"Selbstkasteiung" durch Musik hören?

Großartig ppue! Aber im Ernst: die Frage wie man mit Frustration / Motivation umgeht, stellt sich doch für viele Musiker immer wieder im Verlauf ihres Werdegangs. Wie haltet Ihr es denn damit?

 

Das sehe ich so wie Du. Ich stelle mir selbst andauernd wechselnde Aufgaben. Und ich bin mittlerweile ein Freund der kleineren Schritte: Bodenhaftung, Erdung... Was liegt gerade an? Davon abgesehen wandelte sich z.B. meine Klangvorstellung im Laufe der Jahre erheblich...

 

Bei mir stagnierts auch grad etwas......dann ist mir noch klar geworden, dass ich mich viel zu wenig um das Thema Rhythmik gekümmert habe, habe das immer nonchalant verdrängt bzw. habe ich mit den entsprechenden Übungen zu früh afgehört.

Komm' mir grad vor, als finge ich ganz von vorne an....

So What....Wird schon wieder....

CzG

Dreas

 

Wenn man weiterkommen möchte, muss man sich die "Großen" anhören. Wenn's frustriert, sich die Damen und Herren reinzuziehen, sollte man erst recht mit dem Üben beginnen / weitermachen. Frag' dich "Was frustriert mich und warum?" und dann thematisch mit dem Üben hier ansetzen.

 

Weil der Sound von diesem einen (oder vielleicht auch mehreren) einen total anspricht, man auf den abfährt, weil man eben genau so klingen möchte!

Ich habe angefangen mit dem Sax wie überhaupt mit allem Kreativen: Das und das gab es schon, aber eben nicht in DER Kombination, die ich mir vorstellen konnte. Entweder hat jemand geil phrasiert, aber nicht so doll geklungen, oder super geklungen, dafür aber (nach meinem Geschmack) langweilig gespielt.

In meiner Jugend habe ich viele Saxofonisten gern gehört, auch mit teilweise unterschiedlichem Sound, am Tenor erwähne ich mal Coleman Hawkins und Lester Young, Stan Getz und Sonny Rollins, die mir alle auf ihre Weise gefielen und mich auch alle irgendwie unterbewusst beeinflusst haben - ich habe beim Üben dann manchmal, je nach Blatt, diesen oder jenen Sound ansatzweise bei mir entdeckt und daraufhin versucht, ihn zu kultivieren, einfach um herauszufinden, wie man das macht.
Das hat mir nicht nur sehr viel allgemein geholfen, sondern auch meine Einsatzmöglichkeiten als Profi erweitert, denn so kann ich für unterschiedliche Stile den jeweils gefragten Sound erzeugen (gewissermaßen als Schauspieler, was @ppue zutreffend erwähnte).

Natürlich habe ich "meinen" Rick-Sound, oder besser meine grundsätzliche Spielweise, aber die ist für Variationen offen, aufgrund der Tatsache, dass ich mich viel mit anderen Musikern beschäftigt habe.
Deshalb finde ich es grundsätzlich gut und hilfreich, mal jemanden zu imitieren zu versuchen. Was ich hingegen für gefährlich halte ist, wenn man sich dauerhaft nur auf ein einziges Vorbild festlegt. Das schränkt einen zu sehr ein, finde ich. Ich würde es gar nicht wollen - mal wünsche ich mir eben den wuchtigen, voluminösen "Bean"-Sound, dann wieder den schlanken, sensiblen "Prez", und in einem Soul-Kontext muss es nun mal "Kreissäge" sein.


Schöne Grüße,
Rick

 

@Rick
Aber wenn deine Signatur stimmt, und ich glaube , dass sie stimmt weil mir ähnliches mal mit Larry Carlton widerfahren ist, dann ist Sound doch eine ziemlich "persönliche" Angelegenheit. Und sind dann diese ganzen Equipment Diskussionen nicht hinfällig und einfach nur von den Marketing Abteilungen der Firmen inszeniert? Und ist es dann nicht ein aussichtsloses Unterfangen jemandes anderen Sound kopieren zu wollen?

 

Super auch in meinen Sinne formuliert. Danke!

 

Ich vermute - nicht zuletzt wegen eigener Nabelschau - dass sich das gegenseitig beeinflusst.
"Halb zog er sie, halb sank sie hin"
Mit hoher Wahrscheinlichkeit bin ich noch weit von "meinem Sound" entfernt, stelle aber fest, dass ich mir selbst mit bestimmten Kombinationen von Horn, Mundstück, Blatt besser gefalle als mit anderen. Sowas kann sich ändern, bis dahin lasse ich mich auch gerne mal vom Equipment führen.

Hach, wenn ich da mal schon wäre... so gesehen bin ich nicht nur "weit" sondern "meilenweit" von meinem Sound entfernt - mir fehlt einfach noch eine ganze Menge Fertigkeit, die es mir erlaubt souverän damit umzugehen.
Aber es wird besser. Immer mal ein Stückchen ... manchmal (selten) mit Hilfe von neuem Equipment, meistens, wenn ich konsequent arbeite und versuche, die großen Meister, die ich im täglichen Stau höre, wenigstens ausschnittsweise nachzuahmen.

