"Gear-Acquisition-Syndrom", kurz: G.A.S.

Dieses Thema im Forum "Eigene (musikrelevante) Themen" wurde erstellt von Bereckis, 23.Mai.2016.

  1. Bereckis

    Bereckis Gehört zum Inventar

    Ich habe gerade nochmal nachgeschaut...

    Der zitierte Spezialist ist Professor Gerhard Raab, Professor für Marketing an der Fachhochschule Ludwigshafen und Experte für Kaufsucht. Vermutlich kein Psychologe!

    Den Begriff G.A.S. benutzt nur der Journalist.
     
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  2. Bereckis

    Bereckis Gehört zum Inventar

  3. bebob99

    bebob99 Strebt nach Höherem

    Und der Handel ist auch sehr daran interessiert, was beim Konsumenten letztendlich den unkontrollierbaren Kaufzwang auslöst. Das erlaubt ultimatives Marketing. Oder glaubt ernsthaft jemand, die Erkenntnisse würden nur dazu verwendet arme Kreaturen aus ihrem Leiden zu erlösen? Diese Leute sind, ob sie wollen oder nicht, die Chemiker der Drogenbosse im Konsumterror Business.
     
  4. ppue

    ppue Mod Experte

    Wieso sollte der Begriff auf den Professor zurück gehen?

    Der Begriff stammt wohl eher aus der Fotoszene, in der viele ihr Equipment über ihr eigentliches Können stellen und sicher gibt es das auch in der Musikerszene, insbesondere unter Amateuren.

    Egal, wer den Begriff prägte, er bricht gesellschaftliches Verhalten auf das Individuum herunter. Nicht die Gesellschaft, damit meine ich die soziokulturelle Struktur, wird als ursächlich für das Phänomen angesehen, sondern der kranke oder "verrückte" Einzelne.

    Ich glaube aber, dass die Konsumgesellschaft insgesamt daran krankt. Und eine solche Krankheit bräuchte eine andere Therapie als die individuelle.
     
  5. GelöschtesMitglied1589

    GelöschtesMitglied1589 Guest

    Ich habe den Begriff "G.A.S." schon vor zwanzig Jahren gehört, und nie war damit eine klinische Diagnose verbunden. Im Gegenteil, der Begriff ist für mich untrennbar mit einem Augenzwinkern verbunden und nicht wirklich ernst gemeint. Das ist so ähnlich wie beim folgenden Schlager, bei dem auch niemand den Kardiologen auf den Plan rufen würde:

     
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  6. Roland

    Roland Strebt nach Höherem

    Und jeder kann aus diesem Teil der Struktur aussteigen, ohne Repressalien irgendwelcher Art zu befürchten. Es ist noch keiner ins Gefängnis gekommen, weil er sein Soll an Mundstückkäufen nicht erfüllt hat. :) Ich persönlich empfinde jedenfalls diesbezüglich keinen Druck von Außen.

    Man sollte sich nur bewusst sein, warum man etwas macht. Leider neigt man dazu, wenn man eine vermeintliche Lösung gefunden hat, sich selbst in die Tasche zu lügen. Selbstbeobachtung ist verdammt schwer. Kenne ich diverse Geschichten!

    Träume und Erinnerungen sind wichtig, aber wenn man 90% des Lebens nur in Erinnerungen schwelgt oder an die Zukunft denkt, dann bringt man nur 10% hier und jetzt in seiner Zeit zu und lebt eigentlich nicht richtig sein Leben. Irgendwie verschenkt man ein Großteil seines Lebens ...

    Grüße
    Roland

    PS:
    Es hat noch keiner auf dem Sterbebett gesacht:
    'Ach, hätt' ich nur mehr Zeit im Büro verbracht!'
     
