Absolutes Gehör antrainieren

Dieses Thema im Forum "Eigene (musikrelevante) Themen" wurde erstellt von Gelöschtes Mitglied 13399, 15.Februar.2020.

  1. Florentin

    Florentin Strebt nach Höherem

    Ich spiele einen Ton, und Du sagst, welcher es ist.

    Wie Du das machst, weiß ja keiner.
     
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  2. Gelöschtes Mitglied 13399

    Gelöschtes Mitglied 13399 Guest


    Mein Klavierlehrer kann das. Er hat als Kleinkind schon Klavier gespielt und kann sich ohne Referenzton ein mittleres C vorstellen. Inzwischen kann er von dort aus anhand der Konosnanz bzw. Dissonanz zum C ohne nachzudenken jeden Ton absolut bestimmen.
     
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  3. Jacqueline

    Jacqueline Strebt nach Höherem

    Das heißt du kannst die Melodie sofort auf dem Sax greifen ohne Try and Error?
    Nicht mit Ton-Suchen sondern auf Anhieb?
     
  4. djings

    djings Strebt nach Höherem

    Geht mir auch so. Ich denke, ich habe das absolute schlechte Gehör :)
     
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  5. altoSaxo

    altoSaxo Strebt nach Höherem

    Absolutes Gehör bedeutet, einen gehörten Ton sofort ohne Ableitung von einem Referenzton benennen zu können.

    Vorstellen kann man sich das so wie jemand Farben sofort benennen kann.

    Ich habe auch bestimmte Referenztöne, etwa die Töne am Rande des Stimmumfangs und kann daher bis auf einen halbton genau jeden Ton bestimmen oder nachsingen. Das hat aber genau so wenig mit dem absoluten Gehör zu tun wie die Fähigkeit, eine vorgestellte oder gehörte Melodie, ggfs. nachdem man den richtigen Anfangston gefunden hat, nachspielen zu können. Das ist alles mit relativen Gehör möglich.
     
  6. mato

    mato Strebt nach Höherem

    Ich weiß, wie auf dem Tenor mein gegriffenes D klingt. Von da aus kann ich mich dann in Gedanken zu anderen Tönen hangeln und diese benennen. Ein absolutes Gehör habe ich deswegen nicht, aber eine Erinnerung an einen Ton, für den ich keine Referenz benötige. Das funktioniert nicht immer, aber wenn ich nicht abgelenkt bin doch ziemlich gut.

    Wenn ich eine gehörte Melodie mitsinge, treffe ich beim Einsteigen als geübter Sänger sofort den richtigen Ton. Das heißt, ich höre den Ton und stelle meine Kehlkopf entsprechend auf die richtige Position um ihn selbst auf der richtigen Tonhöhe zu singen. Warum sollte es unmöglich sein zu lernen, den Ton richtig zu benennen, wenn man doch das viel komplexere Nachsingen recht schnell lernt?
     
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  7. altoSaxo

    altoSaxo Strebt nach Höherem

    Neurologisch kann man es sich so vorstellen, dass das Gehirn eines Absoluthörers sich bestimmte Tonhöhen gemerkt hat, so als ob auf einem Maßband bestimmte Markierungen sind. Das Hörgedächtnis ist also irgendwie auf Tonhöhen geeicht. In frühen Jahren hat er dann gelernt, wie dieses Tonhöhen nach Tönen benannt werden. Und wie gesagt, so wie man eine eindeutige Farbe sofort benennen kann, kann ein Absoluthörer dieses Tonhöhen sofort benennen.

    Zum spontanen Mitsingen eines Tons: Ich stelle bei mir selbst fest, dass ich die Tonhöhe blitzschnell korrigiere, wenn ich den vorgestellten oder gehörten Ton nicht sofort treffe. Mein Gehirn versucht, den Stimmapparat so anzusteuern, dass ich den Ton gut treffe und das klappt bei einem geübten Sänger natürlich besser als bei einem ungeübten. Wenn ein Fahrrad neben dir herfährt, kannst du selbst auf dem Fahrrad die Geschwindigkeit so anpassen, dass du genau so schnell bist, aber weißt du ohne Tacho, ob du 14,5 oder 14,7 km fährst? Nachsingen oder genau so schnell zu fahren scheint komplex zu sein, aber nach hinreichend üben erscheint beides doch recht leicht abrufbar. Aber es kommt für die Tonhöhenbestimmung weniger darauf an, ob das komplex oder einfach ist, sondern mehr, ob im Gehirn dafür eine "Maßband" angelegt wurde und dieses Maßband lässt sich beim Erwachsenen in aller Regel nicht mehr zuverlässig erwerben, wenn es in der Kindheit nicht vorhanden war.

