geheimnisvolle Federkräfte

Dieses Thema im Forum "Reparatur und Instandhaltung" wurde erstellt von Otfried, 4.Mai.2020.

  1. Otfried

    Otfried Gehört zum Inventar

    Moin

    Im Laufe des letzten Jahres sind mir 3 sehr interessante, aber auch für mich richtig nervige Phänomene begegnet, die mit dem Threadtitel zu tun haben.
    Nervig deshalb, da sie letztendlich mühsam zu identifizieren waren, und mir zeitweise meine Altsaxophone ziemlich vermiest haben.
    Interessant aber vielleicht für diejenigen, die sich ab und zu selbst daran machen, ihr Instrument einzustellen, oder dies für andere tun.

    Aber der Reihe nach:
    1)
    Es fing damit an, dass bei meinem S1 Prestige die oberen Töne der rechten Hand, also F#1', F' und E' etwas matt klangen. Kein Problem dachte ich, typischerweise ist das die F#-Klappe, die von den drei Fingern der rechten Hand mitgenommen wird, und bei der die Deckung durch den Mitnehmer im Laufe der Zeit leicht mal abnimmt.
    Also erst mal selber geguckt, aber ich konnte nix feststellen. Also ab zum SaxDoc meines Vertrauens. Der schaute sich das Horn auch noch einmal gründlich an, machte hie und da eine Kleinigkeit, dann bekam ich es zurück.
    Resultat war Nada, Nichts, die Töne waren immer noch matt.
    Dann ging die Suche los, untere Aufgänge verändert, S-Bogen-Undichtigkeit gecheckt etc., alles ohne Erfolg.
    Schließlich sagte der Meister, Moment mal, ging mit dem Teil in die Werkstatt, kam zurück, und wow, alles gut, die kritischen Töne waren satt und voll. Natürlich gefragt, was hatte er gemacht ?

    Er hatte die Federspannung des F#-Trillers erhöht. Offenbar bekam diese (in meinen Augen eh völlig unnütze Klappe) ein wenig Druck ab und öffnete sich bei besagten Tönen ein klein wenig. Ich muss gestehen, ich machte große Augen.

    2)
    Nach der GÜ war mein S1 Messing wieder wunderbar, bis auf einen einzigen Ton. Das F#' war manchmal irgendwie verkorkst. Es sprach schlechter an, und klang alles andere als zufriedenstellend. Da es nur manchmal auftrat, wartete ich einige Zeit, bis das Horn eh nochmal nachgestellt werden musste/sollte (Ich weiß nicht, wie das bei Instrumenten ist, die man zur GÜ verschickt, meine müssen immer nach einiger Zeit nachjustiert werden).
    Der Geselle schaute sich das Teil an, fand hier und da noch eine kleine Undichtigkeit, und ich bekam es zurück.
    Zudem wurde wegen 1) auf meinen besonderen Wunsch hin noch die Federspannung des F#-Trillers erhöht.
    Weil gerade einige Leute im Laden waren, verzichtete ich auf einen Sofortcheck, dachte, wird schon alles dicht sein, aber Fehlanzeige.
    Zuhause angekommen schien erst alles ok, nach einigen Tagen, in denen ich mehr das Prestige spielte, aber wieder nur ein maues F#'.
    Ich brauchte etwas, um herauszufinden, dass es immer dann auftrat, wenn ich sehr laut spielte, und/oder ein schwer ansprechendes Blatt hatte. Diese nehme ich manchmal zum Üben, um sie nicht wegzuwerfen, und um meinen Ansatz zu trainieren.
    Also selbst nochmal geschaut, mit Papierstreifen, Licht, alles abgeklopft, nichts gefunden, das Horn war dicht.
    Irgendwann mal habe ich dann mehr per Zufall festgestellt, dass Hoch-F und Hoch-F# bei diesem Saxophon deutlich leichter zu betätigen war als bei dem Prestige.
    Zum Testen dann mal Hoch-F zugeklemmt (da geht das ja recht einfach) und uiih, das F#' war tatsächlich besser.
    Mit dieser Erkenntnis stand ich am nächsten Tag wieder bei meinem SaxDoc, und der schaute mich recht ungläubig an, ob meiner kruden Theorie, aber er verstärkte die entsprechende Federspannung und

    Voilà das war's. Danach war das S1 endlich (wieder) in einem absolut fantastischen Zustand :)