  7. GelöschtesMitglied1589

    GelöschtesMitglied1589 Guest

    Das Konsumphänomen ist kein ausschließlich menschliches, was diese meine Lieblingszene aus dem Film "Die lustige Welt der Tiere" beweist: der Affe krallt lieber seinen Konsum, als durch Loslassen seine Freiheit zu sichern. Hohe zoologische Philosophie:

     
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  8. bluefrog

    bluefrog Strebt nach Höherem

    Wie langweilig! G.A.S. sehe ich da nicht. ;-)
     
  9. Claus

    Claus Mod Emeritus

    Da passt auch der Begriff G.A.S. nicht, denn es wird ja nur konsumiert, und kein "gear" angehäuft. Wenn Bereckis' Bekannten allerdings Abramovich-mäßig Kreuzfahrtschiffe sammeln würden, ja dann .....
     
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  10. Bereckis

    Bereckis Gehört zum Inventar

    Dies ist der Kern meiner Fragen.

    Sehr schön formuliert. Das bewusste JETZT-Leben ist aber recht schwierig.

    Bist du dir da sicher? ;)
     
  11. Juju

    Juju Strebt nach Höherem

    Yepp, der Begriff GAS existiert in den englischsprachigen Saxophonforen (und anderen) schon seit Ewigkeiten...

    Hi Peter,
    Kleiner Exkurs: Beim Tauchequipment sehe ich das etwas anders, eine intakte und regelmäßig gewartete Tauchausrüstung ist für mich meine Lebensversicherung. Als begeisterte Taucherin aber auch rechtsmedizinische Expertin für Tauchunfälle bin ich allerdings auch sehr vorsichtig, da ich ja immer die Fälle auf den Tisch bekomme, wo was extrem schiefgelaufen ist. Ich sehe Tauchcomputer als Goldstandard an, nicht allein wegen des Tauchgangs, da entnehme ich nur die wichtigsten Informationen wie Tauchtiefe (überfüllt mit Informationen ist das Display keineswegs, das zeigt nur an, was ich gerade wissen muss). Das Gute ist, dass der Kleine mich warnt (er piepst), wenn ich höher soll oder wenn ich zu schnell auftauche etc. Er ist nur etwas größer als eine Armbanduhr, man kann das Display auch erkennen, wenn es extrem düster da unten ist. Er speichert meine Tauchgänge und ist gerade bei multiplen Tauchgängen mehrmals täglich und über mehrere Tage immer auf dem letzten Stand und zeigt mir auch an, wann ich problemlos wieder fliegen darf. Wenn während des Tauchgangs etwas Unvorhergesehenes passiert und ich z.B. ungewollt in die Dekozeit komme, führt mich der Computer durch den verlängerten Dekostop und sagt mir, wann ich wieder tauchen darf, er checkt also ständig den Status quo und reagiert darauf.
    Viele Tauchbasen lassen einen ohne Computer gar nicht mehr tauchen, was ich auch absolut sinnvoll finde, denn es gibt einen weiteren Vorteil: Wenn es nun doch mal schiefgegangen ist und man mit einem hypoxischen Hirnschaden zum Pflegefall geworden ist (oder man hat es gar nicht überlebt), geht es unter Umständen um Versicherungsleistungen (im Falle des Ablebens auch für Hinterbliebene), und da steht es nun evtl an, zu beweisen, dass man nicht grob fahrlässig getaucht hat. Oder Angehörige wollen die Tauchbasis verklagen, die Tauchbasis sagt nun aber, der Taucher hat das selbst zu verantworten, weil fahrlässig getaucht etc. Ein Computer speichert jedes Tauchprofil und ist somit ein wichtiger Bestandteil der Unfallrekonstruktion (so ähnlich wie ein Flugschreiber). Ich hatte das schon mehrmals, dass der Computer bei der Aufklärung wichtige Anhaltspunkte geliefert hat.
    Weder Tauchcomputer noch Tauchtafeln können Dekompressionsprobleme völlig ausschließen, selbst wenn man sehr konservativ taucht, denn sie basieren letztendlich auf mathematischen Modellen und können persönliche Risikofaktoren (z.B. offenes Foramen Ovale) nicht miteinbeziehen, aber Tauchcomputer sind zuverlässiger bei der Berechnung von multiplen Tauchgängen, zumal die wenigsten Tauchgänge tatsächlich als Stufentauchgänge erfolgen, was die Tauchtafeln aber postulieren. Der Tauchcomputer lässt eine wesentlich flexiblere Tauchgangsgestaltung zu und zeigt im Zweifelsfall, ob ich mich korrekt verhalten habe.

