"Selbstkasteiung" durch Musik hören?

Dieses Thema im Forum "Eigene (musikrelevante) Themen" wurde erstellt von 47tmb, 14.Dezember.2017.

  1. bluefrog

    bluefrog Strebt nach Höherem

    Ich begreife nicht, wie man seinen Sound durch Zuhören verbessern kann.
     
  2. Thomas

    Thomas Strebt nach Höherem

    ...sich selbst zuhören :)
     
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  3. rbur

    rbur Gehört zum Inventar

    Man darf auch gucken.

    Ich habe ja das große Vergnügen, meine Vorbilder quasi griffbereit zu haben. Wenn man in einer Probe neben Andreas van Zoelen sitzt, spielt man automatisch besser. Das ist unglaublich.

    Zuhören, aufpassen, nachahmen.
     
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  4. Nilu

    Nilu Ist fast schon zuhause hier

    In meiner Tenor Startphase habe ich gerne und häufig Sonny R. gehört. Mir gefiel sein Sound.
    Ich habe Rollins aber nie bewusst imitiert noch viel von ihm gespielt, außer Tenor Madness vielleicht.
    Mein Sax- und Combolehrer wusste davon nichts , sagte aber mal nach einem kleinen Konzert zu mir - du klingst nach Sonny R.
    Ich war freudig überrascht - so ala woher weiß er denn dass, .......

    Auf Grund dieser Erfahrung glaube ich an die Kraft des Unbewussten und an die Kraft von wiederholt Gehörtem
    Das Gehörte und Gemochte wird, wie schon erwähnt, ganz automatisch als Zielvorlage für den eigenen Sound genommen,


    Wie er das macht, kann ich leider dir nicht sagen.
    Ich kann nur sagen, höre ihn weiter, kasteie dich dabei nicht, denn wenn die Zeit reif ist, klingt du wie er, ganz automatisch!
    Ein weiterer Punkt ist, dass Musikhören eine ganz und gar nicht anstrengende Arbeit am Sound ist, so ganz anders als Longtones.
     
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  5. ppue

    ppue Mod Experte

    Es passt nicht nur zu ihm, sondern auch in eine bestimmte Zeit, einen historischen Kontext.

    Bleiben wir mal bei Mulligan. Die heiße Zeit des Bebop ist vorbei und es entstehen der Cool Jazz und der West Coast Jazz. Der Cool Jazz ist schon in sich zurück genommen. Beim West Coast Jazz kommt eine kammermusikalische Art zu komponieren und zu spielen dazu, die es bisher nicht gab. Die Art, so zu musizieren, hatte genau zu dieser Zeit ihre Chance, denn Musik transportiert auch immer eine Einstellung, ein Zeitgefühl.



    Wenn man Chet Baker und Gerry Mulligen vergleicht, kommt man zu dem Schluss, dass sie beide ihr Instrument auf die selbe Art und Weise behandeln. Die Töne, in Watte gepackt, die Melodien devot, gefühlvoll, melancholisch, in sich selbst verhangen. Baker und Mulligan behandeln die Töne wie rohe Eier, spielen so zurück gezogen, dass die Töne mitunter nur angedeutet sind.

    Das Gewebe, was die beiden schaffen, ist ein samtenes und, im Gegensatz zu allen anderen Jazzstilen, ein Duettieren ohne Harmonieinstrument. Das hat etwas von Kontrapunkt oder einer Fuge, in der die Harmonien sich aus den einzelnen Melodielinien der Instrumente ergeben. Feinste Kammermusik.

    Die Musik dieses Duos kann man noch weiter und weiter analysieren und dabei unendlich viel lernen. Und sicher wird man sich dann auch dem Zustand nähern können, der dieses Spiel und sogar den Sound der Hörner damals prägte. Ohne ein Gefühl für die Umstände damals zu bekommen, wird es schwierig sein, Klang rein technisch nachzustellen.

    Man könnte sagen: Nimm ein Chu Berry Bariton, ein Charles Bay Mundstück, ein nicht zu leichtes Blatt, stärke deine Stütze und deinen Ansatz, lerne ein ganz leichtes Vibrato und vor allem Subtones zu spielen. Damit sollte man schon weiter kommen, dennoch denke ich, dass hinter einem Ton mehr als die Technik steckt, ihn zu erzeugen.

    Und schlußendlich kann es, hat man den dann Sound erreicht, dieser gar nicht mehr in unsere Welt passt.
     
  6. hannibalekta

    hannibalekta Schaut nur mal vorbei

    Du sollst dir ja nicht nur einfach anderen Leute anhören und dadurch ihrem Sound näher kommen.

