"Stammplatz" in der Big Band

Dieses Thema im Forum "Eigene (musikrelevante) Themen" wurde erstellt von gaga, 13.März.2017.

  1. gaga

    gaga Gehört zum Inventar

    Dieser Satz von @auge aus dem "Kritik"-Thread brachte bei mir ein genauso verbreitetes wie heikles Thema nach oben, das mich oft bewegt.

    Ich spiele in zwei Big Bands und kenne mehrere weitere. In allen(!) Bands gibt es "Veteranen", die ganz offensichtlich das musikalische Vorankommen der Band behindern - natürlich ohne das zu beabsichtigen. Sie haben es halt nicht drauf - entweder waren sie nie besonders gut oder die anderen haben zugelegt oder durch Wechsel dominieren die guten Leute. Diese "Veteranen" sind entweder Gründungsmitglieder oder sind ganz begeisterte Jazzfans und meistens sehr nett, hilfsbereit und gesellig. Erschwerend ist in einer Big Band natürlich, dass jeder Platz nur einmal besetzt ist, und wenn der Schlagzeuger nicht swingt und auf den Dirigenten starrt und Breaks und Endings verholzt, kann das sehr frustrierend sein. Ein 2.Tenor muss keine rasanten Solos spielen können, aber im Satz genauso präzise und tight wie die anderen spielen.

    Hat hier jemand Erfahrungen mit der "Bearbeitung" solcher Fälle? Wer hat sich da rangetraut - gab es das emotionale Desaster, das ich in solchen Fällen befürchte, wenn man ehrlich sagt, Du, so geht das nicht weiter?
     
  2. OnkelSax

    OnkelSax Ist fast schon zuhause hier

    Sowas kenne ich auch aus Symphonischen Blasorchestern. Halt von Anfang an dabei, damals wohl froh eine Anfangsbesetzung zu haben. Nur --- jetzt reicht es einfach nicht mehr. Wenn man Oberstufe spielen will, muss man das auch zumindest ansatzweise können UND wollen. D. h. auch üben...
     
  3. ArminWeis

    ArminWeis Experte

    Es gab mal eine Band, da haben sie immer den Schwächsten rausgekickt
     
  4. Gelöschtes Mitglied 1142

    Gelöschtes Mitglied 1142 Guest

    Oft ist der der "Schwächste", der den Proberaum zur Verfügung stellt. Oder den Bandbus. Oder die komplette Orga übernimmt. :)
     
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  5. HanZZ

    HanZZ Ist fast schon zuhause hier

    Damit ist er per Definition nicht der Schwächste.

    Genausowenig wie "Sozial Schwache" sozial schwach sind. Sie sind wirtschaftlich schwach. Sozial schwach sind oftmals diejenigen die richtig viel Kohle haben.

    Cheers
    HanZZ
     
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  6. ArminWeis

    ArminWeis Experte

    Eines Tages war ich selber raus. Der Ärger ist längst verflogen, aber schämen tue ich mich heute noch.
     
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  7. Gelöschtes Mitglied 5328

    Gelöschtes Mitglied 5328 Guest

    Ja, was soll das denn? Du kommst als Neuer in eine Band und stellst fest, das alte, auch Gründungsmitglieder, die Bandentwicklung (aus DEINER Sicht) behindern, und willst die rauskicken?

    Bring' Dich ein, vielleicht kannst Du die Bandentwicklung positiv beeinflussen.

    Wenn's Dir aber auf Dauer nicht passt, gehst Du besser! Alles andere ist respektlos.

    (Es sei denn Du bist bewußt engagiert worden, um die Band nach Deinen Vorstellungen weiter zu entwickeln).

    Du hast keinen Auftrag die Band nach Deinen Vorstellungen zu formen. Vielleicht fühlen sie sich wohl so wie es ist.

    Respektiere, daß es nicht alle so sehen wie Du.

    CzG

    Dreas
     
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  8. Ginos

    Ginos Strebt nach Höherem

    Hallo Armin,

    diese Methode hat Lee Iacocca, einer der bekanntesten und populärsten Manager der Welt angewandt und ich meine in seinem Buch "Mein amerikanischer Traum" beschrieben.

    Jeder Manager hat jedes Jahr das schwächste Mitglied seines Bereichs zu entlassen und durch einen besseren zu ersetzten. Das galt für alle Führungsebenen.
    Im ersten Jahr machbar, im 2ten Jahr, ok auch noch machbar .... dann muss man an seine "Lieblinge" ran, dann irgendwann an die guten ... eine brutale Methode mit dem Ziel stetig zu verbessern und leistungsfähiger zu werden.... Eine Methode nicht ohne Gefahren ...