    3)
    Für mein Prestige habe ich mal einen S-Bogen des Buffet Crampon Senzo ergattert, Kupfer, versilbert. Den mag ich klanglich sehr gerne, denn er gibt dem schlanken und gegenüber dem S1 Messing etwas brillanteren Klang des Prestige noch einen Tick "Kernigkeit".
    Aber, tief-B (deutsch H) wollte gar nicht, und tief-Bb kam schlecht. Entweder überbliesen die Töne, oder, vor allem das B waberte, und war kaum kontrollierbar.
    Das war für mich natürlich extrem enttäuschend, schließlich habe ich mich mit meinem S1 jahrelang mit einem nicht gut ansprechenden tief-B rumgequält, bis das Problem auf einmal wie von Geisterhand verschwunden war.
    Ein Meister von Buffet/Keilwerth sagte mir mal, dass schlechte Ansprache immer eine Folge von Undichtigeiten sei, also ließ ich den S-Bogen noch einmal neu anpassen. Auf Grund der Hoch-F#-Aussparung am S-Bogen kann es beim Buffet Altsax durchaus schon mal zu Undichtigkeiten an der S-Bogen-Aufnahme kommen.
    Leider war das Resultat enttäuschend, die tiefen Töne kamen mal, mal nicht, sehr wenig verlässlich, und ich zweifelte schon an mir selbst, aber der Kupferbogen von Thorsten Gloger, den ich ja auch besitze zeigt dieses Phänomen gar nicht. Da kommen die tiefen Töne super gut. Also doch der S-Bogen, vielleicht die Form, aber warum nur diese beiden Töne ?
    Ich schaute mir die S-Bögen noch einmal genau an und stellte fest, dass die Federkraft der Oktavklappe beim Gloger-Bogen deutlich höher ist als beim Senzo-Bogen. Sollte etwa ... ?
    Kurzerhand bog ich die Feder beim Senzo-Bogen etwas nach unten, und
    Yippeah, sofort zeigte sich eine Verbesserung.

    Fazit:
    Die im Normalzustand per Federkraft geschlossenen Klappen können den seltsamsten Ärger bereiten und sind es immer Wert, mal kontrolliert zu werden.

    Gruß,
    Otfried
     
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  2. GelöschtesMitglied11073

    GelöschtesMitglied11073 Guest

    Ich hatte genau das auch schon bei einem Super Dynaction. Armin Weiß wußte auf telefonischer Beschreibung genau wodran es liegt und genau das wars auch eine zu lasche Feder die bei Blasdruck ein Klappe ganz leicht öffnet. das fiese ist wenn man nicht spielt und reinleuchtet ist ja alles dicht. Soll angeblich was bekanntes bei den Super Dynaction seindeswegen wußte er es auch gleich
     
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  3. ppue

    ppue Mod Experte

    Du spielst mitunter sehr laut und energetisch, @xcielo. Mag sein, dass der Schmusejazzspieler gar nicht in die Verdückung kommt.

    Danke für den Bericht. Wenn ich jemals wieder im trautem Heim bin, werde ich mein Tenor mal daraufhin untersuchen. Das blubbert auch gerne, obwohl ich alles dicht weiß.
     
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  4. ehopper1

    ehopper1 Strebt nach Höherem

    @xcielo Danke auch für den guten und ausführlichen Bericht.
    Hatte am Wochenende seit längerem wieder mein S1 Tenor in der Hand.
    Manche Töne dünkten mich auch etwas komisch.
    Wobei es daran liegen könnte, dass ich schon ein paar Wochen nicht mehr Tenorsax gespielt habe.
    Bin generell eher auf Alt und Sopran unterwegs.
    Ich werde mir das S1 aber jetzt doch näher anschauen.

    LG
    Mike
     
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  5. Otfried

    Otfried Gehört zum Inventar

    Zumindest Fall 3), also tief-B und S-Bogen OK waren auch bei leisem Spiel betroffen. Witzigerweise gingen nur die Subtones unproblematisch.

