Ansprache und Intonation von d', Klappenaufgänge

Dieses Thema im Forum "Reparatur und Instandhaltung" wurde erstellt von prado, 17.März.2016.

  1. prado

    prado Schaut nur mal vorbei

    Hallo allerseits,
    dies ist mein erster Beitrag, aber ich lese schon seit Jahren in diesem Forum mit, darum nicht wundern, dass ich gleich mit was sehr Speziellem komme:

    Bei meinem Tenorsax ist die Ansprache der Töne d', d#', e', f', f#' (alle in der unteren Oktave) nicht optimal; sie haben die Tendenz zum Blubbern / zum Springen in die höhere Oktave.
    Ich bin kein Anfänger, darum kann ich das schon kontrollieren, aber so richtig komfortabel sind diese Töne eben nicht, und weiches Spielen (Subtone u.ä.) ist nur schwer möglich.

    Darum habe ich nun die Aufgänge der Klappen, die unterhalb von d' liegen, vergrößert. (Indem ich an den entsprechenden Einstellschrauben gedreht bzw. den Filz beschnitten habe.)
    Besonders bei der C-Klappe (unten am Knie des Horns) habe ich den Aufgang vergrößert, aber auch etwas bei der Bb und H-Klappe.

    Ergebnis: Die Ansprache der Töne d', d#', e', f', f#' ist jetzt ok.
    Aber (wie zu erwarten): d'' (mittlere Oktave) ist nun deutlich zu hoch. Außerdem fühlen sich jetzt Oktavsprünge hin zum d'' schwerfällig an.

    Darum meine Frage an die Einstellprofis unter euch:
    Mit welcher Kombination von Klappenaufgängen erzielt man erfahrungsgemäß den besten Kompromiss zwischen Ansprache und Intonation von d'?
    Und eine 2. Frage:
    Die meisten Saxophone sind ja anscheinend so konstruiert, dass das d' etwas zu tief klingt, damit das d'' nicht übermäßig hoch ausfällt. Wie ist da der Richtwert, d.h. um wieviel Cent zu tief sollte das d' bei den meisten Saxophonen sein?

    Herzlichen Dank schon mal vorab für eure Kommentare dazu,
    prado
     
  2. ppue

    ppue Mod Experte

    Ein sehr komplexes Gebiet, was du da ansprichst, denn bei der Intonation spielen viele Faktoren eine Rolle. Ohne deinen Ansatz zu kennen, kann man da kaum was sagen. Dann kann das Mundstück eine entscheidende Rolle spielen.

    Die meisten Saxophone sind so konstruiert, dass sie recht gut intonieren, wenn der Ansatz stimmt. Das ist aber dann ein Ansatz mit bedeutend tieferen Pitchzentrum als es Anfänger oft haben.
     
  3. prado

    prado Schaut nur mal vorbei

    Hallo @ppue,
    aber ist es denn nicht so, dass selbst bei einem professionellen Ansatz mit tiefem Pitchzentrum das d' etwas zu tief ist (was aber nicht so schlimm ist, weil es in dieser Tonlage nicht so sehr registriert wird), und das d'' zu hoch ist und per Ansatz nach unten korrigiert werden muss? Falls du dem zustimmst: Was denkst du, um wieviel zu tief fällt das d' bei einem Profi-Ansatz aus, durchschnittlich? Vielleicht -15 Cent?
     
  4. ppue

    ppue Mod Experte

    Bestenfalls 0 Cent.

    Ich nehme allerdings ab g" (auf dem Alto) die Töne etwas schärfer. Hohe Töne hört das Ohr tiefer als sie sind und das darf man durchaus etwas ausgleichen.
     
    Mugger gefällt das.
  5. Otfried

    Otfried Gehört zum Inventar

    Moin,

    der einzige Ton, der auf dem Saxophon prinzipbedingt etwas unsauber intoniert, oder intonieren darf ist das kurze c#.
    c#'' in der Regel etwas zu tief, und c#''' etwas zu hoch. Sollte man aber gut ausgleichen können.

    Das c#'' als Leitton zu d'' spiele ich mit zusätzlich geöffneter Seiten-C-Klappe, beim c#''', wenn es als kleine Terz etwas tiefer sein soll nehme ich den rechten Ringfinger dazu.

    Gruß,
    Otfried
     
  6. prado

    prado Schaut nur mal vorbei

    @xcielo : Die Saxophon-Testberichte, die ich immer mal wieder z.B. in der Sonic lese, suggerieren eigentlich eher, dass so gut wie jedes Saxophon Intonationsschwächen hat.
    Am schlimmsten sind die Palm Keys (ganz oft extrem zu hoch), aber auch d'' wird regelmäßig erwähnt. In der aktuellen Sonic z.B., wenn ich mich recht erinnere, ist ein Bericht von Klaus Dapper über ein Forestone-Sax, und darin spricht er auch die d''-Problematik an. (Wobei das Forestone-Sax eine rühmliche Ausnahme zu sein scheint.)

