Wie umgehen mit "belasteter" Musik?

Dieses Thema im Forum "Eigene (musikrelevante) Themen" wurde erstellt von bebob99, 22.September.2017.

  1. Pil

    Pil Strebt nach Höherem

    @gaga
    Sollte es nicht "in meinem Beispiel " heissen?

    "z.B. mir" ist Slang, Aber auch Sw - Dialekt

    :-?
    LG
    Pil
     
  2. Werner

    Werner Strebt nach Höherem

    Hallo Gerrit,

    du mühst dich so mit dem Begriff "Zwang" (zur Betroffenheit) ab, der Begriff Nötigung zB. macht vielleicht klarer, was ich meine.

    Ich würde Standpunkte nach ihrer Aussagekraft zu bewerten versuchen, nicht vorrangig nachdem, wer sie äussert. Nur weil etwas öfters von Rechten benutzt wird, heisst nicht, das es nicht mehr richtig sein kann. Der Begriff Heimat zB ist auch dann prinzipiell ein positiver, auch wenn er von den Nazis pervertiert wurde. Bebop hat das für mich gerade sehr stimmig ausgeführt.
    -
    Es haben jetzt mehrfach Foristen ausgedrückt, das sie keine persönliche Schuld an den Taten der Nazis zu tragen haben.
    Stimmt das?
    Natürlich stimmt das. Wer nach der Nazizeit geboren wurde, kann keine Schuld an dieser Geschichte haben. Ganz offensichtlich nicht.
    Wenn aber die Unschuld so offensichtlich ist, WARUM IST ES DANN NÖTIG, SIE TROTZDEM ZU BETONEN?
    Wenn etwas selbstverständlich ist, braucht man doch nicht darüber reden. Wenn es aber doch nötig ist, trotz der Unmöglichkeit der Schuld, diese Unschuld nochmals zu betonen, dann stimmt etwas nicht. Dann ist irgendwo etwas noch nicht verarbeitet, ob der Ungeheuerlichkeit des damaligen Geschehens noch nicht ins Bewusstsein gelassen.

    Das ist das, was ich meine. Irgendwas stimmt noch nicht, will noch verarbeitet sein. Mir scheint, es gibt da einen vielfach ineinander verstrickten Wust von tatsächlicher Schuld (Nazi-) Deutschlands, noch nicht vollständig zugelassener Trauer über das Geschehen und (wahrscheinlich eher unbewussten) Schuldgefühlen in Teilen der deutschen Gesellschaft, was wiederum verlangt nach Kompensation dieser Schuldgefühle.
    Und ich vermute, Kompensation eben ua. über die gesellschaftliche Nötigung zur Betroffenheit. Es ist bei Verlusten natürlich zu trauern, es gibt ja in der Psychologie explizit den Begriff sogar der Trauerarbeit. Das ist man aber irgendwann durch. Irgendwann liegt das hinter einem, und man kann wieder unbeschwerter im Leben sein. Und mir scheint, soweit ist das noch nicht in Deutschland.




    http://www.swing-jazz-berlin.de/
     
    bebob99 gefällt das.
  3. Roland

    Roland Strebt nach Höherem

    Es ist aber wichtig, wer den Satz sagt, sonst ist unter Umständen etwas anderes gemeint. "Das Leben ist vergänglich." ist für mich eine andere Aussage, ob sie von einem Buddhisten kommt oder Josef Stalin.

    Grüße
    Roland
     
  4. Werner

    Werner Strebt nach Höherem

    Hi, wenn du meinen Satz nochmal genau liest, siehst du, das wir da einer Meinung sind:
    "Ich frage mich, ob die heutige Rechtswelle nicht AUCH mit einem derzeit noch nicht möglichen unverkrampften Umgang mit der Geschichte zu tun hat.




    http://www.swing-jazz-berlin.de/
     
  5. Werner

    Werner Strebt nach Höherem

    Stimmt du hast recht.



    http://www.swing-jazz-berlin.de/
     
  6. quax

    quax Gehört zum Inventar

    Weil immer wieder jemand vorheult, dass ihm jemand vorhält er wäre mitschuldig. Dieser Jemand ist meist nicht fest umrissen und ich kann Dir auch nicht sage wer es sein sollte. In meinem mittlerweile nicht mehr ganz taufrischen Leben ist mir noch niemand mit solch einem Vorwurf gekommen. Und im Falle eines Falles wäre ich eher nicht über dieses Stöckchen gesprungen.
    LG quax
     
  7. Werner

    Werner Strebt nach Höherem

    Schön gesagt, trotzdem gibt es da einen Sinn, der sich löst vom Hintergrund des Sagenden. Ein Sinn, der für sich steht.




    http://www.swing-jazz-berlin.de/
     
  8. Roland

    Roland Strebt nach Höherem

    Kommunikation hat mehrere Ebenen. Wie ich - mit leichten Tendenzen zum Asperger - lernen musste, ist die Sachebene nur ein Aspekt und oft der unwichtigste. Aussagen deswegen auf die reine Sachebene zu reduzieren ist daher manchmal ebenso vernünftig wie nicht zielführend.

