kollektiv - individuell

Dieses Thema im Forum "Eigene (musikrelevante) Themen" wurde erstellt von ppue, 7.Mai.2017.

  1. Silver

    Silver Gehört zum Inventar

    Lieber @ppue -
    diese von Dir zitierte Liste der Saxophonisten ist ein Volltreffer in Sachen individuell vs. kollektiv. Insbesondere die kollektive "Leistung" des sozialen Mediums Wikipedia zeigt frappierend, dass wir uns in einer wenig reflektierten Aufmerksamkeitsökonomie befinden, die Individualität nur dann wahrnimmt, wenn sie im Fokus des Kollektivs steht.

    Da stehen über 100 Namen - aber warum stehen die da??

    Gut, bei den Coltranes, Lester Young usw. ist das klar. Würde man die vergessen, müsste man auch Picasso aus der Liste bildender Künstler ausblenden.

    Allerdings fehlen mir ein paar "zeitgenössische", die aus meiner Sicht erwähnenswert wären (z.B. Kamasi Washington, zu dem man stehen kann wie man will aber auch Donny McCaslin und nicht zuletzt Dave O'Higgins).
    Andererseits wird die Musikstudentin Anna-Lena Schnabel aufgeführt, die sicher eine richtig virtuose Bebop Altistin ist, aber weder nennenswerte Aufnahmen veröffentlicht hat noch dem Fortgang der Musikentwicklung (bislang) wesentliches beigetragen hat.


    Insofern ist die Auswahl der aufgeführten Namen (die keine Auswahl ist sondern das Produkt des Mitteilungsdrangs von Wiki-Schreibern) kollektiv unvollständig aber individuell aufmerksamkeitsgesteuert.
    Welche der "zeitgenössischen" Saxophonisten wirklich große Namen sein werden, kann erst genauso retrospektiv gesagt werden, wie bei den "großen Namen" der Vergangenheit. Mit nur einem Unterschied: "damals" war der jeweils einschlägige Musikstil deutlich näher am Mainstream als heute.


    Will sagen: ein unterschwelliges "früher war alles besser" lässt sich mit dieser Liste nicht belegen.

    LJS
     
  2. ppue

    ppue Mod Experte

    Besser oder schlechter sollte nicht belegt werden. Und, richtig, natürlich ist die Liste auf der einen Seite unvollständig, auf der anderen Seite überfüllt. Mir fehlen auch ein paar Zeitgenössische. Das fällt aber statistisch gar nicht so ins Gewicht.

    Auch das ist richtig. Dafür zählte ich aber im Jahr 1970 auch alle mit, die zu dem Zeitpunkt noch gar keinen Namen hatten. So what. War ja auch nur eine Idee, mal zu forschen, ob sich da ein Trend zur Entstarung ablesen lässt.

    Ui, das sehe ich absolut anders herum. Der Free Jazz war gerade mal ein Jahrzehnt alt und besonders in Europa war er gerade aufgeblüht, völlig Abseits vom Mainstream.
    Das, was ich dagegen heutzutage an Jazz höre, hat sich in der Form kaum weiterentwickelt. Die einzige Neuerung, die unsere Musikstile erfuhren, ist die Fusion mit anderen Stilen und ethnischen Musikformen.

    Auch darin zeigt sich das Zusammenwachsen der Kulturen, das kollektive Kreieren, Imitieren und damit auch das so wichtige gegenseitige Spiegeln.
     
  3. Silver

    Silver Gehört zum Inventar

    Vielleicht sehe ich das falsch, aber genau das war ja die wesentliche Neuerung in den 1970ern mit dem als "Fusion" bezeichneten Stil (mal wieder von Miles Davis spätestens mit Bitches Brew losgetreten ... dann Weather Report, Passport usw.) als sich der Jazz einer parallelen Mainstream-Musikrichtung angenähert hat. (noch später, in den 1990ern dann wieder Miles, der mit doo-bop HipHop und frühen Electronica zum Jazz adaptiert hat - oder umgekehrt; "Acid Jazz" der späteren 90er usw.)

    Genau genommen könnte man schon früher bei den ganzen Bossa und Latin - Sachen der 1960er ansetzen, die durch Stan Getz popularisiert wurden - das war dann richtig Mainstream. Wir erinnern uns: schon die aus heutiger Sicht braven Beatles wurden als Hottentottenmusik für unreife Jugendliche geschmäht.

