Was ist für euch Jazz? Theoretischer Teil der Diskussion

Dieses Thema im Forum "Eigene (musikrelevante) Themen" wurde erstellt von Sebastian, 5.August.2020.

  1. quax

    quax Gehört zum Inventar

    Barockusik - Improvisation - Jazz :D
     
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  2. ppue

    ppue Mod Experte

    Jazz ist das, was in der Tradition der ersten Weltmusik, die Anfang des 20. Jahrhunderts in den USA entstand, steht.

    Diejenigen Musiker, die sich in dieser Tradition sehen, spielen Jazz. Durch die kommerzielle Ausbeutung der Musik wurde die Idee des Jazz immer wieder in Frage gestellt. So in der Swing-Aera oder im kommerziellen Schlager der 30er Jahre. Es reicht nicht, zu swingen oder ein b9-Akkord zu spielen, wenn der Musiker sich nicht in der Tradition einer Musik sieht, die immer für Freiheit und Gleichberechtigung stand. Als Weltmusik ist Jazz damit auch immer eine Musik mit politischem und sozialen Statement.
     
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  3. Claus

    Claus Mod Emeritus

    Heißt also, wer als Musiker nicht die Absicht hat, eine politische oder soziale Botschaft zu transportieren, ist unfähig, Jazz zu spielen?
     
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  4. Silver

    Silver Strebt nach Höherem

    Diese Absolutheit ist mir ein bisschen viel, ansonsten Teile ich Deine Ansicht uneingeschränkt. Dass sich die Jazzer ab dem Bebop beim „Great American Songbook“ - also DEM Kompendium der pathetischen Schlagerschnulze - bedient haben spricht eher für als gegen die Widerständigkeit der Geisteshaltung.

    Fähigkeit ist nicht der Punkt. Geisteshaltung.
    Man kann auch höchst virtuose Musik spielen, sogar improvisieren, die kein Jazz ist. Barock zum Beispiel.
    Andersherum könnte man auch Bach mit der Jazz-Geisteshaltung spielen - es würde anders klingen.

    LJS
     
  5. Claus

    Claus Mod Emeritus

    Doch, genau das war mein Punkt. Ich versuche mich zu vergewissern, ob @ppue das so absolut gemeint hat wie es aus dem Posting herauszulesen ist.

    Danach wäre nur derjenige fähig, Jazz zu spielen, der gewisse intrinsische Absichten damit verbindet (nenne es meinetwegen Geisteshaltung).
     
  6. ppue

    ppue Mod Experte

    Ich habe nicht gesagt, dass ein jedes Stück Jazzmusik ein politisches oder soziales Statement abgeben muss. Aber die Tradition des Jazz steht in diesem Kontext. Ich kenne z.B. keinen euroamerikanischen Jazzer, der rassistische Äußerungen gegenüber Afroamerikanern gemacht hätte. Das meine ich mit "in der Tradition von" oder mit "Geisteshaltung".


    Dazu sollte man wissen, dass fast alle Komponisten aus der "Tin Pan Allee" Juden waren (ein weiterer Teil dieser Weltmusik). Die Beboper hatten anfangs kaum andere Harmoniemodelle als die zur Verfügung, die sie in den Shows und Orchestras spielten. Erst nach und nach fanden sie auch dort zu neuen Modellen, zum Beispiel durch den großartigen Thelounious Monk.
    Die Geisteshaltung der Musiker hätte man eher als rebellisch bezeichnen können. Die Musikergewerkschaft bestreikte die Musikindustrie und die neue Musik war alles andere als seichte Kost fürs Publikum.
     
  7. Claus

    Claus Mod Emeritus

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  8. Thomas

    Thomas Strebt nach Höherem

    Das ist interessant, aber muss nicht die Geisteshaltung auch mit Stilmitteln korrelieren? Wenn die Von Dir erwähnten Stilmittel nicht reichen um Jazz zu sein wäre das andere Extrem mit der unausgebeuteten und korrekten Geisteshaltung gespieltes Alle meine Entchen auf der Blockflöte ja doch Jazz ?
     
  9. Silver

    Silver Strebt nach Höherem

    Eieiei - nach dem ersten Diagonalkonsum steckt da viel Interessantes drin... das hier zu diskutieren ist sehr reizvoll, wird uns aber ganz bestimmt den Zorn des „Threaderstellers“ einbringen... „seinen“ schönen Thread einfach zu missbrauchen.
    Vielleicht machen wir das Thema woanders auf - da lesen und ggf. diskutieren dann auch die mit, die diesen Fred bisher gemieden haben und vermeiden, unsachlich angemacht zu werden.

    @Claus - vielleicht ziehst Du uns um?

    LJS
     
  10. Roland

    Roland Strebt nach Höherem

    Dann nenne mir ein Stilmittel, dass
    a) immer im Jazz vorkommt
    b) nie außerhalb des Jazz zu finden ist
    Da fällt mir auf Anhieb ein ... nichts.

    Ja, vielleicht. Vielleicht auch nicht. Wäre die Frage, ob "Alle meine Entchen" mit "Jazz"-Geisteshaltung anders klingt als mit "Klassik"-Gesiteshaltung oder Hintergrundmusik zu "Erwachsenenunterhaltung".

