mir Rapper oder HipHoper verbal einen Handkäs ins Ohr drücken.


    Auch ich war von B. Marsalis Solis in der Alten Oper enttäuscht. Er agierte neben der HR Big Band, so ganz abgekoppelt und ausdruckslos. Besonders deutlich wurde der Unterschied als Lakatosch und Marsalis eine Solobattle abhielten. Der eine hat geführt, ließ es krachen, der andere wiederum war brav und hat mit der Big Band so mitgespielt.
    Dabei wollte ich Marsalis so gefühlvoll und genial erleben, wie er mir von den Liveaufnahmen mit Sting in der Erinnerung war.
    So kann Mann sich täuschen.
    Dem Publikum in der Alten Oper hat es aber gefallen, den großen Marsalis zu sehen und zu hören, glaube ich.
    Demnächst werde ich Unterricht beim Marsalis nehmen und dann wahrscheinlich ein noch ganz andern Eindruck von ihm und seinem Spiel erhalten - oder auch nicht.
     
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  16. last

    last Guest

    Moin!

    Schön, dass dieses Thema hier mal angesprochen wird. Mir geht das "wenn Du dieses/n oder jenes/n Stück/Spieler nicht gut findest, liegt es nur daran, dass Du damit nicht ausreichend beschäftigt hast", schon lange gehörig auf den Senkel. Erst einmal ist sowas natürlich ein Totschlag-Argument und von daher schon blödsinnig. Zweitens es dazu geeignet denjenigen, der xy nicht mag zu diskreditieren - und das soll es in manchen Momenten wohl auch.
    Warum ist das so?
    Weil für Menschen Anerkennung ein absolutes Grundbedürfnis ist. Anerkennung ist (neben dem Selbsterhaltungstrieb und dem Fortpflanzungstrieb) der Antrieb für so ziemlich alles, was wir tun.
    Um Anerkennung zu bekommen, ist es im Allgemeinen nötig sich von der Masse abzusetzen. Man bekommt keine Anerkennung dafür, dass man zur "grauen" Masse gehört.
    Manche holen sich ihre Anerkennung indem sie einen z. B. Ferrari fahren, andere durch Handtaschen für 5000 Euro und wiederum andere indem Sie sich z. B. Wissen aneignen, das andere nicht haben. Das ist nicht schlimm - soll jeder sehen, wie er glücklich wird. Schlimm wird es dann wenn der Ferrari-Fahrer auf den Golf-Fahrer herabsieht, die 5000€-Handtaschenträger all die armen Normalos bedauert und der Musikexperte anderen Musikinteressierten ihren Geschmack schlichtweg abspricht.
    Warum tun die sowas?
    Wenn der Geschmack des musikalischen Laien gleichwertig/gleichberechtigt (s.o.) ist, dann hat sich ja die ganze verdammte Mühe nicht gelohnt und die eigene hart erkämpfte Anerkennung ist dahin.
    Also wird diese mit Zähnen und Klauen verteidigt. Das führt dann bis hin zu den schon beschriebenen Kaisers neuen Kleidern und wird auch schön in dem von @annette2412 nachfolgend gepostetem Video auf den Arm genommen.

    Ich für meinen Teil halte es so wie Mugger:

    Und Claus´ Eingangsfrage kann man natürlich nur mit JA! beantworten.

    De gustibus non est disputandum! ...da haben die sich schon was bei gedacht. ;)

    Moin
    last
     
    Zuletzt von einem Moderator bearbeitet: 27.Dezember.2015
    Wuffy und Gelöschtes Mitglied 5328 gefällt das.
  17. Gast_13

    Gast_13 Guest

    Wer ist denn dieser Gusti über dessen Bus nicht diskutiert werden darf?:duck:
     
  18. annette2412

    annette2412 Strebt nach Höherem

    schöne diskussion!!!

    kennt ihr das (noch)? ;)



    ab 4:36 kommt dann die "interlektuelle zugangsdiskusion"

    liebe grüße
    annette
     
  19. Gast_13

    Gast_13 Guest

    Ja das Hurz Experiment ist sehr interessant, wobei die Musik einer Analyse nicht stand hält.
    Im Unterschied dazu das hier:



    Die Musik von Webern gefällt mir, seit ich die mit 14 zufällig nachts im Radio hörte. Hier kann man wirklich keinen Ton mehr weg lassen. Es ist reduziert auf das Wesentliche. Schön aber kalt, wie Diamanten.
    Erst viel später, mit Anfang 20 habe ich im Musiktheorie Unterricht mehr darüber erfahren und etwas von Weberns Musik analysiert.

    Wem das nicht gefällt, hat keine Ahnung von Musik! :ironie:
     
    Nilu gefällt das.
  20. last

    last Guest

    Ich find's super! :D
     
    annette2412 gefällt das.
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