    Du sollst ihre Soli transkribieren.
    Du sollst ihre Soli auswendig spielen.
    Du sollst 4 Wochen lang an der Phrasierung von 4 Takten Solo arbeiten, bis du sie perfekt kopierst, wenn es sein muss.
    Du sollst dir nur 3 lange Töne von ihnen nehmen und dich Schritt für Schritt der perfekten Kopie nähern.
    Du sollst ihr Equipment kennen und deines ggf. anpassen.
    Du sollst eine mentale Klangvorstellung von ihnen haben, auch ohne ihre Musik zu hören.
    Du sollst ihren Sound mit 5 adjektiven beschreiben können.
    Du sollst wissen, wo sie ihren Sound her haben und ggf. alles oben genannte bei ihren Vorbildern machen.

    Dann hast du diese Spieler studiert. Der Sound kommt von selbst. Wenn du das jeden Tag (die Betonung liegt auf "jeden") 30 Minuten machst, bist du nach einem halben Jahr deinem Ziel näher.
     
  7. quax

    quax Gehört zum Inventar

    Ich weiß nicht, ob man ihn verbessert. Aber ich glaube schon, dass es zu einer "Annäherung" kommt.
    Wenn wir oft genug mit Menschen eines anderen Zungenschlags Kontakt haben, dann färbt die Sprache auch etwas ab. War lange Zeit unter westfälischen Schweinen unterwegs. Mein Quieken und Grunzen hat sich zwar nicht verändert, manchmal (immer seltener) fragen die Leute aber, ob ich aus Westfalen komme.
    LG quax
     
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  8. Saxax

    Saxax Ist fast schon zuhause hier

    Moin Jürgen,

    wie kann man Dir aus der vorweihnachtlichen Depression helfen?

    1. kann ja nicht gehen, auf dem nächsten Workshop spielst Du mal auf meinem Horn, dann geht das von ganz alleine
    2. Wechsel die CD und hör´ etwas Pepper Adams, dann lässt das Mulligan-Fieber schnell nach

    ;-)

    keep swingin´ und kling weiter so, wie Du klingst


    Dein Saxax
     
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  9. bluefrog

    bluefrog Strebt nach Höherem

    Eben, man arbeitet am eigenen Sound. Wohin der gehen soll, kann sich an einem Vorbild orientieren. Das kommt aber IMHO nicht durch Zuhören. Neulich sagte mir jemand, ich klänge wie Paul Gonsalves. Nie im Leben hätte ich an ihn gedacht oder ihn auch nur öfter gehört.........

    LG Helmut
     
  10. Gerrit

    Gerrit Guest

    Das hast Du unglaublich schön beschrieben! Damit ist eigentlich fast alles gesagt...! :)
     
  11. logout

    logout Ist fast schon zuhause hier



    Ich finde nicht, dass sich Bonamassa wie Rory anhört obwohl er dessen Original Gitarre spielt. Deshalb befürchte ich, dass selbst wenn du das Original Equipment von Mulligan bekämest, nebst von Ihm angefeuchtetes Blatt wird es schwer fallen den Sound zu erreichen. Wie sollte man z.B. den Sound von Parker hin bekommen? Der hat doch ständig mit verschiedenen, geliehenen Instrumenten gespielt. Wobei ich persönlich nicht verstehen kann warum man überhaupt darauf aus ist jemanden zu kopieren. Spieltechnisch ok. Aber Sound, what for?
     
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  12. rbur

    rbur Gehört zum Inventar

    Um zu lernen, wie man einen bestimmten Sound erreichen kann. Dann kann man auch seinen eigenen Wunschsound besser erreichen.
     
  13. Gelöschtes Mitglied 5328

    Gelöschtes Mitglied 5328 Guest

    So ist es!

    Auf dem Soundworkshop mit @saxhornet ging es genau darum.

    Welchen Sound mag man? Beispiele? Wie machen die das?

    Was habe ich für Möglichkeiten den Sound zu gestalten, flexibel zu sein?

    Dabei ging es durchaus auch darum das individuelle Soundspektrum auszuloten, auch mal in Richtungen zu gehen, die man nicht mag. Das schärft nur die Sinne, für das was man mag.

    Und Sound ist ja auch stück- und stilabhängig....auch Scott Hamilton kann "Kreissäge", wenn es passt.

    CzG

    Dreas
     
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  14. ppue

    ppue Mod Experte

    Es gibt Schauspieler und Charakterschauspieler.

    Es gibt Schauspieler ist, die verschiedenste Charaktere darstellen können. Das gehört selbstverständlich zu ihrer Ausbildung.
    Der Charakterschauspieler ist eher auf eine Rolle fest gelegt.

    So gibt es auch flexible Saxophonisten, die eine Menge verschiedener Stile und Klänge bedienen können sowie andere Saxophonisten, die, ja, quasi nur sich selbst ausstellen.

    Das eine ist nicht besser als das andere. Was mich aber wundert, ist, dass Amateure sehr viel mehr wert auf diesen persönlichen Ton legen als die Profis. Wüsste gar nicht, mit welchem Kollegen ich mal über den Klang an sich gesprochen hätte.

