Musikalität - angeboren oder erlernt?

Dieses Thema im Forum "Workshops / Meetings / Konzerte" wurde erstellt von pth, 13.Februar.2020.

  1. pth

    pth Ist fast schon zuhause hier

    Kann man Musikalität in einem WS erlernen bzw. vermitteln?

    Welche Erfahrung habt Ihr gemacht?

    Was bedeutet Euch Musikalität?

    Wie empfindet ihr Musikalität?

    Schaut / HÖRT Euch einmal dieses Video einmal an:

     
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  2. Otfried

    Otfried Gehört zum Inventar

    @pth
    Um deine Frage zu beantworten müsste ich etwas nachdenken, da habe ich mir noch nie viele Gedanken drüber gemacht.

    Jetzt frage ich mich allerdings, warum du uns das Video empfohlen hast. Stellt das für dich ein besonderes Beispiel an Musikalität dar ? ist diese erworben oder angeboren ?

    Gruß,
    Otfried
     
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  3. djings

    djings Strebt nach Höherem

    danke für deine fragen. bisher hatte ich mir noch keine gedanken darüber gemacht. man müsste zuerst klarstellen, wie sich musikalität äußert. bei mir war es einfach interesse, nachdem mir eine freundin in meinen dreißigern noten und blockflöte beibrachte. seither lerne ich ein instrument nach dem andern. was nicht heißt, dass ich eins davon sehr gut beherrsche... ich spiele eh die meisten nur für mich. bis auf blockflöte und akkordeon - da bin ich in entsprechenden gruppen.
    meine kinder baten früher, kein schlaflied zu singen. heute singe ich in zwei chören und bin dort gern gesehen und gehört. was zeigt, dass stete übung doch zu einem gewissen level führt, auch wenn eigentlich kein talent zu konstatieren war :)
     
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  4. Sandsax

    Sandsax Gehört zum Inventar

    Die jahrhundertealte Anlage- vs. Umwelt- Debatte, Unterpunkt Musikalität, werden auch wir hier nicht auf Stammtischniveau klären können.

    Aber vielleicht gibt es ja ein paar nette Anekdoten zu dem Thema. :geek:
     
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  5. Roland

    Roland Strebt nach Höherem

    Moin!

    "...
    Musikalität ist, was ein Musikalitätstest misst
    ...
    Da es keine wissenschaftlich gerechtfertigte Definition der Musikalität gibt, scheint der informelle Ansatz hier der einzige Ausweg zu sein. Es sei nun hier folgender Definitionsversuch gestattet:
    Musikalisch ist, wer durch Musik emotional beeindruckt wird und / oder selbst einen derartigen Eindruck erzeugen kann. Dabei ist es unerheblich, ob dies durch Interpretation eines Werks geschieht oder durch schöpferische Aktivität im Sinne der Komposition.
    ..."
    http://studium.claimaster.de/musik/musentw.pdf

    Grüße
    Roland
     
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  6. scenarnick

    scenarnick Administrator

    Wo wir schon auf
    sind ;) (und ich meine damit, genau wie wohl auch @Sandsax , dass uns die wissenschaftlichen Grundlagen fehlen) frage ich mich, warum man den Begriff "Musikalität" verwendet, aber vergleichbare Begriffe fehlen wie "Mathematizität" oder "Biologität"

    Allerdings gefällt mir die Definition, die @Roland vorschlägt sehr gut:
    Technische Fertigkeiten kann man erlernen, die Emotionalität dahinter und das wirkliche Durchdringen der Materie, so dass man einen eigenen Stil entwickelt und es (in Grenzen) zu einer Art Meisterschaft bringt ist nicht erlernbar - meiner Meinung nach. Genau diese emotionale Durchdringung der Materie empfinde ich beim Anschauen des von @pth vorgestellten Videos. Das hat nichts mit reiner Technik zu tun.
     
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  7. Roland

    Roland Strebt nach Höherem

    Ich bin da immer hin- und hergerissen.

    Einerseits bekomme ich auf verschiedenen Ebenen mit, wie Leute Musik machen, was ihnen gelingt und was nicht, was ihnen Schwierigkeiten bereitet. Und was der eine aus dem Ärmel schüttlet und der andere auch nach Einsatz von viel Ressourcen nicht.