    Dagegen war Free Jazz immer etwas für thematisch interessierte - bei aller Individualität, Virtuosität und Kreativität wollten (und konnten) dem nur wenige folgen. Die originären Free Jazz Protagonisten sind demnach auch nur für eher wenige namentlich bekannt und bei noch wenigeren beliebt. Wie @zappalein an anderer Stelle (sinngemäß) schrieb: "Wir spielen ja doch nur fuh-fuh..."


    Wenn man Musik als Kommunikationsform mit eigener Syntax und Semantik begreifen will - das exerzieren wir ja gerade in parallelen Threads zu Improvisation etc. durch - ist es nicht angemessen, zu sagen, "die einzige Neuerung". Das hat mir einen zu abschätzigen Unterton.

    Ich würde vorschlagen, es positiver zu formulieren: "Wesentliche, die Entwicklung vorantreibende Neuerungen"
    Evolution statt Revolution.

    Dann stimmt auch dein

    Und damit hätten wir auch die Chance, aus den Schubläden der Genres herauszukommen. Ist es noch Jazz oder schon Funk/Rock/Soul?
    Ist Garbareks "Officium Novum" noch Jazz? Martin Tingvall's "Beat"? Sind die Saxophonsoli von Donny McCaslin auf David Bowie's letztem Album Pop? (Hat Bowie bis auf vielleicht "Let's Dance" überhaupt Pop gemacht??) Ist es Frevel, wenn die Wasserfuhr - Brüder "Durch den Monsun" von Tokio Hotel auf eine Jazzplatte (Landed in Brooklyn) packen und dabei mit den ganz großen der aktuellen US-Jazzszene spielen?

    LJS
     
    Zuletzt bearbeitet: 8.Mai.2017
  4. ppue

    ppue Mod Experte

    Du hast ja Recht, das "Fusion" schon damals anfing, eben beim Ende der auszumachenden Stilrichtungen (den Funk nehme ich nochmal als letzten Stil raus). Dann aber sehe ich gar keine "wesentliche, die Entwicklung vorantreibende Neuerungen" mehr.

    Ich bin kein Jazzer und habe keinerlei Berührungsängste mit anderen Schubladen. Mir ist es egal, wie wer welchen Stil nennt. Mich interessieren eher die soziokulturellen Hintergründe von Kultur.
     
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  5. Silver

    Silver Gehört zum Inventar

    Warum nimmst Du Funk heraus?
     
  6. Silver

    Silver Gehört zum Inventar

    Ich finde es interessant, spannend, erfrischend ... nicht nur das Offensichtliche zu rezipieren sondern auch ein paar Hintergründe zu verstehen.
    ("rezipieren" ist ein saublödes Kunst-Wort im Wortsinn - mir fällt nur gerade nix Treffenderes ein)

    Nur so kann man wesentliche Teile der bildenden Kunst des 20. und 21.Jahrhunderts verstehen und nicht einfach nur glauben, der "Künstler" hätte besoffen auf die Leinwand gekotzt ... obwohl ... manchmal :(

    Speziell bei Musik geht es aber noch viel mehr um Emotion, die durch Hörgewohnheiten vorbelegt wird.
    Wer nur Andrea Berg hört, wird von z.B. Coltrane niemals "bewegt" sein können. Das sind natürlich soziokulturelle Hintergründe - aber mir hilft es nicht, die Lebensgeschichte der Krefelder Wirtstochter zu kennen - das macht ihre Musik für mich auch nicht besser. Umgekehrt wird sich die einschlägige Klientel einen Schmutz um einen "heroinabhängigen Neger" scheren, der auf seinem Saxophon herumquietscht.

    Was mich eher an Andrea Berg usw. interessiert, ist die Auswirkung auf die Fangemeinde. Das ist soziokulturell höchst ... äääh ... "interessant" (um nicht zu sagen beängstigend). Zweifellos ist es kollektiv - wenn auch ganz anders als von dir weiter oben gemeint ;)

    LJS
     
  7. ppue

    ppue Mod Experte

    In der Regel gehen solche Entwicklungen einher mit dem Bildungsniveau. Und das geht oft einher mit der zur Verfügung stehenden Kohle. So ist auch hier das Kollektiv gefragt und nicht die Schere, die sich immer mehr öffnet zwischen arm und reich.

    Unser Land gehört zu den Staaten, die am meisten Profit aus dem sozialen Unterschied der verschiedenen Länder der Welt zieht. Lasst uns den Reichtum zumindest aller erst in die Bildung unserer Kinder stecken. An unseren Schulen sieht es katastrophal aus.
     
