TV TIPP: The Devil's Horn, am 16.Dez. 23Uhr auf ARTE

Dieses Thema im Forum "Eigene (musikrelevante) Themen" wurde erstellt von Wuffy, 10.Dezember.2018.

  1. ppue

    ppue Mod Experte

    Ich bewerte immer gerne und finde, dass das eine Aufgabe des Publikums ist. Danke an @altoSaxo für die klare und sachliche Analyse des Filmes.

    Das Herzstück der Dokumentation sind heute noch lebende Personen, die in verschiedensten Situation Saxophon spielen.

    Der eine macht Kunst,
    der andere Straßenmusik,
    einer ist professioneller Jazzsaxophonist,
    einer ein Entertainer in einer uns recht fremden Kultur und
    einer, der das Saxophon im spirituell, religiösem Umfeld einsetzt.

    Die Aufzählung macht deutlich, worum es den Filmemachern geht. Hier stehen nicht die altbekannten Stars des Instruments auf der Bühne, sondern verschiedene Musiker, die das Instrument aus verschiedenen Gründen zu ganz verschiedenen Anlässen gebrauchen. Es sind nicht die Musiker, die sich mit dem Instrument den großen Namen gemacht haben, sondern Leute aus dem Volk. Dem einen geht es besser, dem anderen schlechter. Kaum einer von Ihnen kann vom Spielen leben.

    Das ist der Kern des Films. Dass er darüber hinaus noch historische Fakten anschneidet, z.B. vom außergewöhnlichen Leben des Adolph Sax berichtet, macht die Sache abwechslungsreich und informativ.

    Das alles macht für mich einen außergewöhnlichen Film aus, der das Instrument aus einem völlig anderen Blickwinkel betrachtet, als man es vielleicht hätte erwarten können.

    Der Titel des Films ist allerdings völlig daneben, da stimme ich den meisten hier zu.
     
  2. saxhornet

    saxhornet Experte

    Woher soll ich das denn wissen? Vielleicht weiss es Google oder Facebook.
    Das Buch ist nicht so unbekannt und die die das Buch kennen sind enttäuscht, mit Sicherheit.
     
  3. TobiS

    TobiS Ist fast schon zuhause hier

    Ist der Gedanke so abwegig?
    Allein dieser Thread sagt das Gegenteil...

    Danke @saxhornet , beim dritten Mal hab‘s dann auch ich gecheckt
     
    saxhornet gefällt das.
  4. Gelöschtes Mitglied 5328

    Gelöschtes Mitglied 5328 Guest

    @altoSaxo

    Zunächst. Ob die Doku gefällt oder nicht ist ein ganz persönliches Ding. Kann schließlich jeder halten wie er mag.

    Ich finde den Film, Dokumentation würde ich ihn nicht nennen, auch wenn er als solche bezeichnet wird,
    (m.E. schon ein Fehler...“Dokudrama“ trifft es besser) als Mißlungen, weil er den eigenen Ansprüchen nicht gerecht wird.

    Schauen wir uns die Ankündigung der Produktionsfirma an (der Pressetext wurde so auch von ARTE übernommen, unreflektiert):

    THE DEVIL‘S HORN

    „Von der Werkstatt des exzentrischen Erfinders Adolphe Sax bis zur legendären Ära des Jazz und Bebop: Der Dokumentarfilm erzählt die Geschichte des Saxophons, das wegen seiner Verführungskraft von Nazis und Kommunisten verboten und vom Papst mit einem Bann belegt wurde. In den 50er Jahren kam das Saxophon selbst in der Traumfabrik Hollywood wegen seiner offensichtlichen Sexualität auf die schwarze Liste.“

    Der Dokumentarfilm möchte die Geschichte des Saxophons erzählen.Tut er aber nicht.. Die Geschichte ist nichtmal erkennbar, da Randerscheinungen zum zentralen Thema gemacht werden.

    Er möchte den Bogen vom Erfinder zur legendären Ära des Jazz und Bebop schlagen. Tut er auch nicht wirklich. Es wird nicht dargestellt wie der Jazz dieses neue Instrument vereinnahmte und das Sax den Jazz geprägt hat. Auch hört die Geschichte des Sax nicht beim Bebop auf. Kaum Informationen wie vielfältig das Sax danach eingesetzt wird.

