Tonarten bestimmen...

Dieses Thema im Forum "Anfänger Forum" wurde erstellt von Tom Brady, 29.Mai.2021.

  1. Tom Brady

    Tom Brady Kann einfach nicht wegbleiben

    Moin zusammen,

    ich würde mich gerne etwas mehr mit Improvisation beschäftigen. Ich besitze das Real-Book, und da gibt es ja auch immer Teile genau dafür. Klar ist mir das generelle Prinzip: Tonart bestimmen - falls nötig parallele Moll-Tonart - dann mit der Pentatonik loslegen (ich hoffe, das ist prinzipiell so richtig, für einen Anfänger).

    Soweit klar, aber wie bestimme ich am einfachsten die Tonart. Die Stücke kommen ja mit Akkorden über der Notenlinie daher, wie mache ich da die richtige Tonart aus. Gibt es hier eine Eselsbrücke oder eine halbwegs einfache Art?

    Sobald ich die Tonart habe, kann ich dann über den Quintenzirkel den Rest bestimmen. Ich weiß, ich drücke mich hier vor zuviel Theorie, aber ich spiele gerne und für Theorie bleibt oft wenig Zeit, bzw. noch weniger Durchhaltevermögen.

    Gruß

    Sting
     
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  2. Nilu

    Nilu Ist fast schon zuhause hier

    Ein Hinweis wäre: Schaue in den letzten Takt, dort steht häufiger die Tonart des Stücks
     
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  3. ppue

    ppue Experte

    In der Regel steht ein Stück in einer Grundtonart. Welche das Ist, verraten die Vorzeichen und der letzte Ton der Melodie. Wenn du die Tonart hast, kannst du das Stück daraufhin untersuchen, welche der Akkorde ins Stufensystem der Grundtonart passen.

    Die Stufen einer Durtonleiter sind immer die gleichen. Die erste ist immer ein Durdreiklang, die zweite und dritte sind Molldreiklänge usw.

    [​IMG]

    Links die 12 Tonleitern in Dur. Rechts die entsprechenden Stufen.

    Passt eine Stufe im Stück zur Grundtonart, so kannst du das Tonmaterial der Grundtonart verwenden.

    Mal praktisch: Das Stück hat zwei b-chen (Bb-Dur) und du findest im Stück eine F7-Akkord, dann spielst du einfach die Bb-Durtonleiter ab F. Solange die Akkorde mit dem Stufenschema identisch sind, bleibst du beim Tonmaterial der Grundtonart.

    Nun kann es vorkommen, dass innerhalb des Stückes ein Tonartwechsel vorkommt und die Stufen nicht mehr passen. Meinetwegen findest du einen G7-Akkord. Die 7er-Akkorde sind sehr verräterisch, denn jede Durtonleiter hat nur einen davon auf der 5. Stufe. Ein G7 könnte deshalb ein Hinweis darauf sein, dass hier plötzlich C-Dur gespielt wird.
    Weitere Hinweise auf andere "tonale Zentren" können Major-7-Akkorde sein, die ja nur auf Stufe I und Stufe IV vorkommen.

    Nicht verwirren sollten dich Durakkorde auf der 2., 3. und 6. Stufe. Das sind meist eingefügte Leittöne, die zum nächsten Akkord leiten.
     
    Zuletzt bearbeitet: 30.Mai.2021
  4. Katzenmusik

    Katzenmusik Administrator

    ppue, klasse Erklärung. Man merkt den Profi. Gruß B.
     
  5. Paul2002

    Paul2002 Strebt nach Höherem

    Mein Tipp: Sing zu Aufnahmen mit und improvisiere am Ende einen Ton. Da hat man viel Zeit und kann den Klang gut kennenlernen.

    z.B. was von Al Hibbler anmachen und dann gucken, wie es klingt, wenn du am Ende über den Schlussakkord (sagen wir mal, es sei ein Major7-Akkord) die None singst, also die zweite Stufe der Tonleiter.

    Wenn man das so oft wie möglich macht, also auch immer bewusster und aufmerksamer Musik hört, seine Vorstellungskraft austestet, weiß man schnell von alleine, in welcher Tonart ein Stück, manchmal sogar ohne Referenzton.