    @ppue : Sicher beträgt bei Profis die Abweichung bestenfalls 0 Cent, wie du sagst. Aber doch nur, weil die Intonationsschwächen des Instruments durch den entsprechend trainierten Ansatz, der sich bei jedem Ton anders verhält, ausgeglichen wird?
    Mein Frage zielte eigentlich auf Folgendes: Wenn mit einem lockeren Profi-Ansatz das d' gespielt wird, aber ohne auszugleichen, d.h. der Ansatz verhält sich wie z.B. beim f': Um wieviel zu tief klingt dann das d'?
     
  7. hpesch

    hpesch Kann einfach nicht wegbleiben

    Ich würde mich immer noch als Anfänger bezeichnen. Gerade eben hatte ich nach Umstieg auf ein neues Mundstück (Selmer C** Tenor) das Ding endlich so weit auf den Hals gedreht, dass mein Stimmgerät beim H mit Oktavklappe Kammerton A (443 Hz) zeigt. In den unteren Lagen ist der Ton etwas "links", aber die Palm-Keys spielen sauber ihre Tonlage. Mein Instrument ist Yamaha YTS 280. Ein gutes Instrument sollte ausgeglichen gut die Töne bringen, ist meine Meinung. Wenn es das nicht tut, sollte man es gegen ein besseres austauschen.
     
  8. Otfried

    Otfried Gehört zum Inventar

    @prado
    es mag sein, dass Saxophone immer wieder diese Schwäche offenbaren, sie ist aber nicht natur gegeben, sondern ggf. mangelhafter Bestandteil der Konstruktion, aber auch noch vom Setup und dem Stimmton abhängig.
     
  9. kokisax

    kokisax Strebt nach Höherem

    Denke ein Profi aber auch schon ein ambitionierter Amateur können die Töne nicht absichtlich ohne Korrektur spielen.
    Das macht man automatisch und unbewusst (gutes Gehör vorausgesetzt).
    Ausserdem wundert es mich, dass manche auf 443Hz stimmen.
    In unserer Blasmusik stimmen wir auf 440Hz.

    kokisax
     
  10. claptrane

    claptrane Strebt nach Höherem

    vielleicht liegt es am Klavier, unser Flügel ist auch so hoch gestimmt, ich glaub der wird jedes mal noch eine Nuance höher gedreht, momentan liegt er auch bei genau 443
     
  11. ppue

    ppue Mod Experte

    Vielleicht kann man mit dem Klavierstimmer reden:
     
  12. claptrane

    claptrane Strebt nach Höherem

    na ja nun ist das Kind ja schon im Brunnen.
    Weiß auch nicht ob das so leicht wieder rückgängig zu machen ist, 3 Hertz bei allen Saiten ist ja schon ne Hausnummer
     
  13. GelöschtesMitglied1589

    GelöschtesMitglied1589 Guest

    Mir wird als naivem Quereinsteiger, von der Gitarre und dem Klavier kommend, immer klarer, welch lange Erfahrung und intuitive Reaktion ein Saxofonist haben bzw. entwickeln muss, um immer "in tune" zu spielen. Von Brahms ist ja bekannt, dass er mit dem Violinisten Joseph Joachim auf seinen Tourneen auf allerlei schlimmes Spielgerät vor Ort traf, das den Namen Klavier nicht immer verdiente. Da ging es nicht um 3 Cent, sondern um Achtel- oder Vierteltöne und mehr. Brahms hat manchmal den Klavierpart seiner wunderbaren Violinsonaten aus dem Stand einen halben Ton tiefer transponiert, was eine Wahnsinnsleistung ist, und Joachim wird wohl auch, so weit es vertretbar war, mit dem Intonationsspielraum der Violine gearbeitet haben.
    Beim Saxofon gilt, wie überall im Zen, die Gültigkeit der Gegensätze: entweder man bleibt bei einem Mundstück, einem Blatt, einem Horn, einem Stimmgerät und begibt sich in das Kloster der totalen Kontrolle und Disziplin. Dauert wahrscheinlich für einen Anfänger ca. 5 Jahre, bis er halbwegs sicher wird.
    Der andere Weg ist die geplante Disziplinlosigkeit: viele Mundstücke, viele Blätter, auch verschiedene Hörner, immer mit wachen Ohren und natürlich mit Stimmgerät. Die Ohren sind soooo wichtig. Ich merke schon immer unangenehm den Doppler-Effekt, nur wenn ich den Kopfhörer abnehme, während das Playback noch läuft. Da machen schon 5cm vom Ohr weg eine Welt aus. Der ständige Wechsel des Materials schult auch, und es dauert wohl auch hier 5 Jahre, bis man eine gewisse Routine erarbeitet hat.
    Ich habe bestimmt kein schlechtes Gehör, aber auf das Sax muss sich mein Gehör immer noch einstellen. Vielleicht liegt es an der Obertonstruktur. Wenn ich nicht wie ein Luchs aufpasse, wird meine Intonation grottig. Weiter, lohnenswerter Weg.
    @prado: ich würde eine "Strategie-Matrix" schriftlich niederlegen und in Din A2 Größe in dein Übezimmer hängen, die vom Horn (Klappenaufgänge, S-Bogen etc.) über das Mundstück und das Blatt bis hin zu kontrollierten Variationen des Ansatzes abgearbeitet werden und mit kurzen Kommentaren festgehalten werden kann, eventuell sogar mit exakter Angabe der Pitch-Abweichung. Ich denke, dass es irgendwann "klick" machen wird, und du hast die Gelenkstelle für die Intonationsauffälligkeiten gefunden, bei dir oder beim Gerät.
    Atti Hoppmann in Köln erzählte mir, dass ein Kunde bei einem Tenor immer Nebengeräusche hatte, die selbst nach einer Generalüberholung nicht verschwanden. Zufällig wurde ein anderer S-Bogen verwendet, und die Geräusche waren weg...
     
