Wie wird aus Musik "Theorie" gelebte Praxis?

Dieses Thema im Forum "Improvisation - Harmonielehre" wurde erstellt von bebob99, 12.Januar.2022.

  1. bebob99

    bebob99 Strebt nach Höherem

    Nein, das habe ich ganz bewusst so geschrieben. Es geht mir darum, wie es gelingt, dass man die Theorie praktisch nutzbringend anwenden zu könnte. Gerade in den TOTM wird ja vielfach über harmonische Grundgerüste diskutiert, die helfen sollen, das eigene Spiel zu verbessern. Dazu muss man also nicht nur wissen wie die Theorie dazu lautet, sondern vor Allem muss man dieses Wissen praktisch umsetzen können. Ich kenne das Problem auch bei anderen Leuten, die manche Dinge zwar gelernt haben (können es auf Anfrage problemlos aufsagen), aber es fehlt ihnen völlig das Gefühl dafür, dass akademische Wissen in intelligenter Art auf neue Situationen anzuwenden. Mir geht es mit der Musiktheorie so. Akademisches Wissen ist da, aber ich kriege damit keinen Fuß auf den Boden.

    Ich hoffe, es geht auch mit nicht ganz so guten Ohren, den gute Ohren hatte ich laut meinem Ohrenarzt wohl nie und seit dem Hörsturz vor einigen Jahren ist es auch nicht besser geworden.

    Bei mir spielt das Powerplay in jeder wachen Minute. Im Kopf. Abwechselnd mit den Konzertstücken, die ich für's Orchester üben soll. Wenn ich Pech habe, auch gleichzeitig. Während gleichzeitig ein kleiner Sekretär versucht, mir zu diktieren, was ich in dieser oder einer anderen Diskussion schreiben hätte können, oder als nächstes schreiben soll. Oder er rekapituliert, was ich schon geschrieben habe, aber besser hätte formulieren müssen. Oder auch manchmal auch davon alles davon gleichzeitig zum Playback des aktuellen Ohrwurms. Dazwischen versuche ich einer normalen Arbeit nachzugehen und mich dort halbwegs zu konzentrieren.

    Wahrscheinlich gibt's auf Anfrage dafür eine Diagnose. Irgendwas mit Zwangsstörung. :rolleyes:

    Das kling nach einer guten Idee. Ich bin auch ein Mustererkenner, aber auf anderen Gebieten darin sehr viel erfolgreicher als in der Musik. Da bin ich schon froh, wenn mir der Name des Musikstücks einfällt, das ich gerade zum 100en Mal höre, und von dem ich weiß, dass ich es immer mit dem berühmten - ich komm grad nicht drauf - verwechsle, das der Dings geschrieben hat. Weil beide Stücke auf der gleichen LP waren, die ich vor 30 Jahren in meiner Studentenzeit mal gekauft habe. So ein cremfarbenes Cover mit einem Herbstwald drauf. In der "10 CD Box Klassik" sind sie natürlich auch drauf. So eine violette Box mit Wolken im Abendlicht. Die hab ich mir zu einem ersten CD Spieler gekauft...

    Das mit dem Muster erkennen ist so eine Sache. Es setzt voraus, dass sich die vorhandene, aber nicht sofort klar ersichtliche Information irgendwie zusammen fügt. Manches geht bei mir sofort und unbewusst. Hauptsächlich Dinge, die mir nie was nützen. Andere bleiben einfach nicht hängen. Es geht, solange es im Arbeitsgedächtnis frisch gehalten wird, aber sobald der Strom aus ist, fange ich praktisch von vorn an. Ich kann immer nur eine begrenzte Anzahl Bälle in der Luft halten. Um "die wichtigsten Stufen zu erkennen", muss ich natürlich erst einmal wissen, wann beim Hören welche Stufe zu erkennen wäre. Ich weiß nicht, sollte das automatisch funktionieren? Macht es bei jedem von Euch einfach Klick und Ihr erkennt plötzlich "ja klar, vierte Stufe zur Grundtonart"? Oder ist es so, dass man tausend Mal die gleiche Abfolge hört, und dazu immer das Pawlowsche Glöckchen "dritte Stufe!" läutet, bis die Konditionierung automatisch geht? Dann muss ich das offenbar noch sehr viel öfter machen.