    Bei meinem Tenor hatte ich ähnliche Probleme noch nicht, aber vielleicht schaue ich da auch nur nicht genug hin ;-)

    Gruß,
    Otfried
     
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  6. djings

    djings Strebt nach Höherem

    @xcielo
    Danke auch für deinen Bericht.
    Im Grunde ist es halt wohl so, dass es die winzigsten Ursachen sein können, die den einen oder anderen Ton beeinträchtigen.
    Ich z. B. Berühre beim spielen manchmal Versehentlich eine palmkey Taste, weswegen Töne seltsam kommen. Bruno wollt sie mir gelegentlich abmontieren. Bisher brauchte ich sie nicht. Aber nun kriege ich den Ton klar hin...
    :)
     
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  7. ppue

    ppue Mod Experte

    Ja, Subtones sind ein guter Trick, wenn man ein blubberndes Saxophon spielen muss. Ich spiele so wenig Tenor, dass ich mich der Sache noch nie angenommen habe.
     
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  8. claptrane

    claptrane Strebt nach Höherem

    Vielen Dank für deinen interessanten Bericht.
    Ich hatte so ein ähnliches Problem auch schon mal . Mit einem Federhaken stellte ich auch alle Saxophone auf meine Bedürfnisse ein. Wenn sie neu sind, empfinde ich die Spannung immer als etwas hoch.
    Beim Bariton hatte ich dann auch erst nur manchmal das Problem, das die Ansprache nicht richtig gut ging. Irgendwann bemerkte ich, das das Problem immer dann auftrat, wenn ich mich stark nach vorn beugte. Ich hatte die Spannung der G# Klappe zu schwach eingestellt, diese ging dann beim Blasen und gleichzeitigen nach vorn beugen auf ;) . Hat auch ein bisschen gedauert, aber zum Glück hatte ich das Problem ja selber verursacht und dachte mir dann schon dass es damit zu tun haben musste:)
     
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  9. claptrane

    claptrane Strebt nach Höherem

    Den obigen Text hatte ich aus der Erinnerung geschrieben, das ist schon ein paar Jahre her.Ich habe mir das noch mal genauer angesehen ,es war damals so ,dass ich einen anderen Gurt, einen Schultergurt in Kombination eines Codera Balancer benutzte, wo der Haken an der Seite und mit Abstand zum Korpus hing. Dadurch fiel das Saxophon ja sowieso schon etwas vorne rüber und etwas schräg in der Längsachse.
    Die geringe Spannung der der C# Klappe war dann der Auslöser. Die ging durch das Eigengewicht leicht auf und zog dann die G# Klappe mit auf . Ich war also bei der Einstellung der Kleinfingermechanik zu weit gegangen :)
     
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  10. Wuffy

    Wuffy Gehört zum Inventar

    Mein Tipp zum Thema:

    ...habe mir jede Menge verschiedene kleine Keile auf der Mini-Bandsäge gemacht.

    Geht wunderbar aus den Raketen-Vierkant-Holzstäbchen, die am Neujahrstag ja noch immer so in der Landschaft rumliegen.

    Aber auch kleine Keile in diversen Größen aus Flaschenkorken ausgesägt.

    Bei meinen ersten Anblas-Tests nach Gü werden dann erst mal alle Klappen, die von Haus aus durch eigene Federkraft geschlossen werden, mit diesen kleinen Keilen absolut dicht verpresst.

    Wenn dann alles bei den Klappen, die man durch die Finger niederdrückt Ok ist, werden Zug um Zug die einzelen Keile entfernt...und ich merke dann beim Testspielen schnell, wo noch Handlungsbedarf besteht.

    Entweder noch durch minimale Undichtigleiten...oder eben durch zu schwache Federspannungen, was auch zum besagten Blubbern führen kann.

    Kritische Kandidaten sind hier oft die Seiten-Palmkeys C+Bb, aber auch manchmal der Seiten-Fis-Triller rechte Hand, Tief Eb +Tief Cis.

    Besonders Augenmerk auch immer auf die Gis-Klappe, da da zwei untersch. starke Federn gegeneinander schaffen und auch diese oft problematischen Kopplungen von Fis und den Tiefklappen noch dazu kommen.

    Es gibt auch diverse Saxmarken und Modelle, da sind werkseitig einfach in diversen Bereichen zu dünne Federn eingebaut, wo auch das nachspannen kaum noch funktioniert.

    Hier kommen dann einfach etwas stärkere Federn rein, bis es passt.

    LG Wuffy
     
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  11. ehopper1

    ehopper1 Strebt nach Höherem

    @Wuffy Danke!
    Spätestens nach dem nächsten Feuerwerk gehe ich Stäbchen sammeln.

    LG in die Nachbarschaft
    Mike
     
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