    Ich weiß, das geht komplett an dem vorbei, wonach du gefragt hast. Allerdings halte ich diesen Weg für emotional erfüllender, langfristig wirksamer und damit besser, als über Skalen und Akkorde, Vorzeichen usw. nachzudenken.

    Die Musiktheorie lernt man vor allem durchs Komponieren, Transkribieren, Analysieren - aber Musiktheorie ist nicht das, worauf man beim Improvisieren zurückgreift, egal wie advantgardistisch man spielt, für so viel Nachdenken ist einfach keine Zeit.


    Nicht falsch verstehen: Beide Wege haben ihre Berechtigung und ich mag sowohl die analytische als auch die intuitive Art, Musik zu erleben. Wollte lediglich an den zweiten Weg erinnern :headphone:
     
  6. ppue

    ppue Experte

    Es sind nur zwei Wege, solange sie sich nicht gekreuzt haben und zu einem werden.
     
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  7. Roland

    Roland Strebt nach Höherem

    Komisch, ich brauche üblicherweise sehr viel Musikthorie beim Improvierien. Ich habe sie nur - auf die eine andere Art - so weit verinnerlicht, dass ich nicht darüber nachdenken muss.

    Fängt ja schon mit einfachen Dreiklängen, Kadenzen oder Tonleitern an. Das ist schon Musiktheorie. Das Wissen darum haben wir nicht in der DNA, sondern erworben,

    Grüße
    Roland
     
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  8. ilikestitt

    ilikestitt Strebt nach Höherem

    Bei vielen Jazztiteln kommt man mit Pentatonik nicht wirklich weit, zumindest nicht wenn man sie nicht mit den Akkorden mitwechselt. Bei einem G7 Akkord sind teilweise andere Töne wichtig als bei einem C Maj7 Akkord. Beide kommen aus der gleichen Tonart, hälst du aber über dem G7 länger ein C (den Grundton der Tonart) aus, dann klingt das falsch, da das C die Quarte ist und sich mit der Terz des G7 Akkords reibt, denn der liegt nur einen Halbton tiefer. Deswegen funktioniert es eben nicht so einfach mal eine Pentatonik oder Tonleiter über zig Akkorde (auch aus der gleichen Tonart) zu benutzen, denn selbst wenn die Töne der benutzbaren Skalen die gleichen sind, sind bei jedem Akkord andere Töne wichtig und klingen gut oder schlecht.
    Wenn dann auch noch wie im Jazz so beliebt noch Zwischendominanten oder Tritonusdominanten verwendet werden oder für einen Takt mal ein Ausflug in eine andere Tonalität oder Tonart erfolgt, ist es mit der Vereinfachung meist gar nicht machbar. Du solltest Dir also wirklich harmonisch einfache Stücke suchen, da du sonst improvisatorisch schnell vor dem Problem stehen wirst, daß es mal gut klingt und mal schlecht und du nicht weisst warum (weil du nicht weisst bei welchem Akkord welche Töne gut klingen und welche schlecht klingen). Zumindest war das für mich als Jugendlicher immer genau das das grosse Rätsel bevor mir mal ein Lehrer erklärte was ich damals falsch gemacht und warum es mal gut und mal nicht klang. Wenn Du besonders gute Ohren hast, konnen die dich dann noch retten und mit einem Song wie Blue Bossa, Autumn Leaves, Watermelon man, Black Orpheus geht das irgendwie noch aber sobald da harmonisch mehr passiert wie bei einem Girl from Ipanema oder How high the moon wird das schon deutlich schwieriger.

    Ging mir auch mal so, bis ich erkannte, daß es einem die Theorie leichter macht, weil man die Zusammenhänge versteht und für sich nutzen kann. Man begreift sie dann als guten Freund, der einem das Leben leichter macht. Ist so wie mit dem Einmaleins zu Grundschulzeiten, am Anfang nervt es und nachher ist man nur froh daß man es flüssig beherrscht.
     
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  9. JES

    JES Gehört zum Inventar

    Noch ne dumme Frage dazu.
    Ich habe ein Stück für z. B. Alto, wir bleiben bei den beiden Bb.
    Jetzt stehen über den Noten die Akkorde, die, wie ich vermute, eher für Gitarre oder Klavier sind, also nicht zum alto gehören und damit transponiert werden müssen. Wie macht man das?
     