    Ich habe massenhaft Beispiele mit Akkord Folgen. Ich versuche das ja nicht zum ersten Mal. Beispielsweise DIE CD. Da kann ich mir genau anhören, wie die verschiedenen Stufen im Playback klingen. Ich kann mir die zum Titel gehörige Stufenliste nehmen und bei jedem Wechsel "Ah! IV Stufe" usw. sagen. Hab ich gemacht. Hören, sprechen, visualisieren. Nur, wenn ich einen beliebigen Track aufgerufen habe, hätte ich außer "ja, das kenn ich" nichts weiter sagen können. Ich könnte raten und habe bei jedem Wechsel eine 1:8 Chance. Dazu "einfach nur düdeln und schauen was passt" war bisher auch wenig erfolgreich. Das meiste hat nicht gepasst und wenn es mal zufällig gepasst hat, konnte ich das nicht verlässlich wiederholen. Das Muster hat sich nicht eingeschliffen. Es sind auch nicht wie erhofft, irgendwelche Puzzelteile auf magische Art zusammengekommen. Das werde ich aber weiter versuchen. Wiederholung hilft ja oft ein wenig. Der Kurs mit Lille ist beispielsweise ein weiterer Versuch, dem eine zusätzliche Facette anzufügen. Sicher bekommt die CD anschließend wieder mehr Aufmerksamkeit.

    @jazzwoman macht das auch ganz gut. Das Wort "Stufen" ist bei der Übung "Vereinfache die Melodie auf Halbe Noten" noch gar nicht gefallen. Aber ich habe so eine Idee auf was das hinaus laufen wird. Hören, wiedererkennen, am Instrument verinnerlichen und sicher anschließend auch benennen. ;)

    Ich bin nach über 10 Jahren Übung schon so weit, dass ich leidlich Töne aneinanderreihen kann. Auch so, dass die Melodie darin erkennbar wird. Das Schöne an Saxophon Noten ist ja, dass man die "nur der Reihe nach spielen" muss. Aber ich kann nicht so schnell lesen wie ich spielen soll. Und es gelingt mir auch nicht, die lange Schlange an Noten auswendig zu lernen - was ja auch keinen Sinn macht. Das macht jeder Computer besser als ich. Und leider gelingt es mir auch immer noch nicht, die DOCH im Kopf gehörte Melodie verlässlich in die Finger zu übertragen. Das verhindert zuverlässig, das "einfach drauflos spielen" und ich muss mich mit Krücken und Ankerpunkten durch die Takte hangeln.

    Da habe ich weniger Probleme damit, mir zur Melodie spontan Nebenlinien oder Improvisationen auszudenken, die ich dazu summe oder pfeife. Das passt meist gar nicht so schlecht zusammen. Das Problem beginnt sofort, wenn ich versuche, diese Töne physisch am Instrument umzusetzen. Auch nach über 10 Jahren hat sich der Kanal Ton --> Griff nicht gefestigt.

    Also versuche ich wieder einmal die Schiene über das theoretische Verständnis der Zusammenhänge, um einen weiteren Hebel anzusetzen.

    Ich weiß üben, üben, üben. Wenn geht "richtig, abwechslungsreich und mit Begeisterung". :rolleyes:
     
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  2. GelöschtesMitglied11073

    GelöschtesMitglied11073 Guest

    Das ist schlecht,wenn du nicht hörst ob es passt was du spielst kannst du es nicht verbessern
     
  3. Jacqueline

    Jacqueline Strebt nach Höherem

    Manche hören das auch ohne Hörsturz und mit gut funktionierenden Ohren nie :duck:

    So schlimm wirds denke ich nicht sein, sonst würde er nicht Saxophon spielen.
    Du hast doch sicherlich ein Audiogramm bekommen? Evtl kann man da gucken, ob es bei gewissen Frequenzen starke Einschränkungen gibt?
    Vor 3 Jahren hatte ich auch einen Hörtest und da gab es das Audiogramm mit.
     
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  4. Gelöschtes Mitglied 5328

    Gelöschtes Mitglied 5328 Guest

    Ich glaube nicht, dass das Dein Problem ist. Soweit ich mich an Einstellungen von Dir erinnere intonierst Du doch ordentlich.

    Ohne gutes Hören ginge das nicht.

    Beim Improvisieren muss man anders hören lernen. Und man kann das lernen.