    Andererseits mus ich immer an das Buch "Outsiders: Studies in Sociology of Deviance" von Becker denken. Der Mensch definiert gerne Gruppen, da gibt es "wir" und "die". Und der Mensch mag halt, wenn klar ist, zu welcher Gruppe man gehört, man will sich abgrenzen. Man soll nicht einfach die Gruppe wechslen können. Beispiel: "Den Blues hat man einfach, Mann. Den kannse nich lernen. Entweder, Du hast ihn, oder Du hast ihn nicht."

    Und ich bin mir nicht sicher, ob das bei "Musikalität" auch so ist: Etwas, was erlernbar ist. Oder etwas, was nicht erlernbar ist, weil es nicht erlernbar sein darf, vom Gefühl her. Keine Ahnung.

    Grüße
    Roland
     
  8. Wanze

    Wanze Strebt nach Höherem

    Bevor man das diskutiert, sollte man klären was verstehen wir überhaupt unter 'Musikalität':

    - Rhythmische Sicherheit?
    - Die Fähigkeit Melodien nach Gehör nachspielen zu können?
    - Musikalischer 'Ausdruck'?
    - Erfindungsgabe bei der Impro?
    - Die Hartnäckigkeit, schwere Stellen zu üben?

    Ein Gemisch von allem? und ist dann die Frage, ob alles angeboren ist oder alles erlernt?
    Und wenn es angeboren ist: Ist dann ein Musiker, dem die 'westliche' Musikalität angeboren ist, bei anderen Richtungen unmusikalisch?





    Grüße,

    Wanze
     
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  9. Saxfreundin

    Saxfreundin Strebt nach Höherem

    In dem Video sind für mich allesamt Meistermusikanten vertreten!

    Ich bin überzeugt, ALLE Spitzenmusiker sind mit großem musikalischem Gespür auf die Welt gekommen und haben entsprechend viel getan (geübt), um so weit zu kommen.


    „Musikalität“ zeigt sich u.a. im (korrekten) Hören und (korrekten) Nachsingen und -spielen-Können.

    Kann man das lernen? Ich sage: ja!
    Es ist nur eine Frage der Zeit.

    Ich geb mal ein Beispiel aus unserem Freizeitchor:

    Ein Sänger kam mit Anfang 50 dazu, der noch nie in seinem Leben gesungen hatte (obwohl er beruflich ein Künstler, nämlich Puppenspieler, war). Anfangs kriegte er keinen geraden Ton heraus, konnte sich Melodiefolgen nicht merken oder auf dem Piano vorgegebene Töne nicht nachsingen. Doch steter Tropfen höhlt den Stein und nach jahrelangem Üben hat er sogar Solo-Stücke gesungen.

    Der Unterschied zu Naturbegabten ist einfach, dass die weniger Musikalischen VIEL länger brauchen, um etwas Musikalisches zu erfassen und zu reproduzieren.

    Könnte man das in einem Workshop lernen?
    Ich denke schon, nur, wenn man einsteigt wie unser Puppenspieler, wird 1 Workshop nicht reichen ;)


    Generell sehe ich viele unterschiedliche Aspekte, was „Musikalität“ oder „musikalische Begabung“ angeht.

    Zu mir hat man zeitlebens gesagt, dass ich „musikalisch“ bin. Das kann aber viel bedeuten.

    Selber würde ich mich als „Melodiker“ bezeichnen, das bedeutet, ich denke und fühle „in Melodien“, vornehmlich gesungenen und nachsing- und -spielbaren.

    Dagegen bin ich kein besonderer Rhythmus-Crack. Marschmusik („gerader Rhythmus“) geht gut, damit bin ich aufgewachsen. Viele saxrelevante Rhythmen fallen mir aber nicht gleich zu. Wenngleich sich das Feeling durch das Spielen in der Band (und das Hören auf Bass und Drums) erheblich verbessert hat.

    Darf man mich dann überhaupt „musikalisch“ nennen? ;)


    Zurück zum Ausgangsposting:

    Ich bin generell überzeugt davon, dass die allermeisten Menschen Musikalität erlernen bzw. trainieren können.