  14. Aerophon

    Aerophon Ist fast schon zuhause hier

    Das liegt wohl an den großen Orchestern. Die Symphonieorchester stimmen in der Regel höher als 440. Kammerton a ist in USA und dem Rest der Welt 440 in Europa hat sich 442 eingebürgert. Weil es brillianter klingt stimmen aber auch viele Orchster mittlerweile auf 443. Meine Klarinette wie auch die anderen Klarinetten von Dörfler werden standardmässig mit einer Birne für 443 ausgeliefert. Die Saxophon Playalongs, die ich bisher kennengelernt habe waren aber alle auf 440 gestimmt.

    Aerophon
     
  15. Florentin

    Florentin Strebt nach Höherem

    Bei allem Respekt vor unseren Experten: physikalisch ist die Konstruktion eines überall perfekt stimmenden Saxophons nicht möglich.

    Dazu kommt die Vielzahl an möglichen Mundstücken, von denen einige wiederum geometrisch nicht perfekt zum Instrument passen. Und unterschiedliche Blätter. Und unterschiedliche Anatomien der Spieler.

    Also muss der Spieler ausgleichen.

    Insofern finde ich die Eingangsfrage sehr berechtigt, und ich wäre für eine Antwort von erfahrenen Saxdocs dankbar.
     
  16. Gelöschtes Mitglied 5328

    Gelöschtes Mitglied 5328 Guest

    Selmer hatte dazu mal in einem Vortrag ausgeführt, daß man theoretisch ein in sich stimmendes Saxophon bauen könne, dieses aber nicht mehr klingen würde.

    CzG

    Dreas
     
  17. Otfried

    Otfried Gehört zum Inventar

    Das halte ich immer noch für einen mehr oder weniger gelungenen Marketing Gag.

    Das Saxophon überbläst naturgemäß nicht zu 100 % sauber in die Oktave. Bei den meisten Tönen ist das aber unbedenklich, mit Ausnahme des kurzen c#, wie ich bereits sagte. Das kann man auch mechanisch ausgleichen, wie bei vielen Sopranen seit langem üblich, und beim Alt der Selmer Serie III dann auch passiert.

    In sich, also in einer Oktave gibt es ansonsten keinen Grund, warum ein Horn nicht stimmig sein sollte.

    Aber ja, das gilt nicht für alle Mundstücke, und auch jeder Spieler hat da gewisse Freiheitsgrade, bedingt durch doch anderes Spiel bei Klassik und Jazz (um die beiden Kategorien mal herauszuheben).

    Und es stimmt sicherlich auch, dass gewisse herstellertypische Eigenschaften sich im Laufe der Jahre heraus gebildet haben. Das liegt daran, dass jeder Hersteller in den Details der Saxophonkonstruktion (gottseidank) dann doch noch ein bisschen eigene Wege geht. Und dem Einen gelingt dies letztlich auch besser als dem Anderen.

    Ach ja; obige Aussage könnte durchaus derart interpretiert werden, dass die Serie III nicht klingen ;-)

    Gruß,
    Otfried
     
  18. Gelöschtes Mitglied 5328

    Gelöschtes Mitglied 5328 Guest

    @xcielo

    Ich weiß zwar nicht was an der Aussage von Selmer "Marketing" sein soll, wie Ihnen diese Aussage nützen sollte, aber ist auch wurscht.

    Ich hab' eh nur zitiert. Mehr schreib' ich auch nicht, da ich mich in der Sache nicht auskenne und bloß keinen weiteren "Selmer-Thread" lostreten möchte.

    Die sind zwar immer recht unterhaltsam, aber sie müssen auch wohl dosiert werden. Jede Woche ein neuer "Bond" wäre ja auch langweilig.....:cool:

    CzG

    Dreas
     
  1. Diese Seite verwendet Cookies, um Inhalte zu personalisieren, diese deiner Erfahrung anzupassen und dich nach der Registrierung angemeldet zu halten.
    Wenn du dich weiterhin auf dieser Seite aufhältst, akzeptierst du unseren Einsatz von Cookies.
    Information ausblenden