    Und immer wieder wird der Sound verwechselt mit der Art und Weise zu spielen, insbesondere und an erster Stelle die Phrasierung, dann das Bending, Vibrato, Melodiegestaltung etc.

    Der Zuhörer nimmt kaum den eigentlichen Klang war, sondern viel eher, wie der Spieler seine Töne behandelt.

    Somit wird der "Ton" am ehesten besser, wenn wir phrasieren lernen.
     
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  15. logout

    logout Ist fast schon zuhause hier

    Aber wenn der "Wunschsound" der Sound eines anderen ist wird das Ganze dann nicht zu einem hoffnungslosen Unterfangen? Ist das nicht das Problem? Parker hatte "seinen" Sound auf verschiedenen Instrumenten, weil es aus ihm kam, aus seinem Gefühl, aus seiner Lebenserfahrung. Das kann man nicht reproduzieren.
     
  16. Gelöschtes Mitglied 5328

    Gelöschtes Mitglied 5328 Guest

    Ich glaube es geht gar nicht darum genauso wie "XY" klingen zu können...(nicht nur Ton, sondern auch Phrasierung etc.), sondern, für mich jedenfalls, um Soundkonzepte.

    Scott Hamilton oder Lester Young verfolgen ein anderes Konzept als Charlie Parker oder Sonny Stitt.

    Brecker oder Sanborn sind wieder anders, in den Soundkonzepten der 70iger und 80iger.

    Mein Soundkonzept, was mir vorschwebt, von dem ich noch einiges entfernt bin, ist eher Young und Hamilton, nennt man wohl auch "Old School".

    CzG

    Dreas
     
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  17. giuseppe

    giuseppe Strebt nach Höherem

    Das scheint mir arg romantisch, dass man früher einfach „on the job“ gelernt hat. Es gab in Sachen Jazz vielleicht mehr Jobs in New York, ich glaube aber, dass die Jungs vor 80 Jahren auch ziemlich viel daheim geübt haben, bis es einen ersten Job gab.

    Miles schreibt selbst, dass er mal klingen wollte wie Clark Terry, später wie Dizzy. Beides hat er auch ganz gut hingekriegt, rausgekommen ist am Ende was ganz anderes, denn er „hörte“ seine Musik einfach nicht in der hohen Lage, in der Dizzy seine Licks spielte. Manchmal liest man sogar auch ein bisschen Frust in diesen Zeilen...
    Bei Stan Getz muss man die Biographie gar nicht kennen um zu erkennen, dass er früh in seiner Karriere genau so spielen und klingen wollte wie Lester Young. Das tat er ja auch, so überzeugend wie kaum ein anderer, mit virtuoser Verwendung des gesamten „Pres“-Vokabulars. Mit Chet Baker und Miles gibt es ähnliche Übereinstimmungen.

    Schmälert das ihre Leistung? Im Gegenteil! Es zeigt nur die Tradition auf. Imitieren und zitieren ist Zeichen der eigenen Fähigkeiten und Hommage zugleich. Deshalb kann ich die Herangehensweise und auch den damit verbundenen Frust absolut nachvollziehen. Der Frust kann aber manchmal ein Quell der Motivation sein. Und außerdem zeigst du uns regelmäßig mit deinen Aufnahmen, dass dein Weg nach vorne geht...

    P.S.: @ppue hat genaugenommen schon recht, wenn er hier zwischen Sound und Phrasierung differenziert. Ich vermische es, glaube aber auch, dass es so gemeint war. Es ist einfach zu eng verknüpft. Wenn Leuten Webster‘s Sound gut gefällt, meinen sie meist die Phrasierung und die Art Subtone, Legatozunge und Vibrato einzusetzen - schwer zu trennen.
     
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  18. ppue

    ppue Mod Experte

    Und Young wollte klingen wie Frankie Trumbauer (-:
     
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  19. rbur

    rbur Gehört zum Inventar

    Das heißt ja nicht, dass das mein Wunschsound ist und es dann dabei bleibt. Aber wenn ich so klingen kann wie die Großen, dann heißt das doch, dass ich sehr flexibel bin, mein Instrument beherrsche und prinzipiell auch andere Sounds hinkriege.

    Abgesehen davon gibt es Tausende von Saxophonisten. Hat da wirklich jeder seinen eigenen, unterscheidbaren individuellen Klang? So viele Klänge gibt es ja gar nicht.
     
  20. logout

    logout Ist fast schon zuhause hier

    Aber wollten die wirklich so klingen?
    Ich meine, wenn ich versuche irgendwelche Stevie Ray Vaughan Licks nachzuspielen will ich mein Vokabular erweitern aber nicht so klingen wie der geklungen hat.
     
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