    Was ist für mich Jazz?
    Smooth-Jazz ist nicht so meins. Ist wirklich so an der Kante für mich. Fun Fact: In unserem "Lust for Life" fand man Kanny G. unter "Pop". Und ja, ich habe bei so manchem Smooth Jazz Probleme, ihn von Instruemntalpop zu unterscheiden. :)
    Dixieland bis Free Jazz und verdammt viele Schattierungen dazwischen.

    Grüße
    Roland
     
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  11. Silver

    Silver Strebt nach Höherem

    Wenn man postuliert, dass die Geisteshaltung Einfluss darauf nimmt, wie es klingt... kann das uneingeschränkt Jazz sein.

    (ich erinnere mich gaaanz dunkel an eine Jazz-Performance mit Entchen und Blockflöte)

    LJS
     
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  12. Gelöschtes Mitglied 5328

    Gelöschtes Mitglied 5328 Guest

    Könntest Du bitte mal Deine beleidigenden Angriffe unterlassen?

    Es nervt!

    Dreas
     
  13. ppue

    ppue Mod Experte

    In der Tradition des Jazz zu stehen, beinhaltet selbstredend auch die musikalischen Ausdrucksformen. Eure unerlaubten Umkehrschlüsse ziehen bei mir wenig (-;

    Wir werden es nicht hinbekommen, Jazz anhand von Rhythmus, Melodie, Harmonie oder Besetzung zu definieren. Es geht nur über die Tradition bis in die tiefen Wurzeln des Jazz.
     
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  14. monaco

    monaco Ist fast schon zuhause hier

    Ok, wenn b9 nicht reicht, dann finde ich ein #9 Akkord ist auf jeden Fall Jazz, auch bei Jimi Hendrix, der wiederum Miles Davis zu Bitches Brew inspiriert hat.
     
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  15. ppue

    ppue Mod Experte

  16. bthebob

    bthebob Strebt nach Höherem

    Ich wollte mich eigentlich nur "schmunzelnd mitlesend" an dem Thema beteiligend.
    Scheint mir doch sehr ein -Sommerloch Thema- zu sein.
    Aber vor 10 Minuten wurde hier im Berliner Kulturradio ein Komponist vorgestellt. Dabei fiel ein Begriff,
    den ich zuvor noch nie gehört hatte. Der Begriff hat das Potenzial, den Thread in "unermessliche Weiten zu führen.
    Hier ist er: Sinfonischer Jazz !
    Und zum Punkt: Jazz und politische Haltung .....
    Ich erinnere mich gelesen zu haben, ("Bird lebt" von Ross Russel) in den Anfangsjahre von Parker's
    Musikerleben (also Kansas City um 1935) ging es nur um eines.
    -Wer macht mit seiner Musik die Bude (Club) voll und treibt den Getränke-Umsatz nach oben-
    (und damit den Verdienst der Musiker)
    Neues, ungehörtes war gefragt, Virtuosität am Instrument und bei den Impro-Sessionteil auch ein
    musikalisches Hauen und Stechen mit "Sieger und Verlierer"
    VG
     
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  17. monaco

    monaco Ist fast schon zuhause hier

    Interessanter Artikel, der letztlich zum Ausdruck bringt, worum es geht: um's Geschäft. Ich unterscheide nicht danach, ob die Musiker aus Amerika, Europa, Afrika etc. kommen, sondern danach, ob mir die Musik gefällt.

    Und streng genommen ist die Bezeichnung "Jazz" schon wieder rassistisch, weil sie an die weiße Vorstellung von Jim Crow, Onkel Tom und das Blackfacing der Minstrelshows anknüpft.

    Ich habe kürzlich eine Debatte verfolgt, ob es legitim war, dass Elvis mit seiner R&B-Musik sehr viel mehr Geld verdient hat als Little Richard, Chuck Berry, etc. Und ein Interviewpartner hat zutreffend festgestellt: Wenn Weiße keinen Blues spielen dürfen, dürften Schwarze auch keine klassische Musik spielen. Spielt es eine Rolle, welche Hautfarbe der Interviewpartner hatte?

    Mein Fazit (so far): Ich pfeif auf die ganze Ethnien-Debatte, weil sie uns vom Kern der Musik wegführt. Und dabei ist es mir egal, ob die Debatte von Weißen ("böse!") oder von Schwarzen ("gut!") geführt wird.
     
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  18. ppue

    ppue Mod Experte

    Ich nenne ihn ja 10b und ganz recht, der Ausnahmeakkord steht ganz in der Tradition einer der Wurzeln des Jazz, dem Blues.
     
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  19. Lagoona

    Lagoona Ist fast schon zuhause hier

    @Claus ,
    danke, sehr interessanter Artikel.
    Was ist eine Kunst wert, wenn in ihr der Respekt vor den Schöpfern und Meistern fehlt?
    Da ist für mich der entscheidende Satz, weil er unabhängig von alle genannten Aspekten ist und universell anwendbar.
     
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  20. ppue

    ppue Mod Experte

    Das Musiker mit ihrer Mucke Geld verdienen würde ich allerding nicht Kommerzialisierung nennen. @Rick schreibt es auch etwas genauer: "Keine Musik, die ursprünglich am Kommerz orientiert war".

    Die erste große Kommerzialisierung begann mit der Swing-Aera.
    Bis dahin war es eine Art afroamerikanisch/kreolischer Volksmusik. Die Vermarktung durch Radio und Schallplatte entstand gerade erst.
     
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