    Gruß
    Oswald
     
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  9. Gelöschtes Mitglied 5328

    Gelöschtes Mitglied 5328 Guest

    Am Ende des Tages ist er damit auch gescheitert.....
    So simpel ist eben dann doch nicht.

    CzG

    Dreas
     
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  10. HanZZ

    HanZZ Ist fast schon zuhause hier

    Jou. Deswegen gehören ja heute Ford und Chrysler zu den wertvollsten Diamanten der Automobilindustrie.

    HanZZ, kopfschüttelnd.
     
  11. Ginos

    Ginos Strebt nach Höherem

    Die Methode wurde gewechselt :)
     
  12. bebob99

    bebob99 Strebt nach Höherem

    Es sind nicht zwangsläufig die alt eingesessenen. Bei uns ist es auch so, dass hin und wieder wer ausfällt und von unten nach besetzt wird. Nur findet man für's Amateur Orchester nicht an jeder Ecke einen Profi, der hier auf Dauer unbezahlt mitspielen will. Es kommen also neue aus der Jugendarbeit oder Späteinsteiger wie ich.

    Hürde für die Aufnahme ist bei uns das bronzene Leistungsabzeichen, also etwa Niveau Ende Musikschule für mäßig begabte. Das ist für jeden packbar.

    Würde jedes Jahr der schlechteste (wie misst man das?) gekickt, würde ich wahrscheinlich jedes Jahr in die ShortList kommen. Außerdem wäre der Verein in 10 Jahren nicht mehr spielfähig.

    Die Literatur ist für die meisten von uns recht anspruchsvoll, an der oberen Leistungsgrenze. Ab und zu merkt man das. Wir sind aber nicht die Wiener Philharmoniker sondern eine Provinz Kapelle, die aus Lust an der Freude Musik macht - Fehler inklusive.

    Für mich ist das toll. Ich bin spieltechnisch immer auf Zug und kann jährlich Verbesserung feststellen. Nur eben langsamer als mir lieb ist. Wir sind fast alle voll berufstätig und jede Übung und jede Aufführung muss mit der restlichen Lebensplanung abgestimmt sein. Wir spielen jeder so gut es eben geht. Soweit ich weiß wurde noch nie jemand wegen mangelnder musikalischer Entwicklung gefeuert.

    Es gibt aber einige, die sich zusätzlich in anderen Projekten beteiligen, weil sie bei uns zu wenig gefordert werden. Wir sind froh, welche dabei zu haben, die deutlich über dem Durchschnitt spielen. Die können die anderen gut mit nehmen.

    Wenn wirklich einer nicht so kann, kriegt er vom Kapellmeister vereinfachte Parts, darf Stellen aussetzen oder ähnliches. Bei uns ist niemand dabei, der nicht spielen WILL.
     
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  13. Claus

    Claus Mod Emeritus

    Erst einmal muss man sich darüber klar werden, welchen Anspruch die Band überhaupt an sich selbst hat, was sie sein will.

    Klar sollte ein gewisser musikalischer Ehrgeiz vorhanden sein. Aber ein "gewisser Ehrgeiz" ist noch etwas anderes als ein auf musikalische Höchstleistungen getrimmtes Gebilde.

    Für mich ist eben auch wichtig, dass die Band ein soziales Gefüge darstellt. Ich treffe mich mit Leuten, die mir zumindest so sympathisch sind, dass ich mit ihnen gemeinsam ein Hobby ausüben möchte und einen Teil meiner Freizeit verbringe. Dabei wird zumindest stillschweigend akzeptiert, dass nicht alle auf dem gleichen Level sind, solange jeder mit Freude und Engagement bei der Sache ist. Ein gnadenloser Selektionsprozess würde sich mit dieser Funktion nicht vereinbaren lassen (Ansonsten wäre ich auch längst wegselektiert worden).
     
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  14. SaxPistol

    SaxPistol Strebt nach Höherem

    Hier sollte jeder aus der Laien-/Amateurfraktion etwas entspannter werden.
    Ich habe mich da regelrecht dazu gezwungen, positiver zu denken, halte mir lieber vor Augen, was ich im letzten halben Jahr gelernt habe, statt mir vorzuhalten, was ich noch nicht kann.

    In dem Chor, in dem ich nebenbei singe, ist es ähnlich wie bei @bebob99. Jeder, der Spaß am Singen hat, darf mitmachen, mit dem schönen Effekt, dass die sichereren die unsichereren mitziehen und diese dann auch über die Jahre mehr Sicherheit gewissen. Ja, GUTE Sänger/innen, besonders Sänger, sind immer gefragt und mitunter nicht leicht bei der Stange zu halten.
    Bei unserer Big-Band, die noch im Aufbau begriffen ist, darf erstmal jeder mitmachen. Viele haben mehrjährigen Instrumentalunterricht hinter sich, haben aber mit Ausnahme des Musiklehrers noch nie mit anderen zusammen musiziert, geschweige denn mal in einer größeren Gruppe ein Solo übernommen. Da bin ich sozusagen der Einäugige unter den Blinden ;-) Und doch bin ich froh, so in Gemeinschaft professionelle Anleitung zu bekommen.
     