    Hör Dir Stücke an, auch nur Playalong, hör gezielt auf den Bass. Wichtig ist erstmal immer zu wissen wo Du in der Form bist.

    Schritt für Schritt wirst Du die Akkordwechsel immer besser hören und dann auch mitbekommen wie die Melodie den Akkorden folgt.

    Auch hilft es nicht gleich komplett frei zu improvisieren sondern zunächst erstmal nur die Melodie zu variieren.

    CzG

    Dreas
     
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  5. kindofblue

    kindofblue Strebt nach Höherem

    Viele Wege führen nach Rom!
    Ich bin mit Greg Fishman als Lehrer unterwegs und er lehrt folgende mögliche Wege:
    - Spiele anfangs nur eine Note die passt pro Takt. Danach 2, danach auf jedem Viertel. Danach triplets, ...
    - Suche Töne die nicht Hickhack sind, sondern dass es eine schöne Tonlinie gibt.
    - Spiele zB 3 Töne und versuche die gleichen 3 Töne mit kleinen Akkordanpassungen im nächsten Takt zu spielen.
    - Nimm dir ein Notenschreibprogramm oder Papier und Bleistift und schreibe ein Solo gemäss allem Wissen der Theorie aus.
    - Schlussendlich spiele nicht einfach chaotisch - random playing - sondern spiele mit einem gewissen Konzept.

    kindofsomeideas
     
  6. GelöschtesMitglied11524

    GelöschtesMitglied11524 Guest

    Wieso landen wir immer gleich bei der Improvisation?
    Nicht dass die nicht wichtig wäre. Aber man kann - wenn man Lust hat - sein Instrument auch ohne theoretisches Wissen erforschen.
    Das Argument kommt sowieso früher oder später immer in diesen DIskussionen.

    Aber theoretisch ein wenig Bescheid zu wissen macht einen auch zu einem viel besseren Notenspieler.
    Für solide Improvisation ist (zumindestens für eine gewisse Zeit) ein enormes Maß an Übungszeit notwendig, ist so.
     
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  7. Silver

    Silver Strebt nach Höherem

    Aus eigener leidvoller Erfahrung: Wenn der Selbstanspruch und das eigene Vermögen nicht im Einklang sind, kannste Dir so viel Musiktheorie draufschaffen wie Du willst - es wird trotzdem kein (hier den Namen eines Saxgottes einsetzen)-Solo draus.

    Das eigene Vermögen entwickelt sich langsam und in kleinen Schritten und keinesfalls gleichmäßig in den verschiedenen Disziplinen.

    Am Anfang ist das Ohr (fast unabhängig vom Hörvermögen, solange Du nicht komplett schwerhörig bist) das die Musik aufnimmt. Wie oben schon erwähnt, hilft es, genau die Musik zu hören, die Du auch spielen und improvisieren willst. Blasorchester ist da leider Kontraproduktiv, wenn man sich z.B. in Modern Jazz (Bebop, Hardbop, Cool, Postbop etc.) einhören will. HiFi ist komplett unnötig. Kofferradio reicht.

    Mit dem Instrument in der Hand kannst Du Dir dann ein eingängiges, eher langsames Stück, z.B. einen Blues (oder Honeysuckle Rose aus Lilles Kurs) auflegen und versuchen, ein bisschen dazu herumzuhupen. Da wirst Du Töne finden, die geschmeidig reinpassen, welche, die mehr Spannung erzeugen und einige, die irgendwie komplett rausfallen.
    Wie die heissen und warum sie passen und vor allem, wie man die greift ist erstmal komplett egal. Es nur um das Gefühl, das entsteht, wenn Du diese Töne im Kontext mit Deinem Stück hörst. Die geschmeidigen behältst Du erstmal, die anderen haben Pause. Und dann nimmst Du dieses Stück und die geschmeidigen Töne und spielst damit. Genau so, wie Du als Kind gespielt hast: Ohne Plan, ausprobieren, staunen, was Neues probieren. Und sich kaputtlachen, wenn was schief geht.

    Irgendwann spielt eine eigene Melodie im Kopf aber die Umsetzung auf dem Instrument klappt noch gar nicht.
    Jetzt ist die Zeit, den Tönen und Intervallen Namen (und Griffe) zu geben und damit die geschmeidigen Töne zu beschreiben. Das wird meistens erstmal auf eine Pentatonik hinauslaufen…reicht auch für den Anfang. Ab hier kannst Du systematisch diese Töne üben und fragen, warum die funktionieren, wie das mit der Akkordfolge zusammengeht und überhaupt.