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  8. ppue

    ppue Mod Experte

    Passend zum Thema die Helene-Fischer-Werbung unter dem Thread, hehe.
     
  9. Silver

    Silver Gehört zum Inventar

    Inhaltlich sehr Deiner Meinung.

    Wem zur Verfügung stehend?

    Den für die Schulbildung Zuständigen?
    Da hat gerade die Schleswig-Holstein Wahl gezeigt, was passiert, wenn "Gerechtigkeit für Alle" die falschen Prioritäten setzt.
    Eine gute Freundin ist Rektorin einer Grundschule - die kann Geschichten erzählen ...

    Den weniger Gebildeten?
    Ein bisschen weniger Chips, Nagellack und Tättos ... naja, lassen wir das ... zu zynisch.

    Bildung ist nur indirekt eine Funktion des verfügbaren Einkommens. Ich kenne mehrere Familien (bzw. deren Stümpfe - "alleinerziehende Mutter" ist immer noch die Armutsfalle Nummer 1 - und das ist ein Skandal), die trotz schmalster Kohle ihren Kindern eine sehr solide, nicht nur funktionale Bildung mitgegeben haben. Hat vielleicht nicht für einen Flügel im Musikzimmer gereicht aber auch mit einem gebrauchten E-Piano lässt sich was anfangen.


    Beim Kollektiv gehe ich mit, bei der Schere nicht uneingeschränkt, beim Profit müssten wir differenzieren.
    Die dann zu diskutierenden Ableitungen wären aber wohl eher etwas für ein oder zwei Flaschen Rotwein en face.
    Als geschriebene Diskussion ginge das furchtbar in die Hose. Drum lass uns bei der Musik bleiben...

    LJS
     
  10. ppue

    ppue Mod Experte

    Da gehe im im Akkord.
     
  11. Silver

    Silver Gehört zum Inventar

    Für die Bildungssituation: Ab-7b5b9 ...
     
  12. GelöschtesMitglied1589

    GelöschtesMitglied1589 Guest

    Also mit anderemWort: "geil", genau wie diese von einem kleinen Kollektiv dargebotene Komposition von Julius Hemphill, bei der wirklich zumindest am Anfang die Dichte des Kollektivs verblüfft:



    Und ich wette, ein 7b9b5 taucht hier auch sicherlich auf.

    Übrigens: dem heimlichem Traum unserer Gesellschaft nach dem Kollektiv und dem "wir" steht eine logarithmisch wachsende Individualisierung und Aufwertung des "Ich" entgegen: es lebe das Selfie.
     
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  13. Saxoryx

    Saxoryx Strebt nach Höherem

    Wow, wow, wow - das ist aber jetzt hochgegriffen. ;) Ich wollte keine kulturästhetische Diskussion lostreten. :) Das, was Du sagst, ist natürlich richtig. Außer dass ich das negiere. Das tue ich nicht. Wie könnte ich Jazz spielen, wenn es vor mir gar keinen Jazz gegeben hätte? Das wäre dann doch etwas unvorstellbar. :) Natürlich muss ich das imitieren, da ich es nicht erfunden habe und nie hätte erfinden können, aber darum geht es nicht.

    Abgesehen davon: Welche historische Komponente hier in Afrika? Welcher gesamtkulturelle Zusammenhang? Der mit der schwarzen Kultur, in der viele noch im Kral leben und noch nie ein anderes Instrument als vielleicht eine Trommel gesehen haben? Wo soll der Zusammenhang da herkommen? Das dauert noch ein paar hundert Jahre.

    Mozart war nicht einzigartig? Beethoven, Bach usw.? Die haben wohl unseren Zeitgeist noch nicht gekannt. ;) Ich denke, es gibt zu jeder Zeit (vermutlich schon, als wir noch in Höhlen lebten) Menschen, die Talente haben, die andere Menschen nicht haben. Diese Menschen sind es, die die Entwicklung der Menschheit vorantreiben. Weil sie sich unterscheiden und deshalb etwas anderes wollen als die Masse. Die Masse entwickelt sich als Masse nicht weiter. Sie bleibt beim Status Quo oder ist damit zufrieden, das zu tun, was man ihr sagt. Nur diejenigen, die anders sind, die sich nicht mit dem Status Quo zufriedengeben, bringen etwas Neues ein und ermöglichen damit eine Entwicklung.