    Dazu sei gesagt, dass es auch bei Absoluthörern graduelle Unterschiede gibt. Manche können bei einem Klavier sagen, ob es auf 441 oder 442 Hz. gestimmt ist, bei anderen ist es ungenauer, so dass sie nur die Tonhöhe angeben können und bei wieder anderen ist die Fähigkeit nur partiell vorhanden.

    Interessant ist auch, dass sich die eingeprägte Tonhöhe im Alter verschieben kann, so dass ein Absoluthörer bei einem gut gestimmten Klavier die Stimmung oder einzelne Töne als schlecht gestimmt wahrnimmt..
     
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  8. Saxfreundin

    Saxfreundin Strebt nach Höherem

    Du meinst "das absolute Gehör" auf dem Sax?
    Neeee, hab ich ebensowenig wie beim Piano (bisher) ;)

    Das meinte @Juju vielleicht anders.
    Greifst Du "spontan korrekt" = "absolut" @Juju?


    Viel Erfahrung hab ich mit dem Gitarristen daheim:

    Der spielt einen Lick oder ein Arpeggio und ich höre als
    1. die Lage (ohne zu schauen)
    2. den vermuteten Startton (ohne Gewähr; weiß beim Fehler aber recht genau, wie weit ich entfernt bin)
    3. eine Linie, entlang derer die Noten "laufen" *)

    Ganz ohne Try and Error also nicht, doch geht ziemlich flott bei mir.

    Wobei ich bisher noch nicht auf die Idee gekommen war, das speziell zu traineren.
    Jetzt schon :sneaky:


    Berufsmusiker, davon gehe ich aus, können das treffsicher auf ihrem Instrument
    (jahrzehntelangem, täglichen Training und damit Beschäftigen sei Dank).

    Oder ist das etwa nicht so? Bitte outen :)


    *) Speziell zur "INNEREN Repräsentation" von Musik mache ich mal einen eigenen Thread auf.
     
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  9. Kersche

    Kersche Ist fast schon zuhause hier

    Absolutes Gehör hat erstmal doch nix mit einem Instrument zu tun, außer mit der Stimme. Ein Mensch muss nichts mit Musik zu tun haben, um es zu haben.
    Ich bin Musiklehrerin und hatte vor etwa 30 Jahren ein Kind in der 5. Klasse, dass das absolute Gehör hatte nach der Definition, wie ich es im Studium gelernt habe.
    Wir hatten ein Lied eingeübt. Mir fiel auf, dass sie dieses Lied öfters trällerte, ohne Instrumentalbegleitung. Sie traf immer perfekt die Tonhöhe, mit viel Zeit dazwischen. Sie hatte keine musikalische Vorbildung. das, so würde ich sagen, ist ein Zeichen für absolutes Gehör.
     
  10. sachsin

    sachsin Strebt nach Höherem

    @Kersche, Deine Info widerspricht sich doch nicht, was bisher zum absoluten Gehör hier im Thread verlinkt und gesagt wurde, - weil von Geburt an mitgegeben.
    Aber, falls Deine Schülerin Jahre später in ihrem Leben doch zu einem Instrument, z.B. Saxophon greifen sollte, wird ihr diese Gabe des absoluten Gehörs mit Gewißheit
    beim Musizieren bestimmt von Vorteil sein.

    Vielleicht hätte die Fragestellung des Threads eher heißen müssen "relatives Gehör antrainieren" ?

    :)
     
    Zuletzt bearbeitet: 17.Februar.2020
    bluefrog gefällt das.
  11. Kersche

    Kersche Ist fast schon zuhause hier

    @ Saxin

    Vielleicht hätte die Fragestellung des Threads eher heißen müssen "relatives Gehör antrainieren" ?

    Ich habe viele, aber nicht alle Posts gelesen. Vielleicht ist mir was entgangen.

    Relatives Gehör: ich bin 59 Jahre alt, hab die übliche Blockflötensozialisation und spiele incl Studium seit etwa 45 Jahren Trp und seit 7 Jahren etwa Saxophon.

    Ich kann auf diesen drei Instrumenten jedes Lied, das ich kenne, in 3-4 Tonarten aus dem Hut spielen. Ob das was mit Gehör zu tun hat... keine Ahnung. Es gibt aber im Musikverein viel bessere Spieler/Notisten als mich, die kriegen das nicht hin.

    Wenn es ans Stimmen der Instrumente geht, spüre ich, ob ein Instrument zu hoch oder zu tief ist. Ich würde das nicht „hören“ nennen.
    Aber in keinem Fall würde ich es absolutes Gehör nennen. Eher fast 55 Jahre Gewöhnung, Umgang, Praxis, ...
     
    Zuletzt bearbeitet: 17.Februar.2020
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  12. philipp_b

    philipp_b Ist fast schon zuhause hier

    In der Harmonielehre von Frank Sikora wird für die Fähigkeit, einen gesungenen Ton sofort am Instrumetn zu spielen der Begriff "Instant Touch" verwendet.
    Den find ich gut getroffen und in diesem Fall auch besser als absolutes Gehör.
     