  15. gaga

    gaga Gehört zum Inventar

    Krieg ich jetzt nen Shitstorm? Lass deine Empörung ruhig stecken - nicht eine deiner Unterstellungen stimmt auch nur ansatzweise.
     
  16. ehopper1

    ehopper1 Strebt nach Höherem

    Grundsätzlich: Stammplatzdenken fand ich schon immer blöd.
    Ob ich jetzt die erste oder fünfte Stimme spiele ist doch völlig wurschd.
    Das Ensemblespiel steht im Vordergrund.
    Wenn nur eine hochmütige Person dabei ist (hatte ich schon öfters), nervt das, klar.
    Fällt zwar schwer, aber einfach machen lassen.
    Denn die fällt irgendwann von alleine auf die Nase.

    Ich habe schon lange meinen Stammplatz in der Bigband, weil keiner Baritonsax spielen will.
    Ich bleibe da auch gerne. Macht Spaß da unten herum.
    Zuvor hatte ich in anderen Bigbands Alt oder Tenor gespielt. Wie langweilig. ;-)

    In meinen anderen Formationen bin ich der einizige Saxer, da gibt es keine Probleme.
    Man kann es aber ja nie ausschließen, das mal etwas kommt.

    Aus einer Band wurde ich mal rausbugsiert und durch einen besseren Saxophonisten ersetzt.
    Hat mich anfangs ziemlich geärgert, logisch!
    Der war auch wirklich um Klassen besser, weil Profi.
    Dummerweise schrieb er aber keine Arrangements wie sein Vorgänger.
    Und mit der Chemie stimmte es dann doch nicht (Diva!).
    Waren irgendwie alles Alpha-Tiere.
    Die Band löste sich kurz danach auf.
    So gesehen sehe ich meinen Rauswurf im Nachhinein eher positiv.

    Lg
    Mike
     
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  17. 47tmb

    47tmb Gehört zum Inventar

    Siehe hierzu auch den Thread "Kritik in de Band"
     
  18. quax

    quax Gehört zum Inventar

    "Stammplatz" und "Zuchtwahl" stellen wohl Extrempositionen dieses Themas dar. Aus dieser Sicht können beide keine auf Dauer praktikable Lösungen darstellen.

    Es wird gespielt was verlangt wird, an der Position die verlangt wird. Dritte Triangel in Humba Tätärä kann ein Kulturschock sein, aber "es wird gegessen was auf den Tisch kommt".

    Die Methode Iacocca bringt vielleicht noch mittelfristig Erfolg, fährt den Laden aber langfristig vor die Wand. Ist einfach eine zu extreme Form der "Mitarbeiterbindung" ;-).
    Stelle mir vor, dass die Leute dann nicht mehr mit- sondern gegeneinander musizieren.

    Ist halt auch bloß eine Extremzucht, wie die 100 000 Liter-Kuh, jeden Tag über 20 kg Milch. Aber nur auf der fetten Wiese würde sie vielleicht verhungern.
    Sowas kommt raus, wenn die Leute meinen alle Faktoren im Blick / Griff zu haben .

    LG quax
     
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  19. a.g.

    a.g. Ist fast schon zuhause hier

    Hi zusammen,
    ist zwar nicht ganz so einfach, aber immer wieder gut, wenn man auf den Boden der Tatsachen zurück geholt wird. Da sprich ich aus eigener Erfahrung. Eigentlich ja was positives, auch wenn es ein Zeitlang weh tut. Kommt natürlich immer auf den Einzelfall an und kann man auch nicht pauschal sagen. Aber in einer Band geht es ja auch immer um das Gesamte, und um das voran zu bringen muss man sich halt manchmal unterordnen. Von irgendwelchen Stammplätzen halte ich grundsätzlich nichts. Ich denke dem muss man sich mit viel Feingefühl stellen. Finde eh, das man in größeren Besetzungen viel mehr wechseln sollte.


    Herzliche Grüße


    Andreas
     
  20. Gerrit

    Gerrit Guest

    Als Dirigent oder musikalischer Leiter muss man das beizeiten ansprechen: entweder die Betreffenden arbeiten an sich, nutzen Unterrichtsangebote und dergleichen oder man überlegt, ob man, wenn es personell zu leisten ist, ggf. mit zwei Besetzungen auf zwei Verschiedenen Levels arbeitet?
     
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