    (Wie immer man „Musikalität“ eigentlich definieren mag.)
     
    Zuletzt bearbeitet: 13.Februar.2020
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  10. Sandsax

    Sandsax Gehört zum Inventar

    Ich finde, dass gerade „Korrektheit“ und „Perfektion“ nicht zwingend Bestandteil von Musikalität sein müssen.

    Dafür ist besonders der auch nach meinem Gefühl sehr musikalische Charles Lloyd ein gutes Beispiel.
    Intonation ist in in seinem Spiel häufig Glückssache, ohne dass das der Musikalität Abbruch täte. :-?
     
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  11. scenarnick

    scenarnick Administrator

    Um auf die Ursprungsfrage zurückzugehen, greife ich mal den Gedanken von @Saxfreundin auf.

    EIN Workshop ist sicherlich nicht genug, um "Musikalität" zu lernen, egal wie man es definiert. Allerdings richten sich die meisten Workshops darauf aus, bestimmte Techniken zu vertiefen / erlernen. Es wäre bestimmt nicht falsch, einen Workshop zu skizzieren, der sich mit dem Thema Musikalität an sich befasst und dessen Ziel es ist, über den Tellerrand der Technik hinauszublicken. Es gibt im Musikstudium zwar Kurse zu "Interpretation", die aber meist darauf ausgerichtet sind zu verstehen, was zu Zeiten eines bestimmten Komponisten "modern" war und das nachzubilden. Warum nicht mal einen Workshop, der den emotionalen Bereich anspricht?

    An anderer Stelle (im Bücher Thread) hab ich mal "The perfect wrong note" in den Ring geworfen als Lesetipp. Dort wird genau das skizziert unter dem Titel "the Un-Master Class". Von der technischen Perfektion befreien und experimentieren. So in die Richtung könnte ich mir das vorstellen. Hab ich bislang noch nicht in D gefunden.
     
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  12. noodles

    noodles Ist fast schon zuhause hier

    Es gibt natürlich immer Menschen, die in bestimmten Dingen mehr oder weniger begabt sind. Außer Zweifel steht aber der Umstand, dass auch die sehr begabten Menschen Musik von Grund auf lernen müssen, so wie jeder andere auch. Es fällt niemandem etwas in den Schoß, das ist das Schöne an Musik.

    Selbstverständlich kann man Musikalität erlernen. Beim Üben kommen die Begabungen sogar am meisten zum Tragen: In der Struktur, dem Aufbau und der Effizienz des Lernprozesses, da geht es bei den einen schneller, bei anderen langsamer voran und der Fleiß ist selbstverständlich ein weiterer Faktor.
    Man muss keinen Lehrer haben oder Workshops besuchen, es geht auch autodidaktisch, ein (guter) Lehrer hilft aber ungemein in Methodik, Didaktik, Technik und Musikalität, er fördert und beschleunigt den Prozess durch das Erkennen von Fehlern.
    Musikalität selbst bedeutet für mich die Fähigkeit, Musik im Kopf, also mit seiner Vorstellungskraft, wirkungsvoll zu gestalten. Das einzige was dann zum aktiven Musizieren noch fehlt ist das technische Beherrschen eines Instruments gleich welcher Art, um diese Vorstellungskraft akustisch auszudrücken.
     
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  13. Viper

    Viper Ist fast schon zuhause hier

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  14. Badener

    Badener Strebt nach Höherem

    Die Beobachtungen bei den Workshops mit @peterwespi ergaben, dass es sehr viele "Melodiker" zu geben scheint, während mehrere mit dem Rhythmus zu kämpfen haben.
    Er hat auch vermittelt, dass rhythmische mehr Arbeit und Übung braucht., (was viele nicht leisten wollen). Bei Impros gab es viele melodische Sofortleistungen, die mir die Frage nahelegen, ob es weniger gute Rhythmiker als Melodiker gibt.
    Können etwa Mitteleuropäer eher "gerade Marschmusik" als karibische Rhythmen? Die "musikalischen Umwelteinflüsse" spielen wohl eine Rolle.
    In Nr. 8 hat @Wanze Kriterien zur Frage, was Musikalität bedeutet, aufgestellt. Da würde ich die musikalische "Umwelt" , in die wir geboren oder in der wir aufgewachsen sind, dazu nehmen.
     