LJS

 

@ppue
Verstehe deine Aussage nicht. Lassen sich die Leute, die immer über den "billigen China Mist" schimpfen nicht auch beeinflussen und kaufen sich dann "billigen China Mist" zu überhöhten Preisen nur weil ein angebissener Apfel drauf ist? Ist das Verschwörungstheorie oder nicht doch vielleicht gutes Marketing der Apfelmännchen die den Leuten vermitteln sie seien nur hip mit 'nem IchTelefon in der Tasche?
Könnte z.B. ein Eric Marienthal einen besseren Sound erreichen oder gar besser spielen wenn er sein, zugegeben auch schon teures, Beechler gegen ein noch teureres Durga eintauscht? Wäre Johnny Hodges bekannter wenn er statt eines Büscher ein Selmer gespielt hätte?
Fragen über Fragen.

 

Bekenne mich zumindest potentiell schuldig - würden die mir nämlich Geld dafür zahlen, wäre ich bereit noch viel mehr über Equipment zu diskutieren.

 

So sehe ich das auch.

Meiner Ansicht nach sind viele dieser Diskussionen müßig - wie schon @ppue zutreffend sagte, MACHT das Equipment zwar irgendetwas, aber meiner Ansicht nach nicht bei jedem exakt dasselbe.
Ich gebe Peter weiterhin damit Recht, dass diese Diskussionen sicherlich "aus dem Volk" kommen und nicht von Interessensgruppen inszeniert sind; ABER die Marketing-Abteilungen bekommen sie natürlich mit und nutzen sie gerne für ihre Zwecke aus.

Bei der Marke, für die ich als Werbebotschafter tätig bin, gab es auch öfter mal den Versuch, so etwas wie "Kupfer klingt weicher, Neusilber härter" usw. in die Werbung einfließen zu lassen, schon weil das der Hersteller selbst so behauptet. Ich bin jedoch in den letzten Jahren von solchen Behauptungen abgekommen, weil sie nach meiner Beobachtung an mir und meinen Schülern einfach nicht stimmen.
Wir hatten deshalb schon interne Diskussionen - ich bin nun mal gelegentlich ein sehr eigensinniger Werbebotschafter, der die Kunden nicht gerne für dumm verkauft, und für die hochpreisigen japanischen Mundstücke, die sie exklusiv vertreiben, stand ich dementsprechend nicht zur Verfügung, denn das Preis-Leistungs-Verhältnis hat mich nicht überzeugt.

Nein, gerade nicht, weil es ja nicht aufs Equipment ankommt, sondern darauf, was der Spieler selbst macht.
Wenn ich zum Beispiel ein etwas zu hartes Blatt erwischt hatte, entsprechend mit viel Kraft spielen musste und dabei entdeckte, dass ich nun ein wenig mehr in Richtung Stan Getz oder Lester Young klang, dann wusste ich etwas besser, wie man diesen Sound eventuell erreichen könnte. Wenn es mich interessiert hat (wie in den erwähnten Fällen), dann habe ich so weitergemacht, bis es meiner Idee von dem Sound dieser Musiker ausreichend ähnlich war.

Und der geehrte vielzitierte Kollege @ppue hat zu Recht darauf hingewiesen, dass das, was wir allgemein mit "Sound" benennen, eigentlich aus einer Vielzahl kleinerer Einzelaspekte besteht, wozu natürlich die individuelle Phrasierung, Akzentuierung, Artikulation, Rhythmik usw. gehören, nicht zu vergessen typische Melodik und Stilmittel bei den improvisierenden Jazzern.
All dies kann man sich abkucken und nachahmen, alles das gehört ein wenig zu "klingt wie der-und-der".

Es gab und gibt doch diese Promi-Imitatoren unter den TV-Entertainern, die ein wenig ihre Körperhaltung und den Tonfall verändern, und plötzlich meint man, einen anderen vor sich zu sehen, obwohl sich die Physiognomie des Schauspielers nicht verändert hat. Er hat einfach die charakteristischsten Auffälligkeiten analysiert und kopiert, das genügt dem Gehirn völlig, um ein Gefühl des Wiedererkennens hervorzurufen.


Schöne Grüße,
Rick

 

Ich meinte auch nicht explizit hier im Forum. Wobei die Leute hier im Forum natürlich auch von außerhalb beeinflußt sind. Oder meinst du Saxophonist A wacht morgens auf und überlegt sich:" ach, eigentlich könnte ich ja mal das Mundstück xyz ausprobieren." Kann sein. Kann aber auch sein, er kauft es sich weil sein Superheld das Teil auch spielt. Und kann es nicht vielleicht auch sein, dass der Superheld das Teil nur benutzt weil er einen Endorsement Vertrag mit einer Firma unterschrieben hat?


@Rick
Ja, sorry. Hätte nicht geglaubt, dass es erstrebenswert ist, dass die Leute sagen:"... hör mal, der klingt wie der-und-der". Gut, wenn man in 'ner Cover-Band spielt ist das vielleicht was anderes. Aber ich glaube nicht, dass es Inovationen im Jazz Bereich gegeben hätte wenn man seinerzeit auch so gedacht hätte..

 

Nochmal, fast alle unsere liebgewordenen Saxgrößen haben erst auch imitiert um dann zu inovieren, den eigenen Stil zu finden.

(@Juju hat es auch mehrfach erwähnt.)

Ist übrigens ist es in der bildenden Kunst auch so....

Selbst in der Wirtschaft...


CzG

Dreas

 

Achso, Charlie Parker hat auf dem Alt den Sound von Lester Youngs Tenor imitiert. Ok.

 

Kann jetzt nicht nachvollziehen wo ich von "versteckten Inszenierungen" geschrieben habe.
Aber ist ja auch egal.
Versucht ihr weiter den Sound eurer Heros zu imitieren und seid frustriert wenn es nicht klappt und ich verstehe es weiter nicht. So ist eben jeder Jeck anders.