    Und TSCHACK hast Du Theorie und Praxis verknüpft. Andersherum wird es eher schwer.

    Es gibt sicher Musiker, die zu jeder Zeit und bei jedem Tempo ganz genau wissen, was sie spielen - unmittelbar nachdem sie es gespielt haben. Wer mitten im Solo denkt („ääähm, ja, jetzt spiele ich im nächsten Takt mal eine Akkordumkehrung…“) wird feststellen, dass der Takt beim gedachten Wort „Takt“ schon vorbei ist. Vielmehr entstehen gute Improvisationen durch häufiges freies Spiel über die Akkordfolge - herumspielen wie ein Kind und dabei lernen, was geschmeidig, spannend oder abseitig klingt.

    Lernen heißt, automatisieren von Abläufen bis sie in die Tiefenpersönlichkeit abgesunken sind und von dort jederzeit abgerufen werden können. Gangwechsel beim Autofahren ist sowas. Wenn etwas bewusstseinspflichtig ist, ist es noch nicht ausreichend erlernt und holpert.
     
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  8. GelöschtesMitglied11524

    GelöschtesMitglied11524 Guest

    Lernen mit allen Sinnen muss das Ziel sein :)

    Nach den 5 Stunden Musikkunde gestern war ich schwer gezeichnet.

    "Ein Durakkord besteht aus dem ersten, dritten und fünften Ton der Durtonleiter. In C?"
    Wie auf Kommando zurück "C-E-G". "Bei einem Mollakkord auf C ist nur EIN Ton unterschiedlich, der mittlere. Der ist nämlich einen Halbton tiefer. Daher wäre der C-Moll-Akkord?"
    Schweigen im Walde.....

    Ich hab mal versucht, meine Gedanken zu ordnen, und Euch ein Video gemacht. Ich hoffe Ihr nehmt es mir nicht übel. Wenn ich shit erzähle, macht mich bitte darauf aufmerksam, dann lösche ich es wieder.

     
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  9. sachsin

    sachsin Strebt nach Höherem

    @Ton Scott vielen Dank. Ich habe mir Deine Beispiele jetzt zweimal angesehen.
    Ein toller Beitrag von Dir und ich hoffe, dass Du das Video nicht gleich wieder löschst.

    Über ein Jahr (unterbrochen von einem zaghaften Versuch) konnte ich wegen Zahnproblemen kein
    Saxophon spielen und mit Deinem Video gibst Du mir Motivation, wie ich zum Spiel zurückfinden
    bzw. mit welchen Übungen ich wieder einsteigen könnte.
    Die Idee des Quarte-Spiels mit Hilfe des Quintenzirkels (der mir seit meiner ersten Unterichtsstunde gut bekannt ist),
    wie auch die zweite Anregung- spielen unter Aufteilung der Tonleiter in rhytmische Tetrachorden mit Halbtonschritten -
    finde ich großartig.
    Beide Übungen sind von Dir gut erklärt und machen Lust sie spielerisch auszuprobieren, wie auch
    das Hören der Töne mit den Griffen zu verbinden, - um wieder Sicherheit und Geläufigkeit im Notenspiel zu erlangen.

    Sicher gibt es viele Videos in der Tube, aber die meisten sind in englischer Sprache und wegen
    mangelnder Sprachkenntnisse kann ich oft den Erklärungen zu den einzelnen Übungen nicht folgen.
    Umsomehr freue ich mich über Dein Video lieber @Ton Scott.... Nochmal vielen Dank für Deine Mühe und Zeit.

    Viele Grüße :)
    Christine


    Edit:
    Auch an @bebob99 ein Dankeschön für die Eröffnung dieses informativen Fadens und
    an Alle, die hier schon mit Ihren Beiträgen interessante Ideen und Tipps zum Thema
    "Wie wird aus Musik "Theorie" gelebte Praxis?" beigetragen haben.

    Ich lese sehr interessiert mit.... :)
     
    Zuletzt bearbeitet: 13.Januar.2022
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  10. GelöschtesMitglied11524

    GelöschtesMitglied11524 Guest

    Na so richtig Deutsch ist es ja nicht, hehe :)
    Freut mich, wenn es zum Denken und Probieren anregt, das war die Intention.