    Zur Geschichte des Sax gehört auch, wie es nach Adolph Sax mit dem Produkt weitergeht. Null Information.

    Auf Grund seiner „Verführungskraft“ (wie erklärt die sich? Was ist beim Sax so anders als bei anderen Instrumenten?) wird es bei Nazis und Kommunisten verboten und vom Pabst (welchem?) mit einem Bann belegt. Wie sah der Bann aus? Wie ist die katholische Kirche damit umgegangen? Welche Dokumente, Zeitzeugen gibt es zur Erläuterung? Obwohl in der Ankündigung ein zentrales Thema, wird darauf gar nicht weiter eingegangen.

    Was ist die „Sexualität“ des Saxophons? Wird nicht erläutert. Wer hat es wann mit welchem konkreten Hintergrund in Hollywood auf welche schwarze Liste gesetzt? Wird nicht erläutert.

    Zudem oberflächlich, der Film verliert sich in vier willkürlich ausgesuchten Protagonisten und das wird dann auch noch reichlich redundant ausgewalzt. Sicher Jimmy Heath war interessant, der Altjazzer eine nette Anekdote. Priester und Exilbulgare haben mit der Geschichte des Sax nur am Rande zu tun. Ja, freier Umgang mit dem Instrument....der Typ mit der Zirkularatmung....da wäre Brötzmann viel aussagekräftiger gewesen.

    Und warum das Sax das Image des „Devil‘s Horn“ hat, bleibt der Film komplett schuldig.

    Im Grunde: „Thema verfehlt, fünf, setzen.“

    Hätte es geheißen „Exotische Geschichten rund um‘s Saxophon“ wäre das ehrlicher gewesen, hätte den Film aber auch nicht besser gemacht.

    CzG

    Dreas

    Ach ja, und Heroin ist nun wirklich nicht ursächlich mit dem Sax verbunden. Das betraf alle Musiker in der Zeit...
     
    Zuletzt von einem Moderator bearbeitet: 19.Dezember.2018
    TobiS, antonio, derhagi und 2 anderen gefällt das.
  5. altoSaxo

    altoSaxo Strebt nach Höherem

    @Dreas

    Vielen Dank für deine detaillierten Ausführungen. Mir erscheinen sie recht hart - da bleiben unsere Meinungen unterschiedlich-, aber ich kann die Sichtweise gut nachvollziehen. Das hast du auch mir als Laien sehr gut erklärt.:)
    Wo du auf den Zusammenhang der Ankündigung mit dem Film abstellst: dabei sollte ich vielleicht anmerken, dass ich die Beschreibung auf Arte erst gelesen hatte, nachdem ich den Film geschaut habe und daher keine entsprechende Erwartungshaltung hatte. Dass der Titel verfehlt ist, wie auch weiter oben schon geäußert wurde, dem schließe ich mich uneingeschränkt an.

    Ansonsten hat mir jedoch auch die Analyse von @ppue sehr gut gefallen, die ich sehr treffend fand. :thumbsup:
     
  6. Roland

    Roland Strebt nach Höherem

    Moin!

    Mir sind schon die ersten Sätze, die fielen, aufgestoßen. Wattn Quatsch.

    Abschließende Beurteilung: Gefiel mir der Film? Hm. Würde ich ihn nochmal schauen wollen? Definitiv nicht. Also hat er mir nicht gefallen. Zuviel Geschwurbel, Wiederholung (nein, nochmal der Prediger *) mit dem gruseligen Sound! Der Freejazzer war wenigstens interessant, wenn er spielte!), Binsen-, Halb- bis Viertelwahrheiten und "Opa erzählt vom Krieg". Ab und zu ein anrührender Momement. Könnte man aber in jeder Seniorenresidenz haben. Im Film ist natürlich bequemer.

    Disclaimer:
    Das ist meine ultimativ subjektive Meinung. Ich nehme nicht an, dass mir irgendeiner zutimmt, auch wenn er nix dazu schreibt.