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  15. Longtone

    Longtone Ist fast schon zuhause hier

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  16. Jacqueline

    Jacqueline Strebt nach Höherem

    Eine persönliche Anekdote:

    Mein Freund lernt kein Instrument und hat nie eins gelernt und er kann eine Melodie sofort mit richtiger Tonhöhe und im richtigen Rhythmus nachpfeifen.
    Das macht er aber auch ständig. Es wird immer mitgepfiffen.
    Wenn ich aus meiner Kabine komme, dann pfeift er meine Etüden noch 5 Minuten nach.

    Wenn ich mal "singe", dann sagt er mir: zu hoch, zu tief....falsch :D

    Nach 3 Jahren hat er selbst festgestellt, dass ich nicht mehr so schief singe.
    Und dass ich mich beim Singen selber korrigiere.

    Habe jetzt mit Intervallen angefangen und er konnte auf Anhieb bestimmte Intervalle unterscheiden, was ich mir erst erarbeiten musste.

    Er lernt aber kein Instrument, also es kommt drauf an was man daraus macht.

    Er könnte, wenn er denn wollen würde.
    Schade, so ne Gitarre oder ein Klavier wär schon praktisch.
     
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  17. saxfax

    saxfax Strebt nach Höherem

    Wo es es das heute gibt, weiß ich nicht, vielleicht hat der TE @pth einen Tip?

    Meine erste Begegnung mit freiem Experimentieren war in den 1970ern bei einem Seminar "Kreative Musik" (oder so ähnlich). Als Dozenten waren dort Paul und Limpe Fuchs, die damals mit dem Projekt "Anima" unterwegs waren, zum Teil zusammen mit Friedrich Gulda und Albert Mangelsdorff. Das hatte mit klassischem Musikunterricht nichts mehr zu tun, es ging nicht mehr um richtige Töne oder gar technische Perfektion. Aber, "spielt mal drauflos" führt gerne mal zu unstrukturiertem Lärm, die lautesten und ausdauernsten setzen sich durch. Nein - das war nicht das Ziel. Wichtig waren vielmehr das Aufeinander hören, das gemeinsame Entwickeln von Musik einschließlich der dazugehören Pausen. Limpe Fuchs spielt übrigend immer noch, zB am 30.04.2020, 20:00 Uhr in Wiesbaden, Kunstverein Walkmühle, Duo mit Michael Ross, Querflöte: http://www.limpefuchs.de/

    An der hiesigen Musikschule gab es auch schon ähnliche Ansätze ("Tasten ertasten"). Ich denke, bei etwas Recherche wird sich genug finden. Es muß nicht gleich die "Intuitive Musik" von Makrus Stockhausen sein - da spielt technische Perfektion sehr wohl eine Rolle.
     
  18. Saxfreundin

    Saxfreundin Strebt nach Höherem


    Mit "korrekt" meinte ich nicht "gerade Noten" oder "Intonation", auch nicht Perfektion, sondern das korrekte (im Sinne von authentische) Erfassen und Reproduzieren der stiltypischen Musik (jeglicher Weltregion).

    Selber war ich 7 Jahre in einem indischen Musikinstitut aktiv (Gesang und Sitar). Auch in der klassisch-indischen Musik geht es um "korrekte" Musikreproduktion, wenn auch nicht im Sinne von "gerade" ;)
    .
     
    Zuletzt bearbeitet: 13.Februar.2020
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  19. Roland

    Roland Strebt nach Höherem

    Das hier?
    https://www.amazon.de/Perfect-Wrong-Note-Learning-Musical/dp/1574670832

    Sowas in der Richtung haben wir im Musikunterricht in der Schule gemacht. Viele hatten da keine Lust zu, aber ich hatte immer Spaß daran. :)

    Grüße
    Roland
     
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  20. Saxfreundin

    Saxfreundin Strebt nach Höherem

    Ach, was ich vergaß:

    Was ich bisher von ihm hörte, empfand ich nie "jenseits von Intonation" - ganz im Gegenteil.

    Er spielt für mich so, wie sich "ein Sax" anhören "sollte". Was aber wiederum Geschmacksache ist... :)
    .
     
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