    Was aber in diesem Fall viel zu hoch gegriffen ist (wie die ganze Diskussion), denn es geht nicht um die Entwicklung der Menschheit, sondern nur um ein paar Töne auf dem Saxophon und wie man dazu kommt, sie spielen zu können. Eine viel kleinere Hausnummer, würde ich sagen. :)

    Kommt drauf an, wie Du das definierst. Es gibt immer Menschen, die schlauer sind als andere, die andere Ideen haben (heute etwas schwieriger als früher, weil man das Rad ja nicht immer neu erfinden kann, aber ich bin immer wieder überrascht, was manchen Leuten noch einfällt. Wer hätte sich vor 100 Jahren Computer vorstellen können? In jedem Haus, in jedem Handy? Handys überhaupt? Usw.) und die selbst in einer so gleichgeschalteten und fürchterlich zufriedenen, faulen Wohlstandswelt noch neue Wege finden, die sie gehen können. Ich bin leider kein solches Genie, ich bewundere das nur.

    Schön wär's. :D Glaubst Du, das irgendjemanden hier in Afrika eine gemeinsame Lösung mit Europa interessiert? Das ist eine Wunschvorstellung, die sich hier noch nicht durchgesetzt hat. Es kommt also immer darauf an, wo man lebt und wie man lebt. Welchen Hintergrund man hat. Hier spielt kaum jemand ein Instrument, weil das eine europäische Tradition ist. Also könnte man hier praktisch viele Dinge neu erfinden, die es schon lange gibt. Eigentlich ist jeder Ton, den ich hier spiele, einzigartig und neu. :) Was ich auch immer wieder erlebe. Ich spiele ein paar Töne, und die Leute sind begeistert, weil sie das noch nie gehört haben. Weil sie sich überhaupt nicht vorstellen können, dass man überhaupt ein Instrument spielen kann. Leider habe ich einen anderen Hintergrund, und deshalb bin ich nicht so begeistert von meinem eigenen Spiel.

    Mal ganz abgesehen von meinem Bandleader: Mich. Und es ist auch das einzig Wichtige, dass es mich interessiert, denn wer sonst könnte da bestimmend sein? Wieso sollte ich das Instrument überhaupt in die Hand nehmen, mir die Mühe machen, es spielen zu lernen, wenn mich das nicht interessieren würde? Warum spielt man überhaupt ein Instrument? Es gibt jede Menge Leute, die keins spielen und die das auch nicht interessiert. Jeder Mensch ist eben anders. ;) Was uns wieder zum Ausgangspunkt führt, dass es kein kollektives Interesse bei so etwas gibt, sondern nur ein individuelles.

    Kunst ist immer individuell. Es gibt keine kollektive Kunst. Künstler sind anders als Nicht-Künstler. Und viele individuelle Künstler zusammen sind auch kein Kollektiv, sondern immer noch Individuen, bei denen jeder genau sein Ding machen will.

    Grässliche Vorstellung. Die 70er waren eines der grässlichsten Jahrzehnte, das es je gab. Dieses Hippie-Getue ... Und was war in Wirklichkeit? Jeder von denen war ein einziger großer Egoist und Individualist, der einfach nur seine eigenen Vorstellungen anderen aufpressen wollte.

    Abgesehen davon: Welche großen Orchester hier in Namibia? Hier ist man froh, wenn man zwei andere Leute trifft, die überhaupt ein Instrument spielen können und mit denen man dann zusammen Musik machen kann.

    Du schwebst da in irgendwelchen Welten, die hier für mich nicht die geringste Bedeutung haben können, weil es die Voraussetzungen gar nicht gibt. Wenn Du hier nach Namibia kommst und hier genügend Leute findest, um ein Orchester aufzumachen oder auch nur eine Jazzband - dann mache ich gern mit. :D

    Ich muss hier alles allein und individuell überlegen, weil es sonst niemanden gibt. Das scheinst Du zu übersehen. Das ist nicht wirklich meine freie Entscheidung, sondern mehr eine Notwendigkeit. Und Du meinst, ich sollte mich jetzt an die Straße setzen wie die Tagelöhner hier, die jeden Tag an der Straße sitzen und auf Arbeit warten, und darauf warten, dass ein Kollektiv vorbeikommt, mit dem ich Musik machen könnte?

    Also wirklich ... :D
     
  14. ppue

    ppue Mod Experte

    Ich weiß, aber ich wollte das. Deshalb auch in neuem Thread und gar nicht direkt auf dein Posting bezogen. War für mich nur so etwas wie ein Zünder für meine eigenen Gedanken.