    In meinem Beispiel ist die Sachebene quasi trivial, wäre also gar nicht erwähnenswert. :)

    Grüße
    Roland
     
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  9. Pil

    Pil Strebt nach Höherem

    Wir haben nie gesagt; Das Leben ist vergänglich.

    Wir sagten; Das Leben ist hart.
    Der immer an unseren Tisch sitzende Rythmusgittarist antwortertete mit einem Automatismus frech auf diese Aussage "das Leben ist hart" mit "Meiner auch!"
    So oft bis es nervte. Also sprach ich, Das Leben ist kurz. - Einmal noch: " Meiner auch!"
    Nach diesem kurzen Eingeständniss herschte zu diesem Thema für immer Ruhe.

    Unsitten kann man auch ohne Streit jemanden abgewöhnen.

    LG
    Pil
     
  10. bluefrog

    bluefrog Strebt nach Höherem

    Das ist doch gar nicht @bebob99 s Punkt. Er hat in der Kapelle manchmal einen Marsch gespielt, von dem sich jetzt rausstellt, dass er von einem Nazi-Komponisten stammt und damals als Propagandawerk geplant war. Mich würde ja interessieren, ob irgend eines unserer etwa siebeneinhalbtausend Mitforisten diese Tatsache vor dem Artikel in der "Süddeutschen" und @bebob99 s Beitrag gekannt hat.

    Jetzt ist bekannt, was das für ein Marsch ist, und selbstverständlich sollte er jetzt nicht mehr gespielt werden. Wir können doch nicht diesen Fall mit dem Singen des Horst-Wessel-Liedes oder ähnlichem gleichsetzen!

    Ich bitte auch, hier keine unterschwelligen Ressentiments gegen Österreicher zu kultivieren.

    LG Helmut
     
  11. quax

    quax Gehört zum Inventar

    Ich unterstütze den Antrag
     
  12. Gerrit

    Gerrit Guest


    Ich mich weder
     
  13. Gerrit

    Gerrit Guest

    Vertippt... Ich mühe mich weder mit dem Begriff „Zwang“ noch mit dem Begriff „Nötigung“ ab. Beide Begriffe haben für mich in diesen Zusammenhang wirklich gar nichts zu suchen. Die Kreise rechten, völkischen Gedankenguts verankern diese Begriffe im Zusammenhang mit dem Erinnern oder Gedenken. Diese Leute mühen sich mit diesen Begriffen ab, um ihre Absichten zu verfolgen. Und selbstverständlich ist es von einigen Belang wer was wann und wo öffentlich erklärt.

    Ich muss sagen: mir gehen diese Gedankengänge etwas zu weit. Worum geht es denn eigentlich? Möchten wir Mitgefühl zeigen, verloten und verstehen woher wir kommen (und möglicherweise künftig gehen) oder uns um unsere eigenen Befindlichkeiten drehen?

    Als ich mit meinem Sohn in Sachsenhausen stand, verschwendete ich keinen einzigen Gedanken an „Zwang“, „Nötigung“ oder dergleichen Begriffe...
     
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  14. edosaxt

    edosaxt Strebt nach Höherem

    @Gerrit
    Vielen Dank!
    Mir geht's bei dem Thema um erfühlen und begreifen wollen.
    ...und nicht nur aus der Kindersicht, sindern auch und gerade um die Tätersicht...
    Was ist übrig von alle dem in mir?
    Welche Traumata wirken immer noch?
    Was hat meinen Opa dazu gebracht da mitzumachen?
    Wie kann man angesichts dieses Leidens eine Waffe in die Hand nehmen?
    Was wirkt in mir nach?
    Würde ich wie mein französischer Opa erbitterten Widerstand leisten, bis in den Tod. ..
    Würde ich mitlaufen wie mein dt. Opa?
    Auch in den Tod?

    ...und welche Auswirkungen hat dieses Nachdenken für mein erzieherisches und politisches Handeln?

    Für mich ist klar, Schuld nein, Verantwortung ja
     
    Zuletzt bearbeitet: 25.September.2017
    p-p-p, _Eb, bluefrog und 6 anderen gefällt das.
  15. abraxasbabu

    abraxasbabu Ist fast schon zuhause hier

    So schlimm wqird es nicht werden hatten unsere Altvorderen schon mal gedacht. Derzeit ist es so dass die Bundeswehr zum großteil von Jungen Faschisten besetzt ist. Die putschen wenn sie die Zeit für gekommen halten. Dann überzihen sie das Land mit Terror so dass sich kaum einer traut etwas dagegen zu sagen oder zu tun.
    Eigentlich müssen jetzt millionen auf die Strasse gehen damit der Schwuhr von Buchenwald erfüllt wird.
     