    LG Juju
     
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  12. Bereckis

    Bereckis Gehört zum Inventar

    Hat keiner behauptet. Wie kommst du darauf?

    So ist es. Ich glaube, dass es hier häufig um Konsum als Ersatz für fehlendes Können bzw. aus Frust handelt.

    Dieses Verhalten gibt es aber auch bei anerkannten Profis. Ist da der Antrieb ein anderer?

    Wenn sich daraus eine Kaufsucht entwickelt, ist ein ein sehr individuelles Problem.

    Dass die Gesellschaft wenig tut um dagegen zu wirken, ist mir schon bewusst.
     
  13. ppue

    ppue Mod Experte

    Ja, aber es ist für mich das Ende einer längeren Kette, an der dann herum gedoktert wird.

    Ganz richtig, Kaufsucht oder auch Oniomanie. Sie hat nicht den Status einer Krankheit, sondern wird als Zwangsstörung angesehen, wobei das eben alles nur so Definitionen sind.

    Wo kommt das individuelle Problem aber her? Ich glaube, die Ursachen sind facettenreich. Erst einmal sind wir eine Konsumgesellschaft. Eine Reiche dazu. Und wenn alles immer "kauf mich, kauf mich" schreit, wenn das glückliche Individuum unzertrennbar mit den Attributen der angebotenen Artikel verknüpft ist, dann tritt die eigene Kreativität zurück. Man kauft sich nicht nur sein Glück, sondern auch seinen Status. Autos sind übrigens out. Man kauft heutzutage Küche!

    Dann haben wir eine wenig solidarische Gesellschaft mit Ellenbogenmanieren. Nicht der Zusammenhalt, soziales Engagement und Toleranz, sondern das eigene Wohl ist das kurzsichtige Ziel vieler Bürger. Mangelnde soziale Eingebundenheit schafft mangelndes Selbstvertrauen und das wird gerne durch erhöhtes Konsumverhalten verdrängt.

    aus Wiki "Kaufsucht"

    ... im Jahr 1991 zufolge fünf Prozent der erwachsenen Bevölkerung in den westdeutschen und ca. ein Prozent der Bevölkerung in den ostdeutschen Bundesländern „stark kaufsuchtgefährdet“.

    All das deutet eben nicht auf eine Individualerkrankung, sondern eine gesellschaftliche.

    Die Gesellschaft kann nichts tun, sie ist nicht real. Nur wir können was tun.

    Mich erinnert das Phänomen stark an ADHS, dass ja auch den Status einer Krankheit verpasst bekommen hat. Viele Eltern von Kindern mit ADHS waren und sind froh darum, dass sie die Krankheit ihres Kindes nun benennen können. Die individuelle Therapie geht aber meines Erachtens auch dort an den wirklichen Ursachen vorbei.

    Wenn man sich die Symptome von ADHS und Kaufsucht mal anschaut, gibt es da verblüffende Parallelen.
     
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  14. saxfax

    saxfax Strebt nach Höherem

    Fast noch hübscher finde ich die augenzwinkernd im Whistle-Forum beschriebene schlimme Krankheit Whistle Obsessive Acquisition Disorder (WhOA). ;-)

    http://www.chiffandfipple.com/whoa.html
     
  15. Bereckis

    Bereckis Gehört zum Inventar

    Dies ist wirklich so.

    Dies sehe ich ähnlich.
     
  16. visir

    visir Gehört zum Inventar

    "Symptom" mag zwar vorrangig im Zusammenhang mit Krankheiten verwendet werden, ist aber nicht zwingend damit verbunden. Und such einmal eine geschlossene, allgemein anerkannte Definition für "Krankheit"...