    So einzigartig waren sie nicht, denn sie schrieben Musik, die in ihre Zeit passte und zum Teil ihrer Zeit einen Schritt voraus war. Die Musik der Klassik spiegelt genau so die Gesellschaft wie die Musik auf einem afrikanischen Fest. In der Klassik sind es große Paläste, die musikalisch gebaut wurden, Königs- und Kaiserhäuser; Herschermusik. In Afrika sind die Trommelschläge wie Ketten von kleinen Hütten.

    Im Abendland die Einzigartigkeit, in Afrika (zu dieser Zeit) kollektive Musik.

    Im Jazz sind beide Kulturen zum ersten Mal zusammen gekommen zur ersten Weltmusik, zur ersten Fusion sozusagen.

    Wenn du dich in Wissenschaft und Wirtschaft umschaust, wirst du keinen Einzeltäter mehr entdecken. Die technische Welt ist so komplex geworden, dass sie kein Einzelner mehr groß verändern kann. Gruppenarbeit ist hier angesagt. Alle großen Entdeckungen werden fast nur noch in Gruppen gemacht.

    Wie gesagt, ich schrieb den Artikel nicht als direkte Antwort auf dein Posting. Gerne mache ich mich etwas kundig über die kulturelle Szene in Namibia. Habe mir da noch keine Gedanken drüber gemacht. In was für einer Band spielst du denn?
     
  15. Silver

    Silver Gehört zum Inventar

    Boah - wo gräbst Du nur sowas aus...?

    Das hört sich genau so an, wie die Klagen der befreundeten Rektorin über das Bildungssystem.

    "Geil" kann ich das aber nicht finden - wenn ich das 7 Minuten durchhören würde, müsste ich eine reaktive Depression fürchten.

    LJS

    PS: Ich kann auch keinen heimlichen Traum zum Kollektiv erkennen. Gerade die, die am lautesten nach Solidarität und Verteilung (von was eigentlich?) schreien, präsentieren sich maximal ich-bezogen. Andere wieder geben sich einem durch Sozialisation unreflektiertem Konsumhedonismus hin, ohne groß darüber nachzudenken. Interessanterweise beobachte ich gelegentlich, dass gerade Personen, die mit vorwiegend altruistischen Motiven etwas fürs Kollektiv tun (wollen), angefeindet werden - und es dann auch wieder sein lassen.

    Es lebe der Selfie-Stick! Er hält sogar die virtuelle Realität eines Kollektivs auf Armeslänge...
     
  16. GelöschtesMitglied1589

    GelöschtesMitglied1589 Guest

    @Long John Silver : was sind die Menschen doch verschieden.... Wahrscheinlich bin ich grund-depressiv und mich kann nichts mehr runterziehen. Im Ernst: für mich ist diese Musik sehr erbaulich, wunderschön und inspirierend.
    BTT: Zeit arbeitet wie ein Melitta Kaffee-Filter: oben die einzelnen Individuen als Kaffeemehl (Millionen von winzigen Fragmenten der Kaffeebohne), unten raus kommt eine kollektive braune (nicht politisch gemeint) Brühe; will sagen: im Laufe der Jahrhunderte verschwimmen die Konturen zwischen den Individuen einer Epoche und dem, was aus der jeweiligen Epoche erhalten bleibt.
    J.S. Bach (meine große Liebe) ist ein gutes Beispiel dafür, dass es auch schon vor rund 400 Jahren beides gab: das Kollektiv und das Individuum. Als Komponist war Bach zu seiner Zeit nicht so herausragend wie heute. Es gab viele Zeitgnossen, die einfach in Vergessenheit geraten sind und ebenfalls nach den tatsächlich bestehenden Gesetzen der Zeit (Generalbass, Audruckskatalog, Verzierungen etc.) erfolgreich komponierten: ein Kollektiv von Musikern und Komponisten, die die Bedürfnisse der Herrschenden und Kirchen (damals noch in Union) bedienten. Was Bach als Individuum zu seiner Zeit heraushob, waren seine außerordentlichen Fähigkeiten als Organist und Cembalist. Er konnte mehrstimmige Fugen improvisieren (!!!), und seine "Fantasien" (letzlich auch Improvisationen) auf der Orgel waren atemberaubend. Bach war ja tief im christlichen Glauben verankert, der ja zu seiner Zeit dem Leben des Individuums vor dem Tode nicht viel Gewicht beimaß ("Ach wie flüchtig, ach wie nichtig..."). Das Streben des Individuums nach weltlicher Anerkennung war "eitel", also letztlich nix wert und unbedeutend. Wenn ich überlege, dass ich z.B. so etwas improvisieren könnte....

     
    sachsin gefällt das.
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