  16. Werner

    Werner Strebt nach Höherem

    Werner schrieb:
    "Ich frage mich, ob die heutige Rechtswelle nicht AUCH mit einem derzeit noch nicht möglichen unverkrampften Umgang mit der Geschichte zu tun hat. [/QUOTE]

    bebop99 antwortete: "Nein, das glaube ich nicht. Ich glaube, es ist eher das Gegenteil der Fall, nämlich, dass es in Wirklichkeit bei uns KEINEN unverkrampften Umgang mit diesem Teil der Geschichte gibt. Das zeigt sich daran, wie schwer es ist, überhaupt darüber zu sprechen, ohne sofort einer von zwei extremen Positionen zugeordnet zu werden. Warum muss das Thema dermaßen polarisieren?"

    Werner schrieb: Hi, wenn du meinen Satz nochmal genau liest, siehst du, das wir da einer Meinung sind:
    "Ich frage mich, ob die heutige Rechtswelle nicht AUCH mit einem derzeit noch nicht möglichen unverkrampften Umgang mit der Geschichte zu tun hat.

    http://www.swing-jazz-berlin.de/[/QUOTE]

    Und jetzt Werner (ich) ergänzend:
    Ich sehe gerade, das meine Antwort missverständlich ist. Mit "einer Meinung sein" bezog ich mich natürlich auf die Frage nach dem verkrampften / unverkrampften Umgang mit der Geschichte, nicht aber auf meine Überlegung, das die heutige Rechtswelle ev, in Teilen, mit eben diesem Umgang mit der Geschichte zu tun hat.
    Sorry, und ich hoffe, es ist jetzt klarer.



    http://www.swing-jazz-berlin.de/
     
    bebob99 gefällt das.
  17. Werner

    Werner Strebt nach Höherem

    Zitat von Werner:

    Schön gesagt, trotzdem gibt es da einen Sinn, der sich löst vom Hintergrund des Sagenden. Ein Sinn, der für sich steht.
    Kann man vielleicht mit einer Melodie vergleichen, die man mit ganz verschiedenen Harmonien unterlegen kann. Die Melodie bleibt dabei die Melodie (egal, ob sie jetzt banal oder bedeutungsvoll oder komplex ist), wirkt aber ganz unterschiedlich je nach verwendeter Harmonik, wird anders eingefärbt. -

    Und die Frage hier sinnbildlich scheint zu sein, ob es möglich, opportun und oder erlaubt ist, die Harmonisierung einer Melodie, die sich schon stark eingeprägt hat, neu zu gestalten. Oder ob Melodie und Harmonisierung so stark verknüpft sind, das das fast nicht möglich ist.
    Also, zurück in politisch-gesellschaftliche Realitäten, kann man zB den Begriff Heimat in D unbeschwert verwenden?
    Heimat geht wohl einigermassen.
    Den Begriff Volk? Je nach Kontext uU schon schwieriger.

    Vaterlandsliebe? Stolz darauf ein Deutscher zu sein? Jetzt wird es in meinem Empfinden richtig schwierig. Gleichzeitig ist das aber für (mindestens) viele Menschen in anderen Ländern selbstverständlich, ihr Land zu lieben. Ihre Eigenarten und jeweilige Mentalität zu schätzen.

    Als bei irgendeinem Sportereignis, ich glaube die FußballWM in D, zunehmend auch deutsche Flaggen an Autos etc auftauchten, fand ich das befremdlich und unangenehm. Dann fiel mir auf, das mich das bei Flaggen anderer Länder wesentlich weniger störte.

    Konditionierungen, aufbauend auf einem latenten Schuldgefühl der Deutschen. (Was nicht heissen soll, das man Flaggen beim Fußball gut heissen muss). Ich denke, es kann sich ändern. Es braucht Zeit. Es hat ja auch Zeit gebraucht, Wagner in Israel spielen zu können.
    -
    Naja, soweit ein paar Reflexionen.



    http://www.swing-jazz-berlin.de/
     
  18. Roland

    Roland Strebt nach Höherem

    Ich kann nicht stolz auf etwas sein, zu dem ich nichts beigetragen habe. Ich habe nichts dazu beigetragen, Deutscher, Hetero, Mann oder Weißer zu sein, also kann ich darauf nicht stolz sein. Es ist keine Errungenschaft damit verbunden.

    Können andere aber anders sehen.

    Grüße
    Roland
     
    flar, bebob99, Nilu und 4 anderen gefällt das.
  19. Gerrit

    Gerrit Guest

    Stolz ist ein Gefühl der Selbstbestätigung, das aber nie wirklich erfüllt.
     
  20. bluefrog

    bluefrog Strebt nach Höherem

    Ich jedenfalls bin deutsch, ein Stolzer zu sein.:evil:
     
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