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  13. ppue

    ppue Mod Experte

    Ist ja auch was anderes, außer es ginge um den ersten Ton, den einer hört. Danach greift das relative Gehör, wei eine Referenz da ist.
     
  14. JES

    JES Gehört zum Inventar

    EXAKT.

    Und so geht es mir auch. Wenn ich ein Stück nach Gehör spielen will, dann muß ich den ersten Ton irgendwie ausprobieren (naja, wo der in etwa liegt, höre ich schon). wenn ich den Ton habe, dann ist der Rest relativ dazu einfach. Den Klang von Intervallen habe ich verinnerlicht und kann vom erkannten Anfangston weiter. Das hat nur alles nichts mit absolutem Gehör zu tun und ist eine erlernbare Fähigkeit.
    Ich komme mit meiner Methode z.B. total ins Schleudern, wenn ein YT-Video aus irgend welchen Gründen 1/4 Tone daneben liegt. Für mich persönlich der beste Kopierschutz gegen Nachspielen :).

    Ach so, und bei mir geht Nachspielen auf Eb Instrumenten einfacher als auf Bb Instrumenten.Warum??
     
  15. Rick

    Rick Experte

    Ein Kollege von mir (in Georgien geborener Pianist) hat das absolute Gehör, aber angeblich nicht angeboren, sondern erlernt (spielt seit dem 4. Lebensjahr Klavier).
    Zum ersten Mal war ich damit konfrontiert, als wir auf der Fahrt zu einem Auftritt in meinem Auto eine Audiokassette hörten und er verdutzt fragte, wieso die das Stück denn einen halben Ton höher spielen würden (tatsächlich war das Kassettendeck bei der Überspielung von LP zu langsam gelaufen, deshalb wurde die Aufnahme nun schneller abgespielt).

    Legendär auch die Geschichte, als wir in den 1990ern vor einer Jam Session im Kino waren: Weil er gerade Beziehungsstress hatte, habe ich ihn in "Familie Feuerstein" geschleppt, um ihn auf andere Gedanken zu bringen. Im Abspann lief eine extra lange Version des Titelthemas "Meet The Flintstones", da fiel mir zum ersten Mal auf, dass es ein "Rhythm Changes" war, klassisch AABA, 32 Takte. Ich fragte ihn nach der Tonart, er meinte, Bb-Dur. Da kam mir die Idee, das Stück gleich auf der Session zu spielen, ich ließ mir von ihm die Töne diktieren, lernte sie auswendig, fertig. Die Nummer wurde dann zu unserem Dauerbrenner, hier eine Kostprobe aus dem Jahr 2011 (er ist der Keyboarder):



    Er war früher gelegentlich irritiert, wenn ich mich mal verspielte, eine Phrase nicht sofort nachspielen konnte oder so, bis wir auf das Thema "Absolutes Gehör" kamen und ich ihm sagte, dass ich es nicht habe. Da war er völlig erstaunt, er hatte vorher gedacht, das müssten alle Berufsmusiker haben, in der Sowjetunion sei das den jungen Musikschülern regelmäßig antrainiert worden.
    Jedenfalls war er nach meinem Eingeständnis etwas milder mit meinen Unzulänglichkeiten. :)
     
  16. noodles

    noodles Ist fast schon zuhause hier

    Eine durchzechte Nacht kann einem das "Gehör" dann mächtig durcheinanderbringen.
     
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  17. ppue

    ppue Mod Experte

    Ja, kenn ich gut. Wirkt wie das Quartventil an der Posaune (-:
     
    noodles gefällt das.
  18. noodles

    noodles Ist fast schon zuhause hier

    Man könnte dem Problem so begegnen, dass man pro Liter Bier einen halben Ton nach oben transponiert, Schnäpse zählen ebenfalls einen Halbton. Bei 6 Bier und 2 Schnäpsen kommt man dann auf eine Quarte und ist möglicherweise der Wahrheit nicht so fern.
    Gut, jetzt habe ich es auch verstanden: Das absolute Gehör ist tatsächlich erlernbar.
    Ich mach mich dann mal ran....
    Prost!
     
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  19. JES

    JES Gehört zum Inventar

    @Rick

    für mich ist das absolute Gehör eine Begabung, die man hat oder nicht. Erlernbar ist m. e. nur das relative Gehör und ev die Erinnerungen an Referenzen. So wie ich Vokabeln lernen kann, kann ich auch Töne lernen, oder, Bilder.
     
  20. Gelöschtes Mitglied 5328

    Gelöschtes Mitglied 5328 Guest

    Wie weiter oben schon in verlinkten Artikeln zu lesen war, geht man heute davon aus, dass das absolute Gehör bis zu einem Alter von 3 bis 4 Jahren auch erlernbar ist.

    CzG

    Dreas
     
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