    Ich finde es gut, Phänomene zu klassifizieren und zu benennen. Weil damit gerne verbunden ist, dass mehr beschrieben wird, als ich selbst wahrnehme, und ich (mögliche) Ursachen und Auswirkungen auf Relevanz für mich abklopfen kann und darauf reagieren kann. Ansonsten denk ich mir nur "irgendwas ist komisch" und weiß nichts damit anzufangen. Plakativ ausgedrückt.
     
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  17. Juju

    Juju Strebt nach Höherem

    Kaufsucht und GAS sind überhaupt nicht das Gleiche. Kaufsucht gehört zu den Zwangserkrankungen = compulsive disorders.
    Ich glaube wirklich nicht, dass der Begriff GAS entstanden ist, um ihm den Status einer Krankheit zu verpassen. Das ist ein scherzhafter Ausdruck, den irgendwelche Geeks geprägt haben, und als solcher wird er in den Foren auch immer mit einem Augenzwinkern benutzt. Den gibt es doch in der Psychologie (noch) gar nicht.
    LG Juju
     
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  18. quax

    quax Gehört zum Inventar

    Hübsch gesagt. Es ist also kein individuelles Problem, sondern eine Erscheinung der Gesellschaft, die aber nicht existiert. Und deshalb müssen wir dann individuell etwas dagegen tun.:confused:
    Weitere Beispiele für solche Phänomene: Tabak - und Alkoholabusus. Die Unfähigkeit Geschwindigkeitsbeschränkungen einzuhalten. Exzessives Briefmarensammeln. Das ewige Rumgammeln in onlineforen :).
    Zum Glück trifft mich persönlich keine "Schuld".Nee den Begriff mag ich nicht so, Ursachen sind wichtiger und interessanter. Egal, es ist ja ein gesellschaftliches Problem. Wobei die Gesellschaft eigentlich aus vielen kleinen Ichs besteht. Andererseits ist die Gesellschaft aber nicht real.
    :) :)
    LG quax
     
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  19. ppue

    ppue Mod Experte

    @quax: "Gesellschaft" ist ein abstrakter Begriff. Er existiert in unseren Köpfen. Du kannst Gesellschaft aber nicht anfassen und auch nicht sehen. Und sie kann von daher auch nicht handeln. Nur die Mitglieder einer Gesellschaft können handeln.

    Das bezog sich darauf:

    Sie kann nicht tun.


    @Juju: Es mag ein scherzhafter Ausdruck sein, aber ganz egal, ob man es Krankheit, Syndrom oder sonstwie nennt, steckt da ein Problem hinter. Z.B.:

    http://petapixel.com/2013/08/03/the-fear-to-photograph-and-the-gear-acquisition-problem/

    Was der Mann da oben beschreibt, scheint mir doch alle Anzeichen von Kaufsucht zu haben.


    Genau das meine ich. Die Krankheit wird in der Regel durch ihre Benennung erfunden, ist dann schubladisiert und kann dann unter dieser Kategorie behandelt werden. Das ist auf der einen Seite hilfreich. Auf der anderen Seite verschleiert es aber die wirklichen Umstände.

    Genau das sehe ich eben anders herum. Wenn man den Definitionen folgt, sieht man nur die Schubladen.

    Ist etwas faul in der Schublade, dann würde ich gucken, ob ein Glas umgefallen oder sogar das Dach undicht ist.
     
  20. quax

    quax Gehört zum Inventar

    Lass mal stecken...
    Deine Formulierung hatte einen gewissen Charme. Du sprichst von einer "Erkrankung" der Gesellschaft, die aber selbst nur ein abstraktes Konstrukt unserer Köpfe ist. Nun gut.
    Und agieren können nur jeweils die Individuen. OK. Aber vielleicht sollten wir uns dann von der "gesellschaftlichen Krankheit" verabschieden? (Jeder säuft für sich allein :-( ).

    Woher hast Du denn diese Weisheit?
    LG quax
     
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