    Grüße
    Roland

    *)
    [Prediger] Oh Lord! Mir ist die Kappe vom Mundstück heruntergefallen! Nach unten! Da wusste ich, das kann nur der Herr selbst gewesen sein, er wollte mir ein Zeichen geben! Seit dem tu ich die Kappe aufs Mundstück, wenn ich das Instrument im Koffer verstaue.
    [Gemeinde] Yeaaahhhh!Praise the Lord! *inohnmachtfall*
     
  7. saxfax

    saxfax Strebt nach Höherem

    Erstaunlich, welche (fast schon emotionale) Debatte dieser Film auslöst :confused: Dabei erzählt der Autor nur gut fünf zum Teil berührende Geschichten von Saxophonisten, die ich zum Teil sehr interessant fand. Klar gibt es Langatmigkeiten und dramaturgische Mängel, aber ich glaube nicht, dass das Konzept eine wissenschaftliche Dokumentation vorsah, es geht eher um individuelle Erfahrungen und Gefühle, die einzelne damit verbinden:

    Sicher fehlt da viel, nicht nur Saxophonistinnen, auch viele andere Aspekte, z.B. die zahlreichen hier vertretenen Späteinsteiger. Das letztere meine ich nicht ironisch, denn der Reiz für Späteinsteiger gehört wie vieles andere auch zum großen Saxophonuniversum dazu. Diese ungeheure Vielseitigkeit macht für mich auch einen großen Teil des Reizes am Saxophonspiel aus. Was einzelne daraus machen, muss ich ja nicht gut finden.

    Den Titel des Films fand ich auch eher abschreckend, das gleichnamige Buch kenne ich nicht. Aber ich kann mich noch erinnern, welchen Ruf das Saxophon in meiner Schulzeit hatte. Auch das berüchtigte "Entartete Musik"-Plakat kommt nicht von ungefähr, das wurde von der Propaganda sehr bewusst inszeniert.
     
    Bereckis, altoSaxo und ppue gefällt das.
  8. danziger

    danziger Schaut öfter mal vorbei

    Dem schließe ich mich gerne an.
    --
    Habe den Film gerne geschaut. Fand ihn assoziativ, überzogen, stereotypisch, bescheuert, komisch, tief und flach, lehrreich und deswegen unterhaltsam. Dass der bei Saxophonfreunden auf so starke Kritik stößt, ist interessant. Im Grunde hat er damit alles erreicht, Diskussion und Bechäftigung mit dem Thema.

    Die Prämisse, dass das Saxophon ein Instrument des Teufels ist, sorgt für den Zentralkonflikt und die als short cuts drumherum erzählten Geschichten haben alle ihre eigenen Konflikte. So macht man Filme. Die Stories der einzelnen Leute, die im Grunde nichts anderes als Einblicke in besondere Gesellschaftsecken sind, machen den Film auf für ein großes Publikum interessant.

    Man lernt allerhand über NYC, z.B. übers alt werden in dieser Stadt. Man erlebt den Weg vom drogensüchtigen PITA Jazzer zum middle class citizen in mixed race marriage oder den Absturz in ein Wohnheim am Ende von Queens ohne Sax, weil man angeschossen wurde. Aber zum Glück gibt es ja den jungen Kerl, der ein Alt aus seinem Shop am Tomkin Park besorgt. Man lernt was über Bulgariens Roma und die Zeiten des eisernen Vorhangs als die kommunistische Polizei den Musikern ihre Autos weg nahm. Man muss sich mit dem nervigen, wiedergeborenen Pastor auseinander setzten und dem Weh in einem verlorenen amerikanischen Trump-Town zu leben, wo von Kuppeln auf häßlichen Gebäuden geträumt wird. Auch einen hochkompetenten Experten gibt es. Das ist der franzöischer Mundstückmacher mit großem engl. Wortschatz, der sehr wahre Dinge sagt. Überhaupt sind in dem Film viele Wahrheiten übers Saxophoinspielen drin. Besonders beeindruckend ist der Basssaxophonist. Da kommen auch sehr körperliche Dinge wie Zirkularatmung, Ausdauertraining usw.., vor.

    Die Geschichten über Adolphe Sax sind Stories vom Lagerfeuer und geben mit Ironie und übertriebenen Assoziationen dem Film ein allegorischen, unernsten Touch, den Musik im besten Sinne ja auch in sich trägt.

    Bei mir bekommt er 4.5 von 5 Sternen.
     
    saxfax, Bereckis und altoSaxo gefällt das.
  9. Gelöschtes Mitglied 5328

    Gelöschtes Mitglied 5328 Guest

    @danziger

    So nimmt ihn halt jeder anders wahr.

    CzG

    Dreas
     
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