    Liebe Grüße, Ton
     
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  11. bthebob

    bthebob Strebt nach Höherem

    @Ton Scott
    Im den ersten Minuten des Videos dachte ich, das wäre der "Mitschnitt" einer
    regulären Online-Stunde mit deinen Schülern. :)

    Aber du hast dir ja die Mühe gemacht extra für's Forum.
    Super und Dank !

    Frage:
    An wen wendest du dich ?
    Ich meine, vom Stand der musiktheor. Vorbildung ?

    An den Einsteiger mit Start bei -0- oder was sollte an Vorwissen
    mitgebracht werden ?

    VG
     
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  12. GelöschtesMitglied11524

    GelöschtesMitglied11524 Guest

    An alle, die es interessiert. Sollten nur zwei Beispiele für Verbindung von Theorie und Praxis sein.
    Wenn Du auf meinen Unterricht anspielst, ich mache nur live, keine vorgefertigten Videos.

    Liebe Grüße, Ton
     
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  13. bebob99

    bebob99 Strebt nach Höherem

    Ja, klingt vernünftig. "So wie als Kind" lernen geht mit Ende 50 nicht mehr so leicht. Sagen jedenfalls die Entwicklungsbiologen. Weil das Gehirn hier schon recht fest verdrahtet ist und viele potenzielle Pfade in den ersten Lebensmonaten und Jahren abgebaut werden, um genau das zu erreichen. Soll nicht heißen, dass man es nicht weiter versuchen kann.

    Um, wie Du schreibst, die "geschmeidigen zu behalten" und später wiederzuverwenden, muss ich sie von den "ungeschmeidigen" durch irgend eine Eigenschaft unterscheiden. Das kann der Notenname sein - wenn ich ihn weiß, der zu einem bestimmten Griff führt. Das kann dich körperliche Empfindung des zugehörigen Griffs sein, oder die geistige Versinnbildlichung der Finger in dafür nötigen Lage. Um die Töne auch tatsächlich zu spielen, muss es ja letztendlich zur dazu gehörigen Griff Folge führen.

    Synästhet bin ich nicht, ich kann den Tönen also keine Farben oder Geschmäcker zuordnen. Diese spezifische Ton Eigenschaft muss ich mir "merken", zusammen mit der Information WO genau sie "geschmeidig dazu passen". Da bin ich wieder an dem Punkt angelangt, dass ich auf irgend eine Art etwas auswendig lernen muss, denn ich entdecke bei mir nicht, dass sich das irgendwie unterbewusst ergeben würde. Vielleicht sind 13 Jahre ja auch noch zu wenig, um hier eine eindeutige Aussage zu treffen.

    Ja, Audiogramm habe ich. Ein Ohr ist auch noch halbwegs "original ich", auch wenn dieses Audiogramm vom Sollwert auch deutlich abweicht. Das ist aber scheinbar angeboren und ich kann es mir nicht anders vorstellen. Die Töne unterhalb 2500 Hz sollte ich halbwegs verlässlich unterscheiden können. Sollte. Auch wenn ich jetzt vielleicht einen Rüffel bekomme, weil ich Informationen leake - bei einer Transkriptions Übung habe ich jedenfalls gegenüber allen(?) Anderen bei hohen Tönen Probleme bei der Zuordnung der gehörten Noten gehabt. Die gleiche Phrase von einem Tenor gespielt ergab bei mir eine andere Tonfolge. Und es wurde auch nicht anders, wenn ich die Transkription mit diesem Wissen mehrfach wiederholt habe. Jeden Ton einzeln, im Reaper genau nur diese 100 mS im Loop, die Begleitung raus gemischt. Ich komme immer wieder auf die gleichen falschen Töne. Was jetzt nicht sooo schlimm ist, weil sie zumindest für mich "geschmeidig" dazu passen und ich mich am Wissen über die "nötigen" Töne nachher auch nicht verspiele. Ob sie tatsächlich auch harmonisch gepasst hätten, wird sich noch zeigen.

    Den Zustand habe ich schon eine Weile. Vielleicht sollte ich eher komponieren als spielen. :cool:
     
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  14. ppue

    ppue Mod Experte

    Das könnte in ein paar Jahren automatisch funktionieren.