  10. Nilu

    Nilu Ist fast schon zuhause hier

    Du kannst da immer 3# für Alto hinzuzählen.
    Z.B.
    bb + ### = # (G-Dur)

    b und # heben sich da gegenseitig auf , bleibt ein Rest von 1#
     
    Zuletzt bearbeitet: 30.Mai.2021
  11. Jacqueline

    Jacqueline Strebt nach Höherem

    Das Schwierige ist die erste Überwindung sich mit den Akkorden auseinander zu setzen. Jeden Akkord einzeln lernen und den Klang kennenlernen und voraushören.
    Hat man das einmal verinnerlicht, geht es beim nächsten Stück schon etwas schneller.

    Und die Mühe lohnt nicht, das Ergebnis klingt besser.
    Einfach ne Tonleiter nehmen und da drüber brezeln klingt meist eher bescheiden.
    Ich habe das letztens spaßeshalber mal wieder probiert als Vergleich: einfach die Tonleiter genommen bei Blue-Bossa (also die beiden) und ohne die Akkorde zu beachten drüber gespielt.
    Klingt richtig sch***
    Und irgendwie kann ich es auch nicht mehr, da ich die Harmonien nicht mehr einfach so ignorieren kann.

    Es ist mühselig, aber es lohnt sich die Sache gleich richtig anzugehen. Nach hinten raus spart man eine Menge Zeit.
     
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  12. Zappalein R.I.P.

    Zappalein R.I.P. Guest

    @Tom Brady

    zugegeben, sonntag (früh) morgens ist m. lowenstern nicht jedermanns sache. aber alle denen ich dieses video gesendet habe, hatten, wie sie mir berichteten, viel spass und viel gelernt.

    ein 5 minuten clip der mehr bringt als die ganzen improbücher, die spätestens nach der 3. lektion im regal verstauben.

    viel spass.

    lg und einen schönen sonntag.

    ps.

    ein beschäftigen mit mr. lowenstern lohnt sich allemal. wie ich finde, ein genialer musiker und virtuose auf der bassklarinette.

    Beginning Funk Improvisation (on Bass Clarinet or whatever) - YouTube
     
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  13. gefiko

    gefiko Strebt nach Höherem

    Am leichtesten mit einer Transponierscheibe.
    Falls du weitere Info braucht- PN.
     
  14. gaga

    gaga Gehört zum Inventar

    Aber nicht nur bestimmen - auch lernen - in beide Richtungen: wenn du Bb siehst, isses für Alto G, wenn dein Pianist fragt: Welche Tonart und du hast G-Dur, dann sagst du ihm Bb-Dur. Zumindest die gängigen Tonarten müssten ohne Abzählen und Umrechnen kommen: das wären mindestens klingend Eb, Bb, F und C-Dur.
     
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  15. ppue

    ppue Experte

    Die Akkorde sind schon für dich transponiert, wenn es Eb-Noten sind. Schau auf den letzten Akkord. Wenn da Bb oder Gm steht, dann sind die Akkorde auch in Eb.
     
  16. bthebob

    bthebob Ist fast schon zuhause hier

    @Tom Brady
    meine bescheidene Erfahrung wegen Impro ist:

    Mit Theorie beschäftigen ist immer gut.
    Schon allein, um zu wissen, wovon überhaupt die Rede ist.

    Aber ohne das intuitive Beherrschen des Sax wird's schwer.
    Wie weit man das perfektioniert, ausbaut .... hängt von einem selber ab.

    Beispiel:
    Zu wissen, das die Intervalle der Dur-Leiter GGH GGG H sind
    hilft dir beim Spielen "null komma nix"

    Da ist zum Denken überhaupt keine Zeit.
    Die Leiter muss auswendig "laufen", als würdest du aus der Zeitung vorlesen.

    Die Frage ist, welche von den vielen Tonleitern sollte ich mir raufschaffen ?
    Und wie, nach welcher Lernmethode ?