    Ich würde für den Anfang vorschlagen, du nimmst ein bekanntes Volkslied und schaust, welche der drei Hauptstufen dieses Lied begleiten könnten. Das Wissen, dass einfache Lieder in der Regel mit drei bestimmten Akkorden auskommen, ist schon angewandte Praxis, willst du eine Melodie am Klavier begleiten.
    Spiel einen C-Dur-Dreiklang und singe dazu das Lied. Wenn C-Dur zur Melodie komisch klingt, versuche F-Dur (IV) oder G-Dur (V).

    Wenn du kein Tasteninstrument hast, wird das schwierig werden, denn noch kannst du dir die Akkorde nicht im Kopf vorstellen.
     
  15. Gelöschtes Mitglied 5328

    Gelöschtes Mitglied 5328 Guest

    Die Eigenschaft ist: klingt oder klingt nicht.

    Hast Du die chromatische Tonleiter wie im Schlaf in den Fingern?

    Du versucht Improvisation analytisch anzugehen. Das widerspricht sich. Impro ist Try and Error…und hören lernen.

    Die Theorie hilft Dir dann es besser zu verstehen und mit der Kenntnis besser zu werden.

    CzG

    Dreas
     
  16. bebob99

    bebob99 Strebt nach Höherem

    Zwei Klaviere und ein Akkordeon. Am Material mangelt es nicht. :rolleyes:

    Ich kann mir die Akkorde auch optisch auf der Klaviatur vorstellen und finde sie da auch. Nicht in Echtzeit. Die Vorstellung an der Klaviatur hilft mir aber beim Spielen am Sax nur bedingt, weil ich zuerst die optische Anordnung auf der Klaviatur in Noten im Blatt (oder deren Namen) zuordnen muss und diese dann Griffen am Sax. Am Klavier ist der Akkord Zusammenhang unmittebar greifbar. Es bleibt aber die Hürde, das alle zu einem guten Ganzen zusammenzufügen.

    Ich kann übrigens auch nicht kochen. Wenn ich ein "Rezept" meiner Frau ansehe, stehen da nur Zutaten und ungefähre Mengenangaben drauf. Den Rest "weiß man". Aber ich bin gelernter Chemiker. DIE Rezepte sind präzise. Wann genau welche Substanz in welcher Menge und Reihenfolge wie einzufügen ist, und wie jeder Arbeitsschritt präzise auszuführen ist. Gelingt immer. Kann dann auch jeder Depp, wenn man nur GENAU das macht, was da steht.

    Die Genialität besteht darin, die Vorschrift zu erarbeiten, wie man präzise, beispielsweise ein Acetyl Molekül an die 5-Stelle einer Anthracen Gruppe in einem Actinomycin Komplex bekommt. Da benötigt man neben der akademischen Theorie auch eine gehörige Portion Improvisationsgabe, ein "Gespür" dafür wie das ablaufen soll und viele Fehlversuche.

    Die Eigenschaft "kling gut" ist leider ein bewegliches Ziel und vor Allem nur im jeweiligen Augenblick bestimmbar.

    Das ist wie beim Geschmack. "schmeckt gut". Wenn ich 50 Speisen vor mir habe, mit der Aufgabe, nur die zu essen, die "gut schmecken", muss ich erst einmal alle probieren. Wenn ich täglich die gleiche Auswahl vorgesetzt bekomme, und ich nur die gut schmeckenden essen möchte, brauche ich aber ein Kriterium, anhand dessen ich die Speisen selektieren kann, BEVOR ich sie koste. Farbe, Aussehen, Reihenfolge in der Aufstellung, Namen, irgendwas. Wenn ich sie nicht sehe, sie geruchlos sind, sich alle gleich anfühlen, dann ist es schlicht unmöglich, nur die in den Mund zu stecken, die "gut schmecken". Damit habe ich jeden Tag die gleiche Aufgabe vor mir, alle erneut zu probieren, ohne dabei etwas lernen zu können.

    Die chromatische Tonleiter rauf und runter ist Teil der täglichen Übung. Das ist aber auch insofern leicht, weil alle Töne jeweils direkt aufeinander folgen. Beliebige Sprünge durch 2 1/2 Oktaven sind da schon eine ganz andere Herausforderung. Um eine Quart aufwärts von einem beliebigen Ton zu spielen, muss ich zuerst "wissen" welches der Ausgangston ist, dann kann ich in der jeweiligen Tonleiter hoch zählen und kenne dann den Ziel Ton. Wie ich den dann greifen muss, ist mir klar. Alle Intervalle ausgehend von allen 12 Grundtönen sind zumindest 144 auswendig zu lernende Kombinationen. Ist mir noch nicht gelungen. Aber wenn es so da steht, klingt es doch gar nicht sooo viel. Die zu merkenden Namen sind etwa sperrig: "Kleine Septim zu d" --> b? "Verminderte Quint zu f" --> h?