    Und welche "Varianten" sollte ich danach angehen ?
    Also nicht nur die Reihenfolge
    1-2-3-4-5-6-7-8 sondern vlt. auch Reihenfolge 1-3-2-4-3-5-4-6-5-7-6-8

    In dem von @Zappalei verlinkten Video sind sehr schön die Möglichkeiten der
    späteren Anwendung zu sehen.
    M.Lowenstern greift traumwandlerisch in seinen musikalischen "Farbkasten" .....

    Den hat er sich aber zuvor über viele Jahre üben "zusammengestellt "

    VG
     
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  17. Roland

    Roland Strebt nach Höherem

    Und warum? Weil dieses Wissen nicht auf unsere Höre mappt.
    Was dagegen mapp: ich höre eine Quinte,eine kleine Terz, eine große Septime ... deswegen soll man sich ja die Skalen anhand der Intervalle zum Grundton merken.

    Keine Ahnung, warum immer wieder aug GGH ... herumgeritten wird. Zumindest ist das praxisfern.

    Grüße
    Roland
     
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  18. Tom Brady

    Tom Brady Kann einfach nicht wegbleiben

    Moin zusammen,

    danke für all die guten Tipps. Das Theorie irgendwie dazu gehört, dass habe ich begriffen. Wie ich mir diese verständlich draufschaffe, dass weiß ich noch nicht. Ich bin eher der Pragmatiker als der Buchleser. Irgendwie fehlt mir hier anscheinend komplett der Ansatz. Liegt vielleicht daran, dass ich erst sehr spät zum Sax kam und ich in der Schule nie groß was mit Musik zu tun hatte.
    Falls es also noch Tipps zum verständlichen erlernen der wichtigsten Musiktheorie-Aspekte gibt, dann her damit. Das Video von @zappalein werde ich mir anschauen. Es liegt anscheinend noch viel Arbeit vor mir, und vor allem auch Tonleitern lernen. So etwas habe ich bisher auch gemieden. Ich bin halt ein vom Blatt Spieler, auswendig geht bei mir nix (fehlt wahrscheinlich auch nur der richtige Ansatz dazu), da wäre dann wahrscheinlich Klassik besser als Jazz oder Blues :)
    Aber ich werde mich bemühen, und schauen wo ich passendes MAterial für den theoretischen Einstieg finde.

    Euch einen sonnigen Sonntag.
     
    bthebob gefällt das.
  19. Dreas

    Dreas Gehört zum Inventar

    @Tom Brady

    Hier gab es ja viele gute Hinweise. Das wichtigste jedoch ist:
    Machen!

    Spielen, hören, ausprobieren. Begleitet durch Theorie, um so besser.

    Und natürlich kannst Du über Autumn Leaves mit der Pentatonik der Grundtonart improvisieren. Und wenn es irgendwo schief klingt, erst mal wurscht.

    Wiederholen, andere Töne probieren, vielleicht mal zwei Takte in einer Schleife.

    Nur so trainierst Du auch das Ohr.

    CzG

    Dreas
     
  20. bthebob

    bthebob Ist fast schon zuhause hier

    @Dreas
    Kann man so machen. Try and error.

    Ich hätte da nur Bedenken, ..... so ganz ohne abrufbares Gerüst. ?
    Weiss man dann beim nächsten mal, was man eigentlich die Tage zuvor gespielt hat ?

    @Tom Brady
    Ich eröffne ja demnächst als Renter ein "Modegeschäft in Wuppertal" ..... nee, falsch .....
    Ich eröffne eine Musikschule in Berlin, ..... nee, wollt' ich gar nicht schreiben !?

    "Ein Klavier, ein Klavier" das wollt' ich sagen !
    Schon ein kleines, korrekt intonierendes Keybord für Kinder hilft ungemein !

    Ich spreche aus Erfahrung.
    Vorteil u.a.: Du "siehst" die Musiktheorie vor dir.

    Und wenn es z.B. heisst: In Moll wird der dritte Ton der Dur Leiter um einen Halbton
    vermindert ..... Ähhhh, what ?

    Am Klavier kannst du diesen "Schritt" .... optisch, haptisch, tonal, transsexual.... was auch immer:)
    -Nachvollziehen- !
    Sax ist in der Hinsicht Mist ..... man sieht ja nüscht !
    VG
     
    Rick, Frau Buescher, Longtone und 4 anderen gefällt das.
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