    Klingt das nach einer vernünftigen Vorgehensweise?

    Nein. Nicht wirklich. Tatsächlich geht's mir gar nicht um eine Improvisation. Das scheinen Saxer ganz automatisch anzunehmen. Musik Theorie führt nicht zwangsläufig zu Improvisation. Umgekehrt scheint Improvisation von einer Verinnerlichung der Theorie zu profitieren. Beim Schach ist es auch hilfreich, wenn man die Regeln so verinnerlicht hat, dass man nur noch "gültige Züge" denken muss, und nicht jedes Mal "aber alle ungültigen Züge ausschließen" müssen.

    Ich verspreche mir durch das Verständnis der theoretischen Zusammenhänge eine Erleichterung im allgemeinen Spiel, um freier (ohne die Augen auf das Notenblatt zwingen zu müssen) spielen zu können. Einfach weil ich "weiß", dass im nächsten Takt aufgrund der Struktur bestimmte Töne zu kommen haben, ohne dass ich sie mir einzeln merken muss. Ein Merken in größeren Bausteinen, wobei die Details sich mehr oder weniger notwendig ergeben.

    So in etwa.
     
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  17. ppue

    ppue Mod Experte

    Du sollst damit das Hören lernen und nicht in Noten denken bzw. Töne in Noten umsetzen. Spiel einen Ton am Klavier und finde ihn auf dem Sax, spiel einen Dreiklang auf dem Klavier und spiel suche die Tonleiter dazu auf dem Sax, das wären direkte Übungen mit beiden Instrumenten.

    Wenn du gelernt hast, was Stufen sind und welche Stufen eine Tonleiter hat, dann kannst du selber herausfinden, wo sich das Tonmaterial im Stück ändert. Das zu begreifen und auch zu hören hülfe dir enorm im Spiel über die Harmonien.
     
  18. Gelöschtes Mitglied 5328

    Gelöschtes Mitglied 5328 Guest

    Ich kann da @ppue nur beipflichten. Meine Erfahrung als Saxlernender.

    Du gehst es zu verkopft an. Meine Meinung.

    CzG

    Dreas
     
  19. Werner

    Werner Strebt nach Höherem

    . . . es ergibt sich ja gerade eine halbwegs typische Forumssituation, überspitzt ausgedrückt, einer fragt, ein Dutzend Leute antwortet mit 2 Dutzend Vorschlägen, was dem Fragenden nur bedingt hilft, ob der schieren Menge der Ideen. Ich mache trotzdem noch einen Vorschlag, der ist auch schon bei anderen angeklungen. Ich empfehle, regelmässig leichte bis leichteste Melodien, Phrasen etc zu transponieren, und zwar auswendig. Alle meine Entchen, Blueslinien (zB C E G A Bb A G E), Ton Scott hat sowas im Quartenzirkel gezeigt, andere mit Volksliedern.
    Transponieren erzwingt ein tieferes Verständnis dessen, was man transpomniert, weil man es sonst ganz einfach nicht hinbekommt. Ein Wachstum von Mustererkennung ist dabei unvermeidlich, theoretisch abstrakt intellektuell, aber auch bezüglich musikalischen Hören. :)
     
    Rick, sachsin, Sax-o-K und 2 anderen gefällt das.
  20. Sax-o-K

    Sax-o-K Ist fast schon zuhause hier

    Ja, das hat mir ein ganzes Stück weitergeholfen. Ich hab das 2021 mit den Volksliedern gemacht, am Ende des Jahres mit Weihnachtsliedern. Aber seit einer Weile auch querbeet mit anderen eingängigen Liedern. Intervalle hören/erkennen/greifen hilft dann auch beim Akkorde hören/erkennen, merke ich. Ich bin damit aber auch noch auf dem Weg, in meinem fünften Sax-Jahr. Kann's aber empfehlen. :)
     
    Rick gefällt das.
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